Plötzliche Trennungsängste bei knapp 7jährigem...

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Rotkäppchen

Plötzliche Trennungsängste bei knapp 7jährigem...

Beitrag von Rotkäppchen »

Hallo,
vielleicht hat jemand einen Rat für mich...Mein Sohn ist eigentlich ein pfiffiges Kerlchen (lt. Entwicklungstest IQ von 128, was ich aber auch nur hier bekanntgebe, damit ihr euch ein besseres Bild machen könnt). Emotional hatte ich eher das Gefühl, das er hinterherhinkt (sehr sensibel und anhänglich). Um sein Selbsvertrauen zu stärken, haben wir ihn schon früh für Schwimmen und Handball angemeldet, was ihm auch wirklich Spass macht bzw. machte. Da zwei seiner Freunde dort auch hingingen und ich in der Zeit gerade berufstätig war, hatten in die anderen Muttis mitgenommen bzw. abesetzt und ich ihn abgeholt (was super funktioniert hat, da war er gerade 6 Jahre alt).
Seit September 2013 ist alles anders: Nicht nur die Schule und Kinder sind neu, er ist auch bei den Kursen altersmässig aufgerückt und will plötzlich, dass ich immer und überall dabeibleibe. Schule geht gerade noch so (aber wehe, wenn ich nicht auf die Minute am Eingang stehe). Nur mal das Auto umparken geht auch nicht mehr. Lieber will er den Sport aufgeben (ich kann und will nicht mehr stundenlang überall dabei sitzen, was ich bis vor zwei Jahren ja noch gemacht habe).
Ich mache mir sehr viel Gedanken und beziehe das ganze auch auf mich, da ich seit 4 Wochen wieder Ciralex nehme (wg. Panikattacken-Rückfall). Mein Psych. ist mir auch keine Hilfe: er meinte nur scherzhaft, dass es doch sehr anstrengend für mich sein muss, für alles immer nur die Schuld bei mir zu suchen (womit er nicht ganz unrecht hat).
Nun ja, ich weiss jetzt einfach nicht was tun, bisher habe ich immer nachgegeben bei meinem Sohn, aber das ist auf Dauer ja nicht die Lösung (ist es nicht in der Verhaltenstherapie bei Aengsten eher so, dass man sich ihnen stellen muss)?
Liebe Grüsse
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Marika
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Re: Plötzliche Trennungsängste bei knapp 7jährigem...

Beitrag von Marika »

Hallo meine Liebe,

mein Sohn ist 8 und ist von seiner Persönlichkeitsstruktur auch so wie dein Sohn - und somit auch so wie ich selber! :wink:
Ich kenne das also sehr gut, was du da schreibst. Er geht jetzt in die 3. Klasse und erst seit diesem Jahr geht er den Schulweg alleine und kommt auch alleine heim. Die 2 Jahre davor, wollte er immer, dass ich mitgehe, was ich auch tat, da ich gefühlt habe, dass das für ihn wichtig ist um SELBSTVERTRAUEN WEITER AUFZUBAUEN!!! Es stimmt schon: Sich den Ängsten stellen ist aus Verhaltenstherapeutischer Sicht das beste - du darfst nur nicht vergessen, dass es sich hier um ein KIND handelt und du somit viel sanfter vorgehen musst.

Als mein Sohn damals im Kindergarten war, waren seine Verlustängste am schlimmsten. Ich habe dann ganz viel aus meiner Therapie anwenden können (und auch müssen :wink: ) um ihm da zur Seite zu stehen. Mein Psychiater hat mir da sehr geholfen. Wichtig ist: Die Ängste ERNST nehmen und das Gefühl vermitteln: Ich bin da, ich lass die nie alleine! Dann schauen, wo kann ich ihn sanft fördern sich bei etwas zu überwinden, es alleine zu tun. Ich habe damals mit winzigen Schritten anfangen müssen: 1 min. alleine in der Wohnung auf mich warten, bis ich vom Briefkasten wieder da war - da war mein Süßer aber schon 5!!!! Die Angst vor dem "Spaziertag" im Kindergarten habe ich auch immer sehr ernst genommen und ihm erklärt, dass da nichts passiert, dass garantiert wieder komme und ihn abhole. Auch, dass es wichtig ist, sich dieser Angst zu stellen und er sehen wird, dass die Angst nach überstandenem Spaziertag viel kleiner sein wird. Und es war auch so, dabei verlor er Schritt für Schritt diese Angst. Natürlich war das manchmal enorm anstrengend für mich, weil die meisten anderen Kinder ganz anders waren. Nur ich hatte so eine kleine Klette.... :wink: In der Schule dann wieder - starkes Klammern, einmal mußte die Lehrerin in der ersten Klasse ihn sogar in die Klasse tragen, weil er sich nicht von mir lösen wollte - ein "Highlight" in unserer Klettenkariere... :lol: Dann wie gesagt: Den Schulweg 2 Jahre mit ihm gehen.

Aber - was soll ich sagen - es HAT SICH GELOHNT!!!! Noah macht riesen Schritte in Richtung SELBSTSTÄNDIGKEIT, sein Selbstvertrauen wächst, er geht jetzt schon selber am Nachmittag zu freunden - sagt dabei: "ich bin doch kein Baby mehr".... :lol: Einzig: Er schläft immer noch bei uns im Bett - das ist immer noch sehr wichtig und mein Bauchgefühl sagt mir, er braucht das noch um sich im Rahmen seiner Persönlichkeitsstruktur gesund zu entwickeln.

Und noch was: Ich habe gerade in der aktuellen "Familie und Co" gelesen, dass Trennungsängste gerade im Alter von ca. 7 Jahren nochmal verstärkt aufflammen können. Das hat mit der Gehirnreife zu tun und zeigt genau das, was du schon geschrieben hast: Diese Kinder sind VORAUS, nicht hinten nach!!!! Geschult und ausgebildet werden dabei die so genannten "Spiegelneuronen" im Gehirn. Sie sind dafür verantwortlich, dass wir mit- bzw. uns in andere hineinfühlen können. Spiegelneuronen sind die Grundlage der "emotionalen Inteligenz". Sie begreifen in dem Alter, dass es Menschen gibt, die "lieb" sind, aber eben auch solche, die nichts gutes im Sinn haben - und das unter den Erwachsenen. Deshalb nehmen sie sich zurück, fangen wieder vermehrt an zu "klammern". Je früher ein Kind dieses 2. "Fremdeln" anfängt, um höher ist meist seine Inteligenz, wird da geschrieben. Sie wägen viel mehr und schon früher ab - wem kann ich vertrauen, wem eher nicht und als Sicherheitsanker in dieser Phase des Lernens klammern sie wieder mehr. Wichtig ist dabei wieder: VERSTÄNDNISS und den (schwierigen) Mittelweg finden: Wo lass ich ihn klammern, wo draf ich sanft anstupsen um sich der Angst zu stellen. Ganz wichtig jetzt auch: Ihm helfen sein Auge zu schulen, welche Menschen vertrauenswürdig sind und wo er misstrauisch sein soll und sich auch zurück ziehen darf. Er lernt jetzt wirklich zwischen "Gut und Böse" bei den Menschen zu unterscheiden. Dazu gehört die Fähigkeit sich in die Lage und Denkweise eines anderen hinein zu versetzen - und das ist für ein 7 jähriges Kind erstmal eine Wahnsinns - Aufgabe.

Die Schwierigkeit für dich ist jetzt wirklich: wo fängst du ihn auf, wo stupst du ihn an. Thema: Sport!
Ich verstehe gut, dass es einfach auch nervt, ständig dabei sitzen zu müssen - ging mir auch öfter mal so. Sprich zuerst mal mit ihm darüber. Ein Deal wäre: Du kommst die letzten 15 min zuschauen. Weigert er sich strikt, wäre eine weiter Möglichkeit: Du sitzt weiter dabei, machst aber mit ihm aus, dass du halt mal raus auf WC mußt... und erweiterst diese "Abwesenheit" dann stetig. Klingt anstrengend - lohnt sich aber allemal, wie ich bei uns gesehen habe. Was du nicht tun sollst: niemals zu etwas zwingen, sondern ihm die Entscheidung lassen, dabei aber zeigen, dass du FÜR den Sport bist!

Lieben Drücker
Marika
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
BB77

Re: Plötzliche Trennungsängste bei knapp 7jährigem...

Beitrag von BB77 »

Hallo Rotkäppchen,
was mir als erstes an deinem Beitrag auffiel, dass sich gerade sehr viel in dem Leben deines Sohnes verändert hat. Zum einen die Schule und dann auch eine neue Sportgruppe, in der seine Freunde nicht mit dabei sind, wenn ich es richtig verstanden habe. Kann es sein, dass es für Deinen Sohn im Moment einfach zu viele neue Dinge auf einmal sind? Und Du bist nun mal eine Konstante in seinem Leben.
Wie Marika schon schrieb, ich würde ihn zu nichts zwingen. Es bringt einfach nichts. Und gerade bei den intelligenten Kindern wie Deinem Sohn funktionieren die meisten Tricks nicht.
Ich habe auch so eine kleine Klette, die jetzt gerade 4 geworden ist. Und er will jeden Abend in den Schlaf begleitet werden, was gerne 1,5h dauern kann, da ihm dann immer auch die wichtigsten Fragen kommen. Jetzt geben schlaue Leute dann den Tipp, man solle doch einfach mal rausgehen, weil man zum Beispiel noch die Katze füttern müsse, den Geschirrspüler oder ähnliches und versprechen, dann wiederzukommen. Funktioniert nicht - Antwort meines Sohnes: Das kann doch Papa machen. Du musst hier bleiben oder ich komme mit. Also hoffe ich, dass er irgendwann begreift, dass er auch dann einschlafen kann, wenn ich nicht da bin und bis dahin bleibe ich eben bei ihm.

Ich denke, dass sich bei Deinem Sohn bald alles wieder einpegeln wird. Muss er denn in der neuen Sportgruppe bleiben oder kann er wieder zurück zu seinen Freunden? Vielleicht wäre das ein Ansatz zu alter Selbständigkeit zurückzufinden.

LG BB
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Marika
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Re: Plötzliche Trennungsängste bei knapp 7jährigem...

Beitrag von Marika »

Genau - bei Veränderungen äußert sich dieses Klammern zusätzlich verstärkt.

Danke für deine PN - meld mich dann nochmal!

@BB77: Jaaaa - ich habe meinen Sohn auch oft so lange in den Schlaf begleitet und mit Ausreden war nix zu machen, das hat er sofort überzuckert. Aber schön daran ist wie du schreibst: Es kommen dabei die wichtigsten Fragen, wunderschöne Gespräche können sich entwickeln, weil es ein "zur Ruhe kommen" ist. Ich habe dabei das meiste davon erfahren, was ihn gerade bewegt!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
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luraja

Re: Plötzliche Trennungsängste bei knapp 7jährigem...

Beitrag von luraja »

Hallo zusammen!
Bin ich froh, daß ich auf eure Beiträge gestoßen bin!
Ich hab auch so eine kleine Klette, mein ältester Sohn (er wird im Mai 7) klammert immer schon gerne. Es hat ewig gedauert, ihn im Kiga einzugewöhnen, er hat 2(!) Jahre lang fast jeden Tag in der Früh geweint. Laut Kindergärtnerin hat er sich aber sofort beruhigt, sobald ich um die Ecke war. Obwohl sie mir schon des öfteren zu Verstehen gegeben hat, daß mein Sohn wohl nicht ganz normal ist und er unbedingt zur Sonderkindergärtnerin gehen sollte. Noch dazu war er erst mit 4 Jahren sauber, das hat natürlich auch nicht entsprochen.
Irgendwann hab ich dann mal klargestellt, daß mit meinem Sohn aus ärztlicher Sicht alles in Ordnung ist und daß ich mir jeden weiteren Kommentar verbitte. Ich hab dann mit meinem Sohn eine Bachblütentherapie angefangen und bin mit ihm zur Cranio-sacral Therapie gegangen, und siehe da, über den Sommer hatte ich plötzlich ein ganz anderes Kind, selbstbewußt, selbständig, alleine zu Freunden gehen, alles kein Problem. auch das letzte Kindergartenjahr war völlig unbeschwert, kein Trennungsschmerz mehr, alles in Ordnung.
Im Herbst ist mein großer dann eingeschult worden. Ab der 2. Woche war ihm schon fast peinlich, daß ich mit in die Schule gegangen bin, bei der Garderobe hat er mich schon fast rausgeschmissen.
Im Oktober bin ich dann ungeplant schwanger geworden, hatte in der 9. Woche aber eine Fehlgeburt. Natürlich gings mir da nicht gut und verbergen kann man das auch vor Kindern nicht, schon garnicht vor meinem Großen, der ist genauso übersensibel wie ich.
Zwei Wochen später hat er dann auf einmal gemeint, er will nicht mehr zu Schule, dort ist ihm so langweilig. Das ist eine Zeitlang so gegangen, dann hat er in der Früh angefangen zu klammern, wollte nicht in die Klasse gehen, hat geweint. Dann waren Weihnachtsferien, die erste Woche danach war er genauso, dann war er krank mit Windpocken. Wieder 2 Wochen Schule, jeden Tag klammern und weinen, dann hat er Grippe bekommen. Letzte Woche waren Ferien und heute der erste Schultag. Was soll ich sagen, er klammert noch immer. Er sagt mittlerweile schon am abend vorher, daß er nicht zur Schule will, er will lieber bei mir bleiben.
Ich begleite ihn natürlich liebevoll, wo´s geht, ich hab wieder die Bachblüten hervorgeholt (angepaßte Mischung natürlich) und geh wieder mit ihm zur Craniotherapie.
Aber das greift natürlich nicht von heute auf morgen, ist auch klar, das ist ganz einfach ein Prozeß, das muß sich alles erst entwickeln. Solange er spürt, daß ich hinter ihm steh, bin ich sicher, daß mein Sohn seinen Weg machen wird! Es hat ja schonmal geklappt, sozusagen, warum solls diesmal nicht gehn! Man darf sich natürlich nicht von den anderen beeinflussen lassen, vom Umfeld kriegt man schon immer wieder zu verstehen, daß mit dem Kind was nicht in Ordnung ist. Und das wiederum geht an mir nicht sprulos vorbei, klar frag ich mich oft, ob und was ich falsch gemacht hab und ob alles meine Schuld ist, daß mein Kind so ist.

Aber wie Marika sagt, diese Kinder sind einfach voraus! Ich hab meinen Sohn zwar nicht testen lassen, aber ich bin überzeugt, daß er eher zu den Intelligenten gehört. Er ist zwar in der Schule nicht der schnellste, aber Schnelligkeit hat ja nicht unbedingt was mit Intelligenz zu tun. Ich hab bei den Hausaufgaben eher den Eindruck, daß ihm das alles zu langweilig ist, er sagt immer wieder, er will das nicht machen, das ist ihm alles zu fad.
Hm, in dieser Hinsicht bin ich etwas ratlos. Ich werd mir nächste Woche eine Waldorf-Schule anschauen, ich kenn schon Mütter, die ihre Kinder auch dort haben. Dort werden die Kinder ganz anders gefördert und gefordert, als das in der Regelschule der Fall ist. Wie gesagt, mal schauen, entschieden ist noch garnix, aber vielleicht wär er dort tatsächlich besser aufgehoben. Dort nimmt man auch auf sensible Kinder Rücksicht, die werden dort als völlig normal angesehen und liebevoll begleitet. Das wär natürlich schon mal ein Pluspunkt!

So, soviel zu meiner Klette, hihi! Schön, daß man nicht alleine ist und daß auch andere so kleine Klammeräffchen haben!
Liebe Grüße!
luraja
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