Hallo,
ja, ich habe meinen Sohn mittlerweile vollkommen aufgeklärt - er ist aber auch schon 11 Jahre alt und versteht es somit schon sehr gut.
Ich glaube er war so 5 Jahre alt, als er einfach bemerkt hat, dass ich jeden Tag eine Tablette nehme und hat mich gefragt was das ist. Da habe ich erstmals angefangen zu erklären, dass in meinem Kopf ein wichtiger Stoff nicht ausreichend vorhanden ist. Mein Sohn war und ist sehr neugierig und wollte das genau wissen. So habe ich ihm die Funktion des Gehirns erklärt - mit Unterstützung geeigneter Bücher für Kinder. Manches habe ich ihm einfach auch selber aufgezeichnet.
Warum ich erkrankt bin, wollte ich er natürlich auch wissen. Auch da habe ich es ihm ganz ehrlich erklärt. Nämlich dass es nach der Geburt eines Babys im Körper der Mama zu Mangelerscheinungen bestimmter Hormone bzw. Botenstoffe kommen kann. Das alles in kindgerechten Worten natürlich. Je älter er wurde, umso genauer und besser konnte ich ihm alles erklären, er hat nämlich immer wieder nachgefragt. Irgendwann wurde dann auch meine eigene Kindheit zum Thema - ich war ja schon als Kind zwanghaft. Auch hier habe ich ihm genau erklärt, was dazu geführt hat - aber OHNE meine Eltern (also seine Großeltern) zu verunglimpfen. Denn sie haben damals ja in besten Absichten gehandelt, ohne zu wissen, dass mir manches halt dann doch geschadet hat.
Mein Sohn hat selbst so manche leichte zwanghaften Anlagen und Phasen durch gemacht und er war als Kind ängstlicher als andere. Er war eigentlich wie ich als Kind. Ich konnte aber bewusst dagegen steuern und sogar bei ihm Dinge aus meiner Therapie anwenden, um seine Ängste in normale Bahnen zu lenken. In Verbindung mit dem Wissen was ich habe (Ängste und Zwänge), konnte er mit seinen eigenen Anlagen sehr gut umgehen und schon früh verstehen, dass man Ängste überwinden kann. Heute ist er ein so selbstbewusstes Kerlchen (ohne aber unvorsichtig zu sein), wie ich es immer gerne gewesen wäre als Kind. Und das macht mich unendlich glücklich - ich glaube mein Mann und ich haben recht viel richtig gemacht.
Deshalb hat meine PPD einen Sinn: hätte ich sie nicht bekommen, wäre ich nie in Therapie und hätte sicher viele krankmachende Verhaltensmuster an meinen Sohn weiter gegeben. Und das wäre denkbar schlecht gewesen.
So haben aber wir alle in unserer Familie profitiert - sogar meine Eltern konnten so einiges aufarbeiten.
Ich sehe heute an meinem Kind, dass er das alles sehr gut verstanden hat und damit ganz normal umgeht. Er hat mich aber auch nie wirklich "depressiv" erlebt - meine akute Phase war vorbei, als er 1 Jahr alt war. Und ich hatte immer extrem viel tolle Unterstützung meiner Familie.
Für mich war es sehr wichtig, alles ehrlich zu erzählen, denn ich möchte dass diese Erkrankung ohne Tabu gesehen wird.