Der Fluch der Mutter

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Micha

Der Fluch der Mutter

Beitrag von Micha »

Hallo Mädels,

ich habe gestern eine Kolummne von Birgit Ehrenberg gelesen, die mir aus dem Herzen sprach und die ich euch nicht vorenthalten will, da sich die eine oder andere vielleicht wiederfindet:

Die Mutterschaft hat in mir Emotionen geweckt, von denen ich bis dahin keine Ahnung hatte - manische Hochstimmungen, überschwängliches Entzücken, fassungsloses Staunen. All die Sinnkrisen, die mich als Kinderlose zeitweilig erschütterten liegen hinter mir. Aber: Trotz diesen heiteren Stands in der Welt, ist mir manchmal nur noch zum Heulen.

Verregnete Tage, Kinder die sich langweilen, schreien, quengeln, aus Übermut die eben aufgehängte Wäsche vom Ständer zerren, mit dem Lieblingslippenstift die Wand anmalen, Schokolinsen in die Sofaritze stopfen.

Was in der andächtigen Reflexion über Mutterliebe stets unter den Tisch fällt: Die kleinen Wesen, die uns so glücklich machen, dass wir sie verteidigen würden wie eine Löwin ihre Jungen, rufen auf der anderen Seite von Zeit zu Zeit Wut und Frustration hervor. Denn das Prinzip der stets gebenden und geduldigen Liebe stößt an das Ego. Jede Frau hat es, gibt es nicht im Kreißsaal ab, Gott sei Dank.

Wie soll man Leben lehren, wenn man selbst nicht lebendig ist?

Dennoch leiden Frauen unter Ihrem schlechten Gewissen. Alle wollen die Mami aus der Pampers-Reklame sein - durch nichts aus der Ruhe zu bringen, dabei so dünn wie Heidi Klum, gut gelaunt und schön. In unserer Gesellschaft ist außer in der Mutter-Kind-Kur kein Platz für Unvollkommenheiten. Wer sich über seine Kinder beschwert, ist schnell eine Rabenmutter. Nur in Deutschland gibt es diesen Ausdruck, er ist in keine Sprache der Welt zu übersetzen.

Meine Freundinnen aus dem Ausland schütteln den Kopf, erleben die "Mitmütter" als viel solidarischer. Mutterliebe gedeiht wie die anderen Formen der Liebe auch am besten ohne Zwang und Druck. Dazu gehört:

Dampf ablassen!!

Laut sagen: Ich kann nicht mehr. Neulich fragte mich eine Freundlinn: Verstehst du, dass ich mein altes Leben zurückwill, dass mich meine Kinder nur noch nerven, obwohl ich sie so liebe? Oh ja, habe ich gesagt. Brauchst du Hilfe? Das war das Zauberwort, mein offenes Ohr der Schlüssel zu ihrem verstockten mütterlichen Herzen. In diesem Moment war die Batterie aufgeladen. Sie nahm ihre Kinder in den Arm und hatte diesen einmaligen Glanz in den Augen, der uns an Mutterliebe so rührt, der uns heilig erscheint- und doch ganz irdisch gemacht ist.

Ich finde das macht auch unser Forum aus. Es reicht, dass viele nur ein offenes Ohr haben und wir uns damit Energie geben weiterzumachen.

Alles wird gut, Micha
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Micha!

Das ist total Klasse und ich kann mich komplett in deinem Beitrag wieder finden. Vielen Dank, dass du ihn hier rein gestellt hast.

Auch mein größtes Problem ist das "Perfekt-sein-wollen" (so wie die Pampers Mütter :? ). Zu jeder Zeit eben einfach die Übermutter, bestehend nur aus Liebe und Verständniss. Aber damit muß man ja zwangsläufig scheiternd... mein Psychiater sagt auch, daher rühren auch die ZG.

Dieses permanente Unterdrücken von Frust und Agression ist einfach nur krankmachend. Klar, dass man nicht rumbrüllen oder gar seine Kinder mit Gewalt erziehen soll - um Gottes Willen nein. Aber man darf auch einfach mal "die Schnauze voll haben".

Mein Psychiater sagt auch immer: Es ist absolut nicht normal, wenn man als Mama keine Wut oder Agressionen mehr hat. Denn man ist ja auch immer noch ein MENSCH!!!

Danke dir nochmal liebe Micha. Und es stimmt - alleine dass man sich hier im Forum austauschen kann und immer ein offenes Ohr findet, hilft total gut!

Liebe Grüße von
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Christina

Beitrag von Christina »

wow, ist das Klasse.

So was wunderbares habe ich noch nie gelesen. Das spricht mir total aus der Seele.

Es ist ja tatsächlich so das wir Mütter in der heutigen Gesellschaft uns gar nicht trauen das wir uns mit vielen Situationen schlicht und ergreifend überforderd fühlen. Das verstehen wirklich nur die die es auch erleben. Es gibt so viele Beispiele wie einem Kinder an seine Grenzen bringt. Eines davon ist wenn man mit zwei Kindern in den Supermarkt einkaufen geht und die nehmen sich jeweils einen Minieinkaufswagen und man ist nur am ermahnen, schimpfen und dann letztendlich auch schreien das die Kinder doch bitte nicht gegen jedes Regal stoßen sollen oder nicht jedes beliebige Teil aus dem Regal rausreißen sollen und in den Wagen schmeißen sollen. Zum Schluß packt man die Kinder am Arm so das sie fast blaue Flecken haben weil man die genervten Blicke der anderen Leute einfach nicht mehr erträgt und erntet dann noch mehr entsetzte Blicke wie man sich hinreißen lassen kann seine Kinder so hart anzupacken.Kennt ihr solche Situationen? Oh ich könnte noch viele erzählen. Aber wenn man versucht über seine Sorgen zu erzählen heißt es nur "ich weiß nicht was du hast, du hast zwei super süße, inteligente, gesunde, aufgeweckte Kinder, du müßtest rundum zufrieden sein". Das solche zwei aber auch wirklich super anstrengend sein können verstehen die wenigsten. Und darüber reden darf man schon gar nicht. Von wegen Rabenmutter. Mein schlechtes Gewissen das ich meinen Kindern gegenüber habe erstickt mich als manchmal. Ich bin mir nie sicher ob ich auch wirklich genug für sie mache, ob ich mich genug um sie kümmere, ob es ihnen bei mir gut geht. Und wenn ich mir mal gönne einfach nichts zu machen komme ich fast um vor schlechtem Gewissen. Dazu kommt dann diese Unzufriedenheit mit mir als Hausfrau und Ehefrau. Ich bin nicht die ordentlichste Hausfrau was mit total peinlich ist und ich bin ziemlich übergewichtig. Kurz: ich kann mich selbst nicht leiden. Eigentlich müßte ich sagen "hey so bin ich halt" aber das kann ich noch nicht. Muß man seinen Haushalt so führen das man vom Boden essen kann? Muß ich so aussehen wie Heidi Klum? NEIN!! Aber das geht nicht in meinen Kopf rein.

Naja, wie auch immer. Ich bin auch sehr froh hier dieses Forum zu haben. Den niemand außer ihr versteht diese ganzen Sorgen und Probleme. Ihr habt ein offenes Ohr für jedes auch noch so kleine Wehwechen. Habt Antworten auf jede Fragen. Und dafür liebe ich euch, meine lieben und einzigsten Freundinnen.

Seid lieb gegrüßt

Chris
Jenny

Beitrag von Jenny »

Ja, das mit dem Haushalt, liebe Christina, das kenne ich auch. Mein Mann schläft sich von der Nachtschicht aus, die Große ist in der Schule, das Baby bereit, ein wenig im Ställchen zu spielen - also räume ich auf, kehre, mache Wäsche, kaufe ein, koche, spüle Geschirr - na, es bleiben etliche Ecken unausgewischt und manches ist nur so "optisch" aufgeräumt - aber egal, man könnte jederzeit Besuch empfangen. Und dann wacht der Mann auf, das Kind kommt aus der Schule, man beschäftigt sich mit dem Kurzen statt rumzuräumen. Und wenn man abends dann die Bande endlich im Bett hat, sieht die Wohnung wieder aus wie nach einer Razzia! :roll:

Man sollte sich da nicht mehr allzu viel Vorwürfe machen: Hat man aufgeräumt, gekocht, gespült, haben die Familienmitglieder sauber anzuziehen? Ja? Dann ist okay. Den Dreck, den hast nicht DU gemacht. Und jeder Mann hat nach 8 Stunden Arbeit Feierabend, unser Müttertag ist oft 14 Stunden und länger. Irgendwann ist Schluss. Wir brauchen auch mal Feierabend.
Milla

Beitrag von Milla »

Die Brigitte spricht mir aus der Seeeeeele!:D

Ja,wie oft haben meine Kinder bei mir Gefühle der Wut,der Ohnemacht,der Verzweiflung, der Langweile auch hervorgerufen?

Wie oft habe ich schon geträumt,sie mal für ein paar Tagen(Wochen?) zur Adoption freizugeben,um mal wieder meine Ruhe zu haben,mal in Ruhe essen zu können,mal in Ruhe mein Geschäft auf´s Klo erledigen zu können :oops: ,mal in Ruhe ein warmes Bad zu nehmen,mal in Ruhe mein Lieblingsbuch lesen zu können,mal ausschlafen zu können,usw. :evil:

Ja,genau wenn ICH Hunger habe ,will meine Tochter auch essen oder schlafen oder die Windel ist voll oder der Bruder muß gerade auf´s Klo,usw. :evil:

Wie oft hat sich unser Sonntagsspaziergang mit den 2 Kids in eine Stressfalle verwandelt,weil keiner im Buggy sitzen wollte,die quierlige Tochter auf den Arm der Mutter gelandet ist , der quengelige Bruder auf die Schulter des Vaters? :evil:

Wie oft sitze ich am PC mit schlechtem Gewissen,statt mich um meine Tochter zu kümmern (die sich allein sehr gut beschäftigen kann!)? :evil:

Ja, meine Tochter schreit,ich muß aufhören!!! :evil: :evil: :evil:

Bin wieder da,meine Tochter hatte Hunger,die Mama mußte sie GLEICH füttern (bin froh,wenn sie sich mal ein Stück Käse allein aus dem Kühlschrank nehmem kann!!!)!

Ja,gestern habe ich bis 21 Uhr die Küche sauber gemacht,weil ich vorher nicht dazu gekommen bin.Dann die Flasche für Fräulein gemacht,erst um 22 Uhr war Madame eingeschlafen und Mama hatte wieder keinen Abend für sich!

Und obwohl heute Morgen das Haus sehr ordentlich ausgeschaut hat, sieht es jetzt,um 15Uhr30 wieder aus,als ob eine Bombe explodiert hätte.Überall liegen Spielzeuge,in der Küche liegen Milchflaschen und Gläschenreste ,usw.

Ja,ich liebe meine Kinder,aber ich empfinde sehr,sehr oft diese Kleinkindzeit als ein "parcours du combattant",also eine Kampfstrecke! :(

Kinder sind kleine Haustyrannen,sage ich doch immer!

Ich sehne mich wirklich nach der Zeit,wo meine Kurze im Kindergarten sitzen wird,mein Großer in der Schule und ich jeden Vormittag ALLEIN IN RUHE GENIESSEN werde (nein,ich will nicht mehr arbeiten,sonst habe ich keine freie Zeit mehr)!!!

So,LG von Rabenmilla,mit der rechten Hand schreibend,mit der linken Hand die Amelie zum Trinken gebend... :wink:
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