Aus Gedanken werden Gefühle

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Nic
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Aus Gedanken werden Gefühle

Beitrag von Nic »

Hallo,

Ich lese ja viel über die Angst. Und habe auch schon gelesen, dass ich mir meine Ängste und Panikattacken selbst mache durch meine Gedanken.
Das heisst, auf meine Gedanken reagiert mein Körper mit Gefühlen. Wenn die Gedanken negativ sind und ängstlich, dann reagiert der Körper auch mit Angst.

Jetzt meine Frage: ändert das AD denn etwas a den Gedanken? Ich habe immer das Gefühl, dass ich gar nicht anders denken KANN, weil irgendwelche Botenstoffe in meinem Hirn nicht richtig laufen.
Und den ganzen Tag nur kontrolliert positiv denken ist ja auch irgendwie kirre.

Versteht überhaupt jemand was ich meine? Grins

Ich freue mich sehr auf Antworten und auf Eure Erfahrungen !

N.
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Marika
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Re: Aus Gedanken werden Gefühle

Beitrag von Marika »

Hallo Nic!

Also wenn man die Funktionsweise eines ADs anschaut, dann stellt es die Grundlage im Gehirn her, damit negative Gedanken immer weniger werden. Es unterdrückt sie nicht, aber da es bewirkt dass wieder genug Botenstoffe zur Verfügung stehen, entstehen Ängste und negative Gedanken nur dann, wenn auch die Situation dazu passt. Wenn zu wenig Botenstoffe da sind, ist das Gehirn nicht richtig in der Lage Eindrücke, Erlebtes richtig einzuordnen und es kommt zu Gedanken und Gefühlen die gar nicht zum Außen passen. Ein AD unterdrückt also nichts (im Gegensatz zu Tavor z.b.) sondern "stellt wieder her"... nämlich die benötigte gesunde Gehirnchemie.

Natürlich unterstützt auch eine Verhaltenstherapie z.b. diesen Mechanismus, denn oft sind ungünstig Verhaltensmuster oder Denkmuster anerzogen oder abgeschaut. Hier kann in der Therapie aktiv daran gearbeitet werden.

Man hört ja oft den Satz: Du musst nur positiv denken und Wollen... wie ich diesen Satz hasse. Menschen mit psychischen Erkrankungen können eben das genau NICHT. Eben weil die Gehirnchemie nicht stimmt, genau diese Unmöglichkeit ist ja die Erkrankung. Und genau hier greift das AD ein. Ich bin überzeugt, dass ich ohne AD niemals die ZG bzw. richtiger Weise den Zwang besiegt hätte. Da könnte ich noch 100 Jahre Therapie machen. Aber ich muss auch sagen, dass mir die Verhaltenstherapie unglaublich geholfen hat. Das AD hat das Gehirn soweit vorbereitet, dass die Ansätze und das Üben in der Therapie überhaupt aufgenommen und verankert werden konnten.

Von mir ein klares NEIN: du machst die Ängste und Panik NICHT selber, die Gedanken und Gefühle die dahinter stehen sind die Folge des nicht gesunden Botenstoff Haushaltes und entstehen nicht aus deinem Unvermögen positiv zu denken. Das ist meiner bescheidenen Meinung "esoterischer Quatsch " obwohl ich dieser Thematik nicht mal gänzlich abgeneigt bin. Hier aber kann ich nur immer mal wieder den Kopf schütteln. Das wird oft geglaubt, weil die Meinung vorherherrscht, wir könnten alles steuern was wir denken und fühlen. Fakt ist: wir sind chemische Wesen und auch unser "freie Wille" basiert zu einem größten Teil auf unser Biochemie im Gehirn. Das sind die Ansätze die in der Schulmedizin besteht, also in der Neurologie und Psychiatrie und für mich klingt das stimmig...weil ich es genau so erlebt habe...
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Nic
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Re: Aus Gedanken werden Gefühle

Beitrag von Nic »

Erstmal Dankeschön für Deine Antwort.

In Facebook sind massenhaft “Coaches” die immer wieder sagen, unsere Gedanken kommen aus falschen Glaubenssätzen.
Z.B. in einer Situation denke ich “das kann ich nicht” zack ist die Angst da. Weil ich glaube dass ich das nicht kann.
Wenn ich aber die Erfahrung mache, dass ich ja alles kann, dann ändern sich mein Glaube und somit auch die Gedanken.

Kotz, ich lebe jetzt echt schon 30 Jahren mit Ängsten und wenn das alles sO wäre dann hätte ich ja schon hundertmal die Erfahrung gemacht, dass ich alles kann, und die Angst müsste weg sein.

Irgendwie komme ich immer wieder darauf zurück, dass mein Gehirnstoffwechsel nicht richtig läuft. .Und ich bekomme es ja auch vom Labor bestätigt, dass der Serotonin WErt viel zu weit unten ist. ABer keiner kann mir helfen, dass dieser WErt hoch geht.

Ich werde mich jetzt selbst darum kümmern. Es muss doch einen Weg geben….
Nic
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Re: Aus Gedanken werden Gefühle

Beitrag von Nic »

Außerdem macht mir das natürlich NOCH mehr Stress, weil ich immer denke ich mache etwas falsch, sonst wäre die Angst schon weg.
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Marika
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Re: Aus Gedanken werden Gefühle

Beitrag von Marika »

Ja, ich kann dich gut verstehen. Und ich bin ebenfalls wie du überzeugt, dass mein Gehirnstoffwechsel das AD braucht um eben gesund zu funktionieren.

Du hast mit deinem AD ja noch einige Möglichkeiten um rauf zu dosieren. Ich bin ja damals sogar 2 Jahre bei 30 mg gewesen, erst da hat es so richtig zoooom gemacht... :wink: :wink: :wink:
Liebe Grüße von
Marika

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Marika
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Re: Aus Gedanken werden Gefühle

Beitrag von Marika »

P.s. Du machst alles richtig, du kannst super stolz auf dich sein. Ich glaube du machst gerade einen tollen Entwicklungsschritt in Richtung Selbstbewusstsein....😘😘😘
Liebe Grüße von
Marika

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Nic
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Re: Aus Gedanken werden Gefühle

Beitrag von Nic »

Danke Marika,

Ja ich weiss langsam was ich will und was nicht. Das weiss ich eigentlich schon länger, ich muss nur noch lernen mir selbst auch zu vertrauen und zu tun was ich für richtig halte. Viel zu oft lass ich mir wieder rein quatschen und zweifle an mir .

Im nächsten Leben werden wir Arzt, dann wissen wir was in unserem Hirn los ist….. :lol:
alibo79
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Re: Aus Gedanken werden Gefühle

Beitrag von alibo79 »

Also, ich habe in der depression auch viel mit Ängsten zu tun, in der PPD war es ein Symptom was mich sehr lange wirklich stark gequält hat. Als die Depression abgeklungen ist wurden auch die Ängste besser. Vor allem war es bei mir so, dass ich Ängste hatte, die vorher nicht da waren und die auch trotz Therapie nicht wirklich besser wurden, schon etwas in manchen Bereichen, aber es hat wirklich lange gedauert. In dieser Episode hatte ich ähnliche Ängste, aber lange nicht so schlimm und die wurden auch schneller besser. Wahrscheinlich durch die andere Medikamente und weil ich jetzt besser wusste damit umzugehen.
Was ich damit sagen will, ich glaube auch in meinem Fall, dass eine Störung der botenstoffe eine wichtige Rolle spielt, den warum hatte ich auf einmal Angst was vorher nicht da war.
Ein Teil wird wahrscheinlich durch unsere gene und Erfahrungen mit beeinflusst, ob jemand grundsätzlich ängstlicher ist, zb sehe ich bei verschiedenen Verwandten von mir ähnliche Züge, was zb Stress Reaktionen auslöst oder man als unangenehm empfindet. Aber das zusätzliche Entgleisungen der botenstoffe führt vielleicht dazu, dass es irgendwann zu klinischen Symptome kommt.
Bei mir spielt auch insgesamt ein hoher Stress Level mit rein, ist der dauerhaft zu hoch kommen bei mir auch eher Ängste durch oder PA im Schlaf oder vor der PPD auch PA im Alltag.
Deswegen ist das bei mir ua ein guter Indikator das Stress Management zu verbessern.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Bine79
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Re: Aus Gedanken werden Gefühle

Beitrag von Bine79 »

Guten Morgen,

ich habe bei Nics letzten Beitrag nur gedacht: Jo, genau mein Problem! Ich weiß ganz genau, was ich will und was ich nicht will! Doch ich vertraue mir nicht! Ich zweifel! Das ist so anstrengend, dabei weiß ich ganz genau, was mir gut tut!

Und wie bei Alibo ist es so, dass ich bei Stress und Unwohlsein meine ZG habe und nicht akzeptieren kann das sie da sind! Geht es mir richtig gut, Z.B. im schönen Urlaub, beim Kaffeeklatsch mit Freunden o.ä. fallen sie längst nicht mehr so ins Gewicht! Doch im Alltag ist es oft so schwer, genügend solcher Momente zu finden!
Ich bräuchte eigentlich eine Kur! Doch hatte ich eine vor 2 Jahren! Die Krankenkasse sieht keine Indikation, warum ich diejenige sein sollte, die öfters als alle 4 Jahre eine bräuchte!

Viele Grüße, Sabine

Viele Grüße, Sabine
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