ich benötige eure Meinung!

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Graureiherin
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ich benötige eure Meinung!

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Ihr Lieben,

ich benötige eure Meinung/Einschätzung/Rat:

Was würdet ihr damit umgehen, wenn euch euer Lebensgefährte sagen würde:

" Ich werde nicht von Liebe reden, denn das Wort Liebe ist für mich zu abstrakt. Ich kann das Wort nicht greifen. Ich kann lediglich sagen, dass meine Gefühle zu Dir nicht mehr und nicht weniger sind als zu Beginn der Beziehung vor 8 Jahren. Es gibt einzelne Momente in denen ich mich Dir nahe fühle, evtl. ist das dann Liebe. Ich bin wirklich vernarrt in unsere Tochter, aber auch ihr gegenüber würde ich nicht von Liebe reden".

Das ist natürlich nur ein Auszug unseres Gespräches, aber zum Thema Liebe die Kernaussagen seinerseits.

Noch kurz zu meiner Vorgeschichte: Meine Eltern haben mir nie gesagt oder gezeigt, dass sie mich lieben würden. Ich versuchte mir dann diese fehlende Liebe immer in Beziehungen zu holen. Sprich: seit ich 15 Jahre alt bin, bin ich immer von einer in die nächste Beziehung gewechselt. Allerdings waren alle Beziehungen (derer vier an der Zahl) sehr problematisch, es gab immer, immer, immer Probleme... eine Beziehung ohne Probleme kann ich mir gar nicht vorstellen. Bei der jetzigen Beziehung dachte ich bis vor einiger Zeit, sie wäre problemlos und nun diese Aussagen...kombiniert mir körperlichem Rückzug etc. etc.

Was meint ihr dazu? Wie würdet ihr empfinden, wenn euer Partner solche Aussagen euch gegenüber machen würde?

mit liebem Gruß
eure Graureiherin
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
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Marika
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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von Marika »

Hallo liebes Vögelchen,

puhhh du, das ist ganz schwer ein zu schätzen. Generell tun sich Männer mit dem Wort "Liebe" viel schwerer als wir Frauen, so meine Erfahrung. Wahrscheinlich unterscheiden sich dies bezüglich oft einfach auch die Auffassungen und Erwartungen was dieses Wort bedeuten kann.

Mein Mann z.B. hat in seiner Kindheit wenig bis keine Liebe bekommen. Er sagt heute, dass er diese erst durch mich und später durch unseren Sohn "gelernt" hat. Allerdings sagt er auch, dass das Wort "Liebe" für ihn schwer erfassbar ist. Wenn Liebe bedeutet, ohne jemanden nicht mehr leben zu wollen, ihn zu vermissen wenn er nicht da ist, seine Nähe spüren zu wollen - dann ist das für meinen Mann das was ich "Liebe" nenne, hat er mir gerade erklärt. Ich habe ihn nämlich extra gerade gefragt, als ich deinen Beitrag gelesen habe. Für ihn ist der Satz "Ich liebe dich" seltsam, sagt er - er zeigt seine Liebe durch Taten.

Der körperliche Rückzug deines Mannes kann viele Gründe haben - hast du ihn konkret darauf angesprochen?
Liebe Grüße von
Marika

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Graureiherin
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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von Graureiherin »

Liebe Marika,

danke für deine Antwort!

mein Partner vermisst mich nicht unbedingt, wenn ich nicht da bin. Ganz selten war das der Fall. Er sagt von sich selber, dass er sehr selbstgenügsam wäre, sogar eigenbrödlerisch. Es sei schön mit mir, aber auch schön ohne mich. Ohne mich leben, könnte er in jedem Fall. Weißt Du, er ist sehr rational und kann sehr schlecht empatisch sein. Er begreift ein Problem rational, kann es gut wiedergeben aber er kann keine emotionale Begleitung geben. Laut seiner Mutter, hat ein Lehrer einmal von ihm behauptet, er hätte autistische Züge. Ich dagegen bin sehr emotional, sehr empatisch. Lange Zeit dachte ich, dass wir uns gut ergänzen. Auch in meiner akuten Zwangsepisode, war seine rationale Herangehensweise ziemlich gut.

Er selber sieht nicht, dass sich unsere Beziehung verändert hätte. Für ihn gibt es kein "Kippen" wie ich das empfinde. Wir haben nur wenig Alltagszärtlichkeiten, das war früher (bis vor ca. 1,5 Jahren) sicherlich anders. ich habe aber nicht den Eindruck dass er das vermisst.

Er sagt ganz ehrlich, dass er mich sicherlich nicht so lieben kann wie ich mir das wünsche. Er kann es eben nur auf seine Weise. Da kann er sich nicht ändern, genauso wenig wie er mich in meiner Art ändern kann und will.

Ich stelle mir Fragen: reicht mir seine Liebesfähigkeit? Reicht mir seine rationale Art? Muss ich evtl. lernen mir selber Liebe geben zu können, ohne diese (wie seither) im Außen haben zu suchen? Sollte ich die letzte Frage mit Ja beantworten, dann wird das ein Meisterstück für mich werden. Andrerseits haben wir ein Kind und ich will die Beziehung nicht so schnell aufgeben.

alles gerade ein wenig schwierig für mich.

mit Grüßen an euch
die Graureiherin
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Marika
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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von Marika »

Ich denke du sollst dir die letzte Frage mit "ja" beantworten - völlig unabhängig von deiner Beziehung. Auch ich habe das gelernt - mich selbst zu lieben und mein Glück nicht von der Liebe anderer völlig abhängig zu machen.

Ich glaube auch, dass jeder anders "liebt" - besonders Männer. Auch meiner ist eher rational - das liegt ihnen wohl eher in den Genen. Und vor allem verändert sich eine Beziehung auch, natürlich muss man immer schauen, ob man damit auch gut leben kann. Ich denke, dass wenn du mehr lernst DICH ZU LIEBEN, wird das ein enormer Gewinn für dich sein. Und verändert deinen Fokus von "ihm" auf "dich" - das kann sehr heilsam sein und nimmt Druck weg - nicht nur von dir, sondern auch von ihm und der Beziehung. Mach aktiv "dein Ding", tu was DIR gut tut - auch ohne deinen Mann. Wir hatten vor Jahren so eine "Phase" wo es nicht zum besten stand um unsere Beziehung - das war Noah ca. 2-3 Jahre alt. In dieser Zeit habe ich gelernt mich zu lieben und plötzlich hat auch unserer Beziehung wieder Aufschwung bekommen.

Ich drück dich!
Liebe Grüße von
Marika

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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von lotte »

Hallo Ihr,

ich habe auch so ein eher rationales Exemplar an meiner Seite und habe mir, wie Du auch Graureiherin, schon öfter die Frage gestellt, ob ich nicht jemand "brauchen" könnte, der ähnlich gefühlvoll ist wie ich. Meiner sagt zb oft, er sei nicht mein Spiegel, was wiederum nicht heisst, dass er mich nicht liebt. Aber mein Defizit (das in etwa so ausschaut wie Deins) kann er nicht füllen. Und damit hat er absolut Recht. Auch Aussagen wie "ich kann ohne Dich nicht leben" oder "ich leide sehr, wenn Du nicht da bist" wären und sind nicht seins, und ich musste auch eine Zeit lang "schlucken", dass er das so scheinbar gefühlsarm sagen kann. Aber auch hier stimme ich ihm heute voll und ganz zu. Sicher könnte er ohne mich leben, und ich auch ohne ihn. Das ist nach meiner Angsterkrankung, in der ich schlecht alleine sein konnte, für mich sowieso mit einer der schönsten Dinge, die ich für mich persönlich erreicht habe: mit mir selbst klar zu kommen.

Ich denke also nicht, dass es Dir mit einem "gefühlvolleren" Mann anders/besser gehen würde, denn das, was Du früher nicht bekommen hast, kann heute keiner mehr ersetzen. Muss er auch nicht, denn Du bist erwachsen und kämst, so hart das klingt, auch ohne seine Liebe aus. Was als Baby/Kind ja nicht der Fall war, da braucht man die bedingungslose Liebe der Eltern.

Ich habe mich lange so gefühlt, als würde ich einem Phantom hinterherjagen. Und nichts anderes ist es, denn würde ich oder Du einen anderen Mann suchen/haben, käme dieser auch schnell an seine "Grenzen", bzw wir würden uns jedesmal die Frage stellen, ob das reicht, was er uns gibt.

LGL
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Marika
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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von Marika »

wollte mich nur nochmal genau erklären: mit "ohne dich will ich nicht leben" meinte meiner er will eine Beziehung mit mir führen, nicht dass er etwa sterben würde ohne mich :wink: .... und ich würde ebenfalls ohne ihn überleben. :wink:

Ich glaube auch, dass so verschieden wir 3 von unseren Männern sind - das ist genau DAS was wir brauchen. Die Ratio die wir nicht so haben wird durch die Männer ergänzt und umgekehrt auch.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Ihr beiden,

wisst ihr, mein Partner ist nicht "nur" rational, manchmal denke ich es sind tatsächlich autistische Züge. Nicht das volle Krankheitsbild, das nicht. Aber dieses gänzlich fehlende Emphatievermögen... ich denke, ich muss in nächster Zeit sehr genau schauen, ob sich das gut tun noch die Waage hält. Bei den drei langjährigen Beziehungen die ich zuvor hatte, waren die Männer höchst emotional. Über alles musste geredet werden, vieles wurde zu einem Problem kreiiert, alle haben sie Therapieen gemacht etc. Als ich mit meinen jetzigen Partner kennenlernte, war ich glaub zunächst einfach nur froh "Ruhe" zu haben, sozusagen genau das Gegenteil eben, von dem wie ich es bisher kannte.

Zum Thema sich selber lieben. Ich würde sagen ich mag mich gerne (ich fände mich selber übrigens eine ziemlich gute Partie :D) Ich stelle mir die Frage, kann man sich selber lieben lernen, während man in einer Beziehung ist? Versucht man nicht immer unbewußt bestimmte Bedürfnisse doch über den Partner zu befriedigen. Muss man dazu nicht alleine sein, um sich wirklich auf sich konzentrieren zu können/müssen, um tatsächlich alleine (Freunde ausgenommen) mit bestimmten Punkten zurecht zu kommen zu lernen. Wie seht ihr das? Vor allem Deine Meinung, Lotte, interessiert mich. Da ich auch denke wir haben ein ähnliches Liebesdefizit etc. erlebt (meine Mutter hatte auch immer mit Ängsten zu tun) und Du auch immer nur in Beziehungen warst.

herzlichst eure Graureiherin

P.S. es hab mir extra mal Kommaregeln angeschaut, jetzt geht gar nicht mehr richtig, hab ich das Gefühl...egal
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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von Marika »

Auch wenn ich nicht Lotte bin: :wink: Ich habe IN meiner Beziehung gelernt mich selbst zu lieben und mein Ding zu machen. In Phasen ohne Partner war dies meist am Nullpunkt.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von lotte »

Liebe Graureiherin,

diese Frage hab ich mir schon sooooo oft gestellt und wollte auch immer zwischen meinen Beziehungen endlich mal alleine sein. Nun, das habe ich nie geschafft und heute würde ich es nicht mehr machen. Also, mich bewusst aus meiner Partnerschaft lösen, um zu schauen, wie das so alleine mit mir ist.

Denn ich kann mittlerweile auch innerhalb der Beziehung gut alleine sein, mich entfalten, mich auf mich selbst konzentrieren. Mein Partner dient eben NICHT mehr der Befriedigung mancher meiner Bedürfnisse, die ich mit mir allein ausmachen musste/und heute noch muss: er ist wie gesagt nicht mein Spiegel, der mich bestätigt. Also klar macht er das auch öfter mal, wir leben ja schliesslich zusammen und da ist es ein Geben und Nehmen, aber meine ureigensten Wünsche etc: dafür bin ich ganz allein zuständig. Deshalb wäre eine Trennung, wenn die Basis der Partnerschaft stimmt, auch nicht die Lösung. Ein anderer Mann mit anderen Eigenschaften übrigens auch nicht, denn da würde ich mich ja auch um mich kümmern müssen.

Die Liebe von früher kriegen wir nicht wieder. Und auch unsere Männer haben ihre eigenen Päckchen zu tragen. Deshalb ist es ja so wichtig, dass wir achtsam mit uns selbst umgehen. Und ja, auch lernen mit dem Defizit zu leben, auch wenn es manchmal schmerzt.

LGL
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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Ihr Beiden,

und danke liebe Lotte für Deine Antwort. Im Grunde kann ich innerhalb der Beziehung gut alleine sein. Schon immer! Ich gehe alleine in Urlaub oder auch zu Veranstaltungen. Ich habe meine Interessen (eher zu viele :wink: ) und erfreue mich sämtlicher Aktivitäten. Ich kann auch gut alleine auf Menschen zugehen. Vielleicht "brauche" ich "nur" das Gefühl, dass jemand da ist, in Form eben einer Beziehung. Ich denke, dass die Arbeit mit dem "inneren Kind" in dieser Richtung noch einiges erbringen wird. Mittlerweile bin ich bei Deinem Buchtipp , Lotte, angelangt und nach den ersten (etwas befremdlich wirkenden) Seiten, komme ich gut damit zurecht. Danke für den Tipp.

Wichtig ist für mich ehrlich zu bleiben, mir gegenüber, aber auch meinem Partner gegenüber und zusätzlich ist mir noch wichtig, mich nicht in grüblerischen Gedankendialogen zu verstricken. Auch eine gute Schule bzg. Achtsamkeit für den Augenblick.

Viel Freude euch allen, bei den sicherlich anstehen Laterenenlaufmarathons diese Woche.

herzlichst eure Graureiherin
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Re: ich benötige eure Meinung!

Beitrag von lotte »

Ja, ich denke, da ist was wahres dran. Also, dass gerade wir "emotional verkümmerten" so was wie einen festen Hafen brauchen. In meinen schlimmen Angstzeiten habe ich darin arg fest gehangen und kann heute, so wie Du auch, unbekümmert von Bord gehen. Und da ist es sogar sehr hilfreich, einen Mann zu haben, der mich das dann auch machen lässt, sich sogar darüber freut, dass ich das jetzt besser kann.

Schön, dass Du Dich mit dem Buch anfreunden konntest. Ich weiss, es wirkt anfangs sehr esoterisch und man glaubt, die Dame hat einen mächtigen Hau weg. Aber allein sich darin wiederzufinden, in ihren Beschreibungen war hilfreich. Und die Übungen sowieso.

Genau, achtsam Dir selbst gegenüber und auch Deiner Umwelt sein und bleiben, das ist wichtig und tut gut. Weil man so nahe an sich dran ist.

LGL
PS Laterne ist bei meinen Mädels (16 + 11) Gott sei Dank durch ;)
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