Totaler Rückfall im (oder wegen?) Urlaub

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Astrid77

Totaler Rückfall im (oder wegen?) Urlaub

Beitrag von Astrid77 »

Hallo,
ich schreibe mal kurz auf, was letzte Woche passiert ist, vielleicht hat ja eine von euch eine ähnliche Erfahrung gemacht und kann mir etwas Mut machen.
Ich hatte ja zum ersten mal vor etwa 1.5 Jahren Symptome, es war ganz schlimm und seitdem war es bis auf einige düstere Episoden immer so einigermaßen zu ertragen. Ich dachte, so würde es weitergehen. Letzte Woche war ich in Urlaub ohne Kinder, und anstatt dass ich mich erholt habe und genießen konnte, waren ganz oft Horrormomente dabei, und in der letzten Nacht des Urlaubs hatte ich eine Panikattacke, die jetzt immer noch nicht richtig weg ist.
Problematisch war es immer Nachts, ich lag im Bett und starrte auf die grauen Umrisse des Hotelfensters und fühlte starke Angst. Morgens konnte ich das wieder abschütteln, vor allem nehme ich ja ein Medikament speziell gegen Angststörung - doch so schlimm wie letzte Woche war es noch nie.
Tagsüber gab es viele Momente, an denen ich mich schrecklich gefühlt habe - sogar beim am Pool liegen oder spazieren, was eigentlich das reinste Paradies hätte sein sollen. Immer Angst und zugeschnürte Kehle, mitten im schönsten Sonnenschein. In der letzten Urlaubsnacht (wir haben eine Rundreise gemacht) hatten wir ein sehr kleines Zimmer und ich fühlte mich so beengt, starrte auf das blaue Licht bei einem Lichtschalter und hatte wieder Horrorangst. Ich hatte eine ganze Tablette Zoldem genommen und hätte eigentlich ausgeknockt schlafen müssen, aber vor Herzrasen ging nichts. Ich nahm eine ganze Tablette Tavor (nehme immer eine halbe sonst) ohne Resultat. Dann nähme ich noch eine kleine Dosis von meinem "normalen" Medikament Lyrica, welches man auch bei akuten "Zuständen" nehmen kann. Und Melatonin. Aber nichts, nichts half. Um 2 Uhr weckte ich meinen Mann und heulte mich bei ihm aus, auch das half nicht, und dann wurde mir so schlecht und ich musste mich übergeben - also waren alle Tabletten wieder draußen. Danach ging es mir aber besser und ich schlief tatsächlich ein.
Das war vorletzte Nacht, jetzt bin ich wieder zu Hause. Habe ein starkes Engegefühl in der Brust, ständig Angst und sogar am meisten Angst davor, dass diese Angst eigentlich von den Tabletten kommt, da es mir gerade nachts nach der großen Dosis (ich nehme morgens und abends) so schlecht geht. Hier zu Hause ging das Einschlafen zwar gut, aber beim Aufwachen hatte ich schon Schweißausbrüche, vor allem als ich dann die Kinder aufwachen gehört habe.
Ich bin genau an demselben Punkt wieder, wie vor 1,5 Jahren! Angst vor dem Leben, vor meinen Kindern (vor der Verantwortung), Panik im dunkeln, dann wieder Morgentief. Ich habe jetzt zwar die Tabletten, die man braucht alle zu Hause, aber irgendwie so ganz begeistert bin ich nicht… vor allem war es zwischenzeitlich wieder so schlimm dass ich dachte, ich kann das nicht aushalten, ich muss mich umbringen, so kann niemand leben. Ich hoffe dann (solche Gedanken habe ich nachts wenn ich Panik habe), dass ich dann irgendwie nach dem Tod Frieden finde und mit meinen Kindern zusammen bin….

Jetzt ist natürlich Wochenende, ich mag nicht in die Ambulanz denn Tavor habe ich selber zu Hause. Ich könnte mein Medikament erhöhen, aber da Lyrica einen Gewöhnungseffekt hat, würde das auch nicht lang helfen und dann müsste ich wieder erhöhen.

Hattet ihr auch schonmal so einen Rückfall ausgerechnet im Urlaub, und ist es wieder weggegangen?
LG
Astrid
lotte

Re: Totaler Rückfall im (oder wegen?) Urlaub

Beitrag von lotte »

Hey Du,

ja, das mit dem schlecht fühlen im Urlaub kenne ich auch noch gut von früher. Man denkt, man MÜSSE dann doch entspannen, genießen können, ohne Kids auch noch, herrlich. ABER: die Angst, unsere Krankheit fährt ja mit und lässt sich auch vom schönsten Sonnenschein nicht austricksen. Ganz im Gegenteil: je mehr wir uns dann noch unter Druck setzen, von wegen "jetzt entspann Dich doch endlich", desto schlimmer wird es.

DU schreibst ausserdem, es ginge Dir vorher gerade so einigermassen? Das klingt jetzt für mich nicht super stabil und/oder glücklich? Vielleicht warst Du dann noch nicht soweit für einen Urlaub ohne Kids? Noch dazu eine Rundreise, die ja meistens auch nicht ganz unstressig ist. Die meisten Frauen fühlen sich ja sicherer, wenn sie in ihrer gewohnten Umgebung sind, ihren normalen Alltag haben.

Mir ging es zu Hause dann meist schnell wieder besser. Ob es bei Dir jetzt von den Tabletten war, glaub ich weniger. Denn wenn Du Panik kriegst, wenn die Kinder aufwachen, ist das ja eher ein seelisches Problem (Angst vor der Verantwortung).
Hast Du eigentlich auch eine Thera gemacht, begleitend?

LGL
Sanna
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Re: Totaler Rückfall im (oder wegen?) Urlaub

Beitrag von Sanna »

Liebe Astrid,

ich kenne das auch, dass es im Urlaub erstmal schlechter wird. Nachdem ich mich eingewöhnt habe (nach 2-3 Tagen) geht es mir dann aber wieder gut und ich kann es auch genießen.

Kann es sein, dass du dich mit dem Urlaub einfach überfordert hast? Vielleicht warst du einfach noch nicht so weit, dich allzu sehr aus deiner Strutur zu lösen. Das war/ist bei mir immer der Knackpunkt. Urlaub in einer Ferienwohnung traue ich mir ohne weiteres zu, weil ja dann der Ablauf ähnlich ist. Aufstehen, Frühstück machen...usw. Eine Rundreise fände ich für mich noch schwierig, zumal das ja auch immer mit Stress verbunden ist.

Gib dir ein bisschen Zeit wieder zuhause anzukommen, dann wird es sicher auch wieder besser gehen.

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Astrid77

Re: Totaler Rückfall im (oder wegen?) Urlaub

Beitrag von Astrid77 »

Hallo,
ja, jetzt zu Hause geht es mir wieder ein bisschen besser. Es kommt zwar immer wieder das Engegefühl in der Brust, aber die Panik ist schon abgeklungen. Gestern mittag dachte ich schon, es wäre ganz vorbei, aber dann kam es doch wieder ein klein wenig.
ich glaube auch, das mit dem Herum fahren war nicht so eine gute Idee. Immer ein neues Hotel, immer alles ungewohnt. Aber heute nacht lag ich auch hier wieder im Bett und habe Herzrasen gehabt, es war aber lang nicht so schlimm wie im Urlaub.
Nein, stabil bin ich immer mal ein paar Wochen, dann kommt wieder irgendetwas, oder ich setze die Tabletten ab, weil ich sie nicht vertrage etc. Habe schon viel ausprobiert, irgendwie war nie das richtige dabei. Jetzt habe ich eben dieses Medikament gegen Angststörung und damit fühlte ich mich bis vor dem Urlaub eigentlich ganz ok, abgesehen von den Nebenwirkungen Müdigkeit und Verwirrtheit. Das Medikament wirkt, indem es die Reize von außen nur gedämpft wahrnehmen lässt. Somit kann ich ganz gut mit dem Stress umgehen, da mein großes Kind auch ein echter Wildfang ist. Wo jetzt auf einmal die Angst und Panik her kommt, weiß ich nicht. Die hatte ich auch zu Beginn der PPD.
Naja, alles in Allem geht es mir schon wieder ein bisschen besser, es ist halt schade, dass der Urlaub so war. Jetzt habe ich schon ein bisschen Bedenken vor dem nächsten Urlaub im August, der ist allerdings mit Kindern.
LG
Sabrina

Re: Totaler Rückfall im (oder wegen?) Urlaub

Beitrag von Sabrina »

Hallo Astrid,

mein erster Urlaub steht mir in 3 Wochen bevor. Ich freue mich aber riesig drauf. Bin gespannt wie es wird.
Das hört sich bei dir nicht schön an. Iwie kommt es mir auch so vor, dass du nicht richtig stabil bist bzw. warst. Nimmst du denn momentan ein AD ein?
Glu

Re: Totaler Rückfall im (oder wegen?) Urlaub

Beitrag von Glu »

Hallo Astrid,

Ich weis nicht, ob du dich noch erinnern kannst..
Mir ging es letztes Jahr im Urlaub erst auch schlecht, habe damals auch im Forum geschrieben.
Nach zwei Tagen hatte ich totale Morgenangst, wollte alles abbrechen, nur noch nach Hause.
Habe zwei oder drei Tage Tabir gebraucht und sogar was zum schlafen..
Doch dann wurde es schnell wieder gut und ein toller Urlaub, der beste seit Jahren. :-))

Als ich dann einen Termin bei meiner Psychiaterin hatte, erzählte ich davon und sie meinte:
das hat gezeigt, dass die damalige Dosis Sertralin von 100 mg zwar ausreichend für den Alltag war, aber nicht für mehr, z.b. wir Urlaub. Ich habe im Hinblick auf den Arbeitsbeginn auch erhöht auf 150 mg und bin noch dabei geblieben.

Damit wollte ich sagen, dass ich mir vorstellen kann, dass du einfach noch nicht so stabil bist. Bei uns ist es halt so, dass sogar Urlaub eine Belastung sein kann.

VG glu
Astrid77

Re: Totaler Rückfall im (oder wegen?) Urlaub

Beitrag von Astrid77 »

Hallo!
Ja, das stimmt, wie ich geschrieben habe: stabil bin ich nicht. Ich war letztes Jahr allerdings im August in Urlaub und nahm keine ADs, und ich muss sagen, es ging mir manchmal nicht gut damals - aber der Urlaub jetzt war schlimmer. Und das mit Medikament.
Das Medi hat als paradoxe Nebenwirkung "Panikattacken". Dabei ist es gegen Angst. Ich muss heute ständig durchatmen weil ich dieses Enge Gefühl habe in der Brust, und einen Kloß im Hals. Aber so hier zu Hause bin ich fit für den Alltag. Ich glaub echt, der Urlaub war einfach eine zu hohe Erwartungshaltung, dann ständiger Wechsel... aber der Hauptgrund war vielleicht, dass ich in der letzten Nacht als es so schlimm war, eben wusste, dass ich wieder nach Hause muss, wieder Stress habe, und davor habe ich mich halt gefürchtet (so wie vor jedem Wochenende).
Ich hoffe, ich komme bald wieder auf einen normalen Level. In zwei Wochen habe ich meinen nächsten Termin bei der Ärztin und dann werde ich es ihr erzählen.
LG Astrid
The Secret

Re: Totaler Rückfall im (oder wegen?) Urlaub

Beitrag von The Secret »

Hallo

ja das kenne ich auch. Meine Therapeutin hatte mir das auch mal erklärt, dass es für den Körper wichtig sei uns in Ruhephasen zu erinnern, dass wir zuviel Stress hatten. Sie meinte die meisten bekommen die erste Attacke oder generell Attacken in Ruhephasen. Meinem Mann zum Bsp ergeht es nach einem stressigen Tag oft so, dass ihm übel wird sobald er zu Haus ausruhen kann. Bei mir war es auch grad im Urlaub vor zwei Wochen so, dass ich Symptome bekam. Übelkeit, Schwindel, aufsteigende Panik aber keine richtige PA. Diesmal wusste ich etwas besser mit umzugehen. Das ging bei mir aber zusätzlich mit dem Eisprung einher bei dem ich eh immer seit meinem ersten PA letztes Jahr solche PMS Symptome zusätzlich habe.
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