Neid

Austausch alltäglicher Sorgen oder Freuden

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Mammsie
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Neid

Beitrag von Mammsie »

Hallo zusammen,

ich muss mich etwas ausheilen...und gleichzeitig ist es mir total unangenehm, weil ich weiß wie blöd es ist.
Gerade bekommen einige Kollegen oder Bekannte Kinder und ich freue mich auch ein bisschen für sie mit. Ich frage dann, wie es so geht und wie das neue Leben so ist und bekomme dann so Antworten "ach wir sind einfach nuuuuuur glücklich, alles ist so toll, es ist kein neues Leben, es ist ein BESSERES Leben" und so weiter und so fort....einen Kumpel hab ich damit geneckt, dass er schonmal was gegen die Augenringe kaufen soll, wenn der Schlafmangel kommt :D . Und da meinte er "was für Schlafmangel? Ist doch alles total entspannt"
Versteht mich nicht falsch, ich freue mich für jeden, der es leichter hat, aber irgendwo hätte ich mich gefreut, einen "Leidensgenossen" zu haben, wisst ihr was ich meine? Manchmal ertappe ich mich bei dem Gedanken, dass ich einfach falsch bin, dass ich depressiv geworden bin :( und am Anfang ständig nur überlastet war. Und dieses Gefühl wird dann stärker, wenn ich andere sehe. Kennt ihr das? Lieben Dank schonmal :wink:
alibo79
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Re: Neid

Beitrag von alibo79 »

Hey, natürlich kenne ich diese Gefühle. Gefühlt waren alle glücklich in ihrer Mutter Rolle. Waren immer die perfekten Mütter und haben so heititei und duziduzi
( ich hoffe du weißt was ich meine) mit ihren Kindern. Ich bin nicht so ein Typ und für mich hat sich das auch immer total falsch angefühlt sich so zu verhalten. Als ob ich mich total verstellen muss.
Ich habe bei meinen Kindern als sie kleiner waren auch mal so ein Mutter Kind Kurs probiert. Das hat bei mir aber total das Gefühl von Widerwillen ausgelöst, fast wie angewidert sein von diesem mutti Getue. Vor allem habe ich mich auch dann oft minderwertig gefühlt weil ich gemerkt habe, dass ich anders bin. Bzw eigentlich bin ich gar nicht anders oder falsch, ich bin so total okay und es gibt so viele Mütter die ähnlich fühlen nur viele spielen eine Rolle nach außen.
Mit der Zeit habe ich viele Mütter kennengelernt, die im Gespräch dann auch ehrlich wurden. Und gerade mit denen habe ich dann auch eher gequatscht und gemerkt, es gibt so viele Mütter die müde sind oder genervt oder frustriert oder null bock auf Hausaufgaben usw haben.
Inzwischen kann ich damit meistens gut umgehen und meine Kinder und ich haben da eine gute Beziehung entwickelt. Gerade durch meine Depressionen musste ich viel an mir arbeiten und an meinen Einstellungen der Dinge gegenüber, dadurch habe ich eine sehr offene und ehrliche Beziehung zu meinen Kindern bekommen und zu meinem Umfeld.

Also es ist völlig normal wie du das empfindest und ganz direkt gesagt, alle die nach außen Friede Freude Eierkuchen machen, die lügen sich was vor 😘😘
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Mammsie
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Re: Neid

Beitrag von Mammsie »

Hi, ja danke für deinen Beitrag!
Im Grunde hast du natürlich Recht. Theoretisch weiß ich auch, dass vieles nur Schein ist oder dass natürlich auch nicht jeder mit den negativen Dingen loslegt. Ich spüre, dass mich das ein bisschen an einer wunden Stelle trifft, da ich selber so lange mit dem Muttersein gehadert habe und diese Depression und Ängste mir viel Freude nahmen, manchmal sogar den Mut zu Leben.
Zu sehen wie scheinbar leicht es anderen fällt, wie natürlich glücklich sie scheinen, ohne jede Mühe, macht mich dann traurig. Nicht für sie, sondern für mich.
Tatsächlich bin ich auch nicht der "duziduzi"-Muttertyp :D haha, ich teile z.B. selten Kinderfotos, erzähle auch gerne von anderen Dingen, die mich interessieren. Es ist eben nicht einfach, mit dem Los das wir haben. Die einen haben es leichter, die anderen schwerer. Das heißt nicht, dass wir falsch sind, da denke ich wie du. Manchmal kommt nur so ekliges Selbstmitleid hoch, so nach dem Motto "wieso musste ich es so schwer haben". Und immer noch....ich nehme Medis, muss zur Therapie. Es ist ein Tabu, trotz allem noch. Aber naja, das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite :wink:
alibo79
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Re: Neid

Beitrag von alibo79 »

Ja dieses selbstmitleid kenne ich auch . Ich denke dann warum habe ich diese sch... Krankheit, die mich zeitweise sehr eingeschränkt hat oder das alltägliche Dinge mir schwefallen, die für andere selbstverständlich sind. Oder wo ich denke andere können das alles und ich muss immer aufpassen oder überlegen ob mir das gut tut.
Aber inzwischen ist es so dass ich dankbar bin für alles was wieder möglich ist und meistens nicht damit hardere wie mein leben ist. Ich schaue manchmal in Momenten wo Zweifel da sind , in meinem Umfeld und sehe da einige Leute die ihr Päckchen zu tragen haben. So ist wahrscheinlich das leben.
Aber ein bisschen selbst Mitleid muss auch manchmal sein, dann gebe ich mir etwas Aufmerksamkeit und Pflege mich ein bisschen und dann geht es wieder weiter 😅😅
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Mammsie
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Re: Neid

Beitrag von Mammsie »

Ja, total! Ich stimme dir zu.
Ich bin auch manchmal fies und denke "warum haben die es so leicht? Wieso schläft deren Baby jetzt einfach durch ohne dass die Eltern da was für tun mussten?" :roll: Tja, ich werde nie wissen, warum es so oder so ist.
Meine Therapeutin hatte gesagt, dass ich eigentlich aufgrund dessen, dass ich es so schwer hatte, auch viel stolzer sein kann. Ich habe etwas geschafft, obwohl es mich an meine Grenzen gebracht hat, ich es fast nicht mehr ertragen konnte. Und mein Kind ist glücklich. Die anderen müssten nicht so viel kämpfen, sie haben es nicht geschafft, sondern bekommen. Ich habe es geschafft. Das vergesse ich nur manchmal.
Ja, sich selber Aufmerksamkeit schenken, ist echt wichtig. Sich daran erinnern, dass man lebt, OBWOHL es schmerzt, Angst macht und aufwühlt.
Immer wieder dieses Trotzdem...
Ich hatte letztes Jahr erst meinen ersten Urlaub mit Kind. Vorher war es mir nicht möglich. Autofahren mit ständigem Anhalten, Geschrei, Gequängel, alles voller Krümel etc., genervter Mann, ich genervt usw. Und eine Nachbarin kommt braungebrannt aus dem Urlaub mit Baby zurück und erzählt wie entspannt es war und sie hätte ja ewig so weiter machen können.
Es hält mir vor, wie "schwach" ich manchmal bin oder war. Aber eigentlich zeigt mir, nichts über mich.
Hach ja, ist schon alles manchmal komisch. :wink:
alibo79
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Re: Neid

Beitrag von alibo79 »

Hey, erstmal das mit dem Urlaub kann ich so nachvollziehen. Ich konnte durch meine Angst Störungen auch lange Zeit viele Dinge nicht machen, alleine Urlaub mit den Kindern da war nicht dran zu denken. 6 Jahre!!! Nach Beginn der PPD bin ich das erste Mal allein mit den Kindern für paar Tage weg gefahren. Nicht weit mit einigen Sicherheit massnahmen damit ich mich sicher fühle. Vorher brauchte ich immer jemanden vertrautes an meiner Seite, damit die Anspannung nicht zu groß wurde.

Und da stimme ich deiner Therapeuten echt zu, wenn ich mir das anschaue was ich seit 2014 mir hart erarbeitet habe und wie ich manchmal kämpfen muss, dann dürfen wir mega stolz sein. Das ist wie ein Mensch , der zb verletzt war bzw Querschnitt gelähmt, wieder lernt zu laufen und dann einen Marathon bestreiten kann. Und dass zeigt , dass wir mega stark sind und wirklich Respekt vor uns haben dürfen.
💪💪
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
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