Umgang mit Tod und Trauer

Austausch alltäglicher Sorgen oder Freuden

Moderator: Moderatoren

Antworten
alibo79
power user
Beiträge: 1026
Registriert: 16:06:2021 11:15

Umgang mit Tod und Trauer

Beitrag von alibo79 »

Hey ihr Lieben,
Ich brauche mal eure Gedanken zu diesem Thema.
Hintergrund ist, dass mein cousin sterben wird. Er ist noch jung, hat aber seit 4 Jahren Krebs und jetzt haben die Ärzte gesagt, dass sie nichts mehr tun können.
Es war mir klar, dass es so kommen wird, aber ich habe diese Situation immer vor mir weg geschoben.
Ich muss dazu sagen, dass ich eigentlich seit Jahren keinen Kontakt zu ihm habe, da wir weiter weg wohnen und von beiden Seiten da nie ein enges Verhältnis war, aber trotzdem ist es irgendwie Familie.

Das war mich tief in mir drin eigentlich beschäftigt ist, dass ich diesen tiefen traurigen Gefühlen nicht gewachsen bin und mich das in meiner Krankheit wieder sehr instabil werden lässt. Das ich die Gefühle nicht aushalten kann der Trauer, weil ich soviele Jahre durch die Depression so traurig war. Und wie ihr wisst bin ich relativ stabil, aber nicht gesund. Ich muss immer aufpassen, es gibt auch wirklich gute Zeiten wo ich mich dem Leben gewachsen fühle, aber auch noch Tage wo ich mehr kämpfen muss bzw wenn viel außer der Reihe ist echt aufpassen muss, denn sonst kommt wieder Erschöpfung oder auch diese nachdenkliche Stimmung. Gerade die letzten Wochen mit dem ganzen Stress waren eine Herausforderung für mich. Auch für meine Familie, mein Mann ist auch ko, wahrscheinlich ist das auch normal. Bloß bei mir gehen da schnell die alarm Glocken an.
Ich glaube dass ist es was mich mit dieser Nachricht eigentlich am meisten beschäftigt, dass ich schiss habe so tief zu fallen, dass ich Wochen brauche mich aufzubauen. Gerade im Moment wo ich wieder im Status bin, dass ich den Akku laden muss.

Hattet ihr auch schon solche Situationen mit Tod und Trauer und was hat das mit euch gemacht wie habt ihr einen Umgang damit und mit den depressionen in diesem Zusammenhang gefunden?
Liebe Grüße
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9998
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Umgang mit Tod und Trauer

Beitrag von Marika »

Hallo Alibo!

E tut mir sehr leid, dass dein Cousin so ein Schicksal erleiden muss. Aber auch, dass du gerade selber erschöpft bist, auftanken solltest und dich mit dieser Situation konfrontieren musst. Ich kann sehr gut verstehen, dass gerade alles zuviel ist.

Ich kann dir von mir erzählen, dass ich vor 6 Jahren eine liebe Freundin an den Krebs verloren habe. Nach jahrelangem Kampf musste sie gehen. Unsere Söhne kennen sich seit sie Babys sind und sind miteinander aufgewachsen. Ihrer war damals 12, als sie den Kampf verloren hat. Es war sehr schlimm, ich konnte es nicht fassen, warum gerade eine Mama so früh sterben muss. Hatte viele Fragen die unbeantwortet blieben. Aber ich hatte keine Symptome meiner Erkrankung. Es hat mich auch nicht getriggert. Es war sogar so, dass ich dankbar war, dass ich "nur" eine PPD hatte und nicht diese schreckliche Krebserkrankung. Es war eine ganz eigenständige Situation für mich, die zwar Trauer und Schmerz mit sich gebracht hat, aber so gar nichts in Bezug auf meine PPD mit mir gemacht hat.

Natürlich war ich zu diesem Zeitpunkt schon lange gesund und stabil. Vielleicht hilft dir meine Erfahrung trotzdem ein bisschen. Ich konnte erkennen, dass ich trotz der PPD weiterleben darf und so hat sich die Trauer um meine Freundin nicht mit meinem Schicksal verstrickt.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
alibo79
power user
Beiträge: 1026
Registriert: 16:06:2021 11:15

Re: Umgang mit Tod und Trauer

Beitrag von alibo79 »

Danke Marika für die Antwort.
Ja die letzten Wochen war einfach viel los bei uns, jetzt kam diese Woche noch Magen darm Grippe bei allen dazu und gestern dann auch noch diese traurige Nachricht. Das war einfach alles bisschen viel auf einmal.
Heute habe ich aber schon wieder etwas Distanz aufbauen können und auch die Nacht war ok. Oft schlafe ich unter solchen Umständen nicht gut.
Ich für mich denke auch, dass die Trauer in solchen Situationen ja eigentlich total berechtigt ist und auch nichts mit Depressionen zu tun hat, es ist einfach das Leben. Und es gehört dazu zu trauern oder Abschied zu nehmen.
Ich habe für mich es ähnlich gesehen wie du. Ich habe zwar diese hundsgemeine Erkrankung, die mir manchmal viel abverlangt und das Leben schwer macht. Aber ich habe auch die Chance mein Leben zu leben und meine Kinder wachsen zu sehen. Und gute Zeiten zu erleben. Diese Chance haben wir trotz der depression und das relativiert vieles.
Wie du sagst, es ist in dem Zusammenhang ,,nur ,, eine Depression. Oder Angst oder ZG mit denen wir leben müssen, aber wir dürfen Leben !
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
alibo79
power user
Beiträge: 1026
Registriert: 16:06:2021 11:15

Re: Umgang mit Tod und Trauer

Beitrag von alibo79 »

Und, da bin ich stolz auf mich. Ich hätte in der nächsten Zeit wieder einige Termine zusätzlich und ich war mir bewusst dass es mir zuviel Termine auf einem mal sind. So bin ich hingegangen und habe schon mal einen Teil verschoben, was nicht wirklich wichtig ist. Und das finde ich gut, denn sonst hätte ich versucht es irgendwie hin zu bekommen.
Jetzt sag ich mir, eins nach dem anderen. Es ist nicht schlimm wenn nicht alles gleich erledigt wird.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9998
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Umgang mit Tod und Trauer

Beitrag von Marika »

Ich freue mich sehr, dass es dir insgesamt besser geht. Mit der Situation deines Cousins, aber auch dass du es schaffst, Dinge zu verschieben/abzusagen. Weg von "alles schaffen müssen" hin zu "Unwichtiges rausnehmen und diese Zeit für Ruhe einplanen". Klingt so leicht und fällt oft so schwer.

Ich freue mich jedenfalls, dass du dich besser fühlst. 🥰🥰🥰
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
SaraGossa
power user
Beiträge: 227
Registriert: 01:02:2023 11:33

Re: Umgang mit Tod und Trauer

Beitrag von SaraGossa »

Hey Alibo,

Das mit deinem Cousin tut mir sehr sehr leid....ich verstehe dich sooo gut, meine Tante ist ja vor knapp 6 Monaten überraschend schnell gestorben. Sie war auch noch jung und ich noch lange nicht stabil. Im Nachhinein war es für mich eine wichtige Erfahrung...sie nur zu besuchen wenn ich mich wirklich stark genug fühle, mich nicht aufzuopfern, dass es anderen Familienmitgliedern etwas besser geht(das hätte ich vor 2 oder 3 Jahren nämlich ganz bestimmt getan)

Und einfach zu erkennen wie vergänglich das Leben ist...viele Dinge die in unserem Leben so gut sind, werden nochmal mit Wichtigkeit unterstrichen. Klar, sowas ist schmerzhaft...aber nicht nur. Wenn man es zulässt, kann man dem Ganzen auch gutes abgewinnen.

Zb hab ich bemerkt, was für einen tollen Zusammenhalt ich mit meinen Brüdern habe, wenn es drauf ankommt.

Achte einfach gut auf dich, hör nochmal mehr in dich rein was du jetzt brauchst und vorallem was nicht, ich drücke die Daumen dass diese schwere Zeit rasch vorbeigeht. Du bist so stark ♡
Sehr traumatische Geburt meines 1. Sohnes Nov. 2021
Seit Januar 2022 PPD
Anfangs Mirtazapin, inzwischen abgesetzt
Seit Oktober 22 Vortioxetin 20mg
Januar 23 noch Duloxetin 120mg dazu

Aktuell ziemlich stabil🤞
alibo79
power user
Beiträge: 1026
Registriert: 16:06:2021 11:15

Re: Umgang mit Tod und Trauer

Beitrag von alibo79 »

Danke Sarah für deine Antwort. Ja, es gehören leider auch solche Zeiten zum Leben dazu. Ich muss solche brocken mir immer nur portionsweise zuführen.
Und zwischendurch immer mal meiden und mich mit guten Dingen umgeben, damit alles in Balance bleibt.
Neulich habe ich auch etwas gegen die dunkle Jahreszeit angesehen, aber inzwischen kann ich mich auch an den bunten Blätter erfreuen und auf das gemütliche zu Hause und die Ruhe, die diese Jahreszeit mit sich bringt. Im Sommer bin ich viel beschäftigt Mut Garten und dem ganzen Obst was zu ernten und verarbeiten ist. Jetzt kommt die Zeit wo man sich auch mal zurück legen darf und Ruhe einkehrt.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Antworten