Katastrophengedanken

Austausch alltäglicher Sorgen oder Freuden

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Nic
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Katastrophengedanken

Beitrag von Nic »

Hallo ihr Lieben, so langsam verstehe ich ja auch, dass meine Gedanken sehr mit meinen Gefühlen zusammen hängt. Also je nachdem was ich so denke reagiert mein Körper mit entsprechenden Gefühlen.

Aber warum gibt es bei mir immer nur Katastrophengedanken und keine normalen? Z.B. hab ich meinem Bruder gegen 19 Uhr eine whats app geschickt und es kommt keine Antwort mehr bis ich schlafen gehe.

Nein, ich kann dann nicht denken “o.k. Er hat das handy in einem anderen Zimmer und liest die Nachricht morgen erst.
Oder er ist eingeschlafen und kriegt nichts mehr mit.

Nein, nein, bei mir hatte er einen Schlaganfall und liegt alleine in seiner Wohnung (er lebt alleine), oder er hatte einen Autounfall nachdem wir am Abend noch eine Runde gelaufen sind. Normal ist das ja auch nicht? Dementsprechend war heute meine Nacht.

Gegen 9 Uhr heute morgen hat er geantwortet. Alles gut, klar. Er schaltet sein Handy um 20 Uhr aus, um Ruhe zu haben, was ich ja auch gut finde.

Warum schaffe ich es nicht, relaxter zu werden und normal zu denken ???

Liebe Grüsse
Nic
Fipsie81
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Fipsie81 »

Ich kenne das Nic…
Manchmal sind meine Gedanken so absurd dass ich darüber lachen muss, manchmal machen sie mich so fertig dass ich nur noch ein zitterndes heulendes Elend bin.
Ich weiß auch nicht was man dagegen tun kann.
Aber du bist definitiv nicht allein damit und ich glaube dass man vielleicht irgendwann sich vergegenwärtigen kann, dass es nur ein blöder Gedanke ist und es lockerer nehmen.
Erste depressive Episode 2010
Nach Geburt meiner Tochter 2014 PPD mit Angststörung und starken ZG
Das Ganze wieder nach Geburt meines Sohnes 2018. Nehme in all der Zeit Citalopram, mal mehr mal weniger, versuchte immer auszuschleichen, einmal habe ich es sogar geschafft, und dann doch wieder nehmen müssen.
Letzte Reduktion vor einem Jahr auf 10mg was aktuell ziemlich in die Hose geht. Seit ein paar Wochen wieder auf 20mg und hoffentlich auf dem Weg in eine Stabilität
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Marika
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Marika »

Hallo zusammen!

Ja, kenne ich. Mein ganzes Leben ist eigentlich so verlaufen... ich habe immer das Negative gesehen, bzw. dachte in Katastrophen. Ich bin sehr behütet aufgewachsen, zu behütet. Schon früh hat man mich gelehrt, immer gut aufzupassen weil 10000 schlimme Dinge auf mich lauern. Es war zuviel von "beschützen". Ich wurde überängstlich, zwanghaft und konnte kein Selbstvertrauen aufbauen.

Mit der PPD dann musste ich hinschauen in der Therapie. Dort habe ich gelernt dieses Denken zu entlarven, zu bemerken und schon bevor ich in die Katastrophen Spirale hinein komme, diese zu stoppen. Das war ein langer Weg, aber ich habe es echt geschafft das in den Griff zu bekommen. Klar neige ich auch heute noch eher zu solchen Gedanken, das ist auch nicht krank oder schlecht. Ein bisschen vorsichtig darf man schon sein. Nur das überschießende Katastrophen Denken merke ich heute sehr schnell und kann es eliminieren. Wie gesagt, gelernt habe ich das in der Therapie... 2,5 mühsame Jahre lang...
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Fipsie81
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Fipsie81 »

Oh wow Marika, deinen ersten Absatz hätte ich genauso so schreiben können. Exakt genau so bin ich auch groß geworden :?
Erste depressive Episode 2010
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Marika
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Marika »

Echt? Ich glaube das hat was mit uns gemacht. In der Therapie habe ich das haarklein aufgebröselt und verstanden warum es so kam. Denn musste ich mühsam lernen, Selbstvertrauen aufzubauen, das Gute und Schöne zu sehen usw, Ängste aushalten, Gedankenspiralen erkennen und entschärfen... das war teilweisen ganz schwer.
Liebe Grüße von
Marika

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alibo79
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von alibo79 »

Guten Morgen nic,
Auch ich kenne diese Katastrophen Gedanken. Diesen Sommer sind meine Kinder das erste Mal alleine auf eine Freizeit gefahren, dass hat meine Gefühle schon sehr gefordert. Aber auch in anderen Situationen kommt es mal zu diesen Gedanken.
Aber ich kann die wie Marika inzwischen schnell erkennen und auch regulieren. So dass es nicht mehr so hoch kocht und ich deswegen nicht mehr auf den Boden der Tatsachen komme.
Bei mir liegt wahrscheinlich auch ein Teil in der Kindheit. Meine Eltern waren da im Gegensatz zu euren nie über vorsichtig und haben uns viel zugetraut und auch machen lassen. Sondern eher, dass meine Kindheit mit viel Unsicherheit geprägt war und ich da wenig Sicherheit hatte.
Was bei mir wichtig ist sind die Punkte Verantwortung abgeben, nicht alles kontrollieren wollen und auch akzeptieren dass nicht alles zu kontrollieren ist, Gedanken relativieren, Selbstbewusstsein stärken, vertrauen in die Dinge und das Leben zu haben.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Nic
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Nic »

Danke für Eure Antworten.

Aufgebröselt habe ich das schon sehr lange, soll heissen, ich weiss WARUM und weshalb ich so denke. Aber wie um Himmels Willen lernt man denn, anders zu denken?? Und wie stoppt man es in die Katastrophenspirale rein zu kommen?

Natürlich kann ich mir hundert mal sagen, ach er hat halt nicht mehr aufs handy geguckt, oder er schläft schon, und trotzdem kommt ganz schnell noch der Gedanke “und wenn doch was mit ihm ist? Dann bist du noch schuld weil Du nicht mehr nach ihm geguckt hast.

Himmel, ja es liegt am fehlenden Selbstvertrauen. ich springe so hin und her, mach’s jedem Recht, dass ja alle zufrieden sind und ich mache und mache und mache. Und komme aus dem Strudel irgendwie nicht raus.

Sogar mittags wenn ich gerne mal schlafen will, ist diese innere Unruhe wieder da. Glaube es liegt auch noch mit an der Weihnachtszeit da bin ich noch sensibler und trauriger als normalerweise.
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Marika
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Marika »

In der Verhaltenstherapie habe ich immer Übungen und Hausaufgaben bekommen, die ich auch schriftlich erledigen musste. Das war fast wie in der Schule. Die Stunde darauf haben wir dann besprochen wie es war. Da ist mir erst so richtig klar geworden, was ich alles an ungesunden Verhaltensmustern habe.

Die Übungen musste ich täglich machen. In deinem Fall z.b. hätte ich die Situation mit deinem Bruder aufschreiben müssen, daneben dann meinen Katastrophen Gedanken und wieder daneben einen eben genau anders herum gelagerten Gedanken. Also einen positiven (er hat grad keine Zeit z.b.). Da hatte ich einen Block, jede Seite hatte 3 Spalten (Situation, Katastrophen Gedanke, neutraler bzw. positiver Gedanke). Da konnte es sein dass ich an einem Tag mehr als eine Seite voll hatte. In der Stunde drauf haben wir das angeschaut, analysiert und jeder Situation eine % Zahl gegeben, wie hoch denn die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Katastrophe eintritt. So lernt das Gehirn eben genau zuerst neutral - positiv zu denken und erst wenn nötig sich Sorgen zu machen. Aber das dauert und es gibt viele verschiedene Übungen, dass ist immer ganz individuell auf die betroffene Person zugeschnitten.

Das Gehirn ist ein Muskel und lässt sich tatsächlich plastisch verändern. Man kann Gehirnareale stimulieren, aber auch dazu bringen nicht überschießend zu reagieren. Das gelingt mit solchen Übungen. Aber es ist ein langer Weg und man muss konsequent dran bleiben.
Liebe Grüße von
Marika

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Nic
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Nic »

Danke Marika,

Tatsächlich hab ich mich auch mal zwischendurch gefragt, wie hoch denn die Wahrscheinlichkeit ist, dass das was ich da gerade denke, auch passiert ?!
Irre, was unsere Gedanken mit uns anstellen können.
Grüsse
Nicole
alibo79
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von alibo79 »

Marika hat das gut beschrieben mit der Veränderung im Gehirn. Ich habe es zwar nicht so mit System geübt wie Marika, aber ich habe es so gemacht, dass ich diesen Gedanken erkenne und benenne und dann mir sage, wie wahrscheinlich es ist, dass sowas eintreten wird. Und dann hilft es mir mich wieder auf den normalen Alltag zurück zu konzentrieren .
Es ist natürlich trotzdem immer mal diese Angst und Unsicherheit in mir drin, da es einfach zu meinem Wesen gehört und auch was ganz menschliches ist.
Ich kann dir ein beispiel nennen, was sich vielleicht komisch anhört, was aber zeigt, dass in mir drin trotzdem noch Unsicherheit ist und ich daran arbeiten kann. Ich liebe Ohrringe und habe eine sehr große Sammlung und ich Wechsel die Ohrringe gerne mal, jedenfalls hatte ich so eine verrückte Verknüpfung im Gehirn, dass ich zeitweise die Ohrringe nicht wechseln konnte und nur zu bestimmten Tagen, da ich sonst schiss hatte, dass meine Glück Strähne abreist und was schlechtes passiert. Völlig abstrus dieser Gedanke, aber er war da und zeigte mir meine tief sitzende Unsicherheit.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
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Marika
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Marika »

Hallo Alibo...

Musste gerade schmunzeln, solche "Ticks" habe ich auch. :wink: Mein Psychiater sagte mal, das nennt sich "magisches Denken". Es soll vermeintlich Sicherheit geben. Kinder haben das oft, aber Erwachsene auch. Manchmal bin ich eine ganz Mutige 😅 und mache genau das Gegenteil von dem Tick, dann kann auch bei mir heute noch leichte Unruhe aufkommen. Aber die halte ich dann aus und denk mir, ist einfach wieder eine Übung. :lol:

Ich habe sowas bei Ampeln, beim Autofahren: schaffe ich es noch, ohne dass das Grün anfängt zu blinken, heißt es "ja" (auf etwas das mich beschäftigt und noch offen in der Zukunft ist), blinkt es bereits ist es ein "nein"... 🙈

Oh Mann, krass...😅
Liebe Grüße von
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Marika »

Noch 2 Sachen: als mein Sohn noch Fläschchen bekam, durfte ich immer nur die zur Tageszeit passende Flasche (morgens die Flasche mit der Sonne drauf, Abends die mit den Sternen... usw.) nehmen. Ich bekam fast Panik, wenn das Morgenfläschchen noch im Spühler war und nur das Nachmittags oder Abendfläschchen sauber war. Das ging nicht, denn ich war sicher: falsches Fläschchen, Unglück, schlechte Mutter...

Das selbe mit der Glässchen Beikost: die mussten Sortenrein und in einer Linie stehen... sonst kam Unruhe, Angst...

Die Übungen bestanden dann darin, genau diese Dinge absichtlich genau umgekehrt zu machen und zu notieren, was ich gefühlt hatte und dann auch, ob die Katastrophe eingetreten ist. Sie trat nie ein...🙈🙈🙈
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von Nic »

Irre, was unser Verstand für eine Macht hat.
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von alibo79 »

Guten Morgen, ich muss auch nochmal dazu schreiben. Erstmal bin ich echt erleichtert, dass diese Ticks anscheinend weiter verbreitet sind und ich also gar nicht so ein schräger Vogel bin :D :D
Ich mache das auch zwischendurch, dass ich bewusst nicht diesem tick nachgebe, damit ich es mir abtrainiere und es sich nicht zu stark in meine Verhaltensweise festsetzt. Unruhe und Angst habe ich da aber eigentlich nicht mehr, das war früher anders. Wahrscheinlich, weil ich aktuell viel mehr Sicherheit und Selbstbewusstsein habe.
Ich kann ja auch noch ein paar Ticks mal aufschreiben zur Erheiterung und vielleicht findet jemand sich wieder .
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
alibo79
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Re: Katastrophengedanken

Beitrag von alibo79 »

Morgens mit dem rechten Fuß aufstehen und einatmen
Zu bestimmten Zeiten, Anlässen eine bestimmte Unterhose anziehen
Abends beim zu Bett gehen, immer die gleiche Reihenfolge mit Licht aus etc einhalten
Früher fand ich Freitag den 13. Ganz beängstigend
Da gibt es bestimmt noch mehr, zum Glück ist das heute nicht mehr so schlimm und ich kann viele Dinge recht locker sehen :D
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