An die Geheilten

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November17
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An die Geheilten

Beitrag von November17 »

Hallo zusammen,

wie hat sich euer Genesungsprozess gezeigt?

Im Moment ist es bei mir komisch. Mir drängten sich in den letzten Tagen vermehrt Gedanken auf (stressige Zeit). Dachte nicht schon wieder ein Tief nachdem es gut lief.

Es ist aber gefühlstechnisch anders. Die Angst fühlt sich nicht mehr so wie die Ursprüngliche an. Schwer zu erklären. Als sei da nichts, was die Zweifel wieder verstärkt und dennoch als fühle man sich "leer" als fehle etwas.

Lg
Kikke

Re: An die Geheilten

Beitrag von Kikke »

Hey,
Ich kenne das Gefühl. Ich glaube, man muss sich an neue Gefühle gewöhnen. Und man muss sich sich dran gewöhnen, dass man bei jeder Änderung überlegt, ob es wieder so schlimm wird.

Ich habe aktuell einen beruflichen Umbruch vor mir, weil ich Dinge meiner Chefin nicht mehr ertragen will. Früher habe ich es hingenommen und die Gefühle, die sie in mir ausgelöst hat, ignoriert. Dazu bin ich jetzt nicht mehr bereit.
Mel
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Re: An die Geheilten

Beitrag von Mel »

Hallo November,
ich bin ja nicht geheilt :wink:
Aber ich kann dir sagen, dass sich eigentlich bei mir permanent etwas ändert. Manche Gefühle oder Gedanken verschwinden einfach oder werden viel schwächer, andere kommen hinzu. Wahrscheinlich gehört das zum Genesungsprozess...
Bei mir ist es auch so, dass die Angst viel weniger stark ausgeprägt ist. Und klar, das fällt auf, dass da plötzlich was fehlt.
Ist diese Leere denn unangenehm? Oder ist es eher so, dass du erleichtert darüber bist?

@Kikke: Das ist doch total gut, dass du weniger „Kompromissbereit“ bist. Und dass du dazu bereit bist, wahrzunehmen, was das Verhalten deiner Chefin bei dir auslöst. Es ist bestimmt gesünder, wirklich wahrzunehmen, wenn etwas massiv stört, als es zu „schlucken“. Wahrscheinlich ist das auch etwas, das die Krankheit uns lehrt... ungesunde Verhaltensmuster erkennen und etwas zu verändern.
Mel
PPD seit Juli 2017, seitdem Mirtazapin 15mg
(Mit Unterbrechung), dann 30mg Mirtazapin und Opipramol 75mg,
Seit Sept. 2019 Sertralin,
mittlerweile 200mg und 15mg Mirtazapin.
Opipramol ausgeschlichen
November17
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Re: An die Geheilten

Beitrag von November17 »

Liebe Kikke,

die berufliche Veränderung habe ich eigentlich schon lange vor, denn in Wirklichkeit hat die Arbeit immer einen inneren Groll hervorgerufen.

Ich blieb dort immer nur wegen dem sicheren Job, eigentlich gutes Gehalt (wobei ich woanders mehr bekommen würde, für das was ich alles gemacht habe) und einigen Kolleginnen.

Ich finde es so mutig, dass du diesen Schritt nun gehen möchtest um eine Veränderung zu erzielen. Ich drücke dir ganz fest die Daumen. Berichte wie es sich entwickelt.

@Mel: gute Frage bzgl. der Erleichterung. Diese Frage habe ich mir selber schon gestellt und versucht zu analysieren. Ich habe nämlich versucht Vergleiche zu ziehen, wie ich vor den Ängsten und wie die Gefühlslage war.
Und andererseits war es dann trotzdem unangenehm, weil es die Zweifel weckte und die Leere irgendwie komisch war.

In der Therapie kam ich auf den Film zu sprechen, über den ich in einem Beitrag schrieb und heulte wieder los beim Erzählen. Und am Freitag habe ich meiner Mama die Meinung gesagt (kein Streit, aber ich sprach einige Dinge an auch in Bezug auf meinen Vater) und das beschäftige mich dann, weil ich sonst kaum meine Meinung denen gegenüber äußere. Das Gewissen meldete sich.
Gestern als ich mit meinem Mann zusammen saß und von dem Freitag erzählte, hatte ich schon wieder Tränen in den Augen. Im Moment sind die Gefühle insgesamt sehr ausgeprägt.

Was ich mir halt am meisten Wünsche ist, diese Selbstsicherheit zu haben, dass es NUR Gedanken sind. Die Gedanken gepaart mit anderen Gefühlserlebnissen ist befremdlich.

LG
Kikke

Re: An die Geheilten

Beitrag von Kikke »

Das was du so berichtest ist für jeden anstrengend glaube ich: Unzufriedenheit im Beruf, unangenehme Dinge mit der Familie besprechen. Wir überprüfen unsere Gefühle einfach viel genau und können es nicht wegschieben.
Wie hat deine Mama denn reagiert? Ein mutiger Schritt von dir, Dinge anzusprechen.
November17
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Re: An die Geheilten

Beitrag von November17 »

Ja das Überprüfen kommt häufig vor. Und je mehr man überprüft desto eher kommt man zum Zwang als prüfe man solange bis der Beweis kommt man könne doch böse sein.

Danke dir. Der Mut kam eher aus der Situation heraus, weil meine Mutter wieder einige Punkte bemängelt hat und ich dann meine Ansichten geäußert habe und u.a. sagte, dass man bei meinen Vater immer ein schlechtes Gewissen entwickelt und er dies bei mir weckt. Mein Vater lässt quasi keine andere Meinung zu und ist man nicht der selben Meinung zeigt er es direkt. Und bei mir ist es so, dass Gesten manchmal mal sagen als tausend Worte.

Die Reaktion meiner Mutter war anfangs eher abwehrend, legte sich aber auch und hörte zu. Später daheim setzte sie sogar einen Punkt, den ich ansprach, in Bezug auf meinen Sohn um. Es ging darum, dass Opa immer Süßes geben möchte u.a. auch als Trostmittel und ich das nicht in Ordnung finde. Das Kind soll mit einer Umarmung Trost finden und nicht mit einem Bonbon. Als Opa dies wieder tun wollte, weil mein Sohn sich gestoßen hat hielt sie ihn davon ab. Beim Spaziergang als ich dies ansprach sagte sie als erstes "Ihr habt auch Süßes bekommen in solchen Situationen" und ich sagte ihr, als ob das toll gewesen ist. Hätte lieber etwas anderes gehabt. Aber anscheinend hat die Aussage doch etwas bewirkt.
Kikke

Re: An die Geheilten

Beitrag von Kikke »

Auch wenn es aus der Situation raus war: du hast es abgesprochen. Das ist super. Rede dir selber deinen mit nicht klein. Und es hat was gebracht. Besser kann es doch nicht laufen.

P.s. komische Idee, mit Süßigkeiten zu trösten.
November17
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Re: An die Geheilten

Beitrag von November17 »

Ja es ist wohl immer am einfachsten das Kind mit solchen Methoden ruhig zu stellen, wenn man sich nicht anders behelfen kann.

Meine Schwiegermutter nutzt Süßes im Glauben, sich so die Liebe vom Kleinen erkaufen zu können. Sie meint mit Süßem erreichen zu können, dass er sie mag. :roll:

Es ist mutig und ich bin auch froh, es angesprochen zu haben. Natürlich beschäftigt es mich die Tage dennoch und ich grübel darüber, denn es ist sonst nicht meine Art etwas zu sagen.
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