2. Kind, Hausbau, Umzug, Jobverlust — hallo Anpassungsstörung :-(

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Jessnic81

2. Kind, Hausbau, Umzug, Jobverlust — hallo Anpassungsstörung :-(

Beitrag von Jessnic81 »

Hallo ihr Lieben,

auch ich möchte mich euch gerne einmal vorstellen.
Ich bin 37 Jahre, habe kurz vor der Geburt meiner zweiten Tochter meinen geliebten Job bei der Air Berlin verloren und bin Mutter von zwei kleinen Mädchen, die nun fast vier und eineinhalb Jahre alt sind. Die Kleinste ist letztes Jahr Neujahr geboren worden. Die Schwangerschaft verlief einigermaßen o. k., die Geburt ging allerdings wirklich sehr, sehr schnell. Nach der Geburt verbrachten mein Mann und ich mit der Kleinen drei Nächte im Familienzimmer im Krankenhaus.
Unsere kleine Große hat in der Zeit bei meiner Mutter übernachtet und wurde nachmittags von meiner Schwester immer aus dem Kindergarten abgeholt. Auf dem Weg zur Oma haben die beiden uns immer im Krankenhaus besucht.
Meine Grosse stand, zumindest für mein mütterliches Gefühl, in der ersten Zeit total Kopf. Ich begann ganz schnell zu Hause ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber zu bekommen, hatte immer Angst das sie sich nun nicht mehr genug geliebt fühlt und war grundsätzlich einfach nur traurig und besorgt. Der blöde Winter gab dann noch seinen Rest dazu. Ich weinte wirklich viel in dieser Zeit, so dass mein Mann damals schon dachte das ist mehr als nur ein Baby Blues. Dagegen wehrte ich mich natürlich ständig weil ich meiner Rolle gerecht werden wollte. Im März wurde ich dann damit abgelenkt dass ich schon die ersten Kartons für unseren Umzug packte, der dann Anfang April von statten ging. Wir zogen in unser neugebautes Haus, raus aufs Land. Zuvor lebten wir zwar auch schon vier Jahre im Speckgürtel der Hauptstadt aber die Stadt Falkensee ist eben doch eine kleine Stadt, in der definitiv mehr los ist als jetzt hier in der Gemeinde in der wir leben. Angekommen im Haus brach der Frühling an, der Sommer kam und wir hatten grundsätzlich viel zu tun im und ums Haus. Ich war grundsätzlich ständig abgelenkt von meinen vorherigen negativen Gefühlen, parallel dazu konnten wir Leider aber wirklich über ein ganzes Jahr ganz, ganz, ganz wenig schlafen, da die kleine einfach ständig wach wurde. Auch heute mit nun eineinhalb Jahren, schläft sie noch nicht durch, aber zum Glück wird sie meistens nur noch einmal wach. Ich war trotz allen Ablenkungen trotzdem sehr fertig. Aber alles war noch machbar, irgendwie. Habe mich aber gefühlt als würde ich nur noch irgendwie funktionieren.
Als im letzten Jahr dann irgendwann der SpätHerbst und auch Winter begannen und damit verbunden auch die wenigen Kontakte zu den paar Nachbarn die wir hier um uns herum haben, nachließen fing es an mir körperlich und auch seelisch noch schlechter zu gehen. Der Jobverlust rollte im Kopf auch so langsam nach vorne hoch,die soziale isolation setzte allem noch den Hut auf.
Es begann damit das ich nachts mit wahnsinnigem Herzrasen aufwachte und nicht wieder in den Schlaf fand. So ging ich jede Nacht runter ins Wohnzimmer, machte das Licht an, versucht mich irgendwie abzulenken um dann wieder müde zu werden und hoffentlich wieder einschlafen zu können. Das misslang mir leider jede Nacht. Eine gute Woche lief das dann so. Zwischendurch war ich sogar einmal tagsüber, als ich gerade mal alleine unterwegs mit dem Auto war, mit einer Panikattacke in der Ersten Hilfe. An diesem Tag hatte ich zum wiederholten Male ein beklemmendes Gefühl in der Brust, im Bauchbereich, im Rücken, ich merkte wie mein Blutdruck und der Puls stiegen, und dachte mein Herz bleibt gleich stehen. Damit verbunden waren dann natürlich Verlustängste, die Angst zu sterben und meinen Mann und meine Kinder nicht mehr zu sehen. An diesem Punkt merkte ich, dass mit mir wirklich etwas nicht stimmt. Die ersten Wochen waren sehr schlimm. Mein Mann musste in dieser Zeit mehrere Male auf kurze Dienstreisen gehen, in denen er aber trotzdem 2-3 Nächte weg war. Diese Tage und vor allem Nächte waren für mich die Hölle. Ich hatte nachts so unglaublich dolle Panik davor dass meine Kinder wach werden würden, was natürlich geschah, und dann mit diesen Situationen völlig überfordert zu sein. In diesen Nächten kämpfte ich nicht nur damit meine Kinder wieder in den Schlaf zu bringen sondern dabei auch die ganze Zeit mit diesem unglaublich schlimmen Herzrasen und Unruhe. Ich war ständig nur noch innerlich nervös und unruhig. Hatte Angst davor dass mein Blutdruck zu hoch wird und ich einfach umkippe und auch sonst war ich ständig gereizt und einfach immer wieder überfordert mit jedem Schreien und meckern der Kinder oder jedem Wunsch der Kinder, dem ich natürlich als Mama nachkommen wollte.
Zum Glück habe ich meine beste Freundin, die glücklicherweise sogar genau in dem Bereich arbeitet in dem wir uns wohl alle hier gerade befinden. Sie arbeitet in einer Mutter Kind Einheit in einem Klinikum und kennt genau solche Frauen, die mit gleichen oder ähnlichen Beschwerden zu Ihnen kommen. Sie empfahl mir dann mich auf jeden Fall mit meinem Hausarzt in Verbindung zu setzen, was ich tat. Die verschrieb mir dann Mirtazapin. Ein Antidepressivum, weiß ich seit dem immer abends, aber in wirklich einer ganz geringen Dosis (7,5 mg) einnehme. Diese Dosis hat mir dann auch sofort geholfen nachts wieder schlafen zu können, da das Mittel in dieser Dosis schon Schlafanstoßend wirkt.
Ich habe dann, ich glaube es war im März, eine Verhaltenstherapie beginnen können und habe seit dem schon mehrere bessere aber auch schlechtere Phasen erlebt. Die guten Phasen wurden bisher immer länger, wobei ich hier wirklich nur von ein paar Wochen spreche. Zuletzt waren es glaube ich knapp vier Wochen in denen es mir eigentlich sehr gut ging. Die schlechten Phasen brechen allerdings trotzdem immer wieder dazu und fühlen sich jedes Mal irgendwie intensiver an. Ich merke dass die Dinge die ich tue, wie die Verhaltenstherapie und auch einen Achtsamkeitskurs den ich belegt habe, zur Veränderung in mir beitragen, aber gut geht es mir definitiv immer noch nicht. Jetzt gerade befinde ich mich wieder in einem sehr schlechten Zustand, gerade gestern erst bin ich total zusammengebrochen. Grund dafür waren schon vorausgegangene schlechte Tage, in denen ich wahnsinnige Rückenschmerzen hatte die zumindest gefühlt auch immer wieder zu Herzbeschwerden führen, und ein Gespräch abends mit meinem tollen Mann (das ist nicht ironisch gemeint ) der mir einfach auch einmal erklären musste das dass für ihn alles auch überhaupt nicht einfach ist und auch eher an seine Grenzen kommt. Das schürte in mir in dem Moment natürlich wieder unglaubliche Panik und Angst, denn wie soll ich wieder werden wenn mir womöglich meine Stützpfeiler wegbrechen :-(
Ich habe Unglaublich viel geweint, so dass mein Mann glaube ich wirklich sehr erschrocken war und hielt mich dann einfach nur fest bis ich mich wieder beruhigt hatte. Er versicherte mir, dass er mich niemals verlassen würde und immer zu mir steht, es für ihn aber eben auch nicht immer einfach ist.
Jetzt bin ich am überlegen, eigentlich war ich das schon mehrfach, ob ich mir nicht doch noch einen begleitenden Facharzt für psychosomatische Medizin und/oder eine Reha Klinik suchen sollte. Ich hatte die Überlegung ob mir die Genesung hier zu hause nicht vielleicht doch einfacher fällt wenn ich mir von einem entsprechenden Arzt, der sich mit sowas auskennt, ein passendes Antidepressivum verschreiben lasse was sich dann eben auch tagsüber positiv auf mich auswirkt. Oder ob ich in eine Rehaklinik gehe ? Wobei man Vielleicht erst ordentlich medikamentös eingestellt sein sollte bevor man in eine Reha geht? ihr merkt sicher, dass ich mich mit all diesen Fragen zur Selbsthilfe doch noch ein wenig allein fühle und so hoffe ich ein wenig darauf, dass ihr mir hier vielleicht ein paar Hilfestellungen geben könnt.

Sorry im Übrigen für den langen Beitrag.

LG

Jessica
andrea1518

Re: 2. Kind, Hausbau, Umzug, Jobverlust — hallo Anpassungsstörung :-(

Beitrag von andrea1518 »

Liebe Jessica,

deine Geschichte (vor allem die Nächte) erinnern mich an meine Zeit!

Ich würde mir auf jeden Fall für tagsüber ein Medikament verschreiben lassen und nach einiger Zeit, wenn du dich gut fühlst, das AD zum Schlafen weglassen.

Das wird wieder!

LG Andrea
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