Gruß aus Hamburg

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
zett

Gruß aus Hamburg

Beitrag von zett »

Hallo Ihr,

heute möchte ich mich bei Euch vorstellen und die Geschichte erzählen, die mich zu "Schatten und Licht" gebracht hat.

Ich bin 36 Jahre alt und lebe seit 1 1/2 Jahren in Hamburg.
Am 15.April diesen Jahres ist mein Sohn etwas holprig zur Welt gekommen.

Ich fange am besten damit an, dass ich während meiner Schwangerschaft von dem Hamburger Geburtshaus betreut wurde - unser Sohn sollte auch im Geburtshaus auf ganz natürlichem Wege geboren werden. So war der Plan! Doch es kam natürlich ganz anders......
Die letzten Tage bzw. Nächte meiner Schwangerschaft waren quasi die Hölle....
In den letzten vier Nächten hatte ich immer sehr starke Wehen für ca. 7 bis 8 Stunden. In den Morgenstunden hörten diese dann immer auf. Ich spürte da schon, dass irgendetwas nicht stimmt.... Tagsüber konnte ich mich allerdings nicht erholen und habe somit dann so gut wie überhaupt gar nicht mehr geschlafen - mein Freund auch nicht... In der vierten Nacht zeichnete sich dann ab, dass sich nun die Geburt einstellen würde und so sind wir dann ins Geburtshaus gefahren.
Dort habe ich 7 Stunden unter Wehen in Abständen von einer Minute verbracht, bis die Hebamme feststellte, dass mein Muttermund sich nicht öffnen würde und außerdem irgendwie hinter den Kopf meines Sohnes gerutscht war... Des Weiteren lag der Kopf auch nicht richtig.
Also wurden wir in ein nahe gelegenes Krankenhaus verlegt.
Dort habe ich noch immer versucht ohne Schmerzmittel die Geburt zu schaffen - habe mich strickt gegen eine PDA ausgesprochen. Ich hatte so fürchterliche Angst davor!
Nach weiteren 5 Stunden wurde mir gesagt, dass ich eine PDA haben müsse, damit sich der Muttermund öffnen kann. Er war bis dahin noch immer unverändert.
Also stimmte ich zu - in dem Glauben, ich könne dann mein Kind auf natürlichem Wege, also vaginal, zur Welt bringen... Es wurde eine Stunde gewartet, um dann noch einmal festzustellen, dass der Muttermund noch immer hinter dem Kopf liegt und sich nicht weiter geöffnet hat.
Daraufhin wurde ein Wehentropf angeschlossen und dann ging es ganz schnell....
Es bekam eine 5! Minuten lange Wehe..............dann noch eine in der Länge........bei dieser Wehe gingen dann rapide die Herztöne meines Sohnes runter. Der Alarm ging an, tausend Leute stürmten rein, ich wurde eilig in den benachbarten OP geschoben, mein Freund wurde sitzen gelassen... Ich habe noch mitbekommen, wie sie mir den Bauch desinfiziert haben und ich eine Vollnarkose bekommen habe.....................................
Vom Alarm im Kreißsaal bis zur Geburt meines Sohnes sind sage und schreibe 4 Minuten vergangen!


Alles was ich mir nie hätte vorstellen könne/wollen, ist passiert.....
Mein Freund saß panisch im Kreißsaal, mein Sohn lag in einem Glaskasten und ich im OP/Aufwachsaal.....


Zum Glück ist mein Kleine gesund - es ist alles gut gegangen!!!

Doch.............nach etwa 3 Wochen merkte ich, dass mit mir etwas nicht stimmt. Ich wurde immer grübeliger, hab mir ständig Gedanken gemacht, ob ich jetzt Schäden von der PDA haben könnte, weil mir der Rücken und der Kopf dauernd schmerzten....
Irgendwann war ich soweit, dass ich das Gefühl hatte, mein Kopf würde zerplatzen und ich konnte auch gar nicht mehr normal am Alltag teilnehmen. War immer in meinem Kopf gefangen und fürchterlich durcheinander... Hab Panikattacken bekommen und so weiter....

Erst als ich nicht mehr weiter wusste und dachte, mir kann niemand mehr helfen und ich verrückt werde, hab ich mich an eine Psychiatrie gewandt.
Diagnose: Wochenbettdepression mit generalisierter Angststörung

Nun bekomme ich seit ca. 3 Wochen Medikamente ( Sertralin und Olanzapin ) und hoffe, dass es mir bald besser geht.

Ich hoffe auf einen regen Austausch

:-)
mama4

Beitrag von mama4 »

Liebe Zett,

Erst einmal ein herzliches Willkommen. Du wirst sehen, dass du hier den gesuchten Austausch finden wirst. Viele Mamas hier in der Runde haben ähnliches erlebt wie du. Neues soziales Umfeld, Geburten, die komplett anders verliefen, als man es sich gedacht und gewünscht hat, die Angst um die Gesundheit des Kindes und um die eigene, das hat hier schon viele, mich eingeschlossen, aus dem Gleichgewicht gebracht.
Ich wünsche dir von Herzen, dass du die Behandlung bekommst, die du benötigst, und dass die Medikamente anschlagen.

GLG mama4
zett

Beitrag von zett »

Liebe Mama4,

von Herzen vielen Dank für Deinen Zuspruch!
Gerade heut kann ich das sehr gut gebrauchen - es ist wieder "einer dieser Tage"...
Auch wenn ich theoretisch weiß, dass es viele Mamas gibt, denen das Gleiche inkl. Folgen widerfahren ist, habe ich mich bis heut allein damit rumgeschlagen - und es überkommt mich immer wieder das Gefühl, allein und hilflos damit zu sein....
Das wird sich hoffentlich nun ändern...

Ganz liebe Grüße zurück!
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9991
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo meine Liebe,

ja, das wird sich ändern, versprochen. Denn du bist eines nicht: nämlich alleine - hier bist du unter Frauen, die ganz viel von dem selbst mitgemacht haben, wie du.

Bei mir war es umgekehrt: ich hätte gerne einen Wunschkaiserschnitt gehabt, weil ich panische Angst vor einer natürlichen Geburt hatte. Ich ließ mich überreden.... keine gute Idee, denn dort habe ich auch ein Trauma erlitten. Das ganze endete in einem Notkaiseschnitt, der dann für mich aber eine Erlösung war. Es kommt sehr oft vor, dass man die Geburt "plant" und dann kommt alles ganz anders. Das erst mal anzunehmen und zu verarbeiten, ist schwer aber auf jeden Fall möglich.

Bei mir ist das ganze schon 8 Jahre her und es geht mir wieder sehr gut. Das schaffst du auch, ganz bestimmt! Machst du auch eine Therapie?

P.S: Mein Sohn hat auch am 15. April Geburtstag - aber er ist schon 8! :D
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
zett

Beitrag von zett »

Liebe Marika,

derzeit habe ich das Erlebte noch irgendwie von mir abgekapselt und kann noch keinen richtigen Zugang finden.... Es läuft wie ein Film vor meinem inneren Auge ab und macht ein undefinierbares Gefühl... Ich habe noch keinen richtigen Weg gefunden, wie ich damit umgehen soll/kann. Ich denke, dadurch konnte sich so eine generalisierte Angst entwickeln - eine Angst, von der ich nichts weiß... Nicht wie sie entsteht und wovor eigentlich.
Aber ich arbeite daran und werde jetzt am 25.06. eine Therapie bei einer Psychologin, die auch Hebamme ist, beginnen. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema "Traumageburten" und hat auch ein Buch darüber geschrieben.
Blöd ist nur, dass sie keine Kassenärztliche Zulassung hat und somit muss ich den therapeutischen Teil selbst tragen...

Ich finde es sehr beruhigend und schön zu lesen, dass es Dir wieder sehr gut geht! Und hoffe, eines Tages das Gleiche von mir behaupten zu können!

Liebe Grüße.
kadisha

Beitrag von kadisha »

hallo meine liebe,

herzlich willlkommen :D

schön, dass es noch jemand aus dem norden zu uns geschaft hat :wink:

lg
Bommelchen

Beitrag von Bommelchen »

Hallo liebe Zett,

willkommen Du Nordlicht :-)! Ich wohne in Buxtehude, ist also quasi um die Ecke.

LG Bommelchen
zett

Beitrag von zett »

:-)

Ein herzliches Hallo in die Nachbarschaft ( quasi )!
zett

Re: Gruß aus Hamburg

Beitrag von zett »

Hallo Ihr Lieben,
ich war sehr lange nicht mehr hier in diesem Forum und habe mich nun
wieder neu registriert.
Diese Vorstellung ist also die Auffrischung von vor 2 1/2 Jahren :-) .
Inzwischen müsste es allerdings " Gruß aus Kiel" heißen und auch sonst
ist in der Zwischenzeit natürlich Einiges passiert.

Allem Voran ist die Diagnose, die damals "einfach mal schnell" gestellt wurde
- nämlich eine PPD, offenbar nicht richtig und wurde inzwischen bei einem
zweiten Klinikaufenthalt vor einem dreiviertel Jahr korregiert.
Ich leide unter einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung
und hätte man damals ein bisschen besser hingeguckt, wäre mir so Einiges
erspart geblieben.
Meine damaligen Symptome wie z. B. Dissoziation ( die Bezeichnung für dieses Symptom
kenne ich erst, seit dem ich mich mit PtbS auseinandersetze) ließen mich immer mehr vermuten,
dass ich den Verstand verliere. Was mich wirklich schwer trifft ist, dass es eine ganz normale -
oder besser gesagt GESUNDE Reaktion des Gehirns auf eine traumatische Erfahrung ist.
Hätte man mich darüber aufgeklärt, wäre es nicht so beängstigend gewesen - wenn nicht so gar
retraumatisierend.

Mein Sohn wird im April diesen Jahres drei und ich kann und muss sagen,
dass das Geburtstrauma und Fehler in meiner Behandlung mich und mein Leben
nachhaltig verändert haben.

Ich bin inzwischen medifrei und habe jetzt hier in Kiel eine Therapeutin gefunden,
die mit mir das Trauma aufarbeitet.

Ich freue mich wieder hier zu sein :-)!
Es grüßt Euch, anja
Antworten