Überfordert damit, eine geeignete Therapie zu finden.

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Newa

Ãœberfordert damit, eine geeignete Therapie zu finden.

Beitrag von Newa »

Hallo liebes Forum,

Ich möchte mich vorstellen und meine Situation beschreiben.

Ich denke ich benötige Hilfe.
Während ich hier sitze und diesen Text schreibe, liegt mein 12 Monate alter Sohn neben mir und schläft. Er ist ein bezauberndes, unkompliziertes Kind mit einem sonnigem Gemüt. Er schläft ohne Probleme, er ist selten quengelig, lacht viel und kann sich gut und ausdauernd selbst beschäftigen. Wer ihn über längere Zeit erlebt, versichert mir, dass er sehr unkompliziert ist und ich mich sehr glücklich schätzen darf.

Gerade deswegen verstehe ich nicht, warum sich mein Leben aktuell für mich als Tiefpunkt darstellt. Das, was gemeinhin als ›Mutterglück‹ bezeichnet wird, hat sich bei mir nicht einstellt. Ich bin sehr traurig und habe meine lebensfrohe und positive Einstellung zu mir, meinem Leben und meiner Zukunft verloren. Wenn ich morgens wach werde, weiss ich nicht wie ich den Tag mit meinem Sohn rum bekommen soll. Ich habe keinen Antrieb, keine Lust irgendetwas zu unternehmen. Ich empfinde keine Freude, keine Liebe. Was mir früher wichtig war, ist mir zunehmend egal. Ich erkenne mich nicht mehr wieder in meinem Leben.

Ich fühle mich schuldig meinem Sohn bzw. meiner Umwelt gegenüber. Ich fühle mich schuldig, dass ich meinen Sohn nicht ›liebe‹. Oft frage ich mich, ob es meinem Sohn und meinem Partner nicht besser gehen würde, wenn sie ohne mich zusammen den Alltag meistern würden. Ich empfinde keine positiven Gefühle für meinen Sohn, meinen Partner oder mich selbst. Ich bin häufig gereizt und fühle mich erschöpft. Ich habe kaum Appetit, vergesse ständig zu essen und zu trinken. Nachts liege ich wach und kann nicht schlafen, mache mir Gedanken über die Zukunft und kann einfach nicht abschalten. Es ist eine Endlosschleife voll trauriger hoffnungsloser Gedanken in meinem Kopf.
Ich fühle mich in meinem Leben nicht mehr zuhause, ich erkenne mich selbst nicht wieder. Ich bin eigentlich ein lebensfroher, empathischer und geselliger Mensch.

Ich bin ungewollt schwanger geworden zum Ende meines Studiums. Mein Partner und ich kannten uns zudem erst wenige Monate. Ich war anfangs mit der Situation überfordert, da ich Angst davor hatte, mein Studium nicht mehr beenden zu können. Wir haben uns für das Kind entschieden und ich habe versucht die Diplomarbeit vor der Geburt erfolgreich zu beenden. Ich hatte demzufolge kaum Zeit mich auf das Baby vorzubereiten. Wenig Schlaf, viel Stress, der Umzug und zwei schwere Erkrankungen in familiären Umfeld lassen mich meine Schwangerschaft rückblickend als nicht so positive Zeit empfinden. Zudem gab es oft Streit zwischen meinem Partner und mir.

Schließlich kam der Kleine 4 Wochen zu früh. Hätte ich mich mehr entspannt, wäre er sicher nicht zu früh gekommen. Deshalb habe ich auch große Schuldgefühle. Die Geburt habe ich sehr positiv in Erinnerung. Schnell und umkompliziert. Die ersten Tage nach der Geburt waren auch sehr schön, ich war neugierig den Kleinen kennenzulernen und glücklich. Ich hatte keinen Baby-Blues.
2 Wochen nach der Geburt bekam ich eine Mastitis, die mit Antibiotika behandelt werden musste. Folglich konnte ich nicht mehr richtig Stillen. Das Stillen empfand ich teilweise sehr schmerzhaft und unangenehm. Ich war erleichtert, als ich nach 4 Monaten abgestillt habe.

Die folgenden Wochen nach der Geburt waren in Ordnung, ich habe mich auf den Kleinen konzentriert und seine Nähe genossen. Doch ich hatte auch meine liegengebliebene Diplomarbeit im Kopf. Schließlich habe ich die Arbeit irgendwie fertig bekommen, neben dem Kind, einem weiteren Umzug in eine neue Stadt und all den damit verbundenen Schwierigkeiten.
Nun wohne ich mit dem Kleinen und seinem Vater in einer WG zusammen mit Freunden, ich habe mein Diplom erfolgreich abgeschlossen und müsste eigentlich sehr stolz, zufrieden und glücklich sein.

Stattdessen geht es mir immer schlechter.
Ich fühle mich isoliert, finde in die Mutterrolle nicht hinein. Machmal wünschte ich, ich hätte mich mich gegen die Schwangerschaft entschieden. Ich hasse diesen Gedanken, da mein Sohn ja wirklich toll ist und es sich sowieso nicht mehr rückgängig machen lässt. Ich glaube dem Kleinen geht es bei mir einfach nicht gut, ich versorge ihn zwar so gut es geht, aber ich empfinde keine Liebe für den Kleinen. Es fühlt sich an, als würde ich eine Puppe versorgen.
Ich habe natürlich große Schuldgefühle, weil ich weiss, dass dieses Denken nicht ›normal‹ ist.

Ich bin nur noch erschöpft und gereizt.
Am schlimmsten sind die Tage kurz vor meiner Periode. Ich habe einen ersten Schritt gemacht und meinen Gynäkologen darauf angesprochen, ihm von meinen Problemen erzählt und um einem Hormontest gebeten. Auf die Ergebnisse der Auswertung warte ich noch.
Aber ich nehme nun seit knapp 2 Wochen die Pille, um auf diese Weise meinen Hormonspiegel zu stabilisieren.
Jedoch habe ich das Gefühl immer weiter abzurutschen. Es geht mir immer schlechter. Ich kann Nachts nicht richtig schlafen. Ich isoliere mich immer mehr.
Ich komme zu keiner Lösung, ich kann mir nicht vorstellen irgendwann wieder glücklich zu werden. Ich habe starke Schuldgefühle, mit denen ich nicht zurecht komme.

Mich selbst einzuweisen oder auf eine Mutter-Kind-Station zu gehen erscheinen mir zu übertrieben. Ich bin gerade völlig überfordert damit, eine geeignete Therapie zu finden.


Liebe Grüße,
Newa
Sonnenscheinchen

Re: Ãœberfordert damit, eine geeignete Therapie zu finden.

Beitrag von Sonnenscheinchen »

Hallo Du!!!

Das hört sich schon für mich nach einer PPD an, wie du bestimmt schon gelesen und gestöbert hast hier in diesem Forum geht es fast allen Frauen so wie dir. ABER!!!!!! Es gibt Hilfe. Super, dass du bereits erkannt hast das du nicht mehr du selbst bist und zu deinem Frauenarzt gegangen bist. Vielleicht könntest du psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Ein Psychologe oder auch Neurologe kann dir erklären wie es zu dieser Krankheit kommt damit du es besser verstehst und dich unterstützen sprich mit deinem Arzt der hilft dir bestimmt weiter.
Eventuell brauchst du auch ein Antidepressivum, dass dich unterstützt wieder DU selbst zu werden. Ich konnte mein Baby anfangs auch nicht lieben, durch die Depression hatte ich Angst vor dem Baby, wenn ich gestresst war bekam ich Angst. Auch ich habe es bereut schwanger geworden zu sein dachte mein Mann und meine Familie wären besser ohne mich drann, ich erkannte mich nicht wieder.
Aber bereits nach ein paar Wochen nach der Geburt und mit psychologischer und medikamentöser Unterstützung ging es mir schnell besser.
Und ich kann dir sagen ich liebe meinen Sohn, und du wirst das auch können.
Schuldgefühle gehören auch zu dieser Krankheit ich hatte sie auch, aber du brauchst keine haben, du bist bestimmt eine tolle Mama. Du hast dich hier bereits angemeldet warst bei deinem Arzt und dass machst du deinem Sohn zuliebe und natürlich auch dir, dass ist ein sehr gutes Zeichen. Deine Gefühle sind jetzt noch verdeckt durch die dämliche Depri ;)) aber die kommen wieder, glaub mir, du wirst wieder wie früher.
Komm immer hierher wenn du Hilfe brauchst , alle in diesem Forum sind sehr nett und können dich auf deinen Heilungsweg unterstützen!

Als ersten Schritt würde ich dir raten geh so schnell es geht zu deinem Hausarzt oder Gynäkologen, die können dir am schnellsten einen Platz bei einem Psychologen/Neurologen machen, vielleicht habt ihr auch eine psychiatrische Notfallambulanz in eurer Nähe, frag auch deinen Partner dass er dir dabei hilft. Hast du noch Geschwister oder eine Mama? Rede mit ihnen, vielleicht können sie dich unterstützen.

Bis dahin wünsche ich dir nur das Beste und viel Kraft, hab Geduld !!!!!
Viele liebe Grüße
suzilizzy

Re: Ãœberfordert damit, eine geeignete Therapie zu finden.

Beitrag von suzilizzy »

Hallo auch von mir!
Schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast!

Das was du beschreibst, klingt nach ner ordentlichen Depression. Deine Symptome hatte ich zu Beginn eigentlich 1:1. Ich kann dir nur raten etwas zu unternehmen, sonst wird es immer schlimmer. Ich denke auch, du brauchst im Moment keine Klinik, aber eine Therapie ist bestimmt ein wichtiger Schritt.

Wahrscheinlich sind das jetzt die Auswirkungen des ganzen Stress, den du hattest. Umzüge, ungeplante Schwangerschaft, zu frühe Geburt, familiäre Dinge, Diplomarbeit, Baby... Das ist echt einiges! Respekt, was du alles geleistet hast!!! Es ist nachvollziehbar, dass du jetzt ausgebrannt bist und dich leer fuehlst...
Goenn dir erst mal so viel Ruhe und Erholungszeit wie möglich. Die hast du dir redlich verdient!

Ich habe in meiner Therapie gelernt, dass jeder Mensch unterschiedlich auf Stress reagiert. Die einen haben Schwierigkeiten ihn zu erkennen und rechtzeitig genug auf die Bremse zu gehen und anderen fällt das leichter... ist einfach ne Typsache... Wie man besser auf sich achten kann, lernt man in der Verhaltenstherapie. Bestimmt wurde dir das auch helfen!

Die Schuldgefühle die du hast kennen wir hier alle! Ich kann mich meiner Vorschreiberin nur anschließen: du bist ganz sicher eine gute Mutter! Du Schreibst sehr liebevoll über deinen Sohn und du willst etwas aendern! Er ist dir nicht egal!

Ich wünsche dir ganz viel Kraft, jetzt die nächsten Schritte zu gehen! Es lohnt sich und auch du wirst wieder hergestellt! Versprochen!

Liebe Gruesse
Newa

Re: Ãœberfordert damit, eine geeignete Therapie zu finden.

Beitrag von Newa »

Vielen Dank für die lieben Worte.

Seit meiner ersten Nachricht ist ein wenig Zeit vergangen. Es geht mir nicht besser, ich kann mir auch noch nicht vorstellen, dass sich mein Zustand zeitnah ändern wird, aber ich suche mir gerade Hilfe.
Ich bin zu einer Schwangerschafts-Konflikt-Beratungsstelle gegangen. Ich wusste zwar, dass ich mit meinem Problem dort nicht so richtig ›hinpasse‹- ich erhoffte mir dort Hilfe in Form von Weitervermittlung an eine passende Stelle. Ich habe nun einen Termin bei einer Psychologin bekommen, muss allerdings 4 Wochen warten. Wahrscheinlich ist das noch ein sehr akzeptabler Zeitraum, aber jeder Tag wird mehr und mehr zur Qual. Dennoch hilft mir die Aussicht auf professionelle Hilfe gerade sehr.

Ich habe leider keine Hilfe meiner Familie vor Ort, da ich 400 Km entfernt von ihnen wohne. Das Verhältnis ist auch nicht so gut, dass ich mich ihnen komplett anvertrauen möchte. Von meiner Mutter habe ich vor ein paar Tagen zu hören bekommen: ›Also ich habe auch Kinder großgezogen und trotzdem alles auf die Reihe bekommen‹. Meine Eltern haben mir auch schon ins Gesicht gesagt, dass ich so einen lieben, tollen Sohn gar nicht verdient habe. Ich bilde mir ein, dass dies auf sehr rätselhafte Weise lustig gemeint war. Aussagen wie diese lassen mich jedoch nochmehr an meiner Kompetenz als Mutter zweifeln. Je mehr ich mich mit dieser Krankheit auseinandersetze, desto mehr bekomme ich den Eindruck, dass meine Mutter etwas ähnliches hatte, sich aber leider nie behandeln ließ. Ich habe den Kontakt zu meinen Eltern erst einmal auf das nötigste beschränkt, momentan bin ich einfach nicht in der Lage Aussagen wie diese ›zu schlucken‹.
Mein Partner kümmert sich momentan vermehrt um unseren Sohn. Das hilft mir sehr, bringt aber zugleich auch eine Menge neuer Schuldgefühle hervor. Ich habe das Gefühl, dass der Kleine sich immer mehr von mir entfernt, bzw. ich mich von ihm. Das spannende ist, dass ich oftmals glaube meine Situation mit all den Ursachen und Folgen zu reflektieren, jedoch nicht in der Lage bin, eine Änderung herbei zu führen. Es ist wirklich zum Verzweifeln.

Liebe Grüße
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Marika
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Re: Ãœberfordert damit, eine geeignete Therapie zu finden.

Beitrag von Marika »

Herzlich Willkommen, liebe Newa!

Du bist bei uns sehr richtig - danke für dein Vertrauen in uns. Ich kann dir - genau wie die Mädels vor mir - sagen, dass das was du gerade durchmachst alle von uns hier kennen und du schon mal nicht allein bist. Die nächste gute Nachricht: Es gibt Hilfe und man kommt da auch wieder heraus. Diese Mutterliebe ist da, nur ist sie verschüttet von diesem depressiven Tief, dass du gerade erlebst. Auch deine Lebenslustige und gesellige Persönlichkeit ist momentan "nur" überlagert, aber nicht weg - das alles kommt wieder.

Die Schuldgefühle die du hast, kennen hier viele - eigentlich alle. Wenn ich dir jetzt sage, dass du keine haben musst, ist das die eine Seite, der nächste Schritt wird sein, dass du lernst, diese auch wirklich ab zu legen. Das gelingt mit einem guten Therapeuten - den ersten Schritt hast du bereits getan. 4 Wochen Wartezeit ist im Rahmen und wenn dein Partner dir im Moment sehr hilft, kannst du diese Zeit überbrücken und wir helfen dir natürlich auch.

Ein kleiner Tipp - fällt mir gerade bei dir ein, weil du so von Schuldgefühlen schreibst: Bachblüten könnten dir evlt. die Zeit auch helfen, besser durch zu stehen. Wenn du Interesse hast, sage ich dir gerne, welche für dich in Frage kämen!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Newa

Re: Ãœberfordert damit, eine geeignete Therapie zu finden.

Beitrag von Newa »

Hallo Marika,

vielen Dank. Deine Sätze bauen auf. Ich würde tatsächlich gerne wissen, welche Bachblüten Du empfehlen kannst- Gehört habe ich davon noch gar nichts. Ich habe nur bislang die Finger von Johanniskraut gelassen, da man ja nicht ausschließlich gute Sachen darüber liest. Momentan nehme ich Eisentabletten und Vitamin B12 um der Erschöpfung ein wenig entgegen zu wirken.

Liebe Grüße
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Marika
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Re: Ãœberfordert damit, eine geeignete Therapie zu finden.

Beitrag von Marika »

Hallo,

Bachblüten sind ein bisschen so wie Homöopathie, also "Alternativ Medizin", die aber sehr gut helfen kann.

Dafür werden Pflanzenextrakte stark verdünnt, so dass nicht wirklich ein Wirkstoff nachgewiesen kann - ähnlich wie bei der Homöopathie - daher gibt es auch viele Skeptiker. Ich kann von mir sagen, dass sie mir sehr geholfen haben (neben meinem AD), sie wirken auf der feinstofflichen Ebene auf die Psyche und den Körper. Der Begründer ist Dr. Edward Bach - es gibt 38 Blütenessenzen.

Lebensfreude: Wild Rose (Heckenrose)
Depressionen: Mustard (Ackersenf)
Schuldgefühle: Pine (Schottische Kiefer)
Hoffnungslosigkeit: Gorse (Stechginster)

In jeder Apotheke kannst du diese "Liste" abgeben und dir eine "Mischung" machen lassen. Man kann z.B. ein 30 ml Fläschchen mit diesen Essenzen anrühren, von dem du dann ca. 5x5 Tropfen am Tag direkt unter die Zunge nimmst. Mittlerweile gibt's glaub ich auch schon Globuli mit diesen Essenzen. Ich fand die Mischung im Fläschchen am feinsten. Nebenwirkungen brauchst du keine fürchten, im "schlimmsten" Fall wirken sie einfach nicht. Die Mischung kann man auch jederzeit verändern, je nach dem wie sich dein Befinden verändert. Bachblüten sind seit meiner schweren Zeit mein Hobby, daher habe ich mich getraut, dir diese Blüten für dich zu empfehlen. Wie gesagt, es kann gar nichts passieren und du bekommst sie in jeder Apotheke.

Hast du schon mal den Gang zu einem Neurologen bzw. Psychiater in Erwägung gezogen?
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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