Weil nicht sein kann, was nicht sein darf...

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
Tristessa

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf...

Beitrag von Tristessa »

Hallo zusammen,

Anfang Juni diesen Jahres habe ich unser lange erwünschtes zweites Kind geboren. Wie geplant zu Hause, Geburt und Wochenbett verliefen wie aus dem Bilderbuch.
Die ersten Wochen war ich glücklich und entspannt, zutiefst zufrieden. Und dann, der Zwerg war 6 Wochen alt, war es plötzlich, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.
Ich bekam kaum noch richtig Luft, fühlte mich, als stünde ich ständig unter Strom, war gereizt und angespannt. Auch sehr traurig. Irgendwie gar nicht mehr gut.
Zum ersten Mal schlichen sich Zweifel ein, ob ich dieses Menschlein überhaupt ausreichend liebe.
Ich habe das zunächst auf Schlafmangel und fehlenden persönlichen Freiraum geschoben. Und versucht, mich tagsüber öfter hinzulegen und den Zwerg meinem Mann zu überlassen um selbst in der Sonne zu sitzen und zu entspannen. Hat nicht so wirklich funktioniert. Weil ich nicht runter kam, weil die guten Vorsätze wieder in Vergessenheit gerieten. Es folgten viele sehr anstrengende Nächte mit einem sehr unruhig schlafenden und viel viel stillendem Zwerg, mir ging es immer schlechter. Aber, weil nicht sein kann, was nicht sein darf ... alles ja doch eigentlich so perfekt war, eigentlich wunderschön, ich doch eigentlich so glücklich hätte sein müssen, habe ich meinen Zustand weiter auf Schlafmangel und Erschöpfung geschoben.

Vor ein paar Tagen habe ich mir dann endlich eingestanden, daß es mich erwischt hat. PPD. Nutzt nix, daß ich das nicht will.
Also erstmal mit der Hebamme gesprochen, die mich zur Gyn geschickt hat und die hat mich mit Sertralin und Tavor versorgt.
Mit dem Sertralin habe ich vor vielen Jahren schon sehr gute Erfahrungen gemacht (zuletzt aber vor bestimmt 9 Jahren genommen, zuvor jahrelang ambulante Therapie und auch einen längeren stationären Aufenthalt), dem Tavor stehe ich sehr, sehr skeptisch gegenüber. Soll ich aber auch nur über die Zeit der Eindosierung nehmen, als schnelle Hilfe.

Inzwischen kann ich das hier schreiben, ohne sofort zu weinen. Und die mir schrecklich peinliche Ablehung gegenüber meinem süßen Zwerg, die ich zuletzt verpürt habe, ist auch deutlich weniger geworden.
Ich weiß, daß das erst der Anfang ist und es Rückschläge geben wird. Aber der erste Schritt ist gemacht und es wird alles wieder gut werden.

Ein bißchen kenne ich mich also von früher schon aus mit "dem Kram", aber die spezielle Situation jetzt ist mir doch sehr neu. Und ich denke im Zusammenhang mit meinen Kindern über viele Dinge nach, über die ich mich hier gerne austauschen würde.
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9985
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf...

Beitrag von Marika »

Herzliche Willkommen in unserer Runde!

Ich kann dich sehr gut verstehen: das nicht Wahr haben wollen, die Scham über die Gefühle des Kindes gegenüber - das alles kann eigentlich jede hier denke ich absolut nach voll ziehen. Allerdings kannst du sehr stolz auf dich sein, denn du hast sehr schnell Hilfe geholt und merkst dadurch schon eine Verbesserung. Das war goldrichtig und mit der Zeit wirst du merken, dass diese ambivalenten Gefühle nicht "deine" sind, sondern der PPD zu Grunde liegen. Und genau deswegen brauchst du dich auch nicht zu schämen.

Frag alles was dir auf der Seele brennt - dafür sind wir da!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Antworten