Wochenbettpsychose

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
Rocabel

Wochenbettpsychose

Beitrag von Rocabel »

Hallo,

nun bin ich auch hier registriert und möchte kurz schildern, wie es mir ergangen ist.
Ich habe schon eine Vorbelastung und hatte drei psychotische Schübe, 2000, 2002 und 2008.

Seit 2008 war ich unter Seroquel 400-600 mg stabil. Eine lange Zeit für diese Krankheit.
Am 2.9.2016 wurde mein Sohn geboren. Am 10.9.16 liess ich mich bereits nachts notfallmässig einweisen,
da ich spürte, dass sich wieder was anbahnt.

Zuerst war alles ganz ok, über die Tage allerdings verstärkten sich meine Symptome, bis ich irgendwann
in die stärkste Psychose meines Lebens schlidderte.

Ich kam auf die geschlossene, und musste dort zwei Monate verbringen, inklusive Isozelle.
Diese Zeit war die schlimmste meines Lebens.
Ende November kam ich dann in eine andere Klinik auf eine Mutter-Kind-Station. Dort bin ich am 16.3.17 entlassen worden.

Nun bin ich wieder zuhause, und alles ist anders. Ich kann das schlecht beschreiben.
Ich habe "keine Lust" auf das Hausfrau und Mutter sein, und habe Angst, dass das nicht die Krankheit ist, sondern dass ich es einfach nicht will. Morgens ist es am schlimmsten. Ich stehe auf und möchte das alles einfach nicht. Mein Mann geht bald wieder ein paar Tage die Woche arbeiten, dann bin ich mit meinem Sohn allein zuhause und mir graut es schon davor. Die Bindung zu meinem Sohn ist schon stärker als zu einem fremden Kind, aber ich denke oft, wenn sie in Ordnung wäre, dann hätte ich doch "Lust" auf diese Aufgabe, oder?
Manchmal denke ich, mein Leben ist vorbei.

Soweit erstmal, ich hoffe, es findet sich die eine oder andere Mutter, die diesen Zwiespalt kennt...
Vorher war doch alles so schön, Schwangerschaft, Hochzeit, die ersten Tage mit meinem Kleinen...und nun das Gefühl, dass ich das alles nicht mehr will und am liebsten wegrennen würde...

Rocabel
Astrid77

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von Astrid77 »

Hallo!
Also ich glaube das Gefühl wegrennen zu wollen das kennen viele hier. Und ich wette das kennen auch viele "gesunde" Mütter. Ich kann dem Alltag daheim mit Kindern auch überhaupt nichts abgewinnen. Wenn ich morgens aufstehe und weiß dass ich den ganzen Tag das selbe machen werde wie immer, dann würde ich am liebsten auch heulen. Das Zusammensein mit den Kindern bedeutet für mich oft Stress, der dann Suizidgedanken auslöst. Das ist dann dieser Zwiespalt ganz extrem - auf der einen Seite freue ich mich über das Lächeln meiner zwei Mäuse, auf der anderen Seite würde ich mich manchmal am liebsten umbringen wegen der Kinder, diesem Leben so, der Enttäuschung und so weiter. Beim ersten Kind ist die Umstellung auch nochmal schwerer! LG Astrid
Rocabel

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von Rocabel »

Liebe Astrid,
danke für deine Antwort, das ist ja schlimm. Du hattest nach deinem ersten Kind ja noch keine Depression, waren die Wegrenn-Gedanken da auch schon so stark da oder entwickelten die sich erst nach deiner PPD? Ich kann mir ein Leben unter diesen Umständen nur schwer vorstellen, eine gewisse Zeit, ja ok, aber irgendwann muss es doch auch wieder besser werden, zumindest hat man doch irgendwann wenn sie grösser sind auch wieder mehr Zeit für sich hoffe ich? Bei mir kommt noch dazu dass wir momentan in einem kleinen Dorf wohnen, ich bin seit vielen Jahren das Stadtleben gewöhnt und denke immer in einer grösseren Stadt würde es mir auch schon besser gehen, alleine wegen der vielen Angebote für Mutter und Kind und auch wegen meinen sozialen Kontakten die ich fast ausschliesslich noch in einer Stadt in der ich lang gelebt habe, habe.
Astrid77

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von Astrid77 »

Hallo!
Als ich mit dem ersten Kind schwanger war, mussten wir aus Geldgründen auch aus der Innenstadt (Wien) an den Stadtrand ziehen. Was viele sich ja wünschen, genau wenn sie ein Kind bekommen, so im Grünen wohnen etc. Für mich war es aber überhaupt nicht toll, zumal mein Mann mit dem Auto täglich in die Stadt fuhr, und ich dann zu Fuß alles erledigen musste. Damals hat schon alles angefangen, so zu werden wie ich es nicht gerade wollte. Habe mir immer vorgesagt, nicht zu jammern, denn immerhin ging es uns ja gut. Nur die Langeweile, die war schrecklich! Ich ging gerne mit Hund und Kind spazieren, habe auch ein paar Bekanntschaften (beim spazieren mit Hund trifft man halt immer dieselben Leute) gehabt, aber als mein Kind dann größer war und lieber auf den Spielplatz wollte, hockte ich dort täglich und habe mich nach dem Sinn des Lebens gefragt. Aber auch da habe ich mich immer irgendwie zusammengerissen. Schlimm wurde es erst mit der PPD, da wurde aus dem vorherigen Frust richtiger Horror. Ich komme mir auch jetzt noch vor, als würde ich mich stückchenweise aus einem Sumpf herausarbeiten. Schade, dass ich an die Babyzeit so wenig wirklich glückliche Erinnerungen habe, aber so ist es nun mal irgendwie. Mein älteres Kind ist jetzt 4 und ich habe jetzt richtig Spaß mit ihm. Kuchen backen, einkaufen gehen, was malen oder basteln - all das können er und ich aktiv machen, das macht dann auch mehr Spaß als dazusitzen mit Kind. So wirklich angefreundet habe ich mich jedoch mit den ganzen Kindersachen nie, und habe mich auch damit abgefunden. Trotzdem mache ich es halt immer - fände das den Kindern gegenüber sonst unfair. Aber wie oft ich schon auf dem Spielplatz war und die Minuten gezählt habe, das kann sich keiner vorstellen :) LG Astrid
Astrid77

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von Astrid77 »

PS: soziale Kontakte habe ich überhaupt keine. Die sind alle abgerissen als dann die PPD kam und ich kann sie auch nicht irgendwie pflegen, denn meine Freundinnen von damals arbeiten alle und haben keine Kinder. Die anderen Mütter aus dem Kindergarten sind irgendwie immer alle so beschäftigt dass ich sich kaum mal ein Gespräch, geschweige denn ein Treffen ergibt, das finde ich schade. Als meine Kinder noch in einer kleinen Kindergruppe waren, haben wir Mütter immer mal uns unterhalten oder sind nach dem Kindergruppe noch gemeinsam herumgeschlendert. Aber jetzt im "richtigen" Kindergarten geht es zu wie auf dem Bahnhof, da rennen alle immer rein und dann gleich wieder raus.
missesjones

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von missesjones »

Guten Morgen,
ich hatte nach der geburt meiner tochter auch eine ppd. und meine wegrenn-gedanken waren extrem. ich weiss noch genau wie ich mal meinen mann als er von der arbeit kam mit folgenden worten begrüsste: "willkommen in meiner persönlichen hölle". ich ging zu hause zu beginn fast drauf. ich dachte mein leben wäre vorbei und auch ich hatte oft selbstmordgedanken. ich schob alles auf meine tochter, mit anderen worten : sie ist shuld, sie hat mein leben zerstört.......es dauerte ca. ein jahr bis ich mich mit meinem leben mit kind "angefreundet" habe. aber nur mit hilfe von aussen: ich hatte 3 monate lang eine familienpflegerin, war auf 20 mg escitalopram eingestellt und habe bis heute psychotherapie. was mir sehr geholfen hat waren spielgruppen und der soziale kontakt dort mit anderen müttern. inzwischen bin ich mit einigen müttern befreundet und wir unternehmen viel. nun ist meine kleine 2,5 jahre alt und ich liebe sie über alles. zum glück redet sie auch schon gut und viel und der alltag mit ihr ist überhaupt nicht mehr langweilig. bald wird sie 3 und ich werde wieder arbeiten und sie geht in den kindergarten. auch darauf freue ich mich nun, ein neuer lebensabschnitt. du musst geduld haben, ich weiss das hört sich schwierig an, aber es wird besser. mir hats auch extrem geholfen meinen alltag zu strukturieren. bis heute haben wir jeden tag etwas vor. ich plane meine woche bereits am wochenende zuvor. denn immer noch habe ich angst in ein loch zu fallen wenn ich nur "sinnlos" zu hause rum sitze.
ich wünsche dir viel kraft !!!!!!!!!!!!!!!
Rocabel

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von Rocabel »

Liebe MissesJones,
danke für Deine Antwort, sie hat mir Hoffnung gegeben dass sich alles nach und nach einspielen wird. Noch haben wir kein Auto und ich bin nicht so mobil wie ich es gerne wäre, aber auch das wird sich ändern. Ich habe die Möglichkeit mit dem ÖV in die nächste grössere Stadt zu fahren und dort habe ich zwei sehr liebe Mamas mit Kindern im Alter meines Sohnes. Leider traue ich mir das alles noch nicht so recht zu, das gehört wohl auch zur Krankheit? Ich hoffe es. Mit Kinderwagen und allem was man so braucht mit dem Bus rumzufahren kann ich mir noch nicht so vorstellen, aber ich denke man muss sich sein Leben und seine Normalität Stück für Stück zurückerobern. Kanntest Du das auch während Deiner Depression? Hattest Du privat noch Leute um Dich, die dir geholfen haben neben der Familienpflegerin? Liebe Grüsse!
missesjones

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von missesjones »

hallo du,
es freut mich dass ich dir hoffnung geben konnte, das ist wichtig. ich habe auch viel im forum gelesen und habe so begriffen, dass ich nicht die einzige bin. das hat mir sehr geholfen. noch heute an schlechten tagen lese ich hier und schon gehts mir wieder besser. ich bin anfangs auch nicht mit dem bus gefahren. ich hatte bereits schweissausbrüche wenn ich meine kleine angezogen habe und mit ihr raus bin.........oft bin ich stunden mit ihr im wagen rum gelaufen, nur weil ich es nicht ertrug mit ihr alleine zu sein. die ersten monate mit familienhilfe hatte ich noch nebenher meine schwiegereltern, die immer gekommen sind wenn ich sie gebraucht habe. sie wohnen gott sei dank in der gleichen strasse wie wir. später bin ich dann unter der woche immer zu meinen eltern gefahren, von montag bis freitag, weil ich es immer noch nicht schaffte mit meiner tochter alleine zu sein. ich muss sagen, ich hatte viel hilfe von meinen schwiegereltern und eltern. nach und nach habe ich mir dann einen freundeskreis aufgebaut, mit denen ich auch über alles reden kann. das finde ich sehr wichtig: menschen bei denen man sich wohl fühlt und nicht ständig das "mutterglück" und familienglück vorgaukeln muss. ich denke man ist auch noch frau und man selbst und nicht nur mama.................das dürfen wir frauen nicht vergessen!!!!!!!!!!! es gibt auch heute noch tage da denke ich mir: au man, was ist den die letzten 2,5 jahre passiert!! aber es ist anders wie zu zeiten meiner krankheit: ich habe begriffen, dass das leben nicht vorbei ist mit kind, sondern anders. und ich denke je unabhängiger man als frau vorher war, desto anstrengender ist es, sich daran zu gewöhnen, dass da jetzt ein mensch ist, der nicht mehr geht, und für den man die verantwortung trägt.
glaub mir, dir gelingt das auch. lass dir zeit, hol dir hilfe und sei vor alle nicht allzu streng mit dir selbst!!!!!!!!!! vergiss nicht, du bist auch noch frau und nicht nur mama, eine person mit eigenen bedürfnissen!!!!!!!!!! das steht dir zu und das ist dein recht!!!!!!!!
liebste grüße misses jones
plueschi06

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von plueschi06 »

Huhu

Ihr schreibt alle so lieb,das ist echt schön. Man fühlt sich hier verstanden.
Anja39

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von Anja39 »

Hallo alle zusammen,

ich reihe mich hier mal mit ein, denn ich konnte viele Parallelen zu meinem Befinden entdecken. Als ich vor 2 Jahren schwanger war (1 Kind) hatte ich mir alles so schön ausgemalt, uns geht es finanziell gesehen sehr gut, ich habe lange (bis 37) gearbeitet, war beruflich sehr eingespannt, stand ständig unter Strom, war häufig mehrmals die Woche an verschiedenen Standorten beruflich tätig und hatte mich sehr auf die Zeit mit dem Kind zu Hause gefreut....Mir fällt hier zu Hause die Decke auf den Kopf, die täglich wiederkehrenden Hausarbeiten und der meistens gleich ablaufende Alltag mit Kind fällt mir nicht leicht. Ansich koche und backe ich z.B. ganz gerne, habe auch Spaß an Gartenarbeit, bin also nicht der komplette "Anti Hausfrauentyp". Was mir aber am meisten fehlt ist Zeit für mich, einfach das zu tun, worauf ich Lust habe. Unsere beiden Familien wohnen leider weiter weg, ich bekomme in Kindergruppen immer wieder mit, wie toll andere von den Eltern oder Schwiegereltern entlastet werden. Die Kleinen bleiben dort oft einen halben oder ganzen Tag und Mutti hat frei. Mein Mann ist beruflich sehr eingespannt und hat sehr lange Arbeitszeiten. Mein Bekanntenkreis ist leider am Ort, wo ich früher gearbeitet habe und die meisten arbeiten auch / bzw wieder. In den Kindergruppen habe ich einige Mütter oberflächlich kennengelernt, aber mehr hat sich daraus nie ergeben. Es scheint auch kaum noch Mütter zu geben, die länger zu Hause bleiben. Bei den meisten, die ich kennengelernt habe sah es wie folgt aus, 1 Jahr Elternzeit, dann kommt das Kind zur Tagesmutter und dann mit 2 Jahren in den Kindergarten. In der Zeit wo meine Geschwister und ich klein waren, ging kaum eine Mutter so früh arbeiten, die meisten Kinder kamen erst mit 3 Jahren in den Kindergarten und die Straßen waren nachmittags voll mit spielenden Kindern (insbesondere in Neubaugebieten) und die Mütter trafen sich häufig. So hatte ich mir meine Zeit mit Kind zu Hause auch vorgestellt. Durch mehrere Umzüge finde ich es auch sehr schwer, immer wieder neu Fuß zu fassen. Ich bin auch kein Mensch der sich nur oberflächlich mit Leuten trifft, vor denen man sich verstellen muss, wenn es einem mal nicht gut geht.
nad.be

Re: Wochenbettpsychose

Beitrag von nad.be »

Hallo,
Ich bin auch etwas neuer hier und bin so wie du auch kurz nach der Geburt in eine psychiatrische Klinik gegangen. Auch ich hatte kurz nach der Entlassung diese Gedanken, dass ich das alles nicht will und weg möchte. Auch konnte ich es mir nicht vorstellen mit meinem Sohn alleine zu Hause zu sein. Ich bekam darauf hin von der Krankenkasse eine Haushaltshilfe gestellt, die mir sehr geholfen hat, was ich vorher nicht gedacht hätte. Dadurch geht es mir nun so gut, dass ich die Haushaltshilfe nicht mehr brauche und ich den ganzen Tag mit meinem Sohn alleine zu Hause sein kann. Auch die Bindung ist von Tag zu Tag stärker geworden und ich möchte auch nicht mehr weg.
Ich sitze gerade sogar beim Friseur, mein Mann passt auf den Kleinen auf, und ich wäre am liebsten bei ihm. So schnell kann es sich ändern.

Es ist ja noch nicht so lange her, dass du entlassen wurdest. Ihr müsst euch natürlich erstmal zu Hause einspielen. Wäre eine Haushaltshilfe etwas für dich?
Ich hoffe ich konnte dir etwas Mut machen, dass es auch wieder besser wird, auch, wenn man es sich vllt im Moment nicht vorstellen kann. Vor ein paar Wochen noch dachte ich mein Leben ist vorbei und nun hat es sich komplett geändert.
Wenn die Gedanken bei dir allerdings bleiben, dann hole dir Hilfe, oder Frage nochmal in der Klinik um Rat.

LG Nadine
Antworten