Neu - PPD seit September 2019 und verzweifelt

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Nelly

Neu - PPD seit September 2019 und verzweifelt

Beitrag von Nelly »

Hallo zusammen,

ich habe hier schon einiges mitgelesen und nun beschlossen, mich auch endlich anzumelden.

Nach einer komplikationslosen Geburt habe ich meine 2. Tochter im September 2019 bekommen. Ziemlich bald fingen meine Beschwerden an, ich habe das auf Grund früherer Erfahrungen (depressiv in 1. Schwangerschaft, beschwerdefrei ab Geburt aber auch unter 100mg Sertralin gleichzeitig) auch schnell gemerkt und mir medikamentöse Hilfe geholt. Anfangs waren es depressive Verstimmungen und grundlose Angstattacken. Leider hat das anfängliche AD, Mirtazapin, gar nicht geholfen.

Mein Baby ist sehr pfelegeleicht und auch sonst gibt es von außen betrachtet eigentlich keinen Grund für meine Krankheit. Liebevolle und hilfsbereite Familie, keine finanziellen Sorgen...

Nach einem kurzen Klinikaufenthalt zur Umstellung der Medis Ende letzten Jahres (den ich als sehr traumatisierend empfand, den Klinikaufenthalt) bin ich wieder nach Hause.
Danach ging es mit Anfang 2020 einige Male aufwärts, aber nur 3x für maximal 2 Wochen, danach fiel ich immer wieder in absolute Tiefs, aber wenigstens war die Angst vor der Angst weg. Dann habe ich auch mit einer Gesprächstherapie begonnen, die eher tiefenpsychologisch ausgerichtet ist.
Es kamen eine "Art" Zwangsgedanken hinzu, eigtl mehr der ständige Zwang an die Krankheit und daran dass es mir schlecht geht, zu denken und darüber nachzugrübeln warum es mir nicht besser geht.

Schließlich habe ich es endlich geschafft, vor diesem ständigen Grübeln keine Angst mehr zu empfinden und war gestern nahezu euphorisch, dass ich es endlich alles hinter mir lassen kann, dann fing die Angst vor der Angst wieder an. Was ist, wenn ich nicht mehr schlafen kann (war ganz zu Beginn auch ein Thema) oder wieder unter diesen fürchterlichen Angstattacken leiden muss, bei denen ich weiß, es passiert mir nichts, aber die trotzdem so unsagbar schwer auszuhalten sind...

So geht es mir Stand heute nicht gut, ich bin wieder sehr in dieser schlimmen Gefühlswelt gefangen und glaube, das nie mehr loszuwerden, denn vor der Krankheit kannte ich diese Gefühle alle nicht und jetzt weiß ich nicht wie ich sie jemals wieder "vergessen" soll. Auch verstehe ich nicht, wie es mir schon mehrmals wieder sehr gut gehen konnte, nur um dann von heut auf morgen wieder schlecht zu werden.

Viele Grüße
Nelly
Celeste

Re: Neu - PPD seit September 2019 und verzweifelt

Beitrag von Celeste »

Liebe Nelly,

willkommen hier im Forum.
Ich habe meine PPD seit August19. Also haben wir sie so ziemlich gleichlang.
Mir geht es wie dir, mit dem Unterschied, dass es mir in den letzten 8 Monaten nie so richtig gut ging. Selbst an Tagen, an denen es ok war, hatte ich einen schlimmen Seelenschmerz zu ertragen. Kann dieses Gefühl gar nicht beschreiben.
Ich selbst, kann dir nicht so sehr helfen ( stecke selbst im Tief 🙁 ), aber hier gibt es sehr liebe Frauen, die dir sagen können, dass man irgendwann wieder gesund wird.

Ich warte auch sehnsüchtig darauf ❤️

Liebste Grüße
Celeste
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Marika
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Re: Neu - PPD seit September 2019 und verzweifelt

Beitrag von Marika »

Hallo Nelly und herzlich Willkommen hier bei uns!

Du bist hier sehr richtig und ich danke dir für deine Geschichte. Jede einzelne Erfahrung erzeugt bei mir auch heute noch nach so vielen Jahren (meine PPD war vor 15 Jahren) eine Gänsehaut, besonders wenn jemand neu zu uns kommt. Ich kann mich so in dich hinein fühlen... besonders diese "Angst vor der Angst" war auch ein Thema bei mir. Sehr zermürbend sind auch diese Tiefs die gnadenlos nach jedem zarten Anflug von einer "guten Phase" kommen. Das kennen hier alle - mich inklusive. 2,5 Jahre hatte ich mit diesem "Rhythmus" zu leben, es war einfach nur die Hölle. Und jedes Mal dachte ich mir, das wird nie mehr, das ist doch nicht normal, wieso schon wieder ein Tief???? Ganz oft schrie ich deswegen vor Schmerz und Hoffnungslosigkeit in mein Kissen...

Aber: Es wurde besser - zwar zaghaft und extrem langsam, aber es wurde. Geholfen hat mir mein AD und meine Verhaltenstherapie und dieses Forum hier.

Du schreibst: "Es gibt eigentlich keinen Grund für meine Krankheit..." das möchte ich unbedingt aufgreifen. Unser psychisches Wohlbefinden hängt nicht nur von finanzieller Sicherheit und einem intakten Familiengefüge ab. Gerade eine Schwangerschaft und Geburt bringt einen extremen Hormonanstieg und wieder Absturz mit sich. Dieser Hormoncrash beeinflusst nachweislich die Botenstoffe im Gehirn manchmal extrem negativ und kann diese so wichtige Gehirnchemie total aus dem Lot bringen. Wir denken immer, dass wir unsere Gedanken und Gefühle willentlich steuern können. Das ist aber ein ganz großer Irrglaube... maßgeblich ist die richtige Funktion des Gehirns vereinfacht gesagt - da können wir wollen wie wir wollen :wink: - wenn diese Balance der Botenstoffe im Gehirn nicht passt, kommt es eben zu genau solchen Symptomen einer PPD. Natürlich kann auch die Schilddrüse beteiligt sein, sie bildet ja auch Hormone die sehr wichtig sind. Es ist also wichtig, auch diesen Bereich an zu schauen. Es können traumatische Erlebnisse beteiligt sein - manchmal auch total unbewusst.

Es ist alles sehr komplex und oft ein längerer Weg bis man die Zusammenhänge und die daraus resultierenden Hilfsmittel findet. Wir werden dir helfen, deine zu finden!

Schön, dass du da bist!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Nelly

Re: Neu - PPD seit September 2019 und verzweifelt

Beitrag von Nelly »

Vielen Dank für eure Antworten!

Liebe Marika,
nachdem es bei dir so lange dauerte, bis es vorbei war, hast du denn von Anfang an die richtigen Medikamente gehabt und sie haben dir dann doch irgendwann geholfen ? Ich habe meine jetzt seit Dezember und in einer hohen Dosis und bin immer am Überlegen ob sie überhaupt wirken (hatte ja schon 2,3 mal zumindest 1 bis 2 gute Wochen) oder nicht, weil es mir immer noch nicht stabil besser geht.
Schilddrüse ist bei mir ok, habe wohl (durch speicheltest festgestellten) progesteronmangel und nehme seit einer Woche eine Creme, aber die Unruhe ist eher wieder mehr, wobei es eigtl das Gegenteil bewirken sollte.

Liebe Grüße
Nelly
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Marika
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Re: Neu - PPD seit September 2019 und verzweifelt

Beitrag von Marika »

Ja, ich hatte das Glück das meine Medis gleich gepasst haben. Am Anfang brauchte ich 3 Psychopharmaka um überhaupt irgendwie durch den Tag zu kommen. Dann waren auch 3 Erhöhungen nötig. Im ersten Jahr war es ein Kampf, auch mit Medis, dann wurde es leichter. Da kam ich dann auch mit einem AD in Höchstdosis klar, aber Tiefs hatte ich 2,5 Jahre lang.

Ganz wichtig war für mich auch die Therapie, ich finde sie genau so wichtig wie das passende AD.

Wenn du schon gute Wochen hattest, bist du auf dem richtigen Weg!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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