Schreckliches, trauriges Ende
Verfasst: 15:03:2021 12:37
Hallo,
ich möchte heute meine Geschichte erzählen, die ein schreckliches Ende genommen hat. Wer das nicht hören möchte, was ich sehr gut verstehen kann, sollte besser nicht weiterlesen.
Meine Tochter war ein absolutes Wunschkind. Die ersten drei Wochen nach der Geburt war ich sehr glücklich, freute mich über die neue Lebenssituation und war vollkommen verliebt in meine Tochter. Ungefähr drei Wochen nach der Geburt fing es jedoch an, dass ich zunehmend schwerlebig wurde, was ich so von mir nicht kannte. Normalerweise bin ich ein sehr positiver, fröhlicher Mensch. Ich machte mir große Sorgen um mein Kind, das schlecht zunahm obwohl es mehrere Stunden täglich an der Brust trank. Irgendwann musste ich zufüttern. Meine Tochter lachte des Öfteren, hatte aber auch Schwierigkeiten zur Ruhe zu kommen und in den Schlaf zu finden. Sie schrie häufig mehrere Stunden am Stück und ließ sich nur schwer beruhigen. Wenn Sie weinte, stieß sie sich häufig von mir weg, was ich als Ablehnung auffasste und das Gefühl hatte, dass sie mich nicht mochte und ich eine schlechte Mutter sei. Ich kümmerte mich sehr intensiv um meine Tochter, sang ihr viel vor und sprach viel mit ihr. Das Schmusen und die Nähe schien sie aber nicht immer zu mögen. Meine Tochter wirkte oft gestresst. Nachdem ich meiner Hebamme davon erzählt hatte, riet sie mir, das Kind alle anderthalb Stunden zum Schlafen zu bringen. Da meine Tochter weder an der Brust noch im Familienbett einschlafen konnte, ging ich täglich wie ferngesteuert vier bis fünf Stunden mit ihr spazieren, weil sie sich so am besten beruhigen und einschlafen konnte. In den folgenden Wochen entwickelte ich zunehmend depressive Gedanken. In dieser Zeit nahm ich vier Kilogramm ab. Ich fühlte mich freudlos und traurig, trotzdem funktionierte ich. Ich tat alles für meine Tochter und wollte, dass es ihr gutgeht. Aber in mir entstanden immer stärker werdende Ängste um mein Kind. Nachdem ich auf einer Seite einer Schreiambulanz gelesen hatte, dass Regulationsstörungen häufig auf Ängste der Mutter in der Schwangeschaft zurückzuführen sind, war ich überzeugt, dass ich durch Sorgen in der Schwangerschaft meinem Kind für sein Leben geschadet hatte. Meine Sorgen wurden immer irrationaler. Ich befürchtete, dass mein Kind wegen meiner Ängste in der Schwangerschaft Verhaltensauffälligkeiten entwickeln würde und nie zu einem Geburtstag eingeladen werden würde. In dieser Zeit weinte ich immer mal wieder in Telefonaten mit meiner Familie, äußerte meine Sorgen und legte mich schließlich zuhause zweimal auf den Boden, wollte noch mehr aufstehen und sagte, dass ich nicht mehr könne. Weder ich noch mein Umfeld konnten die Symptome jedoch einordnen und niemand erkannte, dass ich Hilfe benötigt hätte. Auch meine Hebammen und die Frauenärztin erkannten die postpartale Depression nicht. Beim Diabethologen hatte ich einen sehr auffällig hohen Nüchternwert. Ich litt zuvor noch nie an einer psychischen Krankenheit. Mittlerweile habe ich aber von Psychiatern erfahren, dass sowohl eine Gestationsdiabetes als auch eine Präemklampsie mit einem erhöhten Risiko für postpartale Depressionen in Verbindung stehen. Beides hatte ich während der Schwangerschaft. Auf einmal entwickelte ich eine vollkommene Schlaflosigkeit. Obwohl meine Tochter in der Nacht mehrere Stunden am Stück schlief, konnte ich gar nicht mehr in den Schlaf finden. Trotzdem verspürte ich tagsüber keine Müdigkeit, sondern innerliche Unruhe, Anspannung und starken Stress. Es war ein unerträgliches Gefühl. In den wachen Nächten grübelte ich und es entstanden immer düsterere Gedanken, panische Ängste und eine Hoffnungslosigkeit. Ich war überzeugt davon, dass wir nie wieder glücklich werden können, ich meiner Tochter für ihr Leben geschadet hätte und alles einfach aufhören müsse. Diese Überzeugungen wurden von den Ärzten in der Psychiatrie rückblickend als Schuldwahn und nihilistischer Wahn eingeordnet. Nach zehn Tagen Schlaflosigkeit sah ich keinerlei Perspektive mehr. Der einzige Ausweg schien mir die Welt zu verlassen. Schrecklicherweise wollte ich meine Tochter aber nicht zurücklassen. Ich stürzte mich mit ihr ins Wasser. Wir wurden von einem vorbeikommenden Mann aus dem Wasser gezogen, aber für meine Tochter kam die Hilfe zu spät, sie ertrank. Sie konnte wiederbelebt werden, verstarb jedoch zwei Wochen später. Ich wurde in ein Krankenhaus gebracht, da meine Körpertemperatur bei 31 Grad lag. Nachdem ich entlassen wurde, waren die Trauer um meine Tochter und meine Schuldgefühle unendlich groß. Erst jetzt begriff ich wirklich, was ich gemacht hatte. Ein paar Wochen später unternahm ich einen weiteren Suizidversuch, indem ich mir im Keller eine Plastiktüte um den Hals wickelte. Ich verlor das Bewusstsein, kam kurz danach jedoch wieder zu mir und befreite mich von der Plastiktüte. Nachdem ich meinem Mann erzählt hatte, was passiert war, kontaktierte er meine Schwester. Ich informierte meine Psychiaterin, bei der ich seit dem Tod meiner Tochter in Behandlung war. Sie organisierte, dass ich auf einer geschützten Station in der Psychiatrie untergebracht wurde. Dort blieb ich zwei Monate und es wurde rückblickend eine psychotische postpartale Depression diagnostiziert. Ich trauere unendlich um meine Tochter und habe quälende Schuldgefühle. Immer wieder habe ich suizidale Gedanken und möchte meiner Tochter in den Tod folgen. Ein normales Leben ist nicht mehr möglich.
Ich kann mir vorstellen, dass manche von euch nicht nachvollziehen können, warum ich meine Tochter mitnehmen musste. Ich kann es selbst nicht verstehen. Ich kann nur sagen, dass die Krankheit komplett von mir Besitz ergriffen hatte. Das war nicht mehr ich, das war ein anderer Mensch. Die Liebe zu meiner Tochter ist immer noch sehr groß und ich vermisse sie wahnsinnig.
Über Antworten würde ich mich freuen.
ich möchte heute meine Geschichte erzählen, die ein schreckliches Ende genommen hat. Wer das nicht hören möchte, was ich sehr gut verstehen kann, sollte besser nicht weiterlesen.
Meine Tochter war ein absolutes Wunschkind. Die ersten drei Wochen nach der Geburt war ich sehr glücklich, freute mich über die neue Lebenssituation und war vollkommen verliebt in meine Tochter. Ungefähr drei Wochen nach der Geburt fing es jedoch an, dass ich zunehmend schwerlebig wurde, was ich so von mir nicht kannte. Normalerweise bin ich ein sehr positiver, fröhlicher Mensch. Ich machte mir große Sorgen um mein Kind, das schlecht zunahm obwohl es mehrere Stunden täglich an der Brust trank. Irgendwann musste ich zufüttern. Meine Tochter lachte des Öfteren, hatte aber auch Schwierigkeiten zur Ruhe zu kommen und in den Schlaf zu finden. Sie schrie häufig mehrere Stunden am Stück und ließ sich nur schwer beruhigen. Wenn Sie weinte, stieß sie sich häufig von mir weg, was ich als Ablehnung auffasste und das Gefühl hatte, dass sie mich nicht mochte und ich eine schlechte Mutter sei. Ich kümmerte mich sehr intensiv um meine Tochter, sang ihr viel vor und sprach viel mit ihr. Das Schmusen und die Nähe schien sie aber nicht immer zu mögen. Meine Tochter wirkte oft gestresst. Nachdem ich meiner Hebamme davon erzählt hatte, riet sie mir, das Kind alle anderthalb Stunden zum Schlafen zu bringen. Da meine Tochter weder an der Brust noch im Familienbett einschlafen konnte, ging ich täglich wie ferngesteuert vier bis fünf Stunden mit ihr spazieren, weil sie sich so am besten beruhigen und einschlafen konnte. In den folgenden Wochen entwickelte ich zunehmend depressive Gedanken. In dieser Zeit nahm ich vier Kilogramm ab. Ich fühlte mich freudlos und traurig, trotzdem funktionierte ich. Ich tat alles für meine Tochter und wollte, dass es ihr gutgeht. Aber in mir entstanden immer stärker werdende Ängste um mein Kind. Nachdem ich auf einer Seite einer Schreiambulanz gelesen hatte, dass Regulationsstörungen häufig auf Ängste der Mutter in der Schwangeschaft zurückzuführen sind, war ich überzeugt, dass ich durch Sorgen in der Schwangerschaft meinem Kind für sein Leben geschadet hatte. Meine Sorgen wurden immer irrationaler. Ich befürchtete, dass mein Kind wegen meiner Ängste in der Schwangerschaft Verhaltensauffälligkeiten entwickeln würde und nie zu einem Geburtstag eingeladen werden würde. In dieser Zeit weinte ich immer mal wieder in Telefonaten mit meiner Familie, äußerte meine Sorgen und legte mich schließlich zuhause zweimal auf den Boden, wollte noch mehr aufstehen und sagte, dass ich nicht mehr könne. Weder ich noch mein Umfeld konnten die Symptome jedoch einordnen und niemand erkannte, dass ich Hilfe benötigt hätte. Auch meine Hebammen und die Frauenärztin erkannten die postpartale Depression nicht. Beim Diabethologen hatte ich einen sehr auffällig hohen Nüchternwert. Ich litt zuvor noch nie an einer psychischen Krankenheit. Mittlerweile habe ich aber von Psychiatern erfahren, dass sowohl eine Gestationsdiabetes als auch eine Präemklampsie mit einem erhöhten Risiko für postpartale Depressionen in Verbindung stehen. Beides hatte ich während der Schwangerschaft. Auf einmal entwickelte ich eine vollkommene Schlaflosigkeit. Obwohl meine Tochter in der Nacht mehrere Stunden am Stück schlief, konnte ich gar nicht mehr in den Schlaf finden. Trotzdem verspürte ich tagsüber keine Müdigkeit, sondern innerliche Unruhe, Anspannung und starken Stress. Es war ein unerträgliches Gefühl. In den wachen Nächten grübelte ich und es entstanden immer düsterere Gedanken, panische Ängste und eine Hoffnungslosigkeit. Ich war überzeugt davon, dass wir nie wieder glücklich werden können, ich meiner Tochter für ihr Leben geschadet hätte und alles einfach aufhören müsse. Diese Überzeugungen wurden von den Ärzten in der Psychiatrie rückblickend als Schuldwahn und nihilistischer Wahn eingeordnet. Nach zehn Tagen Schlaflosigkeit sah ich keinerlei Perspektive mehr. Der einzige Ausweg schien mir die Welt zu verlassen. Schrecklicherweise wollte ich meine Tochter aber nicht zurücklassen. Ich stürzte mich mit ihr ins Wasser. Wir wurden von einem vorbeikommenden Mann aus dem Wasser gezogen, aber für meine Tochter kam die Hilfe zu spät, sie ertrank. Sie konnte wiederbelebt werden, verstarb jedoch zwei Wochen später. Ich wurde in ein Krankenhaus gebracht, da meine Körpertemperatur bei 31 Grad lag. Nachdem ich entlassen wurde, waren die Trauer um meine Tochter und meine Schuldgefühle unendlich groß. Erst jetzt begriff ich wirklich, was ich gemacht hatte. Ein paar Wochen später unternahm ich einen weiteren Suizidversuch, indem ich mir im Keller eine Plastiktüte um den Hals wickelte. Ich verlor das Bewusstsein, kam kurz danach jedoch wieder zu mir und befreite mich von der Plastiktüte. Nachdem ich meinem Mann erzählt hatte, was passiert war, kontaktierte er meine Schwester. Ich informierte meine Psychiaterin, bei der ich seit dem Tod meiner Tochter in Behandlung war. Sie organisierte, dass ich auf einer geschützten Station in der Psychiatrie untergebracht wurde. Dort blieb ich zwei Monate und es wurde rückblickend eine psychotische postpartale Depression diagnostiziert. Ich trauere unendlich um meine Tochter und habe quälende Schuldgefühle. Immer wieder habe ich suizidale Gedanken und möchte meiner Tochter in den Tod folgen. Ein normales Leben ist nicht mehr möglich.
Ich kann mir vorstellen, dass manche von euch nicht nachvollziehen können, warum ich meine Tochter mitnehmen musste. Ich kann es selbst nicht verstehen. Ich kann nur sagen, dass die Krankheit komplett von mir Besitz ergriffen hatte. Das war nicht mehr ich, das war ein anderer Mensch. Die Liebe zu meiner Tochter ist immer noch sehr groß und ich vermisse sie wahnsinnig.
Über Antworten würde ich mich freuen.