Neu hier, brauche Zuspruch :(

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
Silla

Neu hier, brauche Zuspruch :(

Beitrag von Silla »

Hallo ihr Lieben,
nachdem ich schon einige Zeit in eurem Forum unterwegs bin, habe ich mich dazu entschlossen, mich anzumelden. Es kommt immer drauf an ob mir die Beiträge helfen oder nicht, auf der einen Seite bin ich froh, dass es bei vielen tatsächlich besser wurde, allerdings erschreckt mich teilweise wie lange es gedauert hat und das bleibt dann häufig präsenter in meinem Kopf. Daher habe ich bisher mit mir gehadert, selbst zu schreiben.

Zu mir: ich bin 30 Jahre alt und habe im Januar mein erstes Kind bekommen. Mein Mann und ich hatten die Schwangerschaft geplant und nach einer Fehlgeburt im Dezember 2019 hat es dann relativ schnell wieder geklappt. Ich habe mich auf das Kind und unser Leben danach gefreut, wir sind auch noch während der Schwangerschaft wieder in unsere Heimat gezogen, um näher bei den Familien zu sein (zum Glück, da ansonsten nicht immer jemand bei mir sein könnte). Ich war vorher schon oft eine unsichere Person, die häufig die Bestätigung von außen brauchte, ob mein Vorgehen das richtige ist. Zudem bin ich nicht die geborene Hausfrau und Köchin, habe es aber ganz gut hinbekommen.
Seit unser Sohn auf der Welt ist habe ich mich wahnsinnig verrückt gemacht, ich habe in jeder freien Minute Beiträge in Muttergruppen oder andere Infos gelesen, da ich alles von Anfang an richtig machen wollte. Das hat allerdings dazu geführt, dass ich mich total unter Druck gesetzt habe. Außerdem hatte ich das Gefühl, mein altes Leben ist unwiderruflich vorbei und ich habe nun diese riesige Verantwortung, wenn ich daran gedacht habe, dass unser Kind nun für immer da ist war ich einfach nur erschrocken und hatte Sorgen/Angst. Mein Mann war die ersten 2 Monate in Elternzeit, deshalb ging es da auch noch, je näher allerdings der erste Arbeitstag rückte, desto nervöser und ängstlicher wurde ich. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie ich das alleine mit dem kleinen den ganzen Tag machen soll (so geht es mir immer noch) Ich habe dann schlussendlich eingesehen, dass mein Zustand über das normale ängstlich sein hinausgeht und mit meiner Hebamme gesprochen (die vorher schon die Vermutung einer PPD ausgesprochen hatte). Am Montag hatte ich einen Termin in einer Ambulanz, die sich auf Krisen um die Geburt spezialisiert hat, dort habe ich 10 mg Citalopram verschrieben bekommen, das nehme ich seit Dienstag. Am Montag habe ich den nächsten Termin, dann wird wahrscheinlich auf 20 mg erhöht. Zudem möchte ich nach einer Verhaltenstherapie suchen, ich hoffe ich finde jemanden, bei dem ich nicht so lange warten muss.
Seit mein Mann wieder arbeiten geht kommt täglich meine Mutter und hilft mir durch den Tag zu kommen, sofern er über Nacht weg muss sind wir bei meiner Familie. Anders würde ich es im Moment nicht hinbekommen. Gott sei Dank hat mein Mann und eigentlich alle in meinem Umfeld Verständnis und stehen mir bei. Ich kann absolut nicht alleine sein, morgens, wenn mein Mann zur Arbeit fährt und bevor meine Mutter kommt ist es am schlimmsten (es ist generell morgens am schlimmsten, abends geht es mir oft besser und ich kann sogar etwas zuversichtlich sein), ich zähle dann eigentlich nur die Minuten bis sie endlich da ist. Ich habe riesige Angst, dass das nun so bleiben wird und ich nicht mehr alleine zurechtkommen werde. Ich bin ständig am weinen und habe Angst vor absolut allem was mit dem kleinen zu tun hat, zb wenn die ersten Zähne kommen (dann muss ich ihn Zähne putzen), vor dem beikoststart (ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie ich das in meinem Zustand schaffen soll und es ist ja bald schon soweit), vor seinen Fortschritten, wie soll ich es später schaffen regelmäßig zu kochen und vor allem was, den Haushalt schaffe ich auch nicht usw. Ihr seht, ich habe aktuell vor allem Angst und schaffe es kaum, positiv zu sein.
Hinzu kommt, dass der Kleine wirklich unkompliziert ist und ich ihn auch super süß finde, aber ich fühle mich überhaupt nicht als Mutter. Im Moment fühle ich mich selbst oft wie ein hilfloses Kind, manchmal fühlt es sich für mich so an, als wäre ich überhaupt nicht schwanger gewesen, sondern jemand hätte mir den kleinen einfach gebracht und gesagt „kümmere dich jetzt darum“. Abends wenn er in seinem Bettchen liegt und ruhig schläft schaue ich ihn manchmal an und sehe wie gesagt auch etwas zuversichtlich in die Zukunft, das ist aber am nächsten Tag immer wieder weg und ich bekomme nur Angst wenn ich ihn ansehe. Ich bin so verzweifelt teilweise, weil ich denke ich will vielleicht tief in meinem inneren einfach keine Mutter sein und werde den Schritt mein Leben lang bereuen. Im Moment denke ich immer nur wenn ich das gewusst hätte, hätte ich ihn nicht bekommen und das fühlt sich schrecklich an.
Heute habe ich einen besonders schlechten Tag, ich hatte den ganzen Vormittag unglaubliche Angst und konnte nur immer wieder denken, dass ich das alles nicht schaffe und nicht eine Sekunde länger aushalten kann, ich weiß dann überhaupt nicht was ich machen soll...ich hoffe das liegt an dem citalopram und geht bald vorüber (meine Psychiaterin meinte es kann erstmal zu einer Verstärkung der inneren Unruhe kommen) und das eine positive Wirkung eintritt.
Ich kann mir im Moment so gar nicht vorstellen wieder ich selbst zu sein und ein normales Leben zu führen, ich frage mich nur immer wieder wie das funktionieren soll.
Jetzt ist es doch recht viel geworden was ich geschrieben habe.
Liebe Grüße
Silla
Anna

Re: Neu hier, brauche Zuspruch :(

Beitrag von Anna »

Liebe Silla, es ist super, dass du dich endlich dazu entschieden hast dich an jemanden zu wenden. Es tut den meisten total gut, sich mit Leuten auszutauschen, denen es genauso geht/ging. Auch, dass du dir professionelle Hilfe geholt hast.
Ich kann deine Gedanken so 100% nachvollziehen. Habe 2017 meinen ersten Sohn entbunden und hatte extreme Komplikationen in der Zeit kurz nach der Geburt. Unter anderem war mein Mann im gesamten ersten Lebensjahr nur am Wochenende zu Hause und die Wochen waren einfach nur der Horror. Ich habe jede Sekunde verplant, um bloß nicht alleine mit dem kleinen zu sein und war extrem ängstlich. Habe jetzt im März das zweite Kind bekommen und mein Mann arbeitet ein paar Mal im Monat 24h. Vom ersten Kind habe ich gelernt, dass es okay ist Hilfe anzunehmen, sodass bisher immer meine Mutter hier geschlafen hat. Ich habe noch immer die Gedanken: was ist, wenn...... er schreit und ich nicht weiß, was er hat... wenn der große gleichzeitig ruft... alles nur Gedanken, wenn die Situation kommt, ist man meistens viel stärker als erwartet!! Auch du! Die Verantwortung war einfach zu groß und ich wollte mein altes Leben zurück haben und habe wie du gedacht: war ich wirklich schwanger?! Das ist nicht das Leben, das ich wollte. Jetzt im Nachhinein ist es völlig normal so zu denken, du musst nicht denken, dass mit dir etwas nicht stimmt: ja, es ist verdammt viel Verantwortung und IHR seid jetzt für einen MENSCHEN und sein „Überleben“ verantwortlich! Wer würde sich bei dem Gedanken nicht überfordert fühlen... glaub mir, es wird besser!! Es ist wie bei fast allen von uns: man kann es einfach nicht glauben, wenn man selber in der Situation steckt, aber es ist wirklich wahr! Auch du schaffst das! Vielleicht kannst du versuchen die positiven Sachen zu sehen: du schaffst es ja auch jetzt, ihn jeden Tag zu versorgen! Und dass du dabei Unterstützung hast, nimmst du dir wahrscheinlich nur selber zum Vorwurf. In anderen Kulturen ist es völlig normal, dass immer mehrere Leute um die Mutter und das Baby herum schwirren. Das ist doch super! Kennst du den Spruch: es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen! ? So ist es, das sage ich mir immer wieder.
Darf ich dich noch fragen, wie denn deine Nächte sind? Kannst du gut schlafen? Und stillst du? Und falls ja, wie kommst du damit zurecht?

Ganz liebe Grüße und glaub an dich, wir tun es auch alle!!! :) Anna
Miriam95

Re: Neu hier, brauche Zuspruch :(

Beitrag von Miriam95 »

Hey,
Ich kann dich total gut verstehen , der text könnte eigentlich von mir sein.
Du hast viel viel zu große erwartungen an dich selbst. Am besten versuchst du so wenig wie möglich zu lesen das was da überall steht schaff sowieso niemand und ist auch garnicht nötig. Hör einfach auf dein gefühl , du machst das schon gut.
Mit haushalt kochen u so hatte ich früher auch probleme , mir hat geholfen ein tagesplan zu schreiben und so mein tag zu struckturieren. Und wenn ich merke das ich in eine überforderung gerate mache ich ganz bewusst langsamer und weniger.
Ich nehme seid ein paar wochen setralin und ich muss sagen das es in der kurzen zeit mir schon gut gegen meine änste geholfen hat.
Alles gute
Löwenmutter

Re: Neu hier, brauche Zuspruch :(

Beitrag von Löwenmutter »

Du liebe,
ich lasse dir auch noch ein paar aufmunternde Worte hier. Es ging mir genau so. Ich habe mich übergeben bei dem Gedanken daran, dass mein Mann geht und ich die Kinder fertig machen muss, habe zitternd und weinend Schulbrot geschmiert und gedacht ich zerbreche daran. Das einschleichen vom escitalopram war der Horror. Ich konnte 3 Nächte nicht schlafen.......

3 Montae nach der ersten Tablette war ich wieder ich. Voller Kraft Freude und liebe für meine 4 Kinder. 10 mg haben bei mir gereicht. Das ist aber bei jedem unterschiedlich. Es wird dir auch wieder gut gehen. Versuche zumindest das schlechte Gewissen abzulegen. Die Gedanken die du da hast, das ist ja die Krankheit. Am Abend wenn es dir besser geht, dann kommst DU zum vorschein.

Du bist eine tolle Mama, du kümmerst dich um dein Problem um für dein Baby da zu sein.

Bleib tapfer, alles wird gut.
Silla

Re: Neu hier, brauche Zuspruch :(

Beitrag von Silla »

Ihr Lieben,
danke für eure antworten, im Moment habe ich wirklich ein paar schreckliche Tage :( ich hoffe das es nur vom einschleichen kommt und bald vorbei geht, ich habe keine Ahnung wie ich das auf Dauer aushalten soll...
Ich habe bereits abgestillt kurz bevor der kleine 3 Monate alt geworden ist, um da auch etwas Entlastung bekommen zu können, das stillen hat mich auch sehr unter Druck gesetzt weil ich immer das Gefühl hatte dauerhaft präsent sein zu müssen. So kann ich jetzt auch Termine usw wahrnehmen ohne Angst haben zu müssen nicht rechtzeitig zurück zu sein. Die Nächte sind soweit ok, der kleine kommt meistens 2 mal und wenn mein Mann da ist übernimmt er das zweite mal füttern. Von Freitags aus samstags übernimmt er komplett wenn er da ist. Das hilft mir auch sehr. Morgens kommt er dann meistens nochmal in die federwiege sodass er bis 8, halb 9 nochmal schläft. Manchmal habe ich Probleme mit dem einschlafen weil meine Gedanken nicht zur Ruhe kommen und wenn ich dann weiß das ich gleich aufstehen muss und der Tag beginnt kommt schlagartig die Angst und Panik zurück. Das fühlt sich immer ganz schlimm an und ich weiß nicht wie ich durch den Tag kommen soll.
Meine Familie sagt das es jetzt eigentlich ein gutes Zeichen ist das es mir erstmal schlechter geht, weil dann die Medikamente anfangen zu wirken, aber ich bin einfach so unfassbar hoffnungslos und verzweifelt im Moment...
Ich hoffe sehr das ihr alle recht habt und es mir irgendwann besser geht
Jen
power user
Beiträge: 146
Registriert: 14:02:2021 8:08

Re: Neu hier, brauche Zuspruch :(

Beitrag von Jen »

Liebe Silla,

ich möchte dir sagen - ES WIRD BESSER!
Du warst und bist so stark. Da ist ein Leben in dir gewachsen - hey ja! Du bist eine power Frau!

Ich kann so nachempfinden wie es dir geht, auch mir ging es Anfang des Jahres so. Ich war total fertig. Meine persönliche Hölle, bei mir wurde es nach dem abstillen nochmals richtig schlimm, als kleine Anmerkung. Hormone!
Seit Januar nehme ich nun Escitalopram 10 mg und seit Ende Februar Anfang März geht es mir von Tag zu Tag besser!

Das mit dem ‚war ich wirklich mal schwanger?‘ kenne ich. Das ging mir so extrem so, aber mittlerweile wird es schon etwas besser. Wenn ich Bilder oder Videos anschaue auf denen ich schwanger bin, dann werd ich sentimental und es fühlt sich alles schon ein großes Stück normal an.

Also halte durch! Du schaffst das, bzw. du schaffst es ja bereits schon.
12/20 1. Geburt PTBS / Ängste
Aktuell bei 10 mg Escitalopram
Antworten