Vorstellung frage zu Antidepressiva

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LauraLicht

Vorstellung frage zu Antidepressiva

Beitrag von LauraLicht »

Hallo liebe Leidtragende,

Nachdem ich fast ein halbes Jahr gebraucht habe um zu kapieren, dass etwas nicht stimmt bin ich nun in Behandlung. Eine Psychologin bei der Berliner Krisenhilfe hat mir, nachdem ich dort angerufen hatte, erklärt, dass sie eine ppd bei mir vermutet.
Meine Haupt-Symptome waren Schlafstörungen, innere Unruhe und riesiges Überforderungsgefuhl, was mich des Öfteren in die Verzweiflung getrieben hat - ich habe geweint und geweint und einen unglaublich negativen Blick in die Zukunft gehabt ohne Hoffnung und Licht. Ich habe mich dann in diesen Momenten sehr vor mir selbst gefürchtet, was alles nur noch schlimmer gemacht hat.
Erst einmal bin ich zum Psychiater, der mir dann Sertralin verschrieben hatte. Ich hab mich aber erstmal nicht getraut und auf einmal ging es mir auch wieder so gut, ich konnte schlafen, ich hatte Kraft Dinge zu unternehmen, aber ein bisschen konnte ich es doch nicht glauben. Die kleinste Erschütterung hat mich dann auf einmal aber wieder in dieses tiefe Loch zurück geworfen und ich habe dann doch angefangen die Tabletten zu nehmen. Nach 3 sehr unangenehmen Ersten Tagen, hatte ich das Gefühl, dass es mir sogar schon nach einer Woche besser ging. Ich war gelassener, aber irgendwie auch das Gefühl die Tabletten machen irgendetwas mit mir, dass ich nicht will, verändern mich. Ich will es doch selbst schaffen, glücklich zu sein. Nun ja, dieses Gefühl wird von Tag zu Tag stärker und ich habe Angst vor einem Leben mit Sertralin, und das ist sicher total kontraproduktiv. Nun sitz ich wieder hier und bin verzweifelt, möchte einfach weg ganz weit auf eine Insel keine Ahnung...
Bei mir kommt dieser Zustand der Traurigkeit immer in Wellen, mal ist es gut, mal wieder extrem schlimm. Kennt das jemand? Und wie schaffe ich es die Medikamente zu akzeptieren? Geht dieses Gefühl, der "Verblödung" irgendwann weg? Sollte ich es besser wieder absetzen!?
Kurz zu mir: ich habe im September mein 2. KIND bekommen, schon die Schwangerschaft war wegen eines verkürzten Gebärmutterhalses schwierig. Ich musste meine Selbstständigkeit deswegen quasi aufgeben. Die ersten Monate nach Viktors Geburt waren ebenfalls schwierig weil mein großer nicht in die Kita gehen, konnte wegen corona und er mir ständig das Gefühl gegeben hat, dass ich ihn wegen dem kleinen vernachlässige... Ich hatte immer das Gefühl für niemanden richtig da zu sein. Dann folgte ein Umzug in diesem ganzen Chaos und schließlich ein neuer Job (in Teilzeit) für mich. Das hat mir dann aber völlig den Rest gegeben.
Gibt es hier jemanden, der mir im Bezug auf die Tabletten seine Erfahrungen mit mir teilen möchte, oderMut machen kann? Ich bin schon wieder so nervös und unruhig, habe Angst vor der Zukunft, dass ich ihr nicht gewachsen bin.
Danke für eure Hilfe und ich wünsche euch allen unbekannterweise einen guten Weg raus aus diesem Mist
Lauri04

Re: Vorstellung frage zu Antidepressiva

Beitrag von Lauri04 »

Hallo Namensvertterin :wink:

Zu den Medikamenten kann ich dir leider nichts sagen.
Aber bei mir ist es auch so, dass die Depression so wellenartig kommt. Mal geht es mir unglaublich schlecht, aber zwischendurch ist es auch annähernd normal, sodass ich denke, dass alles ok ist. Ich denke, es dauert einfach ein bisschen, bis man die Krankheit bzw Störung, die Medikamente und alles was dazu gehört akzeptiert. Es ist ja sowieso schon schwer für uns, Hilfe anzunehmen, aber das hast du ja immerhin schon geschafft!
Ich glaube du kriegst das hin. Du brauchst einfach noch ein bisschen Zeit!
Viele Grüße
Lauri
LauraLicht

Re: Vorstellung frage zu Antidepressiva

Beitrag von LauraLicht »

Liebe Lauri,

Danke für deine Antwort. Gut zu wissen, dass es bei dir auch so ist. In den Momenten, wo es mir gut geht, denke ich immer, dass es doch alles Quatsch ist und es nur eine Phase war oder ich hoffe es. Aber ich weiß eigentlich, dass es nicht so ist. Dafür steck ich schon zu lange und tief in diesem Sumpf und die Zustände, in denen es mir so schlecht geht, kann ich nicht einfach akzeptieren oder damit leben, dafür ist es zu schlimm. Was machst du für eine Therapie? Du nimmst keine ADs oder?
Ja und das mit der Zeit muss ich mir wirklich immer wieder sagen. Ich glaube, das ist ein großes Problem für mich, dass ich alles sofort will und wenn es nicht geht, , schnell schwarz sehe.
Es ist gut, dass wir uns Hilfe holen, so kann es ja nur besser werden.

Ganz liebe Grüße

Laura
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Marika
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Re: Vorstellung frage zu Antidepressiva

Beitrag von Marika »

Liebe Laura,

herzlich Willkommen in unserer Runde. Schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast - wir werden dir sehr gerne auf deinem Weg helfen wo wir können.

Ich kann dich sehr gut verstehen, denn auch mir ging es damals am Anfang meiner PPD so, dass ich erstens nicht sehen wollte dass ich Hilfe brauchte und zweitens schon gar nicht in Form eines Medikamentes. Auch ich hatte diese Phasen wo es mir besser ging und ich dachte - jetzt wird es schon. Doch meist war dann der Absturz danach viel heftiger. Irgendwann ging nichts mehr und ich hätte alles genommen, nur damit dieser Zustand aufhört. Und das hat er - es wurde nicht von jetzt auch gleich besser, aber in kleinen Schritten ging es bergauf. Genau wie du konnte ich in der ersten Woche auch schon etwas Besserung bemerken, doch dann kam wieder ein Tief. Man muss wissen, dass auch mit AD diese Tiefs eine Zeitlang noch kommen. Besonders in den ersten Wochen dauert es einfach, bis das Medikament einen richtigen Wirkstoffspiegel aufgebaut hat. Bis das erreicht ist dauert es meist zwischen 2-4 Wochen. Manche AD´s brauchen aber auch bis zu 12 Wochen bis sie das volle Spektrum an Wirkung aufgebaut haben.

Was du jetzt brauchts ist vor allem GEDULD! Bitte setz das AD nicht ohne Absprache mit dem Arzt ab. dazu ist es erstens noch viel zu früh weil sich das Medikament erst entfaltet und zweitens solltest du nicht gegen die Angaben deines Arztes handeln. Das kann schwer ins Auge gehen in dem es dir noch schlechter geht. Wenn du das Gefühl hast, das AD wirkt nicht richtig dann bitte immer den Arzt kontaktieren - nicht selber "herum doktern".

Sertralin ist ein AD das sehr häufig verschrieben wird und schon vielen geholfen hat. Ich hatte ein ähnliches AD und es hat mir mein Leben wieder gegeben. Zusammen mit meiner Therapie bin ich wieder gesund geworden - und mehr als das: ich habe heute eine Lebensqualität die nie davor in meinem Leben hatte.

Halte durch und frag alles was dir auf der Seele brennt. Und gib dem AD die Chance und die nötige Zeit um seine Wirkung zu entfalten.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Lauri04

Re: Vorstellung frage zu Antidepressiva

Beitrag von Lauri04 »

Hallo Laura,

bei mir ist es genau so. manchmal denke ich, dass ich total übertreibe und es garnicht so schlimm ist. aber dann raste ich wieder aus und die ganzen schlechten gefühle sind wieder da. du hast recht, damit kann man nicht leben.
ich bin noch auf der suche nach einem therapie-platz (leidiges thema :roll: ) und nehme dementsprechen auch (noch) keine medikamente.

wie marika schon geschrieben hat: du brauchst jetzt zeit und geduld. ich weiß, dass genau das gerade sehr schwer ist. aber versuch, auf deinen arzt und das medikament zu vertrauen.

ich hoffe, dass es dir schon bald besser geht!

Liebe Grüße
Lauri
LauraLicht

Re: Vorstellung frage zu Antidepressiva

Beitrag von LauraLicht »

Danke für eure Antworten und Hilfe.
Mir geht es wieder etwas besser. Ich war auch gestern beim Psychiater, weil ich da nach 2 Wochen AD sowieso hin sollte. Ich soll es erstmal weiternehmen und ich kann das jetzt auch besser akzeptieren. Die Nebenwirkungen sind unangenehm aber erträglich. Ich hoffe nur sehr, dass sie irgendwann ganz verschwinden. Ich bin manchmal sehr unruhig und dann hilft nur Joggen (das wirkt wahre Wunder :-)), und mir ist oft auch sehr schwindelig und ich habe das gefühl, dass ich nicht mehr so gut sehen kann. Außerdem bin ich ziemlich unkonzentriert und vergesslich, ich habe auch anscheinend richtige Aussetzer, an die ich mich null erinnern kann.
Gerade schlafe ich auch nicht mehr so gut, aber wenn ich nicht sofort einschlafe, verfalle ich zum Glück nicht mehr so schnell in Panik. Das ist schonmal echt eine riesen Erleichterung.
Wenn man so ein AD solange nimmt, verschwinden diese Nebenwirkungen dann irgendwann komplett? Oder nimmt man das dann hin, weil die positiven Effekte überwiegen?
Und ich hatte jetzt die ersten 2 Wochen nach der Einnahme so ein angenehmes Scheiß-egal-feeling. Das ist leider weg, und die Grübelei fängt wieder an. Ich hoffe dass dieser angenehme Teil wieder kommt, oder ist die dosis vielleicht die falsche?
Was ich positives berichten kann, ist, dass ich mich wieder richtig an meinen beiden Jungs freuen kann, beim kleinen zum ersten Mal ein richtiges Mutter Glück gespürt habe. Manchmal kommt zwar die Panik vor der Zukunft und Verantwortung zurück, so wie gestern Nacht aber das Sertralin scheint sie gut zurückzuhalten.
Ich bin sehr froh, dass ich mich hier angemeldet habe, Hilfestellung von euch zu bekommen, gibt mir ein wirklich beruhigendes Gefühl.
Liebe Lauri, wenn du in Berlin wohnst dann melde dich beim krisendienst, die gehen mit dir zum Hausarzt und suchen einen Psychiater für dich. Das haben sie mir angeboten, aber ich hatte sowieso schon einen Termin gemacht.
Liebe Grüße an euch alle!
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Marika
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Re: Vorstellung frage zu Antidepressiva

Beitrag von Marika »

Liebe Laura!

Ich freue mich sehr, so Positives von Dir zu lesen. Toll, dass du auch schon erste positive Aspekte vom AD bemerkst.

Die unangenehmen noch vorhandenen NW werden noch weggehen. Bei mir ist restlos alles verschwunden und ich bin gesund geworden. Ob ihr in der Zukunft noch an der Dosis was machen müsst, wird die Zeit zeigen. Gib dem AD jetzt erst mal einge Wochen Zeit, um sich zu entfalten.

Ich freue mich sehr für dich!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
LauraLicht

Re: Vorstellung frage zu Antidepressiva

Beitrag von LauraLicht »

Das macht Hoffnung, dass die Nebenwirkungen bei dir komplett weggegangen sind. Danke, dass du mir geschrieben hast. Das hat mich sehr beruhigt.
Ich bin sehr froh das Forum hier gefunden zu haben. Es hilft mir sehr, die Krankheit zu verstehen und somit auch die Maßnahmen besser zu akzeptieren. Die Einnahme von solchen Medikamenten ist ja gesellschaftlich leider eher ein Tabu-Thema... Meine Zweifel bezüglich des AD verschwinden so langsam, wahrscheinlich auch weil die Nebenwirkungen scheinbar weniger werden.
Ganz liebe Grüße

Laura
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