Meine Geschichte von 2011/12 - und ein Rückfall nach 10 Jahren

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rip-curl-girl
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Meine Geschichte von 2011/12 - und ein Rückfall nach 10 Jahren

Beitrag von rip-curl-girl »

Hallo Zusammen,

ich bin lange stille Mitleserin gewesen und seit 2012 Mitglied im Verein. Nun möchte ich auch mal meine Geschichte erzählen. Der Grund ist leider ein Rückfall nach nun 10 Jahren.

Aber erstmal zu meiner Vorgeschichte: 2010 ist unsere Tochter geboren und wir waren überglücklich. Die Schwangerschaft war schön, bis auf die Schwangerschaftsdiabetis, die ich entwickelt hatte. Ich musste also eine Art „Diät“ halten. Ich hatte ein Ausgangsgewicht von 53 kg bei 175 cm Größe und habe nur 9 kg zugenommen. Nach der Geburt habe ich lange gestillt, bis ich irgendwann ein Gewicht von 47 kg hatte. In dieser Zeit, die Kleine war ca. 8 – 9 Monate alt, fingen meine Probleme an. Es ging mit Schwindel los. Mir war ununterbrochen schwindelig und schwummrig. Ich bin von Arzt zu Arzt gelaufen, doch niemand konnte etwas feststellen und mir helfen. Dann kamen Schlafprobleme dazu, ich konnte nicht mehr einschlafen und war morgens um 5 Uhr wieder wach. Ich wusste gar nicht was mit mir los war. Ich bin gar nicht mehr zur Ruhe gekommen, konnte nicht mehr entspannen oder schlafen. Dann kam die Angst dazu, Beklemmungen in der Brust und Appetitlosigkeit. Es war schrecklich. Meine Hausärztin hat mich dann an einen Psychiater überwiesen, aber irgendwie hat es trotz Medikamente keine Besserung gegeben. Ich war körperlich und psychisch am Ende und entschloss mich, in eine Klinik zu gehen, da es so nicht weitergehen konnte (Das war im Januar 2012). Meine Schwiegermutter hat auf die Kleine aufgepasst und ich war 7 Wochen in einer Klinik. An den Wochenenden durfte ich nach Hause. Es war eine sehr schwere Zeit. Meine Medikamente wurden umgestellt. Ich bekam abends 45 mg Mirtazapin und morgens 75 g Venlafaxin, zusätzlich abends noch ein Neuroleptikum zum Schlafen. Letzteres konnte ich ca. nach 8 Wochen absetzen, da dann das Mirtazapin Wirkung zeigte. Mir ging es viel besser, doch als ich nach Hause kam, fing der Schwindel wieder an.
Ich begann eine Therapie und traf mich mit Müttern aus der Selbsthilfegruppe. Außerdem habe ich mit dem Joggen angefangen. Das hat mir sehr geholfen. Die Kleine in den Kinderwagen gesetzt, Laufschuhe an und los….. Es wurde nach und nach besser. Ich nahm die Tabletten noch bis ca. Mitte 2013 und habe sie zusammen mit der Therapeutin nach und nach abgesetzt. Es ging mir sehr gut und wir haben sogar ein zweites Kind 2014 bekommen. Die Angst war zwar da und ich hatte Medikamente zur Vorsicht schon zu Hause liegen, aber es ging alles gut.

Nun habe ich nach 10 Jahren einen Rückfall. Es fing im Oktober an mit Ohrgeräuschen, dann kam Schwindel dazu. Der Schwindel hat mich sofort an meine Situation 2011 erinnert, „oh Gott...es geht wieder los“...Ich hatte so eine Sorge, dass ich auch wieder nicht schlafen konnte. Einen Psychiater/-in hatte ich nicht mehr, diese war in der Zwischenzeit in Rente gegangen. Nachdem ich zwei Nächte nicht geschlafen hatte, bin ich Anfang November in die Notfallambulanz gefahren. Ich habe meine alten Medikamente wieder gekommen und eingeschlichen. Beim Venlafaxin war es die ersten 3 Wochen die Hölle, ich hatte wieder massive Angstzustände. Dann ging es besser, ich konnte wieder schlafen und die Angst verschwand. Ich mache bei der Therapeutin eine Kurztherapie. Ich habe viel verändert, gehe weniger arbeiten, zum Yoga, zur Massage und wieder mehr Joggen. Im Januar hatte ich dann angefangen beide Medikamente zu reduzieren….ja... wenn ich das jetzt so schreibe, merke ich selbst, dass es viel zu früh war. Es fing im März wieder an mit Angstzuständen. Es ist so ein schlimmes Gefühl in der Brust….schrecklich. Im März hatte ich den ersten Termin bei einer neuen Psychiaterin. Wir haben wieder die Medikamente erhöht auf Venlafaxin 37,5 mg und Mirtazapin 30 mg. Ich wache immer noch mit einem Angstgefühl auf und abends kommt es auch nochmal. Ich versuche in diesen schlimmen Phasen mir immer zu sagen, du hast es schon einmal durchgestanden und ich werde es wieder schaffen oder mir die positiven Sachen vor Augen zu führen wie „Ich kann zumindest schlafen“ oder „die meiste Zeit des Tages ist ok“. Aber es ist schwer....

Ich hoffe, dass es wieder gut wird und freue mich auf den Austausch mit Euch.

Liebe Grüße
rip-curl-girl
Löwenmutter

Re: Meine Geschichte von 2011/12 - und ein Rückfall nach 10 Jahren

Beitrag von Löwenmutter »

Hallo,
danke für deine Geschichte. Das ist ja nach 10 Jahren auch etwas womit man nicht rechnet....zum Glück hast du trotzdem schnell reagiert. Es hilft auf jeden Fall zu wissen, dass man es schon mal geschafft hat. Das war bei mir auch so. Und du scheinst auch viel für dich zu tun. Das klingt sehr schön, Sport ist ja auch ein wirklich wichtiger und wirksamer Ansatz.
Hast du aktuell mit deinen Kindern darüber gesprochen dass es dir nicht so gut geht wie sonst? Die beiden sind ja jetzt schon älter... Ich würde es mir schwer vorstellen ständig so zu tun als sei alles schön und unkompliziert.

Liebe Grüße
Anne 861
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Re: Meine Geschichte von 2011/12 - und ein Rückfall nach 10 Jahren

Beitrag von Anne 861 »

Guten morgen löwenmutter ,wie geht's dir ? Hattest du nicht komplett abgesetzt ? Lg
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Marika
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Re: Meine Geschichte von 2011/12 - und ein Rückfall nach 10 Jahren

Beitrag von Marika »

Hallo rip-curl-girl!

Jetzt sind ja schon wieder ein paar Tage vergangen, wie geht ea dir mittlerweile?

Ja, so ein Rückfall nach so langer Zeit ist im ersten Moment sicher ein Schock. Aber du hast sehr gut reagiert und lässt dir professionell helfen. Es wird vielleicht schon noch etwas dauern, bis die Medikamente dich richtig stabilisiert haben. Und das Venlafaxin ist ja noch sehr niedrig, da kann man ja wenn nötig in Absprache mit dem Arzt noch steigern.

Wenn man einmal eine Depression hatte, bleibt einfach ein Rückfallrisiko... auch nach Jahren ist das möglich. Das ist nicht schön, aber es ist trotzdem möglich ein schönes Leben mit hoher Lebensqualität zu haben... auch dank der modernen Medizin!

Ich drück dich... schön, dass du neben den Medis auch sonst noch viel für dich machst.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
alibo79
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Re: Meine Geschichte von 2011/12 - und ein Rückfall nach 10 Jahren

Beitrag von alibo79 »

Hey, ich möchte dich auch begrüßen, natürlich ist es nicht schön, dass du wieder erkrankt bist, aber du hast dir schnell Hilfe geholt und das ist bestimmt ein großer Vorteil. Außerdem ist es sehr schön, dass du 10 Jahre Ruhe hattest. Das ist eine lange Zeit. Meine Betreuerin hat mir mal gesagt, dass bei mir der Abstand von 6- 7 Jahren von Beginn der ersten Episode bis zur nächsten auch schon lange waren. Ich habe nur gedacht, eigentlich wollte ich nie wieder an depressionen erkranken, ist aber leider doch passiert und als ich vor gut einem Jahr wieder Symptome gemerkt habe, konnte ich es nicht fassen und habe nur gedacht, nicht schon wieder. Das schlimmste war eigentlich, dass ich wusste was mir damit bevor stand und was u.u. kämpfen muss, das hat es eigentlich noch viel schlimmer gemacht . Aber ich habe auch sofort gehandelt, wir konnten leider den richtigen Ausbruch nicht verhindern, aber vielleicht würde die Genesung sonst noch länger dauern.
Ich gehe auch gerne joggen und mache viel Sport, das steht bei mir fest auf meinem Plan und tut mir glaube ich schon sehr gut.
Ich finde es interessant, dass du auch das mirtazapin nimmst und damals auch mit 45 mg, das lese ich hier nicht so oft, weshalb wurde dir das so verschrieben und bist du gut damit zurecht gekommen?

Liebe Grüße von alibo
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
alibo79
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Re: Meine Geschichte von 2011/12 - und ein Rückfall nach 10 Jahren

Beitrag von alibo79 »

Und so wie du habe ich mir in dieser zweiten Episode auch immer gesagt, du hast es schon einmal geschafft und jetzt schaffst du es wieder, es ist zwar schlimm und hart, aber du weißt es geht vorbei und irgendwann bist du wieder in deinem Leben angekommen
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
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alibo79
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Re: Meine Geschichte von 2011/12 - und ein Rückfall nach 10 Jahren

Beitrag von alibo79 »

Und setze dich nicht unter Druck mit dem reduzieren der Medikamente, dafür ist das leben zu wertvoll und schön, lieber paar Pillen nehmen, als unnötig leiden.
Mein Psychiater hat mir direkt gesagt, dass wir so erstmal nicht mehr ganz reduzieren, sondern mit einer rezidiv Prophylaxe anfangen, und ich finde das auch nicht mehr schlimm, andere Menschen brauchen ja zb auch Insulin oder Blutdruck Medikamente
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
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