Auf der Suche nach Mutmachern

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Kunsi
Beiträge: 14
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Auf der Suche nach Mutmachern

Beitrag von Kunsi »

Hallo in die Runde,

seit einigen Wochen lese ich im Forum still mit und hoffe jeden Tag aufs Neue, dass auch ich irgendwann schreiben kann „mir geht es gut!“ und anderen Mamas Mut machen kann. Leider bin ich davon aber gefühlt noch sehr weit entfernt. Da ich wirklich verzweifelt bin und ich oft keine Kraft mehr habe, brauche ich Mutmacher. Ich habe zwar in meinem Umfeld liebe Menschen, aber niemand von ihnen hat Ähnliches durchgemacht und kann diese Krankheit nachempfinden.

Kurz zu mir: unsere Tochter ist Ende Mai geboren. Seit rund 4 Monaten leide ich unter einer schweren Wochenbettdepression mit Zwangsgedanken. Ich war bereits 6 Wochen in einer Psychiatrie (mit Baby). Dort wurden die Ängste deutlich besser, aber die Depression hat sich verschlimmert. Ich kenne Zwangsgedanken schon seit vielen Jahren, wusste dank Therapie aber sehr gut damit umzugehen. Bevor ich mit unserer Tochter schwanger wurde, hatte ich eine Fehlgeburt. Als ich dann sehr schnell wieder schwanger wurde, hatte ich eine Panikattacke nach der anderen, weil ich unglaublich viel Angst hatte, dass auch diese Schwangerschaft in einer Fehlgeburt endet. Mein Papa und Schwiegervater haben zudem beide Krebs bekommen. Die Geburt war dann leider auch heftig und traumatisch. Im Wochenbett hatte ich 2 Brustentzündungen und eine Blasenentzündung und musste immer wieder ins Krankenhaus. Ich hatte zu dem Zeitpunkt panische Angst vor Corona entwickelt und ca. 8 Wochen nach der Geburt unserer Tochter haben mein Mann, unsere Tochter und ich uns tatsächlich mit Corona angesteckt. Ich hatte einen schwereren Verlauf und habe kaum Luft bekommen (musste für eine Nacht ins Krankenhaus). Ab da ging dann gar nichts mehr. Ich konnte gar nicht mehr schlafen und bin körperlich und mental zusammengebrochen und wollte nur noch in die Klinik. Auf einmal waren meine Zwangsgedanken wieder da. Ich habe und hatte unglaubliche Angst vor Long Covid (Chronisches Fatigue Syndrom). Ich habe in der Klinik Quetiapin und Sertralin (25 mg) bekommen und bin immer wieder völlig fertig eingeschlafen. Am Anfang ging kaum was (das hat die Angst vor Long Covid verstärkt). Ich konnte aber noch meine Tochter versorgen und hatte trotz allem Mama-Gefühle für sie. Nach ca. 3 Wochen habe ich es dann geschafft auch an der Sporttherapie teilzunehmen. Das hat mir dabei geholfen zu verstehen, dass ich vielleicht doch kein Long Covid habe.

Seit rund 6 Wochen bin ich aus der Klinik raus und lebe bei meinen Eltern mit unserer Tochter, da ich es nicht schaffe den Alltag ganz allein zu meistern. Mittlerweile nehme ich seit ca. 4 Wochen Sertralin (50 mg)und statt Quetiapin Mirtazapin (7,5 mg). Was mir am allermeisten zu schaffen macht ist, dass ich wirklich gar keine Gefühle mehr habe. Ich bin ein sehr sensibler Mensch und empfinde normalerweise tiefe Gefühle, aber all das ist weg. Ich bin mir völlig fremd. Es fühlt sich ganz oft so an als ob mein Kopf und mein Körper taub sind. Denken und sprechen fallen mir vor allem morgens unglaublich schwer. Ein Buch lesen hat mir immer Spaß gemacht, aber selbst das geht gar nicht. Ich bin oft wie gelähmt und versteinert. Zudem habe ich eine super starke Erschöpfung in mir. Ich stelle aber immer wieder fest, dass diese weg ist wenn ich mich bewege. Ich strukturiere meinen Alltag in Frühstück, Mittagessen, Abendessen. Dazwischen gehe ich spazieren oder mache etwas anderes was mir früher Spaß gemacht hat. Ich versuche auch Freunde zu sehen und gehe seit 3 Wochen zu einem Sportkurs. Ich mache seit 3 Wochen auch eine Therapie und habe eine tolle Psychologin. Auch wenn die Menschen in meinem Umfeld sagen dass es schon besser geworden ist, spüre ich es gar nicht. Ich frage mich, ob es jemanden unter euch gibt, der die Depression auch so körperlich empfunden hat? Wird diese Erschöpfung nochmal gehen? Es ist einfach so furchtbar. Und kommen die Gefühle wirklich wieder trotz AD? Leider sind die Gefühle gleichzeitig mit der Erhöhung von Sertralin ganz verschwunden und es kommen in mir immer wieder Zweifel auf, ob ich das AD nicht absetzen sollte. Ich bin einfach so verzweifelt und kann noch nicht mal mehr weinen. Alles ist einfach taub. Ich hoffe sehr, dass hier jemand unter euch ist, der mir Mut machen kann und die Erkrankung ähnlich erlebt hat wie ich. Ich denke mir immer, dass 4 Monate Hölle einfach zu lang sind und ich schon aus dem Schlimmsten raus sein müsste, aber vermutlich ist es genau das was ich falsch mache. Ich habe keine Geduld, nur wie soll man die haben, wenn man seit vielen Monaten keine Hoffnung mehr spürt und ein körperliches Wrack ist.

Liebe Grüße

Kunsi
alibo79
power user
Beiträge: 979
Registriert: 16:06:2021 11:15

Re: Auf der Suche nach Mutmachern

Beitrag von alibo79 »

Liebe Kunsi!
Ich mache dir mal Mut. Auch wenn es im Moment noch alles sich ganz furchtbar anfühlt bei dir und du dir das nicht vorstellen kannst, du wirst wieder gesund. Ich verfolge dieses forum auch schon lange, und ich habe immer wieder völlig verzweifelte Frauen erlebt und auch traurige, schlimme und schwere Geschichten und Erlebnisse gelesen. Aber bei allen ist es mit der Zeit besser geworden, mal dann doch recht zügig und bei anderen hat es länger gedauert, da ist jede Geschichte und der weg der Genesung unterschiedlich. Und mich schließe ich da mit ein. Was war ich verzweifelt und hoffnungslos und alles was du beschrieben hast kenne ich auch. Nur ich anstelle von der gefühllosigkeit unter tiefster Traurigkeit und düsternis gelitten. Und ich hatte keine Zwang Gedanken, dafür grübeln ins unendliche.
Aber es ist alles wieder gut geworden und ich kann mein Leben gut meistern und richtig genießen und Wertschätzung für meine Gesundheit haben.

Deine fehlende Gefühle kann mit der Krankheit zusammen hängen oder eine Nebenwirkung vom Medikamenten sein, dass ist oft schwer zu unterscheiden. Bei mir war es im Nachhinein immer ein Symptom der Krankheit.
Mit den Medikamenten bist ja auch sehr niedrig dosiert, soll da noch höher dosiert werden? Vielleicht bringt das auch noch Verbesserungen?
Absetzen vom Medikamenten darfst du nie alleine und abrupt machen, das kann sehr heftige Folgen haben. Das musst du immer mit dem Arzt besprechen!
Falls du Fragen hast, schreib einfach ins forum, da gibt es bestimmt jemanden der dir dazu antworten kann.
Liebe Grüße
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
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