verzweifelte Vorstellung

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cwe
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von cwe »

Liebe Nat,

ich denke du darfst das Gefühl des Nicht-vermissens nicht damit verwechseln, dass du deine Tochter nicht liebst. Unter anderem weil du deine Tochter so sehr liebst geht es dir so schlecht. Du hast Schuldgefühle wegen ihr und willst nur das Beste für sie, das entnehme ich zumindest aus deinen Kommentaren, und das ist für mich Liebe. Ich glaube auch dass in Gegenwart deiner Tochter die negativen Gefühle am stärksten sind und deshalb könnte such das Vermissen nicht da sein…

Weißt du, ich litt an dem Gedanken meinen Partner nicht mehr zu lieben und es hätte mich fast zerrissen. Auch ich habe immer geprüft ob ich ihn schon vermisse. Je gesünder ich wurde desto besser konnnte ich die Liebe spüren und so wird es dir auch gehen!!

Zu den Medis: nach drei Monaten in einer passenden Dosierung kann man erst sagen, ob es wirkt. Es gibt auch noch weitere Medikamente die ausprobiert werden können, bitte betrachte dich hier nicht als austherpiert!!

Alles liebe dir
cwe
Sonnensuche
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Sonnensuche »

Liebe Nat,

Ich habe gerade die letzten Seiten der Beiträge gelesen und es tut mir so leid und weh, zu lesen wie du leiden musst. Weil auch ich es so gut nachempfinden kann sie du dich fühlst. Es ist grauenhaft. Vor allem wenn du schon so lange kämpfen musst…

Bitte bitte gib den Medis mehr Zeit! Es dauert leider wirklich, aber sie werden irgendwann anschlagen.

Und was das Vermissen und die Liebe angeht… auch das hat mir die Krankheit genau wie dir eingeredet. Ich habe verzweifelt am Stillen festgehalten und mich gewundert warum. Ich sage es dir: die Liebe war schon da! Ich konnte sie nur nicht spüren.

Du machst dir so viele Gedanken um deine Tochter, du möchtest stolz sein und dich über ihre ersten Schritte freuen. Warum machst du dir diese Gedanken? Weil du eben mehr in dir trägst als du aktuell spüren kannst. Wenn dir wirklich alles egal wäre, würdest du dir gar keine Gedanken machen! Ich weiß, man glaubt das eh nicht. Mir haben aber manchmal so ,rationale‘ Erklärungen kurz geholfen.

Ich wollte alles rückgängig machen und kein Kind haben - nein, die Depression wollte das. Irgendwann habe ich angefangen, jeden fiesen Gedanken direkt an die Depression zu adressieren: Alles klar, das denkst du, Depression! Je öfter ich es ausgesprochen habe, desto leichter fiel es mir.

Und jetzt liege ich neben meiner fast 14 Monate alten Tochter, die ohne meine Hand nicht schlafen kann, und sage ihr jeden Abend aus tiefstem Herzen wie sehr ich sie lieb habe. ❤️ Und dafür lohnt es sich zu kämpfen. Ich würde für sie immer wieder durch die Hölle gehen. Das ich das einmal sage, hätte ich nie geglaubt.

Du bist so mutig und stark! Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass du das bald wieder fühlst! 💚
Geburt Dez.21, PPD und Angststörung seit Januar 2022; PTBS; Derealisation

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Nat86
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Nat86 »

Ich danke Euch für Euren Zuspruch.
Ich habe große Zweifel, dass ich einmal sagen können werde, dass ich glücklich mit meiner Tochter bin. Ich glaube es war die falsche Entscheidung Mutter zu werden und nun gibt es kein Zurück mehr.
Sonnensuche
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Sonnensuche »

Ich hatte wirklich genau die gleichen Gedanken, liebe Nat! Leider ist dein Genesungsweg länger als meiner es war und ich habe Hochachtung vor dir, wie du das trotzdem schaffst! Aber ein längerer Genesungsweg bedeutet nicht, dass du krank bleibst.
Du wirst das schaffen!!! 💚
Geburt Dez.21, PPD und Angststörung seit Januar 2022; PTBS; Derealisation

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Nat86
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Nat86 »

Liebe Sonnensuche, danke für Deine aufbauenden Worte. Ich bin wieder zurück in der Klinik, nachdem wir gestern den 1. Geburtstag meiner Tochter gefeiert haben. Ich habe die Kleine in meinem Innersten lieb, das habe ich gemerkt, aber trotzdem kann ich mir überhaupt nicht vorstellen mich 24 Stunden zu Hause um sie zu kümmern.
alibo79
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von alibo79 »

Hey , schön , dass du zum Geburtstag nach Hause konntest bzw durftest und noch viel schöner, dass du das Gefühl von Liebe spüren konntest! Mach weiter so!!
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Nat86
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Nat86 »

Liebe Alibo, diese zarte Pflänzchen der Liebe ist leider nicht genug. Ich bewundere jeden, der trotz Depression sein Leben leben kann und seine Kinder versorgt bekommt. Ich hasse mich dafür, dass ich so schwach bin.
alibo79
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von alibo79 »

Aber wie du sagst, es ist ein zartes Pflänzchen und wenn es gepflegt und genährt wird, wird daraus ein kräftiger Baum. Und Bäume bzw Pflanzen wachsen auch nicht innerhalb von Tagen sondern brauchen Zeit sich zu entwickeln, so wird das auch bei dir sein, da bin ich mir ganz sicher!!
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
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SaraGossa
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von SaraGossa »

Hallo, oh es tut mir so leid wie es dir geht...diesen Selbsthass kann ich so gut nachvollziehen ich konnte mich anfangs nicht mehr im Spiegel ansehen, so sehr hab ich mich dafür verachtet mich nicht richtig um mein Kind kümmern zu können, keine Liebe zu spüren, diese schlimmen Gedanken zu haben. Da kann ich dir mit Sicherheit sagen: Das ist die DEPRESSION die dir das sagt. Irgendwann wirst du es schaffen diesen Hass auf die Situation zu lenken und nicht mehr auf dich. Die SITUATION ist .... Nicht du. Du machst ja, du versuchst alles damit es dir besser geht und das WIRD früchte tragen. Es ist gemein und ich weiss man glaubt eh keinem, man will einfach nix mehr spüren oder denken müssen.
Auch diesen Gedanke: "vielleicht war ich ja vorher auch schon depressiv" hatte/habe ich oft. Das ist Blödsinn, es löscht einem irgendwie einfach jegliche positive Erinnerung. Du wirst sehen wenn es dir ein bisschen besser geht fallen dir wieder viele Zeiten in deinem Leben ein wo du glücklich warst♡
Sehr traumatische Geburt meines 1. Sohnes Nov. 2021
Seit Januar 2022 PPD
Anfangs Mirtazapin, inzwischen abgesetzt
Seit Oktober 22 Vortioxetin 20mg
Januar 23 noch Duloxetin 120mg dazu

Aktuell ziemlich stabil🤞
Sonnensuche
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Sonnensuche »

Liebe Nat,

nein, du bist nicht schwach! Du kämpfst gegen einen fiesen Hirn-Dämon, du gehst dafür in eine Klinik, du suchst dir Hilfe, du denkst an dein Mädchen, du feierst mit ihr den Geburtstag… das ist wahnsinnig stark! Ich weiß wie viel Kraft das kostet! Viel mehr Kraft als es eine gesunde Frau kostet, 24 Stunden ihr Kind zu versorgen.
Die Depression nimmt dir jegliche Energie. Durch diese totale Erschöpfung hast du doch gar keine Chance, 24 Stunden für dein Kind da zu sein. Du könntest auch andere Dinge jetzt nicht 24 Stunden tun.
Ich kenne beide Seiten: jetzt den Alltag als gefühlt wieder gesunde Mutter, der ist auch herausfordernd, aber machbar. Während meiner akuten Phase war jede Stunde, selbst wenn ich im Bett lag, 1000mal anstrengender. Die Relation ist eine komplett andere! Jede Minute kam mir vor wie Stunden.

Dass du tief in deinem Inneren einen Funken spürst, ist doch schon großartig! Du tust alles für dein Kind, das gerade möglich ist. Mach dir bitte keine Vorwürfe!

Ich wünsche dir, dass du es schaffst, die Krankheit als solche zu ,akzeptieren‘ und von dir als Person abzugrenzen. Das hatte mir sehr geholfen 💚
Geburt Dez.21, PPD und Angststörung seit Januar 2022; PTBS; Derealisation

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Stabil seit Mai 22
Kunsi
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Kunsi »

Liebe Nat,

ich habe gerade deine etwas älteren Beiträge gelesen und dachte nur „das bin ich!“ Deshalb muss ich dir einfach schreiben. Mir geht es ganz genauso wie dir und das auch schon seit mehr als acht Monaten. Meine Tochter ist im Mai 2022 geboren und 4 Wochen nach der Geburt ging es bei mir los mit heftigen Zwangsgedanken und danach einer schweren Depression. Ich muss auch bei meinen Eltern wohnen, weil wir sonst unsere Tochter nicht versorgen könnten. Ich bin jeden Tag einfach nur krass erschöpft und möchte am liebsten nur schlafen. Ich habe genauso wie du 2 Medikamente durch. Aktuell nehme ich Duloxetin, das hilft mir zumindest ein bisschen den Tag zu überleben, aber mehr auch nicht. Ich nenne es ganz bewusst überleben, da leider nicht viel mehr möglich ist. Ich weiß wie schrecklich es ist einfach nichts mehr zu fühlen/zu spüren. In mir ist auch nur dieses zarte Pflänzchen Liebe, das einfach nicht weiter wachsen will. Heute ist wieder mal ein Tag an dem gar nichts geht und ich nur weinen könnte (ich freue mich manchmal, wenn ich weinen kann). Trotzdem weiß ich, dass wir es schaffen werden! Ich werde nämlich nicht aufgeben bis ich endlich wieder glücklich in der Sonne sitzen werde und das wirst du auch. Ich wünsche dir auch so sehr, dass es bei dir bald bergauf geht und wollte einfach nur ein ganz lieb gemeintes „Hallo, du bist nicht allein“! da lassen.

Liebe Grüße

Kunsi
Nat86
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Nat86 »

Hallo Kunsi,

vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich bewundere Dich für Deinen Kampfgeist. Den habe ich nicht mehr. Ich bin ja in der Klinik seit ein paar Wochen. Jetzt werde ich wohl Lithium zusätzlich bekommen. Mal schauen, ob dann wenigstens die ständigen Gedanken an Suizid weggehen werden.

Seit Sonntag ist auch meine Tochter hier. Ich versorge sie laut allen gut, aber ich fühle meist nichts. Ich weiß einfach nicht wie es weitergehen soll. Meiner Meinung nach gar nicht. Heute ist wieder ein katastrophaler Tag, also zumindest in meinem Kopf.
Nat86
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Nat86 »

Und Kunsi, Du hast recht. Es ist nur ein Überleben, mehr nicht. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass man sich so fühlen kann.

Ich wünsche Dir auch alles erdenklich Gute, dass Du bald wieder glücklich in der Sonne sitzen kannst.

LG zurück
Kunsi
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Kunsi »

Liebe Nat,

auch ich war schon 2 mal in einer Klinik - einmal mit meiner Tochter und ohne. Ich kenne die Situation so gut, nach außen hin anscheinend zu funktionieren, aber eigentlich nichts zu spüren. Bitte halte durch. Wir schaffen das, auch wenn es sich gerade so gar nicht danach anfühlt. Dass du selbst auch Kampfgeist hast zeigt allein, dass du dich um dein Kind kümmerst. Es ist so großartig, dass du das gerade leistest, obwohl du gefühlt nur im Überlebensmodus bist. Ich hoffe so sehr, dass du irgendwann stolz darauf bist. Bis dahin gilt es für den Moment von Stunde zu Stunde zu leben und vor allem zu atmen. So schaffe ich es an den ganz schlimmen Tagen irgendwie durchzuhalten.

Ich drücke dich!

Kunsi
Nat86
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Re: verzweifelte Vorstellung

Beitrag von Nat86 »

Liebe Kunsi,

ich danke Dir fürs Aufmuntern. Woher nimmst Du die Kraft zur Zuversicht? Du leidest ja auch schon lange und ich finde es bewundernswert, dass Du da noch Hoffnung empfinden kannst. Ich denke mir täglich: warum bemühe ich mich eigentlich um meine Tochter. Ich werde mich eh irgendwo runter stürzen, weil ich diesen Zustand nicht länger aushalte und sie wird dann eh keine Erinnerung an mich haben.

Jetzt bin ich in der Klinik und betreue meine Tochter alleine, habe aber viele Leute um mich, was mir gut tut, auch wenn es völlig Fremde sind. Ich habe große Angst vor zu Hause und möchte am liebsten gar nicht hier weg, was eigentlich absurd ist. Bist Du noch bei Deinen Eltern mit Eurer Tochter?
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