PPD oder wirklich alles schei*e?

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strollo
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PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von strollo »

Hallo ihr Lieben,

seit ich das Forum gestern "entdeckt" habe, lese ich ununterbrochen darin. Aber erstmal etwas zu mir.

Ich bin 37 Jahre alt, selbst Psychologin und Psychotherapeutin und habe 2 Kinder. Seit meiner Jugend leide ich immer wieder an depressiven Phasen, die auch medikamentös behandelt werden. Verschiedene, teils mehrjährige Therapien habe ich auch schon gemacht. Meine Trigger sind größere Veränderungen und Beziehungs-/Bindungsthemen.
Im Februar 2020 kam meine erste Tochter zur Welt. Alles war schwer, Corona kam hinzu und ich hatte eine PPD. Es wurde wieder besser, im Jahr drauf konnte ich meine Approbation machen und habe 2 Jahre gearbeitet, das habe ich geliebt.
Anfang Januar 2024 wurde unsere 2. Tochter geboren, nach einer komplikationslosen SS leider per Notsectio. Unter den Presswehen waren plötzlich die Herztöne weg, alles ging ganz schnell und war wie bei Emergency Room. Sie hat eine schwere Asphyxie und viele andere Komplikationen erlitten, war auf der Intensivstation und erst nach 4 Tagen durften wir sie das 1. Mal auf den Arm nehmen. Nach 5 Tagen wurde ich ohne mein Baby entlassen. Heute geht es ihr gut, aber es war erstmal nicht klar, ob und wie ihr Gehirn das übersteht.
Die ersten 6 Wochen ging es mir relativ gut (den Umständen entsprechend), ich war stolz wie ich das alles überstanden und gemeistert habe. Anfang März kam dann der Einbruch, seitdem geht es mir psychisch schlecht mit heftigen Ausschlägen nach unten. Am meisten hadere ich mit der Paarbeziehung, die schon immer Recht kompromissbehaftet für mich war. Nun stellt sich mir immer wieder die Frage, bin ich wirklich depressiv oder ist mein Leben einfach "..."? Immer wieder bin ich überzeugt, dass es mir gar nicht besser gehen kann, wenn ich das Beziehungsthema nicht angehe und ich mich sofort trennen muss. Das kann ich aber gar nicht, finde den Gedanken schrecklich (manchmal auch entlastend) und weiß eigentlich, dass man in solchen Phasen keine weitreichenden Entscheidungen treffen soll. Das dreht sich dann in so eine Gedankenspirale, dass die Hoffnungslosigkeit und die Anspannung SO massiv werden, dass es sich völlig unaushaltbar anfühlt und ich einfach nicht mehr da sein möchte. Dass ich immer wieder überzeugt bin, meine Kinder nicht behalten zu können, weil sie so ein Pech haben, in dieser Familie zu leben und nicht in einer anderen. Dass ich mein Leben einfach nicht mag, einfach nicht leiden kann. Ich in allen Lebensbereichen nur so tue, als wäre ich normal, aber eigentlich ist alles unbelebt.
Der Gedanke, eine PPD zu haben, ist quasi ein tröstlicher, weil das würde ja bedeuten, dass der Zustand wieder weggeht und nichts damit zu tun hat, dass ich es tatsächlich "verkackt" habe mit diesem Leben. Dann kommt mein Kopf und sagt, haha, ja, jetzt steigerst Du Dich sogar in eine Depression rein und verbringst lieber Deine Zeit damit, als Dich endlich mal dem Beziehungsproblem zuzuwenden.

Mein Zustand ist nahezu unvorhersehbar. Was ich weiß ist, dass es mir tendenziell minimal besser geht, wenn ich mit meinen 2 lieben Freundinnen zusammen bin und schlechter, wenn ich "nur" mit meiner Familie Zeit verbringe (am schlimmsten ist strukturlose Zeit zuhause - verregnetes Wochenende - Horror). Dann bin ich wieder einen Tag merkwürdig gleichgültig oder mache vielleicht sogar mal einen Witz. Dann kommen wieder mehrere Tage, die kaum aushaltbar sind, an denen ich durch mein Leben laufe und denke, wie bin ich hierhin gekommen, und wie konnte ich mir jemals einbilden, dass das nicht alles absolut ... und erbärmlich ist? Alles fühlt sich SO falsch an. Ich vergleiche mich, mein Leben und meinen Partner unablässig mit anderen und natürlich kommen wir dabei immer schlecht weg.

Nunja, ich könnte hier jetzt ewig weiterberichten. Aktuell bin ich bei 125mg Sertralin und ab morgen kommen noch 3,75mg Mirtazapin zur Nacht dazu. Ich bin bei einer VTlerin angebunden, die ich zwar nett aber nicht besonders hilfreich finde. Ich war zum Vorgespräch bei einem Psychoanalytiker, da ist morgen der nächste Termin (keine Ahnung was ich davon halte). Ich warte gerade auf eine teilstationäre Aufnahme auf einer Mu-Ki-Station. Aber auch da schwankt es täglich von "was soll ich denn da?!" über "die können mir auch nicht helfen!" bis zu "ich muss jetzt SOFORT in die Klinik!". Alles sehr wirr und schwer. Ich fühle mich schwach, traurig, schuldig und weiß gar nicht, wer ich eigentlich bin. Aber ich bin jetzt hier und freue mich von Euch zu lesen.
Nat86
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von Nat86 »

Hallo strollo,

ich bin nicht vom Fach, aber ich hatte die selben Gedanken als ich schwer depressiv war. Du kannst in meinen alten Beiträgen sehen, dass ich auch gemeint habe, in allen Lebensbereichen versagt zu haben. Ich konnte nicht einmal mehr mit meinem Mann und unserer Tochter in unserem Zuhause sein. Ich konnte das einfach nicht aushalten. Ich habe unter der Woche mit meiner Tochter bei meinen Eltern gelebt und am Wochenende zu dritt bei meinen Schwiegereltern. Mir ging es auch immer besser, wenn ich unterwegs war und von meinen Freundinnen umgeben.

Heute geht es mir wieder gut. Ich trage meinem Mann noch Einiges aus der akuten Zeit nach, aber wir haben wieder ein normales Familienleben und ich habe auch nicht mehr das Gefühl, dass ich mein Leben gegen die Wand gefahren habe. Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe.

Mit meiner Gesundung ist auch die Katastrophisierung meines Lebens verschwunden. Mein Eindruck ist, dass diese bei Dir noch recht deutlich ist. Ich kenne natürlich Eure Familienumstände nicht, aber eine Depression macht je nach Schweregrad ein „normales“ Familienleben unmöglich.

Ich weiß gar nicht, was ich Dir raten soll, da Du informiert und vom Fach bist, daher wünsche ich Dir an dieser Stelle viel Kraft und Zuversicht, dass es auch wieder besser wird.

LG,
Nat.
Viele Grüße von Nat
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Marika
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von Marika »

Herzlich Willkommen bei uns!

Ich hoffe du fühlst dich hier wohl und verstanden. ❤️

Ich finde es ganz toll, dass du schon alles Nötige in die Wege geleitet hast. Du bist Medikamentös eingestellt, schaust was therapeutisch möglich ist und wartest auf eine Mutter Kind Kur. Das ist wirklich super.
Diese Gedanken dass eh alles nichts bringt, ich mich "nur" reinsteigere und einfach unfähig bin, kenne ich. Sie sind typische Gedanken einer PPD. Auch dass man es kaum aushält mit Mann und Kind ist typisch, mir ging es auch besser wenn ich raus kam.

Deine Beziehung kann natürlich auch stark mitspielen, vielleicht besteht da jetzt die Möglichkeit das therapeutisch anzugehen. Auch meine Beziehung hat sich in der PPD nachhaltig verändert. Ich bin sehr viel stärker geworden, in meiner Therapie habe ich sehr an meinem Selbstvertrauen gearbeitet und das hat sich dann in meiner Partnerschaft sehr positiv gezeigt. Von daher würde ich meinen, dass es da viel Potential gibt.

Darf ich fragen, ob du die Medikamente nach der ersten Schwangerschaft wieder abgesetzt hast? Rein aus Interesse, ich bilde mich gerne ein bißchen weiter. Und wie lange nimmst du das Sertralin schon?
strollo
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von strollo »

Liebe Nat,
vielen Dank für Deine Antwort. Ich denke quasi neben den Katastrophengedanken den ganzen Tag darüber nach, ob ich nun depressiv bin und Behandlung brauche oder ob ich gar nicht krank bin, sondern mich halt meinen Themen stellen muss und die Behandlung nur "Ablenkung" davon sei. Also, wie soll eine Behandlung helfen, wo sie doch mein Leben nicht verändert?! Den Themen stellen kann ich mich aber gar nicht, weil eh alles hoffnungslos ist. Und so geht der Gedankenkreis wieder von vorne los. Mein Umfeld (Mann und enge Freunde) meinen, ich bin ganz offensichtlich schwer krank, weil sie mich kaum wiedererkennen und mein Leben gar nicht so schlimm sein kann, dass ich es nicht mehr leben will. Darin sind alle sehr unterstützend und nicht abwertend.

Meine fachliche Ausbildung hilft mir aktuell nicht, da habe ich gerade gar keinen Zugang dazu, macht es eher noch schlimmer ("du müsstest es doch besser wissen/können")...
Anne 861
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von Anne 861 »

Liebe strollo, darf ich fragen wie das Verhältnis zur deinen Mann ist ?
strollo
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von strollo »

Marika hat geschrieben: 07:05:2024 9:21 Herzlich Willkommen bei uns!

Ich hoffe du fühlst dich hier wohl und verstanden. ❤️

Ich finde es ganz toll, dass du schon alles Nötige in die Wege geleitet hast. Du bist Medikamentös eingestellt, schaust was therapeutisch möglich ist und wartest auf eine Mutter Kind Kur. Das ist wirklich super.
Diese Gedanken dass eh alles nichts bringt, ich mich "nur" reinsteigere und einfach unfähig bin, kenne ich. Sie sind typische Gedanken einer PPD. Auch dass man es kaum aushält mit Mann und Kind ist typisch, mir ging es auch besser wenn ich raus kam.

Deine Beziehung kann natürlich auch stark mitspielen, vielleicht besteht da jetzt die Möglichkeit das therapeutisch anzugehen. Auch meine Beziehung hat sich in der PPD nachhaltig verändert. Ich bin sehr viel stärker geworden, in meiner Therapie habe ich sehr an meinem Selbstvertrauen gearbeitet und das hat sich dann in meiner Partnerschaft sehr positiv gezeigt. Von daher würde ich meinen, dass es da viel Potential gibt.

Darf ich fragen, ob du die Medikamente nach der ersten Schwangerschaft wieder abgesetzt hast? Rein aus Interesse, ich bilde mich gerne ein bißchen weiter. Und wie lange nimmst du das Sertralin schon?
Liebe Marika,
Ich habe das Sertralin auf eigenen Wunsch vor der 2. Geburt ausgeschlichen, da ich sonst hätte in einer anderen Klinik entbinden müssen. Zu dem Zeitpunkt war ich ca 2,5 Jahre relativ stabil, manchmal glücklich. Ich wusste, es gibt Beziehungsthemen, aber ich war "froh", die nicht angehen zu müssen sondern einfach zu leben. Jetzt habe ich Anfang März wieder eindosiert, auf 125mg bin ich seit vllt 4 Wochen? Ich weiß es nicht ganz genau.
strollo
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von strollo »

Anne 861 hat geschrieben: 07:05:2024 9:25 Liebe strollo, darf ich fragen wie das Verhältnis zur deinen Mann ist ?
Natürlich, danke für Deine Nachfrage. Mein Mann ist der liebste Mensch der Welt und liebt mich und unsere Kinder bedingungslos. Gleichzeitig ist es oft nicht leicht, da er selbst eine sehr traumatische Kindheit hatte und auch in Therapie ist (kam alles erst so richtig raus nach Geburt der 1. Tochter). Er ist erfolgreich im Job, ist sozial recht gehemmt und eher introvertiert. Ich bin eigentlich das Gegenteil, sehr gesellig und neugierig. Bisher habe ich es so gelöst, dass ich eben viel mit meinen Freunden gemacht habe, was wir zusammen nicht machen können. Gleichzeitig bleibt viel an mir hängen, gerade das ganze Thema soziale Kontakte/ Initiative ergreifen etc. und es macht mich traurig, so wenig Visionen/Interessen zu teilen. Manchmal denke ich, wir können daran arbeiten, es lohnt sich einfach weil wir eine Familie haben, dann denke ich wieder jede Arbeit daran ist nur Ablenkung davon, dass es für mich nicht passt. Habe aber auch selbst ein Thema damit, mein Leben nicht 'gut genug' zu gestalten, zu langweilig zu sein etc. Laut meinem Umfeld gehen meine Selbst- und Fremdwahrnehmung da stark auseinander...
SaraGossa
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von SaraGossa »

Hey Strollo,
Ich möchte dir auch antworten, weil mich vieles an meine PPD erinnert. Bei mir waren es Zwangsgedanken, die sich anfangs ausschliesslich um Bindung drehten. Ich liebe mein Kind nicht...ich liebe meinen Partner nicht...und ich kann dir sagen: Alles davon war Blödsinn. Und wie ich die beiden liebe!! Aus ganzem Herzen♡
Es klingt für mich schon sehr nach einer PPD bei dir...eine Depression verzerrt nicht nur unsere Selbstwahrnehmung, sondern auch unser Umfeld und unsere Beziehungen. Denn wenn wir ein Problem mit uns selbst haben, dann auch mit allem rundherum. Aber das weißt du ja bestimmt

Bestimmt sind da Themen, die aufgearbeitet werden wollen. Aber alles zu seiner Zeit. Ich war von Anfang an in Therapie, konnte aber erst nach geraumer Zeit aktiv mitarbeiten, weil es mir vorher einfach noch zu schlecht ging. Lass dem Medikament mal etwas Zeit zu wirken, halte durch und der Moment wird kommen wo du merkst: Ok, ich bin stabil genug das anzugehen. Wir sind bei dir ♡
Sehr traumatische Geburt meines 1. Sohnes Nov. 2021
Seit Januar 2022 PPD
Anfangs Mirtazapin, inzwischen abgesetzt
Seit Oktober 22 Vortioxetin 20mg
Januar 23 noch Duloxetin 120mg dazu

Aktuell ziemlich stabil🤞
Nat86
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von Nat86 »

Liebe Strollo,

wie Marika und Sara bereits schrieben, sind Deine Gedanken sehr, sehr typisch für eine Depression.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich stationär in der Klinik war und den Psychiaterin sagte, dass Medikamente auch nichts ausrichten könnten, denn mein Leben sei nun mal sch...., egal ob mit oder ohne Depression. Ich hätte die falschen Entscheidungen im Leben getroffen, indem ich meinen Mann geheiratet und meine Tochter bekommen hätte. Ich war auch zeitweise der festen Überzeugung, dass ich nicht krank sei, sondern dass ich dieses Leben mit Mann und Kind einfach nicht will und sich alles gegen dieses neue Leben in mir sträubt. Ich hatte also wirklich 1:1 die selben Gedanken wie Du. Erst als die massiven Suizidgedanken auftauchten, wurde mir allmählich klar, dass ich sehr, sehr krank bin.

An meinem Leben hat sich seit diesen kranken Gedanken nichts Gravierendes geändert: Ich habe noch immer den selben Mann und dasselbe Kind. Der Unterschied ist nur, dass ich wieder gesund bin und mein Leben realistisch einschätzen und bewerten kann. Es war die Depression, die mir immer wieder dieselben Gedanken einredete. Heute bin ich zufrieden mit meinem Leben. Ich habe ein wundervolles Kind und eine Paarbeziehung, die zwar keine Auszeichnung bekommen würde, aber wir haben die meiste Zeit ein schönes und harmonisches Familienleben. Ich trage meinem Mann noch einige Dinge aus der akuten Phase nach, aber ich bin aktuell zufrieden, wies läuft. Jede Beziehung hat Baustellen, wenn wir ehrlich sind.

Ich finde es toll, dass Du ein unterstützendes Umfeld hast. Das ist wirklich viel wert. Ich drücke Dir die Daumen, dass Du bald einsehen kannst, dass Du aktuell erkrankt bist und dass Deine Gedanken dadurch verfälscht sind.

Alles Liebe,
Nat.
Viele Grüße von Nat
Anne 861
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von Anne 861 »

Nat ,hat der psychiater das echt gesagt ,wie schlimm und sowas in der akutphase 😬
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Marika
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von Marika »

Anne, du hast das glaube ich falsch verstanden... Nat hat das zum Psychiater gesagt... nicht der Psychiater zu Nat...
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Anne 861
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von Anne 861 »

Ah okay ,ja stimmt marika, danke .
veranien123
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von veranien123 »

Hallo Strollo,

ich hatte gerade ein Gespräch mit meinem Mann, dass er es so schwer findet, dass wir/er nichts planen kann, weil er nicht weiß wie es mir geht und er zu Hause gebraucht wird.
Bei uns ist er der extrovertierte und ich eher introvertiert
und finde es nicht so schlimm, dass ich nicht unter Leute möchte. Es sind andere Sachen wo ich dran hapere.

Aber ich habe ihm auch gesagt, dass wir durch die Depression in einer Extremsituation sind und es so nicht immer ist.
Und so ist es bei euch auch. Gerade ist alles schlimm bei dir und wahrscheinlich auch bei ihm.

Ich würde jetzt auch keine Entscheidung treffen. Warte ab bis es dir besser geht und dann setzt euch in Ruhe zusammen.
alibo79
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von alibo79 »

Hey strollo, ich finde es sehr interessant, wie du als Psychologe an deine eigene Erkrankung heran gehst.
Mein erster Gedanke war, dass es sich bei dir auch eher nach ZG bzw an klassische negative Gedanken durch die Depression anhört und dass dadurch dein ganzes empfinden was eure Beziehung angeht sich negativ anfühlt.
In meiner PPD hatte ich auch Zeiten, wo ich das Bedürfnis hatte nach einer besseren Partnerschaft. Ich kann gar nicht erklären woher dieses gefühl gekommen ist. Als ich wieder stabiler wurde, wurde dieses gefühl weniger und jetzt ist es weg. Mein Mann und ich sind jetzt schon 28 Jahre ein paar, da ist eben vieles routiniert und es macht auch jeder einfach mal sein eigenes ding. Ich liebe Sport, mein Mann überhaupt nicht. Er liebt Musik, ich finde sein gedudel teilweise eher nervig. Aber trotzdem haben wir uns jeden Tag was zu erzählen und haben im Alltag uns unsere gemeinsamen Oasen geschaffen, wo wir Dinge gemeinsam machen, die und beiden wichtig sind.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
strollo
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Re: PPD oder wirklich alles schei*e?

Beitrag von strollo »

Ihr Lieben,

Vielen Dank für die vielen Antworten, das ist wirklich Gold wert, sich auszutauschen und von anderen Betroffenen eine Einschätzung zu kriegen. Eigentlich müsste mir ja klar sein, dass das Ausmaß an "Schrecklichkeit", das völlig Unaushaltbare kaum "normal" sein kann. Das Gefühl, dass alles alles grau ist, das eigene Leben "nix zu bieten" hat, man sich nichts zutraut und vor allem Dingen auch keinen Zugriff mehr hat auf positive Erinnerungen. Stattdessen kommen mir ständig Erinnerungen an traurige Situationen, die teilweise Jahre oder Jahrzehnte her sind (nicht im Sinne von traumatischen Flashbacks). Und ja, es hat was ZG-mäßiges, die Überzeugung dass es so nicht weitergehen kann, ich alles falsch entschieden habe - sogar unsere Wohnung, über die ich mich oft so gefreut habe, kann ich mittlerweile nicht mehr leiden. Ich finde sie sooo trist. Wie alles eigentlich 🙄
Es ist das einzige was gerade etwas Linderung verschafft - von Euch zu hören, dass ihr solche Gedanken kennt, dass auch andere von sich denken, man selbst ist die Ausnahme bei dem nichts helfen wird etc. - und dass es wirklich eine Krankheit ist. Daran zweifle ich immer wieder sehr - was vermutlich Teil der Erkrankung ist. 🤯
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