Noch eine neue Mama

Hier können sich unsere Mitglieder vorstellen

Moderator: Moderatoren

Antworten
Marlen

Noch eine neue Mama

Beitrag von Marlen »

Hallo und guten Morgen!
Bin heute zum ersten Mal hier und möchte mich euch vorstellen: Ich heiße Marlen, bin 27 Jahre und habe einen 9 Monate alten Sohn. Die Wunschschwangerschaft trat wie geplant nach meiner Traumhochzeit mit meiner Traumreise statt und der super Job war mir auch sicher. :D Die Schwangerschaft ging super, bis die Geburt 3 Wochen früher wegen Verdacht auf Schwangerschaftsvergiftung eingeletet wurde. Das dauerte drei Tage und zum Schmluss wollte und konnte ich nicht mehr. Die Hebamme schimpfte mich nur und meinte, so wie ich täte würde "da nie ein Kind ras kommen". Hab mich total geschämpt und nach 14 Stunden Wehen und einem Geburtsstillstand wurde mein Sohn geboren.
Doch er war krank und wurde auf die Säglingsintensivstation verlegt. Er wurde mir einfach weggenommen. :cry:
Doch ich weinte nicht. Nicht als ich im Zimmer mit den aneren Frauen lag, die ihre Kinder hatten und nicht, als ich mein Kind total verkablt liegen sah und nicht, als ich es nicht einmal berühren durfte. Nein, ich weinte auch nicht in der ersten Nacht nach der Geburt, als ich Angst hatte jeden Moment kommt ein Arzt und teilt mir den Tod meines Kindes mit.
Aber er erholte sich schnell und kam auf die Kinderstation. Am zweiten Tag kam ich zu Besuch und die Oberschwester schickte mich weg. Sie meinte ich sei rücksichtslos meinem Kind gegenüber und er brauche seine Ruhe vor mir.
Ich ging aus dem Krankenhaus, setzte mich auf eine Bank und weinte und weinte. Ich dachte es würde besser, wenn er zu Hause sei, wurde es aber nicht. Es wurde nur schlimmer. Was war nur los mit mir? Mein Kind war gesund, mein Leben ja o.K, aber ich weinte. Ich fühle mich so schuldig. Dazu kam noch, dass mein Kleiner ein richtiges Schreibaby war. Ich konnte sein Weinen nicht ertragen und weinte mit. Ich fühlte mich von ihm abgelehnt, als schlechteste Mutter der Welt. Ich war mir sicher er würde mich nicht lieben, denn er schrie ja nur.
Zu meinemm Geburtstag wollte mein Mann mir gratulieren, aber ich wollte das nicht. Ich sagte ihm Geburtstage seien nur etwas für Menschen, die gerne georen wurden, die gerne leben. Kurz darauf dachte ich das erste Mal daran zu sterben. Der Wichtigste Mensch in meinem Leben, mein Kind, lehnte mich ab.
Ich tat alles für ihn, hüpfte, sang, aber nichts nützte- er schrie und lehnte mich weiter ab. Mein armes Kind- es hatte mich zur Mutter.
Eines Abends wurde es ganz schlimm und meine Mutter brachte mich zum Arzt. Er war total verständnisvoll und redete mir gut zu. Er verschrieb mir Cipralex. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, was ich hatte. Nach drei Wochen wurde es besser, die Koliken waren vorüber und das Dauergeschrei auch.
Ich hatte immer ein ungutes Gefühl mit den Medikamenten, ich stillte ihn ja noch. So setzte ich diese nach drei Monaten ab. Ich begann eine Psychotherapie, wo ich alles noch einmal aufarbeiten konnte.
Jetzt habe ich diese abgeschlossen. Es geht mir besser. Das Schreien ist immer noch schlimm. Ich bewege mich zwischen dem schmalen Grat von Gesundheit und Krankheit. Ich bin nicht mehr krank, ich habe wieder Huner, Schlaf und ein Stück meines Lebens zurück. Ich habe wieder ein Hobby, habe die vertrockneten Pflanzen in Haus uns Garten ersetzt, habe mir selbst oft wieder mal was gegönnt. Ja, ich habe Freude am Leben und weiss, dass mich mein wunderbarer Sohn liebt. Ich finde mich immer noch als "GUTE MUTTER", aber er braucht ja keine perfekte Mutter und Mühe gebe ich mir ja.
Aber ich bin auch nicht mehr, so wie vor der Geburt. Ich streite oft mit meinem Mann, kann seine Nähe nicht ertragen. Ich bin sehr ängstlich, wenn es um meinen Sohn geht und wenn er mich nervt geht es mir oft noch schlecht. Schlimme ZG hatte und habe ich keine. Zur Zeit stehe ich in meinem Leben an einem Punkt, wo ich zu unterscheiden versuche, was zu meinem Leben gehört, was zur PPD und ob die PPD noch zu meinem Leben gehört? Ab wann sollte ich wieder Hilfe in Anspruch nehmen? Kann man wirklich wieder so wie früher werden, bleiben nicht Narben bei tiefen Wunden?
Ich bin jedenfalls froh euch gefunden zu haben, denn meinen Mann nerve ich nur, meine Mutter macht sich nur Sorgen. Und ich bin nicht allein.
Alles Liebe
Marlen
kathrin

Beitrag von kathrin »

Bild

hallo erstmal von mir und herzlich willkommen bei uns.

da hast du ja einiges hinter dir.das was du im KH erlebt hast ist ja ungeheuerlich und eine absolute frechheit dir gegenüber.

ich finde es sehr gut das du dir so schnell hilfe geholt hast,manche warten sehr lange ab,bis sie den mut haben,sich zu öffnen.daher finde ich kannst du sehr stolz auf dich sein.

du schreibst das du nicht mehr so nicht wie vor geburt,ich denke das ist völlig normal,das man sich verändert und ich denke das auch "narben" zurückbleiben,aber ich sehe das nicht negativ.die PPD war ein teil deines lebens und hat spuren hinterlassen und dich verändert und beeinflußt.

versuche zu geniesen das es dir besser geht,und wenn du das gefühl hast,das du mit deinen ängsten nicht mehr klar kommst,suche dir wieder hilfe.
und wegen deinem mann,streitet ihr wegen was bestimmten oder ist es eine allgemeine schlechte stimmung,vielleicht tut euch ein alleiniger abend ohne kind mal wieder gut.ich glaube nämlich das man manchmal vor lauter kind seine beziehung vergißt.zumindest ist mir das bei mir aufgefallen und ich habe aktiv was geändert.seitdem ist weniger streit da.


fühl dich umarmt

lg kathrin
Karin Andrea

Beitrag von Karin Andrea »

Liebe Marlen!

Du hast eine sehr schwere Zeit hinter dir. Natürlich hinterlässt das Spuren und es erfordert sehr viel Geduld. Die seelischen Strapazen brauchen viel Zeit zum Heilen.
Ich kann dich so gut verstehen. Für mich war die Trennung gleich nach der Geburt auch fürchterlich. Mein Sohn wurde 8 Wochen vor dem Termin mit einem Notkaiserschnitt in letzter Minute geholt. Die letzten 4 Wochen lag ich mit Blutungen und Wehen im KH, hatte ständig wehenhemmende Infusionen und Angst, dass mein Kind das nicht überlebt. Ich habe mein 1. Kind in der 14 SSW verloren und mit Tristan in der Frühschwangerschaft einen schweren Verkehrsunfall, wusste 2 Wochen nicht, ob er das übersteht. Diese Angst war entsetzlich. Und dann war er nach der Geburt weg, weil er auf die Intensivstation in ein Kinderkrankenhaus transferiert wurde. Tristan hatte eine leichte Lungenentzündung und bekam Antibiotika. 12 Tage musste er dort bleiben und ich habe auch nur geheult. Auch die ersten 4 Monate zu Hause habe ich jeden Tag mit ihm mitgeheult, denn er war ein Schreibaby. Leider habe ich keine Unterstützung bekommen, weder von seinem Vater, noch von sonst jemanden. Ich habe einfach funktioniert, aber innerlich ging es mir sehr schlecht. Ich habe schon vor Tristans Geburt eine Gesprächstherapie begonnen, die ich immer noch mache. Mal mehr, mal weniger intensiv. Der erste große Schritt für mich war die Trennung von Tristans Vater. Ich konnte seine Ignoranz mir und Tristan gegenüber nicht mehr ertragen. Er hat uns im Stich gelassen, als er nicht mal zur Geburt gekommen ist, obwohl wir beide es fast nicht überlebt hätten. Und er wusste das, denn er ist Arzt. Und das, obwohl Tristan unser Wunschkind war. Er hat meine Probleme nie ernst genommen, sondern mich heruntergemacht. Um Tristan hat er sich auch nie gekümmert.
Die erste Zeit war schwer, aber mit der Zeit ging es mir immer besser. Und heute sind Tristan und ich ein tolles Team. Natürlich gibt es dazwischen auch schwierige Phasen, aber dadurch habe ich eine Menge gelernt über mich selbst. Durch ein Kind kommen viele Probleme aus der eigenen Kindheit hoch, aber es ist eine Riesenchance, daran zu wachsen. Natürlich verändert man sich, aber ich bin mir sicher, dass ich ohne Tristan nie so weit gekommen wäre. Und das ist ein weiterer Grund, ihn zu lieben.

Entschuldige, dass es so lang geworden ist.

Leben bedeutet immer Veränderung. Ich hoffe, dass dein Mann Verständnis für dich hat. Kannst du mit einer Freundin reden? Traumatische ERlebnisse brauchen viel Raum und Zeit um zu heilen. Kannst du dir vorstellen, eine Gesprächstherapie weiterzumachen?
Du kannst mir gerne jederzeit schreiben, wenn dir danach ist.

Ich wünsche dir viel Kraft und Geduld,
lg
Marlen

Beitrag von Marlen »

Vielen Dank für die nette Begrüßung. Nun, ich glaube ich hätte mir alleine nicht so schnell Hilfe geholt. Mein Mann war auch sehr verzweifelt, nahm mir den Kleinen ab. Aber ich hatte ja solche Angst nochmal von ihm getrennt zu werden.
Meine Mutter packte mich zusammen und ging mit mir zum Arzt. Sie meinte sie kenne das und sie hatte auch so gelitten.
Und die Therapie empfahl mir unsere Mutterberatung. Mit meiner Freundin mag ich nicht so gerne darüber reden. Sie ist ja eine so perfekte Mutter, deren Kinder niemals weinen und die nie genervt von ihnen ist. Sie muss nie schimpfen und opfert sich gerne für sie auf. Nein, sie hätte kein Verständnis für meine Probleme.
An Karin: Du hast ja auch einiges mitgemacht. Es ist wirklich schlimm, wenn einem das Kind genommen wird. Vor allem wenn man eines verloren hat. Wie geht es euch heute? Wie alt ist Tristan jetzt? Hast du immer noch Angst und Sorgen um ihn? Ich mache mir oft Sorgen um meinen Kleinen.
Ich weiss nicht wirklich warum ich mit meinem Mann steite. Er meint wohl ich wäre viel zu überängstlich. Meistens streiten wir, wenn es um dem Umgang mit dem Kleinen geht. Ich finde man soll Babys nicht einfach schreien lassen. Er ist oft so unvorsichtig, stößt manchmal mit seinem Kopf irgendwo an oder merkt nicht wenn er sich irgendetwas Kleines in den Mund steckt. Oft vertraue ich ihm unser Kind richtig ungern an. Dazu kommt noch, dass ich überhaupt kein Bedürfnis nach Kuscheln oder Sex habe. Nach einem langen Tag, an dem ich oft kaum eine Minute für mich war, bin ich abends einfach gerne alleine.
Zudem kommt, dass er alles um die Geburt nicht so eng sieht "War ja nicht schlimm" "Jetzt ist er ja da" "Kann mich nicht erinnern" "Ist mir egal" "Schließ endlich ab damit"- oft echt enttäuschend.
Danke erstmal fürs Zuhören
Karin Andrea

Beitrag von Karin Andrea »

Liebe Marlen!

Tristan wird im Juli 5 Jahre alt. Ich kann´s kaum glauben. Einerseits bin ich froh, dass er schon so weit ist, andererseits tut es mir leid, dass ich seine Babyzeit nicht so richtig genießen konnte.
Heute läuft es sehr gut, aber wir hatten eine schwere Trotzphase durchzustehen. Tristan ist ein ziemlich wilder Kerl (die Formulierung würde ihm gefallen), sehr sportlich und willensstark - besonders bei mir. Bei anderen Kindern setzt er sich leider nicht so durch. Gesundheitlich geht es ihm sehr gut, aber eine gewisse Angst bleibt im Hintergrund, die in kritischen Situationen hochkommt. Letzten Oktober z.B. ist er am Strand abgehauen und ich musste ihn 1,5 Stunden suchen. Niemand hatte ihn gesehen. Noch dazu ging er immer bis zum Hals ohne Schwimmflügel ins Meer und an dem Tag waren ziemlich hohe Wellen. Er war den Strand runtergelaufen, weil er weit weg ein Loch graben wollte und hatte nicht mehr zurückgefunden. Es war ein Schock für uns beide. Ich hatte ihn nicht mal eine Minute aus den Augen gelassen und weg war er. Da stand mein Entschluss fest, er muss Schwimmen lernen. Seit er 3 ist, springt er ohne Schwimmflügel in jedes Wasser, taucht wie ein Fisch und hat absolut keine Angst. Einige Meter zum Rand schafft er, aber wirklich Ruhe habe ich wohl erst, wenn er perfekt schwimmt. Leider gefällt es ihm unter Wasser viel besser als oben. Da hat man als Mutter schon einiges durchzustehen. Ich bin auch sehr stolz auf ihn, aber Sorgen mache ich mir trotzdem. Ich will ihn nicht einengen und versuche ihm zu vertrauen, so weit es geht. Ich denke, wenn er selber weiß, wie weit er gehen kann, dann ist das der beste Schutz für ihn.

Tristans Papa hat mich auch für überängstlich gehalten. Ein Miteinander gibt es nur, wenn der Partner Anteil an den Gefühlen nimmt. Und das hat bei uns total gefehlt. Dadurch, dass er meine Angst verleugnet hat, war diese noch größer bei mir. Ich musste sie für ihn mittragen. Dir geht es anscheinend auch so, dass dein Mann deine Angst nicht annehmen kann. Wäre er bereit gemeinsam mit dir zu einer Gesprächstherapie zu gehen?
Für dich war die Geburt sehr schlimm und das lässt sich nicht absprechen. Dein Mann sollte lernen, deine Gefühle zu akzeptieren, denn sonst wird die Kluft zwischen euch größer.

Ich hoffe, ihr findet einen Weg zueinander,
lg
Antworten