Das bin ich...
Verfasst: 26:09:2008 22:47
Hallo Ihr alle,
also, nun bin ich seit ein paar Tagen hier Mitglied. Habe mich bisher so bißchen davor gedrückt, mich vorzustellen. Weil ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Fällt mir ein bißchen schwer, weil es sooo viel zu sagen gibt, aber ich hier auch nicht ewig schreiben sollte. Aber nun beginne ich eben einfach mal.
Ich bin Anfang 30, verheiratet und habe 2 Mädchen. Lilly ist 8 Jahre alt und Nele 1,5 Jahre.
Nach Lillys Geburt fing es damit an, dass ich die ersten Tage immer wieder weinen musste. Hatte davor schon gehört, dass der "Baby Blues" ganz normal ist und das hab ich mir dann immer gedacht. Obwohl ich in den Momenten schon sehr verzweifelt war. Da ging es aber noch um "Lappalien".
Zuhause hatte ich gerade mal wieder eine Heulattacke als mal die Hebamme kam. Sie fragte total schroff "warum weinste denn??". Hm, wusste ich das so genau? Ich hatte das Gefühl, es wäre falsch ohne Grund zu weinen.
Mein damaliger Freund musste nach ein paar Tagen wieder arbeiten gehen. Es war nicht anders möglich. So war ich in meiner Wohnung im 2. Stock ohne Balkon eingesperrt, es war sehr warm draußen, schönstes Wetter und ich zuhause völlig alleingelassen im Hamsterrad der ersten Wochen. Das Stillen hat zudem nicht funktioniert. Wunde Brustwarzen, Abpumpen, Brustentzündung... Ich fand das Stillen die ersten Tage als es noch ging (bevor die Brustwarzen total kaputt waren) auch gar nicht schön. Es war ein Gefühl, als würde Lilly alles aus mir heraussaugen, mit Gewalt. Brrr. Und das wo alle sagen, wie schön es zu sein hat.
Das Baby an sich habe ich vom ersten Augenblick an geliebt wie nichts anderes auf der Welt.
Ich war aber einfach so hilflos. Wie wahrscheinlich die meisten mit dem ersten Baby. Aber heute weiß ich, wie wichtig es ist, den Partner noch länger an der Seite zu haben. Und eine verständnisvolle Hebamme! So war des die glücklichste Zeit meines Lebens bis dahin aber auch die schrecklichste.
Mein Freund wusste auch vom Baby Blues. Und: dass der nach ein paar Tagen auch wieder rum ist. So war er die ersten Tage sehr verständnisvoll. Immer mehr hatte ich dann das Gefühl, er denkt, dass die Heultage ja nun vorbei sein müssten und er deshalb auch kein großes Verständnis mehr hätte.
Hab mich verschlossen und mit niemandem drüber geredet, dass es mir teilweise sehr schlecht ging.
Ich hab mich total hineingesteigert in panische Angst davor, dass meinem Kind was passieren könnte. Es hat mich fast verrückt gemacht, sie nun nicht mehr 100% beschützen zu können. So lange sie in meinem Bauch war hatte ich das Gefühl, sie eben unter meiner Obhut zu haben. Nun musste ich sie in die Welt freigeben. Kann sie nicht mehr beschützen. Ich hatte das Gefühl, aber Schuld zu sein, wenn ihr was passieren würde. Wenn ich mit dem Kinderwagen draußen war bekam ich auf einmal Panik, dass die Autogase meinem Baby schaden und bin schnell nach Hause gelaufen.
Diese absolute Verzweiflung darüber, mein Kind nicht schützen zu können vor gewissen Gefahren hat mich aufgefressen. Soweit dass ich immer wieder den Gedanken hatte „Wenn ich nun mit ihr aus dem Fenster springe ist es vorbei: ich muss keine Angst mehr davor haben, dass ihr was passiert, weil wir dann weg und sicher sind.“ Die Vorstellung war so erleichternd.
Aber ich bin dabei auch vor mir selbst erschrocken. Und hab schon immer wieder überlegt, evtl. zum Psychiater zu gehen. Nur wenn es mir dann gerade wieder besser ging hab ich selbst wieder alles herunter gespielt.
So ging das eine ganze Weile. Nach einem Jahr habe ich mich von meinem Freund getrennt. Da ging es mir wieder „gut“. Ich hab mich in eine neue Beziehung gestürzt, Halli Galli gemacht und mich nicht weiter mit mir beschäftigt.
Ich dachte, ich wäre wieder geheilt. Aber heute weiß ich, dass die Krankheit die ganze Zeit da war. Ich hatte Phasen, in denen ich teilweise sehr verantwortungslos mit meiner Tochter und mir umgegangen bin, habe viel getrunken, viel geraucht, mich schlecht ernährt. Meine Tochter war viel bei ihrem Papa oder bei meinen Eltern… Ich habe sie manchmal schlecht behandelt…
Dann Phasen in denen mich Schuldgefühle meiner Tochter ggü. aufgefressen haben. Weil ich so viele gravierende Fehler mit ihr gemacht habe.
Letztendlich habe ich meinen Mann kennen gelernt. Letztes Jahr haben wir unsere Nele bekommen.
Bei ihr war es so, dass die Anzeichen einer Depression schon während der Schwangerschaft auftraten.
Ich fass es nun kurz – es ist schon lang genug.
Es war fürchterlich und gipfelte in einem Nervenzusammenbruch. Ich lag auf dem Boden und hab mich gewälzt und geschrien: „Holt das Kind aus mir raus, aus mir Monster. Es muss in mir gefangen sein, das hat es nicht verdient!!!“ Ich dachte, es wäre für alle meine Mitmenschen besser, es gäbe mich nicht mehr. Weil ich die ganze Schwangerschaft über so reizbar war, regelmäßig ausgeflippt bin, um mich geschlagen habe etc. Danach wieder viel geweint. Ich war überzeugt, dass ich damit schon mein Ungeborenes verrückt mache. Und die Große und meinen Mann sowieso.
Ich hab geschrien, dass ich sterben möchte.
Ohne meinen Mann wäre ich selbst danach nicht zum Arzt. Und ohne meinen Mann und dem wirklich tollen Psychiater hätte ich mich nicht durchringen können, schon in der Schwangerschaft Medis zu nehmen (3. Trimester, 50g Zoloft). Es hat meine Selbstvorwürfe natürlich erst noch viel größer gemacht. Dass ich mein Kind nun auch noch vergifte. Bei Recherchen im Internet traf ich auf Foren, wo Frauen denen es ähnlich ging um Rat fragten. Da standen dann Antworten von Müttern des Typs „Übermutter“, die aber null Ahnung haben. Z.B. „Ich würde es meinem Kind niemals antun, es mit Medis zu vergiften. Da würde ich eben die Traurigkeit aushalten für die Gesundheit meines Kindes.“ Prima. (Das ist aber leider sehr oft so, dass Unwissende Depressionen als „Traurigsein“ ansehen…)
Ich hab es aber genommen und es ging mir dann bald schon ein wenig besser. Das einzige was mich noch traurig gemacht hat war, dass ich nicht stillen konnte. Allerdings hat es mich gleichzeitig auch etwas erleichtert nach der Erfahrung mit Lilly.
Die Dosis musste nach und nach noch gesteigert werden. Nehme nun Sertralin biomo (200 mg/Tag) und mache eine tiefenpsychologische Therapie.
Es geht mir besser, jedoch weiß ich, dass ich noch krank bin. Es hat so viele Ursachen und Auslöser dafür.
Bin guter Dinge, dass es nach und nach besser wird und ich evtl die Medis dann wieder absetzen kann. Aber genau davor hab ich auch irgendwie schon Angst. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das werden soll ohne die Medikamente.
Da ich in letzter Zeit wieder an starken Erschöpfungszuständen litt habe ich eine Mutter-Kind-Kur beantragt. Ich hoffe so sehr, dass wir die genehmigt bekommen.
Meine Große ist auch in psychologischer Behandlung bei einer sehr lieben Therapeutin. So habe ich allein 4 Termine in der Woche für unsere Therapien… Es ist eine nicht ganz leichte Zeit. Und es wird noch lange dauern. Aber ich bin froh, dass die Richtung nun feststeht. Als ob wir vorher oben in einem Trichter rumgepurzelt wären. Nun müssen wir uns durch den dünnen teil quetschen. Lange und mühselig. Aber irgendwann kommen wir sicher unten raus… Im Licht….
Es tut mir leid, dass es so lang wurde. Dabei hab ich noch vieles gar nicht geschrieben…
Es tut einfach gut mal alles loszuwerden bei Leuten, die einen WIRKLICH verstehen können. Ich fühle mich nämlich oft so isoliert, alleine. Weil keiner weiß, was genau in mir vorgeht.
Liebe Grüße,
Eure Beatrice
also, nun bin ich seit ein paar Tagen hier Mitglied. Habe mich bisher so bißchen davor gedrückt, mich vorzustellen. Weil ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Fällt mir ein bißchen schwer, weil es sooo viel zu sagen gibt, aber ich hier auch nicht ewig schreiben sollte. Aber nun beginne ich eben einfach mal.
Ich bin Anfang 30, verheiratet und habe 2 Mädchen. Lilly ist 8 Jahre alt und Nele 1,5 Jahre.
Nach Lillys Geburt fing es damit an, dass ich die ersten Tage immer wieder weinen musste. Hatte davor schon gehört, dass der "Baby Blues" ganz normal ist und das hab ich mir dann immer gedacht. Obwohl ich in den Momenten schon sehr verzweifelt war. Da ging es aber noch um "Lappalien".
Zuhause hatte ich gerade mal wieder eine Heulattacke als mal die Hebamme kam. Sie fragte total schroff "warum weinste denn??". Hm, wusste ich das so genau? Ich hatte das Gefühl, es wäre falsch ohne Grund zu weinen.
Mein damaliger Freund musste nach ein paar Tagen wieder arbeiten gehen. Es war nicht anders möglich. So war ich in meiner Wohnung im 2. Stock ohne Balkon eingesperrt, es war sehr warm draußen, schönstes Wetter und ich zuhause völlig alleingelassen im Hamsterrad der ersten Wochen. Das Stillen hat zudem nicht funktioniert. Wunde Brustwarzen, Abpumpen, Brustentzündung... Ich fand das Stillen die ersten Tage als es noch ging (bevor die Brustwarzen total kaputt waren) auch gar nicht schön. Es war ein Gefühl, als würde Lilly alles aus mir heraussaugen, mit Gewalt. Brrr. Und das wo alle sagen, wie schön es zu sein hat.
Das Baby an sich habe ich vom ersten Augenblick an geliebt wie nichts anderes auf der Welt.
Ich war aber einfach so hilflos. Wie wahrscheinlich die meisten mit dem ersten Baby. Aber heute weiß ich, wie wichtig es ist, den Partner noch länger an der Seite zu haben. Und eine verständnisvolle Hebamme! So war des die glücklichste Zeit meines Lebens bis dahin aber auch die schrecklichste.
Mein Freund wusste auch vom Baby Blues. Und: dass der nach ein paar Tagen auch wieder rum ist. So war er die ersten Tage sehr verständnisvoll. Immer mehr hatte ich dann das Gefühl, er denkt, dass die Heultage ja nun vorbei sein müssten und er deshalb auch kein großes Verständnis mehr hätte.
Hab mich verschlossen und mit niemandem drüber geredet, dass es mir teilweise sehr schlecht ging.
Ich hab mich total hineingesteigert in panische Angst davor, dass meinem Kind was passieren könnte. Es hat mich fast verrückt gemacht, sie nun nicht mehr 100% beschützen zu können. So lange sie in meinem Bauch war hatte ich das Gefühl, sie eben unter meiner Obhut zu haben. Nun musste ich sie in die Welt freigeben. Kann sie nicht mehr beschützen. Ich hatte das Gefühl, aber Schuld zu sein, wenn ihr was passieren würde. Wenn ich mit dem Kinderwagen draußen war bekam ich auf einmal Panik, dass die Autogase meinem Baby schaden und bin schnell nach Hause gelaufen.
Diese absolute Verzweiflung darüber, mein Kind nicht schützen zu können vor gewissen Gefahren hat mich aufgefressen. Soweit dass ich immer wieder den Gedanken hatte „Wenn ich nun mit ihr aus dem Fenster springe ist es vorbei: ich muss keine Angst mehr davor haben, dass ihr was passiert, weil wir dann weg und sicher sind.“ Die Vorstellung war so erleichternd.
Aber ich bin dabei auch vor mir selbst erschrocken. Und hab schon immer wieder überlegt, evtl. zum Psychiater zu gehen. Nur wenn es mir dann gerade wieder besser ging hab ich selbst wieder alles herunter gespielt.
So ging das eine ganze Weile. Nach einem Jahr habe ich mich von meinem Freund getrennt. Da ging es mir wieder „gut“. Ich hab mich in eine neue Beziehung gestürzt, Halli Galli gemacht und mich nicht weiter mit mir beschäftigt.
Ich dachte, ich wäre wieder geheilt. Aber heute weiß ich, dass die Krankheit die ganze Zeit da war. Ich hatte Phasen, in denen ich teilweise sehr verantwortungslos mit meiner Tochter und mir umgegangen bin, habe viel getrunken, viel geraucht, mich schlecht ernährt. Meine Tochter war viel bei ihrem Papa oder bei meinen Eltern… Ich habe sie manchmal schlecht behandelt…
Dann Phasen in denen mich Schuldgefühle meiner Tochter ggü. aufgefressen haben. Weil ich so viele gravierende Fehler mit ihr gemacht habe.
Letztendlich habe ich meinen Mann kennen gelernt. Letztes Jahr haben wir unsere Nele bekommen.
Bei ihr war es so, dass die Anzeichen einer Depression schon während der Schwangerschaft auftraten.
Ich fass es nun kurz – es ist schon lang genug.
Es war fürchterlich und gipfelte in einem Nervenzusammenbruch. Ich lag auf dem Boden und hab mich gewälzt und geschrien: „Holt das Kind aus mir raus, aus mir Monster. Es muss in mir gefangen sein, das hat es nicht verdient!!!“ Ich dachte, es wäre für alle meine Mitmenschen besser, es gäbe mich nicht mehr. Weil ich die ganze Schwangerschaft über so reizbar war, regelmäßig ausgeflippt bin, um mich geschlagen habe etc. Danach wieder viel geweint. Ich war überzeugt, dass ich damit schon mein Ungeborenes verrückt mache. Und die Große und meinen Mann sowieso.
Ich hab geschrien, dass ich sterben möchte.
Ohne meinen Mann wäre ich selbst danach nicht zum Arzt. Und ohne meinen Mann und dem wirklich tollen Psychiater hätte ich mich nicht durchringen können, schon in der Schwangerschaft Medis zu nehmen (3. Trimester, 50g Zoloft). Es hat meine Selbstvorwürfe natürlich erst noch viel größer gemacht. Dass ich mein Kind nun auch noch vergifte. Bei Recherchen im Internet traf ich auf Foren, wo Frauen denen es ähnlich ging um Rat fragten. Da standen dann Antworten von Müttern des Typs „Übermutter“, die aber null Ahnung haben. Z.B. „Ich würde es meinem Kind niemals antun, es mit Medis zu vergiften. Da würde ich eben die Traurigkeit aushalten für die Gesundheit meines Kindes.“ Prima. (Das ist aber leider sehr oft so, dass Unwissende Depressionen als „Traurigsein“ ansehen…)
Ich hab es aber genommen und es ging mir dann bald schon ein wenig besser. Das einzige was mich noch traurig gemacht hat war, dass ich nicht stillen konnte. Allerdings hat es mich gleichzeitig auch etwas erleichtert nach der Erfahrung mit Lilly.
Die Dosis musste nach und nach noch gesteigert werden. Nehme nun Sertralin biomo (200 mg/Tag) und mache eine tiefenpsychologische Therapie.
Es geht mir besser, jedoch weiß ich, dass ich noch krank bin. Es hat so viele Ursachen und Auslöser dafür.
Bin guter Dinge, dass es nach und nach besser wird und ich evtl die Medis dann wieder absetzen kann. Aber genau davor hab ich auch irgendwie schon Angst. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das werden soll ohne die Medikamente.
Da ich in letzter Zeit wieder an starken Erschöpfungszuständen litt habe ich eine Mutter-Kind-Kur beantragt. Ich hoffe so sehr, dass wir die genehmigt bekommen.
Meine Große ist auch in psychologischer Behandlung bei einer sehr lieben Therapeutin. So habe ich allein 4 Termine in der Woche für unsere Therapien… Es ist eine nicht ganz leichte Zeit. Und es wird noch lange dauern. Aber ich bin froh, dass die Richtung nun feststeht. Als ob wir vorher oben in einem Trichter rumgepurzelt wären. Nun müssen wir uns durch den dünnen teil quetschen. Lange und mühselig. Aber irgendwann kommen wir sicher unten raus… Im Licht….
Es tut mir leid, dass es so lang wurde. Dabei hab ich noch vieles gar nicht geschrieben…
Es tut einfach gut mal alles loszuwerden bei Leuten, die einen WIRKLICH verstehen können. Ich fühle mich nämlich oft so isoliert, alleine. Weil keiner weiß, was genau in mir vorgeht.
Liebe Grüße,
Eure Beatrice