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Durch die zweite Schwangerschaft hole ich mir die Liebe zurück

Verfasst: 11:04:2019 7:02
von Kikke
Guten Morgen,

Ich wollte euch einmal meinen Gedanken zum Thema "zweites Kind" erzählen. Vlt findet sich jemand darin wieder.

Mein Sohn wird 1,5 Jahre alt. In der ersten Schwangerschaft habe ich mich schon mit drei Kindern auf der Wiese sitzen sehen. Dann kam alles andere: ppd, Psychiatrie, Abstillen, AD, Therapie.

Ich habe nie diesen Glücksmoment gehabt, den mir alle beschrieben haben, wenn das Baby da ist. Ich habe ein Jahr lang gekämpft. Zum Glück hat sich der Kampf gelohnt.
Ich denke jeden Tag daran. Und dann kommt der Gedanke: wenn ich noch ein Kind bekomme,dann hole ich mir diesen Moment zurück. Oder: Weil ich depressiv war, wurde mir die Entscheidung genommen, ob ich ein zweites Kind will.

Ich werde kein zweites Kind bekommen. Und das habe ich ohne die depressive Brille entschieden: auch wenn ich diesen Glücksmoment hätte, bringt er mir das Glück nach der ersten Geburt auch nicht zurück. Ich alleine entscheide (mit meinem Mann), dass ich kein Kind will, weil mir eins total reicht und es anstrengend genug ist für mich. Ich entscheide - nicht die Depression.

Vlt kennt der ein oder andere solche Gedanken?

Liebe Grüße

Re: Durch die zweite Schwangerschaft hole ich mir die Liebe zurück

Verfasst: 27:04:2019 19:11
von Astrid
Hallo Du,

ja, ich kenne diese Gedanken. Traurigkeit, um die verpassten Glücksgefühle, der normalen Babyzeit. Schlechtes Gewissen wegen der negativen Gefühle gegenüber meinem Baby. Dann der Gedanke an ein zweites Kind, nur mit Panik und Grausen. Die Möglichkeit noch einmal in so ein Tief zu stürzen hatte es völlig für mich ausgeschlossen. Aber die Zeit vergeht, und es kann sein, dass du in zwei Jahren wieder anders darüber denkst. Wir verändern uns so sehr in der Zeit, und auch dein Kind. Ich habe dann doch noch ein zweites Kind bekommen. Mein Mann und ich hatten sehr gemischte Gefühle dabei, und als ich erfuhr, dass ich schwanger bin, habe ich erst einmal nur Panik gefühlt. Aber meine Ärzte haben mich optimal aufgefangen, und es ist alles gut gegangen. Ich bin nochmal belohnt worden, mit einer glücklichen Babyzeit. Es war für mich auch ein großes Glück und ein Segen für meine Gesundung, vor allem bei den oben genannten Schuldgefühlen und der Angst, dass mein Großer Schaden genommen hat, durch mich. Ich habe erkannt, dass meine Tochter sich eigentlich völlig gleich entwickelt, obwohl sie einen viel besseren Start hatte. Das hat viel Druck von mir genommen. Du hast alles Recht mit deinem Mann zu entscheiden, ob ihr noch ein zweites Kind wollt, oder nicht. Egal ob Depression oder nicht. Ich habe oft Fragen hören müssen, ob wir nicht noch ein Baby wollen, vor allem von Frauen, die keine Ahnung von meiner Krankheit hatten. Aber die haben immer etwas zu fragen und zu mäkeln, egal was man tut. Vermutlich werden dich die Gedanken noch öfter heimsuchen, aber du hast erst einmal das Recht dein "hier und jetzt" zu genießen und wieder im Leben zu sein, der Rest kann warten.

Liebe Grüße Astrid

Re: Durch die zweite Schwangerschaft hole ich mir die Liebe zurück

Verfasst: 08:05:2019 21:00
von Kikke
Danke für deine Antwort.
Es wandelt sich so langsam in meinem Kopf.
Ich denke nicht mehr: ich muss ein zweites Kind bekommen, damit ich nochmal glücklich bin, sondern oh Gott. Nochmal eine Geburt und die Anstrengung im ersten Jahr will ich nicht.

Es fühlt sich nicht mehr überlagert von der Depression an, sondern wie ganz nachvollziehbare Gedanken einer jungen Mutter.

Wann kam bei dir der erneute Kinderwunsch auf?

Liebe Grüße

Re: Durch die zweite Schwangerschaft hole ich mir die Liebe zurück

Verfasst: 30:05:2019 15:16
von Elisabeth
Hallo,

ich kann deine Gedanken sehr gut nachvollziehen. Ich bin zwar erst ganz frisch Mama, aber wir haben bereits in der SS - als es mir noch gut ging - über das zweite Kind nachgedacht. Bei uns kommt ein relativ hohes Alter hinzu und dass der KIWU nicht ohne Hilfe umsetzbar ist. Vor meiner Erkrankung war mir klar, dass ich nach 6 Monaten abstille und den nächsten Versuch starte.
in der Akutphase habe ich mich auch stark an die Idee einer 2. SS geklammert, um dann alles Schöne zu erleben und ein gesundes Kind zu haben, dass nicht durch meine Krankheit geschädigt ist - es dann richtig zu machen.
Nach und nach sind dann neue Gedanken gekommen ....Angst nochmals trotz aller Absicherungen zu erkranken, Angst dass ich ein zweites Kind Mäuschen vorziehen werde, Angst dass eine FG o.Ä. mein psychischer Untergang wäre etc.

Aktuell haben mein Mann und ich beschlossen, dass wir an unserem Traum festhalten. Wir wollten immer mehrere Kinder und wollen uns das nicht kaputt machen lassen und letztendlich entscheidet es ja auch das Schicksal (sofern ich daran noch glauben kann), ob wir nochmal so ein Geschenk bekommen.
Ich habe es leider in meiner Krise nicht geschafft, zum Psychiater zu gehen und mein Mann war hier leider auch zu passiv. Wir haben nun einen Termin vereinbart und wollen uns über Möglichkeiten informieren, falls eine zweite SS funzt und einen Krisenplan erstellen. Da wir von der Krankheit regelrecht überrollt wurden.
Den Zeitrahmen für die zweite SS habe ich etwas gelockert, mal schauen wie es mit dem Stillen weiterläuft. Aber unser Zeitrahmen ist nicht endlos. Abwarten bis alles verheilt ist. kann ich nicht, da ich glaube, dass die Angst Mäuschen geschädigt zu haben, mich ewig begleiten wird.
Ich wünsche Mäuschen ein Geschwisterchen und ich glaube auch, dass ein zweites Kind unser Familiensystem entlasten könnte und ein zur Gesundung beitragen kann.

LG

Re: Durch die zweite Schwangerschaft hole ich mir die Liebe zurück

Verfasst: 30:05:2019 19:37
von Kikke
Hi,

Zeitdruck stelle ich mir zusätzlich anstrengend vor.
Vlt kannst du deinen Krisenplan hier mir und teilen. Der würde mich sehr interessieren.

Alles Gute für euren Traum!

Re: Durch die zweite Schwangerschaft hole ich mir die Liebe zurück

Verfasst: 30:05:2019 20:29
von Elisabeth
Kann ich gerne machen, wenn wir soweit sind :D
Bei mir geht es halt primär um Ängste und Panik. Ich muss schauen meine Ängste unter Kontrolle zu halten. Schreib schon seit der Geburt eine Liste mit Dingen, die ich anders machen würde. Ja, der Zeitdruck macht es nicht leichter und halt auch die Frage, ob es überhaupt klappt. Aber ich will den Wunsch nicht aufgeben und ich glaube dass ein zweites Kind auch für Mäuschen eine Entlastung wäre, da ich mich nicht ehr so massiv aus sie fixieren kann.

Re: Durch die zweite Schwangerschaft hole ich mir die Liebe zurück

Verfasst: 03:06:2019 8:33
von Marika
Hallo,

ich kenne diese Gedanken auch sehr gut... Bei mir ist es ja schon 14 Jahre her - unglaublich wenn ich das so jetzt schreibe. In all den Jahren sind diese Gedanken nach "verpasstem Mutterglück kurz nach der Geburt" oder auch "harmonsicher Babyzeit" komplett verschwunden. Vor allem deshalb, weil ich nach der schweren Zeit mit unglaublich schönen Momenten und innigister Beziehung zu meinem Sohn entschädigt wurde. Aber auch, weil ich gesehen habe, dass diese Zeit - Geburt, erste Babyzeit - bei ganz vielen Mamas die aber keine PPD haben, eben NICHT nur wunderschön, in Watte gepackt und voller Glücksgegühle verläuft. Das stimmt auch mit der Aussage meiner Nachsorgehebamme überein: So schön es ist ein Kind zu bekommen und die Vorfreude darauf, sosehr ist diese neue Situation auch immer eine Krisensituaion... Auch bei Mamas die nie eine PPD oder PPP hatten...

Re: Durch die zweite Schwangerschaft hole ich mir die Liebe zurück

Verfasst: 03:06:2019 14:23
von Kikke
Hi,

Ja mittlerweile kann ich die schönen Momente in meine Gedanken zurückholen. Die Schwangerschaft, die Vorfreude, auch Teile der Geburt an sich. Es ist einfach manchmal noch schmerzhaft, mit dieser Narbe leben zu müssen. Ich hätte alles dafür gegeben, eine ganz normale Krisensituation nach der Geburt zu haben. Aber nicht so etwas. Diese Hoffnungslosigkeit hat ich geprägt. Aber so ist es eben.

Und ich merke, dass es mich einfühlsamer gemacht hat. Und viele "Probleme" der anderen kann ich nur schmunzeln, habe aber immer ein offenes Ohr, weil ich weiß, was Probleme mit einem machen können.

Jetzt heißt es: Narbe akzeptieren und das beste aus der Erfahrung machen.