Zwangsgedanken

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Sheini
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Zwangsgedanken

Beitrag von Sheini »

Hallo ihr lieben,

Einige von euch haben ja auch mit Zwangsgedanken zu kämpfen gehabt oder haben es immer noch.
Wie war es bei euch, wenn ihr einen Gedanken hattet? Hat es sich manchmal auch angefühlt wie ein Impuls?

Und wie versucht ihr den Gedanken zu akzeptieren?
Es fällt mir soooo schwer, solche Gedanken nicht zu bewerten. Ich versuche momentan wieder zu neutralisieren und mir Rückversicherungen einzuholen das es wirklich der Zwang ist. Was natürlich falsch ist.

Lg 😊
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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Hallo meine Liebe!

Ich litt extrem unter den ZG, es war echt die Hölle. Und ja, es hat sich oft angefühlt wie ein Impuls, als würde man es gleich ausführen... einfach schrecklich. Auch für mich war es sehr schwer mit den Gedanken zu arbeiten. Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten. Man kann sie zu Ende denken - was ich auch gemacht habe. Oder z.b. die Stopp Methode, die fand ich etwas "angenehmer " wenn man bei ZG von angenehm sprechen kann. :roll:

Bei der Stopp Methode sagst immer wenn ein ZG kommt "Stopp, ich kenne dich du bist nur ein ZG, Gedankenmüll... " dann machst du aktiv dort weiter wo du gerade bist. Ein Beispiel von mir: Ich bin gerade am Gemüse schneiden, da kommt ein ZG das ich mit dem Messer gleich....., ich sage laut "Stopp, ich kenne dich......." dann wende ich mich wieder dem Gemüse zu und kommentiere das Gemüseschneiden auch noch. Also so: ich nehme jetzt die Karrote, schneiden sie in Scheiben, gebe sie in die Schüssel, jetzt kommt die Zwiebel..... usw." Quasi wie ein Fernsehkoch. Dazwischen kommen mit Sicherheit weitere ZG, dann sagst du wieder "Stopp, ich kenne dich...." und weiter geht es mit dem kommentieren der eigentlichen Tätigkeit. Je öfter du einen ZG durch die Stopp Methode erkennst, desto besser kann dein Gehirn lernen, dass es solchen Gedankenmüll gar nicht in dein Bewusstsein schicken muss, sondern gleich ausfiltern darf. Aber auch das dauert und geht nicht von heute auf morgen. Drann belieben und Geduld haben sind die Zauberwort.

Ich weiß wie mühsam das Bearbeiten der ZG ist und wie schwer das oft zu ertragen ist. Auch mit AD war es für mich ein Jahr lang eine schwere Zeit, es wurde zwar leichter, aber das Arbeiten in der Therapie war schon hart. Ich habe das ganze dann auch schriftlich gemacht, das war die Hausaufgabe von meinem Therapeuten. Wir sind diese Aufzeichnungen dann immer durchgegangen.

Nicht aufgeben, wenn man dran bleibt, kommen auch die Erfolge. Nimmst du ein Medikament? Sorry ich weiß das grad nicht mehr genau. Ich finde es übrigens schon eine Erfolg, dass du merkst, dass du es gerade nicht gut schaffst. Du hast also schon Fortschritte gemacht, das ist toll. Du erkennst also dass du im Moment in der Zwangsspirale hängst, das ist sehr gut.
Liebe Grüße von
Marika

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Sheini
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sheini »

Liebe Marika,

Danke für deine Antwort!!
Ich habe auch durch meine Therapie einiges gelernt, wie ich mit den ZG arbeiten kann.. aber es gibt halt manchmal Momente wo es einfach so schwer ist und ich alles gelernte vergesse und wieder auf die Gedanke höre. Dann gibt es Tage da habe ich so gut wie nichts oder komme klar damit und reagiere nicht mehr.

Geduld ist halt leider auch nicht meine Stärke 😂

Ja ich erkenne momentan einfach wieder sehr viele Rückschritte - wenn man es so nennen kann..
ich habe ja von 40 mg auf 20 mg reduziert, Weil es mir wirklich gut ging. Und nehme jetzt seid ca 2 Monaten 20 mg und die ZG kommen langsam wieder zurück. Sie waren eig so gut wie weg..
Es ist erträglich aber es schränkt mich teilweise schon wieder im Alltag ein.

Wie war es bei dir als du deine AD reduziert hast? Hattest du dann so gut wie gar keine ZG mehr oder kamen sie zurück?

Lg
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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Hallo!

Beim ersten Mal als ich sogar auf 0 reduziert habe - das war nach insgesamt 3 Jahren mit AD - ging das sehr gut. Ich habe es sehr langsam gemacht in kleinen Schritten. Die ZG kamen dann erst wieder nach 9 Monaten ohne AD. Habe dann versucht durchzuhalten, aber es ging nicht. Dann habe ich wieder mit meinem AD begonnen und war extrem schnell wieder Symptomfrei. 10 mg reichen bei mir aus. Wenn ich drunter gehe, was ich noch 2x versucht habe, kommen die Symptome langsam aber stetig wieder.

Somit bleibe ich bei meinen 10 mg und bin damit gesund.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von cwe »

Hallo liebe Sheini,

ich habe die Erfahrung gemacht, dass ab einer gewissen Intensität der ZG (bei mir ohne genügend AD) ein Arbeiten an den ZG fast ein Ding der Unmöglichkeit ist. Man sitzt so tief in der Angstspirale dass man nicht mehr klar denken kann. Wenn dann die Wirkung eintritt konnte ich sie viel besser einfach „stehen lassen“, wo man dann die Angst aushält und sie dann verschwinden.

Man hat auch unabhängig vom AD mal gute, mal schlechte Zeiten. Da kann man dann auch besser oder schlechter damit umgehen. Ich hatte auch mal in der Einschleichphase sehr gute Zeiten und hab gemeint ich schaffs ohne. Dann kam PMS/Stress oder so und ich bin wieder gefallen… Ein AD mildert dies deutlich. Wie lange hattest du denn keine Symptome bevor du reduziert hast?

Viele liebe Grüße
cwe
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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Ich glaube Sheini, du warst aber nicht symptomfrei und hast dann reduziert, ich glaube wir haben uns da mal ausgetauscht dass es evtl zu früh, bzw. der Reduzierungsschritt zu groß war. Du hast die Dosis ja halbiert. Das ist schon sehr viel. Ich habe Mini Schritte gemacht und habe nach jedem Reduzierungsschritt 3 bis 4 Monate verstreichen lassen.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von cwe »

Ich glaube auch wie Marika dass du zu früh reduziert hast. Du hast geschrieben: „so gut wie weg“. Ich glaube eine Reduktion ist erst angebracht wenn sie 1 Jahr wirklich weg sind bzw. du sie also Gedankenmüll abstempeln kannst. Das ist für mich der Zustand, an dem ich für mich sage, dass ich stabil bin.

Viele Grüße
Sheini
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sheini »

Hallo ihr lieben,
Jaa ich denke mittlerweile auch das ich viel zu früh reduziert habe..
Meine Therapeutin hat jetzt Urlaub und will danach schauen ob ich evtl weiter runter gehen will.davon fühle mich allerdings weit entfernt.. Ich merke immer mehr wie der Zwang mich wieder einnimmt, ich vermehrt grüble und die alten Symptome zurück kommen und meine Kraft von Tag zu Tag schwindet dagegen „anzukämpfen“.

Meint ihr ich sollte mal zu meiner Hausärztin gehen? Sie hatte mir ja damals auch das AD verschrieben. Vielleicht kann sie mir weiter helfen? Oder ist das auch die falsche Ansprechpartnerin?


Danke für eure Tipps ☺️☺️
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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Also die Hausärztin kannst du auf jeden Fall fragen. Du hast meines Wissens keinen Psychiater, oder? Deine Hausärztin kann das ganze aber sicher auch gut bewerten und dir evtl helfen einen Psychiater zu finden. Wäre sicher gut, da diese die Fachleute für Medikamente sind. Neurologen ebenfalls.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Jen »

Hallo,

ich habe eine Frage zu den ZG.

Mich begleitet seit Wochen der Gedanke, dass ich eventuell an ‚Regretting motherhood‘ leide.
Also dass ich meinen Sohn zwar liebe, aber nicht gerne für ihn Sorge.
Ich war ja längere Zeit stabil, hatte so viele Gefühle und hab gerne mit ihm Dinge gemeinsam gemacht, auch Kurse besucht, empfand es nur oft als anstrengend.
Hab aber all das gerne gemacht. Meine ich.

Mit meinem Tief gesellt sich nun ständig die Frage dazu ‚will/ kann ich überhaupt eine Mutter sein?‘ dann frage ich alles ab und suche ständige Bestätigung. Siehst du, du machst das nicht gerne und das ist dir zu viel und bla bla bla.
Ist das auch ein Zwangs Gedanke?
Dabei war ich erst alleine im Urlaub mit ihm und hab es sehr genossen.

Hoffe ich darf das hier so zwischen werfen und hoffe auf eine Einschätzung.

Lg jen
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von cwe »

Hallo liebe Jen,

Kennzeichen von ZG ist dass einem der Gedanke Angst macht, man ihn loswerden möchte, man eigentlich weiß dass er Unsinn ist und er das Gegenteil der eigenen Wertvorstellung ist.

Das suchen nach Bestätigung ist ein wichtiges Symptom bei ZG weil man den angstmachenden Gedanken neutralisieren möchte.

Ich hatte den ZG meinen Partner nicht mehr zu lieben (kommt deinem ZG am nächsten). Das war ein ZG weil ich nichts lieber wollte als mit ihm zusammen zu sein. Wenn es jetzt kein ZG gewesen wäre dann hätte er mir nicht solche angst gemacht da ich mit ihm nicht mehr gerne zusammen gewesen wäre.

Ich hoffe diese Analogie hilft dir etwas ;)

VG
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Hallo Jen...

Ich denke das geht schon in Richtung Zwang bzw. Zwangsgrübelei.
Liebe Grüße von
Marika

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Jen
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Jen »

cwe hat geschrieben: 05:10:2022 16:21 Hallo liebe Jen,

Kennzeichen von ZG ist dass einem der Gedanke Angst macht, man ihn loswerden möchte, man eigentlich weiß dass er Unsinn ist und er das Gegenteil der eigenen Wertvorstellung ist.

Das suchen nach Bestätigung ist ein wichtiges Symptom bei ZG weil man den angstmachenden Gedanken neutralisieren möchte.

Ich hatte den ZG meinen Partner nicht mehr zu lieben (kommt deinem ZG am nächsten). Das war ein ZG weil ich nichts lieber wollte als mit ihm zusammen zu sein. Wenn es jetzt kein ZG gewesen wäre dann hätte er mir nicht solche angst gemacht da ich mit ihm nicht mehr gerne zusammen gewesen wäre.

Ich hoffe diese Analogie hilft dir etwas ;)

VG :?


Danke!
Das tut wirklich gut zu lesen. So fühlt es sich auch eher an. Das ist wirklich so so so gruselig. :-(
Jeder sagt mir immer, dass man sieht wie sehr ich ihn liebe und wie gern ich mit ihm bin, allerdings fühle ich nur nackte Panik.
Aktuell ist er bei meiner Schwiegermutter und das ist auch mal schön, aber er fehlt mir doch.
Himmel, was so ein Hirn alles kann… :shock:
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Hallo zusammen,
ich bin neu hier und habe genau wie ihr gerade mit Zwangsgedanken zu „kämpfen“.
Ich hatte nach der Geburt meines ersten Sohnes eine Wochenbettdepression. Für mich gefühlt ziemlich heftig. Ich war sehr antriebslos und müde, keinen Hunger und starke Übelkeit. Dazu kam die große Angst mit ihm über Nacht alleine zu sein. Er hatte immer seine Phasen in denen er viel geweint hat und egal was ich tat, es half nicht. Das führte bei mir zur Überforderung und dem Gefühl als Mutter zu versagen. Der Zustand verging aber relativ schnell und ich hatte nach 4-5 Monaten keine Probleme mehr und konnte die Elternzeit genießen.

Nach 4 Jahren wurde ich wieder geplant schwanger und schon in den ersten Wochen meiner Schwangerschaft fiel ich wieder in ein tiefes Loch. Diesesmal mit Zwangsgedanken. Nach Rücksprache mit meinem Neurologen versuchte ich die Medikamente Setralin, Citalobran und Escitalobran. Immer in geringer Dosierung aber ich merkte nicht wirklich eine Verbesserung. Ich setzte vor der Geburt alle Medikamente aus Rücksicht auf mein Baby ab.

Nach der Geburt wurde es leider nicht besser. Meine Tochter ist jetzt 5 Monate und ich habe für mich beschlossen wieder ein AD zu versuchen. Wann habt ihr Verbesserungen durch das AD gemerkt? Vielleicht habe ich es nicht lange genug genommen bzw. zu niedrig?

Gerade beunruhigen mich Gedanken die meine Wahrnehmung betreffen. Ich frage mich oft „ist das gerade wirklich passiert“ oder „ist das alles real“?
Hattet ihr so Gedanken auch?

Ich mache seit einem halben Jahr eine Gesprächstherapie. Gut das ich das tue. Ich hätte sonst in der Schwangerschaft oft gedacht das ich meinen Verstand verliere.

Entschuldigt den langen Text, aber es ist anders oft nicht zu erklären.
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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Hallo Sonne, herzlich Willkommen bei uns!

Ich antworte dir, weil mein Hauptsymptom auch ZG waren und ich weiß was für einen Leidensdruck diese auslösen können.

Toll, dass du Hilfe in Form einer Therapie und dich wieder für ein AD entschieden hast. Was bekommst du und wie hoch ist die Dosis? Es ist tatsächlich wichtig, das AD ausreichend lange zu nehmen, um eine erste Bilanz ziehen zu können. Es braucht mehrere Wochen, bis sich der Wirkstoffspiegel aufgebaut hat und die ersten NW verschwinden. Auch die Dosis ist natürlich sehr wichtig, da kann man dann ja schauen was man braucht. Wenn die Dosis zu gering ist, kann sich natürliche auch keine Besserung und schon gar keine Stabilität einstellen. Ich habe Escitalopram damals bekommen und bin sogar auch 30 mg hoch gegangen um stabil zu werden. Aber so bin ich gesund geworden. Übrigens kommt es bei ZG oft auch zu diesem Gefühl "ist das jetzt echt?" Ich hatte das auch für kurze Zeit etwas, das verschwand dann aber recht schnell mit dem Medikament.

Schön, dass du da bist!
Liebe Grüße von
Marika

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