Zwangsgedanken

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Hallo ihr Lieben...

Mir fällt noch was zum Grübeln ein: es gibt auch die Methode, dass man sich aktiv und bewusst hinsetzt und sagt - so, jetzt grüble und Zwängle ich was das Zeug hält und sage nicht Stopp und mach nix anderes. Also die umgekehrte Variante.

Ich habe das tatsächlich auch gemacht, mein Psychiater hatte es angeregt. Es war anfangs krass, aber ich habe mich so rein "gezwängelt", dass ich an einen Punkt kam, dass es sogar für mich absurd war. Und mein Gehirn hat ebenfalls reagiert: nach ein paar Minuten sind meine Gedanken vom zwängeln immer öfter abgeschweift und wollte was anderes denken oder wieder was tun. Das zeigt, es geht tatsächlich auch umgekehrt, das Gehirn lässt sich nicht vorschreiben was es wann zu denken hat. Es hat auch den Effekt, dass ZG den Schrecken verlieren, weil man tatsächlich mit etwas Übung an den Punkt kommt, dass man über die Absurdität des Gedankens lachen muss.

Das funktioniert auch wenn einfach plötzlich ein ZG kommt. Man hält ihn fest und denkt ihn nicht nur weiter, sondern man denkt ihn in die absolute Absurdität hinein. Immer und immer wieder... der Effekt ist, dass dem Gehirn plötzlich langweilig wird und es anfängt normale Gedankens dazwischen zu schieben. Die Übung war dann zu sagen: nein, ich zwängle jetzt, geh weg normaler Gedanke... es funktioniert tatsächlich... ist aber sicher nicht für jede Betroffene was und vielleicht auch eher was für "Fortgeschrittene"...

Zur Krönung musste ich das ganze dann noch aufschreiben. Da kam oft plötzlich ein Lachen durch, weil es so absurd war.
Liebe Grüße von
Marika

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schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Sonne101
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Hallo zusammen,
ich bin verunsichert…
eig sagt man ja das man die Gedanken akzeptieren soll. So ähnlich wird es ja auch mit dem grübeln, oder? Wenn ich mich aber immer und immer wieder durch Stop unterbreche spricht das ja nicht wirklich für die Akzeptanz, oder?

Und wenn ich mich bewusst ablenke, damit meine ich nicht den Haushalt schmeißen, das funktioniert nicht wie Sabine schon geschrieben hat 😉 (dabei grübel ich die ganze Zeit und kann mich überhaupt nicht ablenken). Mit Ablenkung meine ich bewusste Aufenthalte unter Menschen bei denen ich auf andere Gespräche komme. Oder bewusste Ausflüge wo ich meinen Kopf für andere Dinge brauche. Dann ist das doch eig nur ein weglaufen vom eig Problem, oder?
Dabei tut das oft gut…

Ich finde es so schwer einen Weg zu finden der mich in die richtige Richtung führt…
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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Also lt. meinem Psychiater ist Ablenkung in Form von raus gehen, Gespräche führen usw. kein Vermeidungsveralten, sondern richtig und wichtig um ein Gefühl für das normale Leben wieder zu bekommen. Keine Sorge, die ZG kommen dann später ja sowieso noch häufig genug um zu üben. Es ist sehr wichtig auch Abstand von den ZG zu haben und einfach das Leben zu spüren und wie dieser Abstand gut tut. Ich habe das auch so gemacht und mein Psychiater war da genau der selben Ansicht.

Es gibt die erschiendensten Ansätze um mit ZG umgehen zu lernen. Die Stopp Variante, genau so wie das gnadenlose zu Ende denken. Es kommt mehr auf die Betroffene an, was gerade machbar und aushaltbar ist, bzw. habe ich z.b. die Varianten gemischt. Die Stopp Variante bringt Erkennen der ZG in den Vordergrund. Wenn du dann sagst: ok, du bist ein ZG, aber ich putze grad das Bad stell dich bitte zur Seite... so kann das Gehirn lernen - ok, diesen Gedanken muss ich nicht mehr bringen, die putzt weiter, also ist er unwichtig. So kann man das Gehirn trainieren, zwischen wichtigen und unwichtigem Gedankenmüll zu unterscheiden und es lässt mit der Zeit solche Gedankengänge die später zu ZG werden, nicht mehr durch. Jede Variante hat etwas für sich.
Liebe Grüße von
Marika

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alibo79
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von alibo79 »

Moin moin, also mit Akzeptanz ist eher gemeint, dass man es akzeptieren sollte, dass das grübeln da ist und sich nicht total fertig macht zb warum das so ist, was man denn falsch gemacht hat, wieso gerade ich wieso gerade jetzt usw. Es ist eben gerade so.
Aber die Ablenkung wiederum ist schon gut , bei mir hat zb auch meine Arbeit die Dauer grübel schleife unterbrochen, da ich mich da total konzentrieren muß, das habe ich als Entlastung empfunden. War ich dann wieder zu Hause hat das noch bisschen angehalten, aber dann kam es auch schnell wieder.
Bei mir war es auch so, dass ich wenn ich im Bett lag auch diese ganzen Gedanken wieder hoch kamen mit Ängsten und unruhe, Da habe ich es do gemacht, dass ich die Gedanken kommen gelassen habe , das hat dann meist so 15 bis 30 Minuten gedauert und dann war es für das Gehirn auch genug gegrübelt und es kamen dann normale Gedanken und damit auch Ruhe
Oder ich habe mir bewusst vorher ein Thema überlegt worüber ich nachdenken sollte mit voller Konzentration, denn ich wusste oft wann bei mir die Zeiten sind wo die Gedanken auftauchen und dann habe ich sofort an mein alternativ Thema gedacht. Ich habe zb neue Vokabeln gelernt, ein wissenschaftliches Thema im Kopf bearbeitet, Kochrezepte usw. Klingt bisschen komisch, aber hat auch funktioniert. Nicht immer gleich gut aber mit Übung ging es immer besser und das grübeln wurde so unterbrochen.
Und wie Marika schreibt, es war für mich irgendwie eine Erleichterung dass es auch ok war das grübeln bewusst zuzulassen, dadurch verlor es etwas den Schrecken und das negative. Es war dann eher nervig aber nicht mehr so schlimm.
Liebe Grüße
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Bine79
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Bine79 »

Guten Morgen…

Vermeidungsverhalten ist ja nicht das Ablenken, sondern bewusst nicht in eine Situation zu gehen, wo man weiß, da kommen oder könnten ZG kommen! Ich habe da einige von und vermeide sie bedingt! Es fällt mir nachwievor schwer, sie nicht zu vermeiden! Ich habe aber auch so ZG, nicht immer situationsbedingt! Ganz oft sind es auch nur die unruhigen Gefühle…da könnte einer kommen! Man wartet quasie schon drauf!
Bei der Arbeit, wenn viel los ist, ich also so richtig abgelenkt bin, mir es aber auch Spaß macht, ich mich gut fühle, habe ich keine ZG mehr! So wie bei Alibo hält es dann einige Zeit zu Hause an und dann geht es mit den ZG und der anschließenden Grübelei wieder los! Meist reicht da wieder nur eine entstehende Unruhe…dann fange ich durch dieses Gefühl wieder ab zu grübeln, warum das Gefühl da ist …dann kommt ein Gedanke der mich stört, bzw mir sagt warum ich unruhig sein könnte und zack…verloren!! WENN ich dann nicht richtig reagiere, bzw nicht gut drauf bin und es an mich ran lasse! Diese Übung fällt mir nachwievor schwer und ist MEIN Ziel, NICHT zu grübeln…also Stopp zu sagen! Ich kenne dich….
Was dann eben das Problem ist, ist das miese Gefühl, der Drang zu grübeln… was hab ich da gedacht…bin ich wirklich so?…und….und…und!

Durch die AD‘s, durch Dinge die mir gut tun und mich anheben, wie Spaziergänge, Treffen, Urlaub und bei mir mein Job, versuche ich eine positive Einstellung zu finden und zu spüren und zu vertrauen, das eigentlich doch alles gut ist!

Euch allen einen schönen Tag,
Sabine
Sonne101
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Hallo ihr Lieben,

ich habe nochmal eine Frage zum Thema Zwangsgedanken:

Ich habe mittlerweile des Öfteren auch den Gedanken das ich nicht mehr ich selbst bin.
Kennt das noch jemand?! Niemand fiktives, einfach nur der Gedanke „was ist denn, wenn ich eig gar nicht ich selbst bin“? Diese Gedanken gepaart mit „ist das wirklich alles real?“ machen mir so große Angst, dass ich oft nicht mehr weiß wo vorne und hinten ist. Meine Therapeutin meinte ich soll sie genauso wie die anderen Gedanken behandeln und versuchen sie zu akzeptieren. Das fällt mir sehr schwer. Ich sag mir „Stop, du bist nur ein Zwangsgedanke“ aber das kommt meistens nicht an.
Habe dann das Gefühl das ich gleich durchdrehe.
Gibt es noch andere Möglichkeiten diese Gedanken zu entschärfen?

Viele Grüße…
Sonne101
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Ich muss dazu sagen das ich vor kurzem wieder mit Escitalobran angefangen haben. Eine Woche 5mg, seit 2 Tagen erhöhe ich auf 10mg. Die Angst generell hatte ich aber auch schon vorher…
Sems
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sems »

Hallo,

ja kenn ich genauso. Irgendwie geht irgendwann gefühlt das komplette Bewusstsein verloren. Für alles, auch für einen selbst. Es war auch mit der Punkt, wo ich dachte ja jetzt verlierst du komplett den Verstand, es fühlte sich an wie das Ende.

Eigentlich auch logisch, alles Zwangsgedanken widersprechen ja deinem eigentlichen „ICH“
da liegt es doch nah, das man das Gefühl hat die Verbindung zu sich zu verlieren.
Denke das ist auch einer der Endgegner Zwangsgedanken 😉 dauert nicht mehr lange…

Ja es ist ganz grausam ich weiss. Aber es vergeht, die Medikamente fangen bald an Ihre Wirkung zu entfalten und dann wird es Stück für Stück einfacher und du kannst mit den Gedanken immer besser umgehen, bis Sie ihre Kraft verlieren…

Wünsche dir alles Gute ❤️
Sonne101
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Hallo zusammen,

entschuldigt bitte die vielen Nachrichten, aber ich bin gerade überfordert.

Wie ich schon geschrieben habe ich seit ca. 4 Tagen von 5mg auf 10mg Escitalobran erhöht.

Wir waren über das Wochenende im Kurzurlaub, indem es mir wirklich nicht gut ging. Ich hatte vorher dem AD schon immer die Angst andere Zwänge zu entwickeln. Als wir in München angekommen sind habe ich mich mit meinem Mann über den dreckigen Hotelflur-Teppich aufgeregt. Zu Zack hatte ich panische Angst jetzt den Zwang zu entwickeln auf den Bodenbelag zu achten und ihn zu benennen. Am nächsten Tag waren wir in der Stadt und ich muss ehrlich zugeben das ich mich des Öfteren dabei erwischt habe wie ich das getan habe. In mir ist echt Panik aufgestiegen. Das gleiche auf dem Rückweg mit Automarken. Wir haben uns über Autos unterhalten und ich hatte wieder panische Angst das ich jetzt auf jede Automarke achten muss und sie benennen muss. Ich habe Angst das alles noch viel schlimmer wird. Ist das ein neuer Zwang abgesehen von den unrealen Gedanken? Ich kann das ganz schlecht akzeptieren bzw. entschärfen. Zudem fühle ich mich etwas ruhig gestellt. Kann das am Medikament liegen oder wäre das auch so gekommen?

Ich bin so hilflos und denke ich werde das alles nie schaffen.

Vielen Dank im Voraus für eure Antwort…
alibo79
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von alibo79 »

Hey, du schaffst das, es wird besser werden. Ich habe keine ZG, aber ich kenne es, wenn sich Gedanken fest setzen. Ich habe als ich sehr krank war, etwas über Psychose gelesen und war überzeugt evtl auch das zu haben. Was quatsch ist.
Mir hilft es dann ganz feste Routinen im Alltag einzuhalten, um mich daran entlang zu hangeln und abzulenken und auch Sicherheit wieder zu bekommen.
Wie war es denn heute bei dir?
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Bine79 »

Hallo Sonne,

auch ich kenne diese vermeintlichen Erweiterungen der Zwangsstörung! Als ich am Anfang von Menschen hörte, die alles zählen müssen! Ich habe dann gemerkt, dass ich auch was gezählt habe und war dann voller Panik, dass ich nun auch immer und alles zählen muss! Das war am Anfang meiner ZG‘s! Ich habe mir so viele Dinge eingeredet! Dann dachte ich, Halluzinationen, ich dachte echt, ich werde verrückt, weil ich einfach nicht wusste, was mit mir da gerade geschieht!
Die ZG wurden immer mehr und ich habe immer mehr an mir gezweifelt!
Ich kann nun nicht sagen, das ich jetzt gesund bin, aber ich habe sehr sehr viel über die Krankheit gelernt! Durch Therapeuten, Betroffene ( besonderer Dank gilt da Marika 🥰 ) und verschiedene Bücher! Es ist nicht unwichtig, sich viel Wissen anzueignen, aber natürlich auch ganz viel am Leben teilzunehmen ( auch wenn es so schwer ist )
Immer wenn mich ein ZG erwischt hat, musste ich da erstmal lange drüber grübeln…wer bin ich? Bin ich gut usw. am Liebsten stundenlang und ohne Störung von außen!
Wie lange bist du jetzt von den ZG betroffen?

Liebe Grüße
Sabine
Sonne101
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Hallo,
ich habe die ZG seit ca. 1 Jahr und bin jetzt effektiv am entschärfen, akzeptieren usw. Laut meines Neurologen sollte das nach der SSW von alleine wieder weggehen. Ich nehme jetzt seit 2 Wochen AD also noch am Anfang. Denke auch das ich die Dosierung noch anheben muss. Ich bin aber ganz fest davon überzeugt das ich es schaffe die ZG mit dem AD in den Griff zubekommen. Darf mir nur selber nicht so einen Druck machen.

Ja, Marika hat mich auch schon beruhigt und meinte das es zur Erstverschlimmerung kommen kann usw. Ich muss mich einfach nur gedulden bis das AD greift…
Achja, Angst zu halluzinieren hatte ich auch schon. Mittlerweile aber nicht mehr.
Bine79
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Bine79 »

Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass es nach der SS wieder verschwunden ist! Ich hatte eine Zwangsphase mit 13/14 Jahren! Die verging auch von alleine! Da handelte es sich aber um einen sog. Beichtzwang! Ich wurde vom Zwang dazu gezwungen, alles was ich vermeintlich angestellt habe, meiner Mutter zu erzählen! Damals wusste man natürlich nicht, was das auf sich hat!

Liebe Grüße
Sabine
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