Ich mag nicht mehr

[SaraGossa]

Hey ihr,
Ich bin wirklich an einem Punkt, wo ich sage ich habe ALLES gegeben was ich habe und anscheinend ist es nie genug. Dieses Monat war bisher einfach nur schlimm...ich hatte seit der letzten Periode einen einzigen Tag wo es mir gut ging. Einen! Mal einen feinen Abend, mal einen recht guten Nachmittag ja...das wars dann aber auch. Die Suizidgedanken waren heute wieder sowas von schrecklich, ich halte das wirklich nicht mehr lange aus! Dass diese Gedanken irgendwann weg sein sollen kann ich mir beim besten Willen nicht mehr vorstellen. Sowas überhaupt aussprechen zu müssen....im Leben nicht hätte ich gedacht zu solchen Gedanken und Gefühlen fähig zu sein, das erschreckt mich immernoch sooo sehr.
Seit 15 Monaten sage ich mir JEDEN ABEND: ich bin stolz auf mich, ich entscheide mich fürs Leben...aber es ist als ob sich das Leben immer wieder gegen mich entscheiden würde
Als ob es sagen würde: Ach komm, der Sara treten wir noch ein paar mal in die Rippen auch wenn sie eh schon am Boden liegt. Ich fühle mich als ob mir JEGLICHE Lebensqualität geraubt wurde
Und jetzt kommt auch noch die Periode...die letzten, klitzekleinen Funken Hoffnung auf Genesung, die noch in mir waren sind jetzt gefühlt auch weg...so geht es mir. Hat jemand ein paar nette Worte für mich?

[Marika]

Glaub mir, wir kennen das alle. Mein ganzes erstes Jshr über gab es solche Tiefs, wo ich dachte ich schaffe das nicht, ich zerbreche einfach und das wars. Ich hatte anfangs - und du bist noch am Anfang weil du erst seit kurzem Medikamentös eingestellt wirst - genau solche Wochen. Die guten Phasen waren manchmal grad mal ein paar Minuten oder mal ein halber Tag. Im ersten Jahr fühlten sich die Tiefs vernichtend an, verloren aber an Dauer, sie wurden kürzer.

Vergiss nicht, was du vor kurzem geschrieben hast: im Vergleich zu vor 1,5 Jahren ist es nicht zu vergleichen. Das musst du dir vor Augen halten. Und das Tief wird verschwinden. Hast du eigentlich ein Notfallmedikament dass diese Tiefs abfedern soll?

[alibo79]

Ich glaube auch fest an dich. Wie oft habe ich beim Psychologen geheult und gebettelt ob er mir nicht sagen kann, wann die Tiefs endlich aufhören, weniger werden, leichter werden. Die ersten 6 Monate keine Spur davon. Nach 1 Jahr das gleiche noch immer. Da hatte ich 1 Tag an dem ich sagen konnte, da kommt mein altes Wesen wieder durch. Die Power Frau, engagiert, lustig, freudig bei den Dingen die sie macht, so wie ich bin. Der Tag drauf wieder im abwärts Spirale. Selbst mein Psychologe sagte, ich bräuchte endlich mal mehrere Tage am Stück wo ich mich wieder mehr wie normal fühle. Aber es dauerte und dauerte.
Du hast deine Regel, heute war ein besonderer Tag weil die Großeltern was unternehmen wollten oder? Und du bist immer noch am Anfang der Medikamente. Es ist völlig okay so fühlen und es wird auch wieder gut sein. Schau mal zurück was du schon erreicht hast, das habe ich mir immer in den Tiefs gesagt, schau wie war es vor 4 oder 6 Monaten im Vergleich zu jetzt.
Hast du eigentlich für dich Routinen gefunden, die dir an solchen Tagen helfen? Sind es die Suizid Gedanken die dich am meisten belasten? Oder auch andere Symptome. Ich hatte auch immer wieder Suizid Gedanken auch nach über einem Jahr, ich habe sie aber irgendwann einfach nicht mehr bewertet, beachtet und so stehen gelassen, weil ich wusste dass ich leben will und muss und ich eisern auf mein normales Leben gewartet bzw hin gearbeitet habe.
Selbst jetzt kommt es noch ab und zu vor, dass ich darüber nachdenken wie es ist wieder so tief in eine Depression zu kommen und an die Suizid Gedanken.

Und selbst mein Mann erzählte mir mal, er hätte solche Gedanken auch schon gehabt. Ganz unabhängig von depressionen, er ist mental gesund aber die kamen einfach, so nach dem Motto, was ist wenn...
Der Unterschied ist, dass er es einfach nur als einen Gedanken ohne Sinn und Wert gesehen hat.

Hast du in der Therapie gelernt damit umzugehen oder habt ihr darüber gesprochen?

[SaraGossa]

Glaub mir, wir kennen das alle. Mein ganzes erstes Jshr über gab es solche Tiefs, wo ich dachte ich schaffe das nicht, ich zerbreche einfach und das wars. Ich hatte anfangs - und du bist noch am Anfang weil du erst seit kurzem Medikamentös eingestellt wirst - genau solche Wochen. Die guten Phasen waren manchmal grad mal ein paar Minuten oder mal ein halber Tag. Im ersten Jahr fühlten sich die Tiefs vernichtend an, verloren aber an Dauer, sie wurden kürzer.

Vergiss nicht, was du vor kurzem geschrieben hast: im Vergleich zu vor 1,5 Jahren ist es nicht zu vergleichen. Das musst du dir vor Augen halten. Und das Tief wird verschwinden. Hast du eigentlich ein Notfallmedikament dass diese Tiefs abfedern soll?

Natürlich glaube ich dir, es tut einfach immer wieder gut das von jemandem zu hören der genau weiß wie es ist. Es ist wirklich anders als letztes Jahr...da konnte ich kaum schlafen oder duschen...aber man hatte halt irgendwie noch mehr Energie und Kraft.Jetzt bin ich einfach so ausgelaugt und müde...Ja, ich habe Tavor da zum Notfall. War grad ein bisschen laufen an der frischen Luft, hab zwar immer das Gefühl jeder sieht mir sofort an wie es mir geht aber trotzdem...hab meine Runde gemacht

[Marika]

Das ist sehr gut, dass du draußen warst. Toll!!! Und wenn du Tavor verschrieben bekommen hast, dann lass dir durch dieses Medikament helfen. Ich hatte auch so sein Medikament, dass ich wirklich hin und wieder auch genommen habe, wenn das Tief zu grausam war. Es gibt dir ein paar Stunden etwas Luft.

Ja, man ist müde, ausgelaugt und kraftlos. Denn diese Erkrankungen kostet alles an Reserven was man viellicht noch hatte. Und gerade in einem Tief sieht man gar nichts anderes mehr, auch nicht dass es schon besser war. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich Weinkrämpfe hatte, vor Verzweiflung in mein Kissen geschrien habe und am liebsten alle meine schlauen Bücher samt Tabletten den Balkon runter geschmissen hätte, wenn wieder ZG gegen mein Kind kamen. Ich kenne dieses vernichtende Gefühl, die Verzweiflung und dieses rabenschwarze Loch.

Und dennoch: Alibo, ich und so viele hier sind wieder gesund geworden. Und das wirst du auch. Man glaubt es nicht in einem Tief und sieht die Erfolge die man schon hatte, nicht mehr... als wäre alles weg. Aber das ist es nicht, das Licht kommt wieder. Da du kurz vor der Periode bist, ist das sicher auch ein großer Faktor, dass es dir gerade schlecht geht. Das ist sehr typisch. Aber glaub mir, es wird milder und besser.

[SaraGossa]

Danke Alibo für deine Worte ♡
Ich versuche in den Tiefs so wenig wie möglich "Leerlauf" zu haben...also immer irgendwie beschäftigt zu sein. Geh dann öfter spazieren mit meiner Mama oder Cousine, um irgendwie von meinen Gedanken abgelenkt zu sein. Manchmal auch schwimmen mit dem Kleinen, weil das laute Hallenbad mich gut ablenkt.
Ich habe auch andere Symptome aber muss sagen keines davon ist für mich so belastend wie die SG und die fehlende Lebensfreude. Ich hatte bis September eigentlich keine solchen Gedanken, dann kam das Abstillen und plötzlich eines Abends im Bett der Gedanke nicht mehr leben zu wollen, dann hatt ich sie an der Backe. Irgendwann konnte ich es relativ gut entwerten...Und bei der letzten Periode waren es eben plötzlich konkretere Gedanken wie: jetzt tu ich das...oder spring da runter. Das hat mich einfach extrem erschrocken, deshalb hab ich eben das 2.Medikament dazubekommen.
Ich spreche sehr offen darüber mit allen ja, meinem Freund und auch der Psychologin. Sie alle haben da keine Zweifel, dass es gut wird...sie sagen sie sehen meinen Lebenswillen. Und ich weiß es eigentlich ja auch, gerade deshalb machen mir die wohl so zu schaffen. Meine Psychologin sagt, ich wäre manchmal ein bisschen wie ein trotziges Kind so nach dem Motto: Ich will diese Gedanken nicht, die sollen jetzt sofort weg sein. Und das funktioniert natürlich nicht.
Sie sagt ich soll mir vorstellen wie alle "Männchen" im Gehirn noch verwirrt sind, nicht genau wissen was sie machen sollen, die Briefe in die falschen Fächer legen.. aber ich in der Mitte sitze und denke: Ihr wisst momentan noch nicht was ihr machen sollt, aber ich bin normal. Ich weiss wer ich bin. Ich weiss was ich will.
Und generell dass ich einfach etwas reales tun soll, wenn diese Gedanken kommen. Sie versuchen nicht als meine anzusehen, sie wertfrei zu sehen...sie zu Ende zu denken...immer viel in den inneren Dialog gehen...mich ein bisschen über sie lächerlich zu machen...hab vieles versucht. Hab der Angst und den ZG auch Namen gegeben Manchmal funktionierts und momentan gar nicht. Hoffe auch es gelingt mir irgendwann so wie dir♡

[SaraGossa]

Hey ihr 2,
Hab dann schlussendlich ein Tavor genommen und bin mit meinen Eltern spazieren gegangen. Wir waren in meinem LieblingsCafe und haben bei 19 Grad in der Sonne eine Käsesahne genossen♡
Mein Kleiner ist zu jedem Tisch hin und hat alle herzlich angelächelt, ich bin soooo stolz auf ihn.
Weiß nicht obs am Tavor lag, aber es war als ob die schlimmen Gedanken einfach an mir abprallen würden...herrlich!
Ich hab mich mal wieder gespürt, hab Quatsch gemacht und mich gerne unterhalten...nach dieser langen Durststrecke war das sowas von schön für mich♡♡
Jetzt gehts wieder ein bisschen schlechter aber mir egal...diesen Nachmittag kann mir keiner mehr nehmen. Gerne mehr davon

[alibo79]

Ach ich freue mich gerade für dich und drück dich ganz doll. Ich weiß, was das für eine unendliche Befreiung ist sich normal zu fühlen und was für eine tiefe Dankbarkeit und übermäßig glücklich sein das in einem auslöst.
Ich habe es auch so gemacht, ich versucht dieses gefühl ganz fest in mir zu behalten. Auch wenn es dann wieder schlechter wird. Ich habe mich an diese guten Momente ganz fest geklammert und konnte dann in schlechten Momente es mir immer wieder sagen und dran denken, es hat mir wirklich geholfen nicht zu tief in der abwärts Spirale nach unten zu kommen und mir wieder Mut zu machen ❤❤

[alibo79]

Übrigens was du geschrieben hast mit dem trotzigem Kind mit dem deine Psychologin dich verglichen hat. Hat mein Therapeut auch mal zu mir gesagt, bzw regelrecht mit mir geschimpft. Er sagte zu mir, hören sie auf sich gegen die Krankheit ganze Zeit zu wehren und dagegen zu kämpfen, es bringt nichts, sie müssen akzeptieren dass sie krank sind nur dann kommen wir in der Therapie weiter. Ich glaube er meinte es ähnlich wie bei dir, ich wollte nach 1,5 Jahre depressionen es einfach weg haben, was ja verständlich ist. Und habe mich dadurch total versperrt und das normale Leben nicht mehr zugelassen, meine Kinder abgelehnt usw. Erst als ich es akzeptiert habe und versucht habe meinen Weg zu finden bin ich weiter gekommen.

Ich wünsche dir, dass auch die nächsten Tage dir bisschen Frühling bringen und es etwas einfacher geht

[SaraGossa]

Danke sooo lieb von dir ❤ Das hat mir wirklich unheimlich Kraft gegeben gestern...war richtig stolz auf mich und hab das seit langem auch mal in mir gespürt. Heute geht es mir, dafür dass ich die Regel hab und vormittag ist, erstaunlich gut.
Das ist das 1.mal seit 3 Zyklen dass ich nicht komplett am Boden bin sondern mich sogar ein bisschen auf den Tag freue. Jetzt muss ich mich nur ein bisschen bremsen, ich möchte dann immer gleich Bäume ausreissen wenns etwas besser geht

Jaaa das mit dem Schimpfen der Therapeutin kenne ich gut...ich bin extrem stur, da hat sie dann schon oft etwas zu beissen bis ich etwas annehmen kann wie es nun mal ist. Bin da sehr froh wie gezielt und direkt sie mit mir arbeitet

[Marika]

Hallo!

Um diese schönen Momente besser zu verinnerlichen, habe ich ein Glückstagebuch geführt. Dort kam jeden Tag rein, was gut bzw schön war. Solche Momente wie du gestern Nachmittag hattest, sind so befreiend. Wenn man das dann noch niederschreibt, durchlebt man dieses Gefühl nochmal und es kann sich etwas im Gehirn verankern. Und in schlechten Phasen hilt es, zu lesen, was schon alles gut war.

Übrigens musste ich jeden Tag was aufschreiben, vom Psychiater angeordnet. An schlechten Tagen stand da manches nur drinnen: ich habe es geschafft zu duschen... ja, auch das ist Positiv...

[alibo79]

Sara, mir ging es auch oft so, wenn ich halbwegs oberwasser hatte, wollte ich immer gleich alles mögliche machen und erledigen, solange diese Phase anhielt. Manchmal habe ich mich dann auch ein bisschen übernommen. Aber ich denke wenn du dabei bisschen Balance hältst, ist es auch okay in solchen Momenten aktiv zu sein und es wirklich zu genießen, dass gibt dann wiederum neuen Mut und das Gefühl der Selbstsicherheit, dass man stärker als die Depression ist und das kann ja nur aufbauend sein

[SaraGossa]

Ach, es ist einfach nur gemein. Gestern Abend hab ich so eine Stärke und Stolz in mir gefühlt, habe so viel Liebe für meinen Freund und den Kleinen empfunden...wollte gar nicht dass der Abend aufhört. Hab mich wieder so auf meine Arbeit gefreut, an den Sommer Urlaub gedacht...mich richtig ICH gefühlt.
Und jetzt sitz ich wieder hier mit meinen schlimmen Gedanken...woher kommen die???? Ich versteh es einfach nicht. Denke dann immer an Leute, die sich das Leben genommen haben...und mein Hirn sagt: Ach, die Medikamente brauchst gar nicht mehr nehmen, du stirbst eh.
Wie soll man denn da bitte nicht erschrecken und die nicht bewerten....ich tu mich soo schwer, weil die Gedanken ja in MEINEM Kopf sind...wann hört das endlich auf....

[SaraGossa]

Das sind wieder diese fiesen ZG, da bin ich mir grad ganz sicher. Das Googeln wollen, die Gedanken irgendwie "neutralisieren" wollen, reinsteigern, nach Bestätigung suchen warum das nicht auf mich zutrifft. Nein, ich google nicht und lenke mich jetzt ab...

[Sems]

Neutralisiere nicht, nie, auch kein bisschen, kein nur kurz, einmal usw.

Das ist so heimtückisch. Weil es im Kopf ist, ich weiss. Solange man neutralisiert geht es weiter…

Das gestern Abend ist SUPIIII !!! So wird es ganz bald wieder öfter sein und dann auch länger bleiben. Das zeigt doch das es geht du bist noch da!!! Nur von ZG Wolken überschattet. Habe immer gedacht das ist so krass, das kann doch nie weg gehen, wirklich.
Und ich finde es ist das wichtigste von Betroffenen diese positiven Dinge zu hören.

Versprochen, du bist auf dem richtigen Weg !!! Richtig gut.