Ich brauche euren Rat/Erfahrung

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Lisa_
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Ich brauche euren Rat/Erfahrung

Beitrag von Lisa_ »

Da bin ich wieder…

mein letzter Post ließ mich ja selbst etwas hoffen aber seid 3 Tagen ist alles einfach so blöd. Wir waren auf einer Hochzeit und meine Freundin begleitete uns um uns die kleine etwas abzunehmen. Sie ist ja erst 3,5 Monate alt und ich befürchtete das ihr das alles etwas zu viel werden könnte wenn wir sie den ganzen Tag mitschleppen. Also ging meine Freundin ab und zu mit ihr in die gegenüberliegende Ferienwohnung.
Ich war zwar ständig da und schaute ob alles okay ist, keine Ahnung ob ich es tat weil ich die kleine vermisste oder um meiner Freundin nicht zu viel aufzubrummen. Jedenfalls hatte ich vor solchen Momenten immer Angst. Ich hatte immer Angst sie abzugeben und sie nicht zu vermissen. Und genau das ist eingetroffen. An dem Tag war es aber auch noch okay für mich.
Nächsten Tag, also gestern, war unsere kleine dann völlig drüber und hat nur geschrien. Ich war schon wieder so überfordert und aggressiv (nicht ihr gegenüber. Glücklicherweise gehören so böse Gedanken meinem Kind gegenüber nicht dazu, dafür ja genug anderer Mist) und ich wäre am liebsten schreiend weggelaufen. Ich kann es nicht mehr hören.. ihres ständiges Geschrei… schon wenn sie damit beginnt, beginne ich sie zu „hassen“. Wisst ihr was ich meine? Während ich hier diese Zeilen schreibe, könnte ich weinen.

Als sie während ihres Nachtschlafs am Abend dann wach wurde, hab ich mich zu ihr gelegt und sie gekuschelt. Ich hab sie auf mir genommen und ihre Nähe genossen. Es war mir egal das ich eigentlich total unbequem lag, ich hab einfach diesen Gefühl gemocht was ich in diesem Moment empfand.

Aber nun, die Nacht nahm dann wieder einen furchtbaren Lauf. Wir haben kaum Schlaf bekommen und ich bin einfach nur so müde. Sie will einfach kaum schlafen, was natürlich bedeutet das sie super quengelig ist und nur brüllt. Und schon beginne ich wieder sie zu „hassen“.

Wieso überfordert mich das so sehr? Ich hab keinerlei Geduld. Ich möchte sie doch einfach nur lieben können. Vielleicht könnte ich dann alles mit anderen Augen sehen… bitte verurteilt mich nicht…
Vielleicht kennt ja jemand diesen Chaos an Gefühlen und kann mir seine Erfahrung mitteilen…
Ich denke mir jeden Tag, sie ist nun schon 3,5 Monate… wann wird es endlich so wie es immer alle sagen und wann komme ich endlich in meiner Rolle als Mama an… :(
alibo79
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Re: Ich brauche euren Rat/Erfahrung

Beitrag von alibo79 »

Hey Lisa, es ist wirklich total normal was du fühlst. Ich empfand diesen Schlafmangel auch als extrem belastend, ich wollte einfach nur mal eine Nacht durch schlafen und morgens frisch aufwachen. Es gibt Menschen die können besser mit wen7g Schlaf auskommen und Menschen die brauchen ihre Ruhe nachts. Bei mir war es so, dass ich schon in den Schwangerschaften schlecht geschlafen habe und danach nachts immer verantwortlich war, da ich gestillt habe. Nach 2,5 Jahren ohne richtig Schlaf bekam ich ja die PPD, zu meinem Unglück auch mit schweren schlafstörungen, ich habe somit fast 3 Jahre am Stück nicht richtig geschlafen. Seitdem ist mir mein Schlaf sehr wichtig und ich bin auch wirklich übel gelaunt wenn der gestört wird. Meine Kinder wissen das und inzwischen ist mein Mann nachts die Anlauf Stelle.
Es ist also völlig okay und normal von einem heulendem, brüllendem, schreienden Baby, Kind genervt zu sein. Es ging und geht mir genauso. Ich denke daran wenn ich nach einem anstrengenden Tag bei meinen Kindern am Bett saß und die beiden nicht schlafen wollten, da hätte ich auch so oft am liebsten Reis aus genommen.
Was mir immer gut getan hat, wenn ich sie mal abgegeben konnte zb bei Großeltern oder mein Mann sie mal ins Bett gebracht hat, was wirklich sehr selten der Fall war aufgrund seiner Arbeit. Ich habe es so genossen und bin wieder richtig aufgeblüht.
Hast du die Möglichkeit, Zeit für dich zu haben, das hilft oft schon ganz gut?!
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
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Marika
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Re: Ich brauche euren Rat/Erfahrung

Beitrag von Marika »

Hallo!

Auch ich kenne das und ganz viele andere Mamas die ich kenne ... auch ohne PPD. Es ist völlig normal dass dich dein schreienden Baby nervt, dass du das nicht aushälst und am liebsten weg willst. Das ist eine ganz normal menschliche Reaktionen, besonders beim eigenen Kind. Es konnte gemessen werden, dass bei Eltern von schreienden Babys der Stresslevel so hoch ist, wie in keiner anderen Situation. Die ganz normale menschliche Reaktion darauf ist: Flucht, Gereiztheit, Wut... in dem Moment vor Liebe zu vergehen ist nicht möglich. Wir Frauen denken nur immer, dass es so sein muss... nein, eben nicht. Du verlangst etwas von dir, dass unmöglich ist.

Du brauchst Entlastung, du sollst das nicht alleine stemmen. Du brauchst genau so Schlaf wie jeder Mensch... wie sollst du ohne auch noch gute Laune und Liebe spüren?

Mein Sohn war zwar sehe pflegeleicht, aber wenn er traurig mal schrie, hat mich das maßlos überfordert. Ich bekam richtige Angstattacken, wollte nur noch weg, genervt und wütend.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
alibo79
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Re: Ich brauche euren Rat/Erfahrung

Beitrag von alibo79 »

Genau Marika, es ist wirklich so, dass der dauerhafte Stress Level bei Müttern , egal ob das Kind gut drauf ist oder nicht, höher ist, als in jedem stressigen Beruf, höher zb als bei Ärzten in der Notaufnahme oder zb extrem gestressten Managern. Das muss man sich wirklich vor Augen halten, was man da als Mutter alles kompensieren muss. Deswegen ist Ausgleich mit Zeit für sich so wichtig!!
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
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Mammsie
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Re: Ich brauche euren Rat/Erfahrung

Beitrag von Mammsie »

Mir ging/geht es auch so.
Jedes Mal in der Nacht, wenn ich das Babyphone knistern hörte, stolperte mir schon das Herz und ich dachte "oh nein, nicht schon wieder, ich halte das nicht aus!". Ich war immer zuerst wach, mein Mann hat den seligsten Schlaf der Welt und ich hatte furchtbar unter dem Schlafmangel gelitten. Oft war ich dann auch sauer auf meinen Mann, der immer so tief schlief und ich war dann halt wach und fand auch nachdem Kind geschlafen hat, keine Ruhe mehr. Das war so ein Stress, ich glaube mit meinem Adrenalin hätte ich Rennautos antreiben können. Aber das geht auch vorbei, der Schlaf kommt, das Geschrei endet. Dann sind diese fiesen Spitzen weg und du hast mehr Zeit zum Regulieren.
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