Leide ich vielleicht an PPD?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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MelKrieko

Leide ich vielleicht an PPD?

Beitrag von MelKrieko »

Hallo zusammen,

ich bin neu in diesem Forum und glaube, dass ich an einer Art Depression leide, nur weiss ich nicht, ob es wirklich PPD ist.

Ich habe vor 6 Monaten meinen Sohn zur Welt gebracht, hatte eine etwas problematische Schwangerschaft mit Blutungen in den ersten drei Monaten, dann Blutdruckprobleme und gegen Ende noch Schwangerschaftsdiabetes. Also die ganze Palette ! In den ersten acht Wochen nach der Geburt ging es mir sehr gut, bis auf den berühmten Babyblues. Nach acht Wochen musste ich direkt wieder Vollzeit arbeiten, und mein Zustand hat sich seitdem mehr und mehr verschlechtert. Seinen Höhepunkt habe ich in den letzten vier Wochen erreicht, nach zwei Wochen Urlaub...

Ich bin seit Oktober 2004 mit meinem Mann verheiratet, liebe ihn sehr, bin sehr glücklich und habe eigentlich alles, was ich mir wünschen kann.
Was ist also mein Problem? Was sind meine Symptome ? Na ja, ich weiss auch nicht so genau. Anfangs hatte ich diese hier oft geschilderten Zwangsgedanken gegen mein Kind. Ich könnte ihm was antun. Die sind jetzt aber weg.

Dafür habe ich die allerschlimmsten Gedanken, die ich mir vorstellen kann: ich stelle mir immer wieder vor, Kontakt mit meinem Exfreund aufzunehmen, den ich schon sechs Jahre nicht gesehen, geschweige denn gesprochen habe. Ich habe den Kontakt damals abgebrochen und mich von ihm getrennt, bin in ein anderes Land gezogen etc., da ich mich von ihm sehr bedroht gefühlt habe, er ließ mich einfach nicht in Ruhe, immer wieder Anrufe, Klingeln an der Tür, Bedrohungen mir und meiner Familie gegenüber, bis zu Handgreiflichkeiten, kurzum: ich hatte panische Angst vor ihm und diese Beziehung war das schlimmste, was ich jemals erlebt habe.

Na ja, deshalb verstehe ich diese komischen Gedanken nicht. Ich muss immer wieder im Internet unter seinem Namen schauen, ob es ihn irgendwo gibt. Und jetzt habe ich tatsächlich was von ihm gefunden, mit Email-Adresse, und hab seitdem diesen Gedanken, der immer wiederkehrt, ihm zu schreiben, zu fragen wie gehts dir etc. Aber ich habe solch eine Angst davor, vor den Konsequenzen, vor meinen Gefühlen, vor Terror meiner Familie gegenüber etc. Hab mich schon gefragt, wieso kommt das jetzt hoch, habe ich es all die Jahre zu sehr verdrängt ? Ich habe anfangs versucht, diesen Zwang, täglich nachzuschauen, zu verdrängen, doch komme ich einfach nicht dagegen an. Und wenn ich mir vorstelle, wie es wäre, wenn ich den Gedanken ausführe, bekomme ich schier wieder diese panische Angst, die ich damals bei unserer Trennung empfunden habe. Ganz zu schweigen von meinem schlechten Gewissen. Meinem Mann gegenüber, meinem Kind gegenüber. Wie würde ich mich fühlen, wenn mein Mann andauernd an seine Ex denken würde ?
Was ist mit mir los ? Ich will das alles nicht ...

Sind das denn auch Zwangsgedanken ? Haben sie sich vielleicht einfach nur verlagert ? Ich hatte auch schon einen Arzttermin bei einer Psychologin vereinbart, nachdem ich mit meinem Frauenarzt gesprochen hatte. Ich blöde Kuh hab ihn sausen lassen, weil ich nicht aus dem Büro weg konnte und es mir auch an dem Tag ja viel besser ging. Und musste eh schon vier Wochen auf diesen warten...

Vielleicht könnt ihr mir helfen ? Wem ging es ähnlich ?

Besten Dank
eine heute wieder sehr sehr verwirrte Mel
Blancanieves

Beitrag von Blancanieves »

Hallo!

Ich würde sagen: Du versuchst dich irgendwie fertig zu machen, und das ist typisch für eine Depression. Wenn man unter depressiven Verstimmungen leidet, vesucht man irgendwie sich selbst weh zu tun.... für mich bedeutet DEPRESSION= SELBSTZERSÖRUNG...

Du versuchst mit diesem Gedanke, dir weh zu tun, du weißt, dass es schlimm war und dass es dir Angst macht und trotzdem dein anderes "ICH" versucht deinem Leben kaputt zu machen, alles, was dir heilig ist, kann darunter leiden... Ich würde dir raten, eine Therapie zu machen und wenn es dir plötzlich wieder gut gehen sollte, breche die Therapie nicht ab, mach weiter. Eine gute Therapie kann dir helfen dich richtig kennen zu lernen.

Alles Gute wünscht dir Blancanieves
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo,

ich würde dir auch raten, einen Therapeuten auf zu suchen. So wie du das beschreibst, denke ich schon, dass es sich um eine Art "Zwangsgedanken" handelt. Du schreibst eh, dass du "zwanghaft" im Internet suchen "musst". Da du ja am Anfang ZG gegenüber deinem Kind hattest, könnten die sich jetzt verlagert haben.

Diese "Zwanghafte" kann man aber sehr gut behandeln. Es wäre schon möglich, dass es sich auch um PPD handelt - deshalb wäre ein Fachmann/Fachfrau da die richtige Ansprechsperson.

Bitte lass dir helfen, denn du merkst ja selber, wie du leidest. So ist dein Leben doch nicht geplant gewesen, mit so einem Leidensdruck, oder? Ãœberwinde dich und hol dir einen Termin bei einem Psychologen oder Psychiater. Du wirst eine enorme Erleichterung erfahren.

Lass wieder von dir hören, wie du dich entschieden hast, ja!!!!!!

Ganz liebe Grüße
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
MelKrieko

Beitrag von MelKrieko »

Hallo Ihr beiden,

bin richtig froh, dass Ihr Euch auf meine Frage gemeldet habt. Jetzt sitze ich hier vor meinem Rechner auf der Arbeit und zittere total ! Vielen lieben Dank, ich wusste gar nicht, dass es so einem so gut tut, mit anderen darüber zu reden. Ich traue mich kaum, mit jemandem darüber zu sprechen. Hab mal das Thema ab und zu mit meinem Mann besprochen (diese angstvollen Gedanken an meinen Ex), aber trau mich kaum zuzugeben, dass es im Moment wieder so schlimm ist.

Ich denke auch, es wird langsam echt Zeit, was dagegen zu unternehmen. Ich habe auch schon oft gehört, dass durch eine Geburt unverarbeitete Sachen wieder hochkommen können. Und dazu zählt auch die Sache mit meinem Ex, denn ich hab es immer verdrängt ! Ich muss dazu noch sagen, dass wir beide vor acht Jahren - mensch schon so lange her - einen sehr sehr schlimmen Autounfall hatten, bei dem er sehr schwer verletzt wurde (Hirnverletzung, Koma, danach totale Agressivität und veränderten Charakter etc.) und ich nur gaanz leicht (Gehirnerschütterung). Was ich auch noch nie richtig verarbeitet habe. Beides gehört irgendwie für mich zusammen: Unfall und Exfreund...

Am Anfang - kurz nachdem ich wieder angefangen habe zu arbeiten - hatte ich echt schlimme Zwangsgedanken gegenüber meinem Baby: beim baden dass ich ihn in der Wanne ertränken könnte, mit dem Kopf gegen den Türrahmen wenn ich durch die Tür ging usw. Das fand ich auch schon seeehr schlimm. Hab auch oft geweint deswegen. Hatte ein super schlechtes Gewissen, dass ich arbeiten gehe und tagsüber nicht für mein Baby da sein kann. Und jetzt diese komischen Gedanken....

Also ich denke auch, ich sollte dringend was dagegen unternehmen ! Würdet ihr eher zu einem Arzt in die Sprechstunde gehen oder kann man auch in eine Klinik, wenn die ambulante Sprechstunden anbieten ? Viele Ärzte haben hier lange Wartezeiten (mindestens vier Wochen). Oder kann ich mir auch einen aus der Ärzteliste hier raussuchen ? Wie seid ihr vorgegangen ?

Ich bin froh dass es dieses Forum gibt und man sich hier austauschen kann ! Bitte schreibt weiter !!!
LG
Melli
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Marika
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Beitrag von Marika »

Hallo Meli!

Ich finds toll, dass du jetzt was tun willst - SUPER!!!! Also ich würde mal hier in der Liste schauen, ob ein Therapeut in deiner Nähe dabei ist. Ich selbst bin zuerst zu meinem Hausartz gegangen, der mich dann zu einem Psychiater überwiesen hat. Da bekam ich dann innhalb von 3 Tagen einen Termin, dank der Überweisung geht es dann recht schnell!!!!

Du hast absolut recht - durch eine Geburt brechen sehr viele Dinge wieder auf, gerade auch solche, die nicht verarbeitet wurden. Meine Hebi hat mir immer wieder gesagt, dass eine Geburt eine absolute Ausnahmesituation ist - vor allem auch die Zeit dananch! Nicht nur der Körper öffnet sich, um das Kind zur Welt zu bringen, sondern auch die Seele und man ist in jeder Hinsicht "offen, wund und verletzt". Und Körper und Seele brauchen Zeit um wieder zu heilen.

Ich selber bin vor 7 Monaten an der PPD erkrankt - so alt ist auch mein Liebling. Ich litt unter schweren Angst-und Panikattacken, so wie furchtbaren ZG meinem Noah gegenüber. Ich wollte einfach tot umfallen, um das alles nicht mehr ertragen zu müssen. Glücklicherweise habe ich sehr schnell ärztliche Hilfe geholt und mache nun seit 6 Monaten eine Psychotherpie und nehme Antidepressiva. Und es geht mir jetzt endlich wieder sehr, sehr gut. Ich bin sicher noch nicht ganz gesund, aber ich bin auf dem Weg.

Liebe Meli, mach dich auch "auf den Weg", komm mit uns in Richtung "Gesund werden". Wir alle hier gehen zusammen und so ist alles leichter. Du wirst sehen, wenn du erst Mal den Schritt zur Terminvereinbarung gemacht hast, wird es aufwärts gehen! Versuchs doch gleich mal heute noch, ja!!!!

Sei umarmt!!!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Ava

Melli, Du schaffst das!

Beitrag von Ava »

Hallo Melli,

bitte suche Dir Hilfe, denn die brauchst Du, such´ Dir eine Therapeutin oder einen Therapeuten, zu dem Du eine gute Beziehung aufbauen kannst. Tu´ alles, damit diese selbstzerstörerischen Kräfte nicht weiter Besitz von Dir ergreifen und Dein Leben und Dich mit zerstören.....
DAS IST EINE WASCHECHTE DEPRESSION, DAS BIST NICHT DU!
Ich weiß, wovon ich rede, denn ich kämpfe auch gegen die selbstzerstörerischen Impulse....also mach´ Dich auf die Socken, und Du kannst immer hierher kommen, wir alle kennen das, was Du fühlst, in der einen oder anderen Form, die Zerstörung kommt bei jeder von uns in einem anderen Gewand, wir dürfen sie nicht in unser Herz hineinlassen...
Ich wünsche Dir viel Kraft, Du schaffst das!

Ava
Carlotta

Beitrag von Carlotta »

Hallo Melli,
na, da hast Du aber schon viel mitgemacht, die ganze SS und dann gleich wieder arbeiten. Und dann noch die Geschichte mit dem schweren Unfall. Da ist sicher "vieles in deiner Seele liegengeblieben". Auch mich hat´s nach der Geburt meiner 2. Tochter erwischt: meine alte Angsterkrankung ist "zurückgekommen" und hat mich auf ein paar Dinge aufmerksam gemacht. Denn auch, wenn Du es jetzt kaum glaubst, aber so eine Krankheit bringt auch am Ende viel positives mit sich: sich selbst kennenlernen, Dinge gerade rücken, für sich selbst stehen usw. Ich hatte beim 2mal ja Gott sei Dank schon meinen "alten Therapeuten", der mich auch gleich dran genommen hat. Das erste Mal hab ich einfach in die Gelben Seiten geschaut und rumtelefoniert, man muss nur etwas hartnäckig sein, manchmal, und auf den Ernst der Lage hinweisen, dann geht´s auch schneller mit Terminen. Liebe Melli, Kopf hoch, Du hast den ersten Schritt gewagt, ab jetzt geht´s in Richtung Gesundwerden. Viele Grüße Charlotte P.S. Der Lieblingsspruch meines Therapeuten: Lass die Angst nicht über Dein Leben bestimmen. Sondern Dein Leben über die Angst :)
MelKrieko

Beitrag von MelKrieko »

Hallo Ihr lieben,

danke für Eure Antworten. Das tut so gut !!!
Ich habe mir mal hier auf der Seite die Liste der Ärzte vorgenommen, aber entweder nehmen sie keine Patienten mehr auf oder es kommt ein Anrufbeantworter. Na ja, ich muss halt hartnäckig dran bleiben ... Hab für nächste Woche einen Termin bei einer Homeopathin bekommen (auch von der Liste), ist aber ziemlich teuer und wird ja von der Kasse wohl nicht übernommen !

Sagt mal, muss ich damit nicht eher zum Psychologen, Psychiater oder zu einem Psychotherapeuten ? Ich kenn mich da ja gar nicht so aus.
Hab mal im Internet recherchiert, es gibt in Köln (wo ich herkomme) auch eine ambulante psychiatrische/psychologische "Notfall"-Sprechstunde in der Uniklinik. Ist das auch empfehlenswert ? Ich könnt mich in den Hintern beissen, dass ich den Termin vor zwei Wochen habe platzen lassen !

Hab auch gerade mit meinem Mann telefoniert und ihm von meinem Tief diese Woche erzählt. Er meinte auch, ich sollte schnell was daran ändern.

Ich glaube, meine Seele will mir damit ein Zeichen geben: ich soll jetzt - wo ich Mama bin - endlich damit anfangen, den alten Balast (Unfall, Exfreund) aus dem Weg zu räumen. Also packen wirs an ! Bin total motiviert. Dank Euch !!!

LG
Melli
Anke
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Beitrag von Anke »

Hallo Melli,

an Deiner Stelle würde ich zu einem Facharzt, einem Psychiater, gehen. Er entscheidet dann auch, ob für Dich parallel eine (Verhaltens-/Gesprächs-)Therapie sinnvoll ist. "Nebenher" kannst Du ja noch zur Heilpraktikerin gehen.

Alles Gute für Dich und schnelle Besserung - Du wirst wieder gesund!
Viele Grüße von Anke

"Die Zeit heilt alle Wunden..."
MelKrieko

Beitrag von MelKrieko »

Juchu, ich war erfolgreich ! Habe nächsten Mittwoch einen Termin bei einer Ärztin in Bonn, die auch hier auf der Liste war. Hab dort auf dem AB wohl etwas verzweifelt geklungen und sie hat mir einen Termin gegeben. Muss dann zwar von Düsseldorf (wo ich arbeite) nach Bonn, aber das ist mir egal ... Wow, der erste Schritt ist getan.
Mir ist ganz mulmig zumute und hab auch ein bissl Angst, das alles aufzuarbeiten, aber ich muss da jetzt ran.
Wollte ich Euch nur berichten.
LG muss mal wieder was tun
Melli
Blancanieves

Beitrag von Blancanieves »

Hallo Melli!!!

Das ist das Beste was du für dich und deiner Familie machen kannst!!
Es geht um dein Leben, also keine Angst.. Augen zu und durch...

Berichte uns dann wie deine erste Stunde verlaufen ist, ja???!!!


Bis bald und gib alles!!!

Gruß, Blancanieves
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Marika
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Beitrag von Marika »

Herzlichen Glückwunsch liebe Meli!!!!

Das hast du ganz toll gemacht - Respekt, Respekt meine Liebe! ;-)

Du wirst sehen, ab jetzt geht es aufwärts und du wirst wieder ein schönes Leben führen können - ohne diese aufdringlichen Gedanken!!!!

Ich freue mich sehr für dich - meld dich wieder und sag uns, wie es war, ja!!!!!

Ganz liebe Grüße
Liebe Grüße von
Marika

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