Das Glück der Anderen

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9998
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Hallo ihr,

vielen Dank für die zahlreichen Antworten und fürs "mitfühlen".

Unsere Erkrankung ist/war schwer und ich denke es wird wohl immer mal Momente geben, wo wir zurück denken, wehmütig werden und nochmal Reveu passieren lassen. Es ist menschlich, bin ich der Meinung, auch wenn es "nicht nötig" oder "sinnlos" erscheint. Natürlich ist es das, aber es ist halt eben wohl auch sehr menschlich.

Dass mit der Fassade stimmt zu 100 % und ich ich wußte das auch in dem Augenblick, als ich das "Glück der Anderen" sah. Auch dort wird es Augenblicke geben, die weniger schön sind. Trotzdem kam die Wehmut.

Aber mir ist wiederrum durch die Wehmut auch wieder mal klar geworden, wie sehr ich auch entschädigt wurde in weiterer Folge. Ich durfte nach der Erkrankung schon so unendlich viele schöne Momente und Glücksgefühle empfinden, dass ich nur noch dankbar bin.

@Starrynight: das kenne ich: auch von mir hatten die anderen damals das Bild der glücklichen Mama, aber in mir tobte die Angst. Es ist jetzt grad auch "Jahrestag" meiner Erkrankung - war vor 8 Jahren im Juni....
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
starrynight

Beitrag von starrynight »

Das ist echt anstrengend, hast du so auch empfunden marika?
Wenn man mit bekannten spricht und eben versucht das aufzuklaeren dass es einem eben NICHT so geht und nicht alles supi-dupi ist... ganz oft musst ich feststellen, dass sie mir garnicht wirklich glauben wollten "du??.. Du hast doch immer die ruhe weg.."
:roll:

heute morgen hab ich mit meiner besten freundin gesprochen. wir kennen uns seit der geburt unserer jungs. sie ist in meinem umfeld irgendwie die einzige bei der ich weiss, dass ich alles sagen kann und sie mich einzuschaetzen weiss. Ich weiss nicht mehr wirklich wie wir darauf kamen, aber ich erzaehlte ihr von dem not-ks damals und was da im klinikum so alles schief gelaufen ist.

Die tragweite solcher einschneidenden erlebnisse sind der aussenwelt nicht klar. diese "ahas" die dann zurueck kommen, finde ich, lindern ein bisschen den schmerz den die erinnerung aufwirbelt. heute vor 9 jahren war ich schwanger mit meiner grossen. ich hab es geahnt - aber meiner intuition nicht nachgegeben.

So schlimm es ist - irgendwo bin ich froh, dass mir das jetzt nochmal passiert ist und ich die zeit jetzt unbeschwehrter erleben kann als damals.
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9998
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

Ja, für mich war es auch so anstrengend, "glücklich" zu sein. Bis ich mich ein bissl sagen traute, dass es soooo toll gar nicht ist, hats gedauert. Als ich dann später ganz offen darüber reden konnte, ist eigentlich allen der Mund offen stehen geblieben. Zum einen weil viele gar nicht wissen, dass es die PPD/PPP überhaupt gibt, zum anderen weil ich anscheinend das Bild der "tollen Mama" abgegeben hab. Erst als ich mich outen durfte, ging schon mal viel von dieser "Anstrengung" mit einem Ruck weg - das war echt eine Erleichterung.

Es ist gut, dass du eine Freundin hast, der du dich öffenen kannst. Und es lindert den Schmerz tatsächlich etwas. Auch ich hatte damals so eine "Vorahnung", dass die mir aufgedrängte natürliche Geburt für mich nicht gut verlaufen wird. Ich hatte immer schon furchtbare Panik vor der Geburt und hätte gerne einen Wunschkaiserschnitt gehabt - ich weiß, dass ist für viele unverständlich, aber es war bei mir einfach immer schon so. Ich hatte dann die natürliche Geburt - sie war schlimm, das schlimmste war die unfähige Hebamme. Der folgende Notkaiserschnitt war eine Erlösung für mich, hat aber die schlimme Erfahrung der ganzen Stunden davor nicht löschen können. Erst mit meiner Nachsorgehebamme konnte ich die traumatische Geburt nochmal durchleben, durchatmen... das war ein ganz ergreifendes Erlebniss, bei dem sehr viele Tränen geflossen sind. Sie hat mir dann auch die Kaiserschnittnarbe "entstört" - nach TCM - also nach der traditionellen chinesischen Medizin.

Ich glaube viele unterschätzen, was eine "ungünstige Geburt" in einer Frau auslösen kann, neben dem Hormonsturz!!!! :shock:
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
rowan

Beitrag von rowan »

Liebe Marika!
Ich kann Deine Gefühle gut verstehen.Auch ich bin manchmal traurig,wenn ich an die versäumte Zeit mit meiner Tochter denke.Hatte mir vor 6 Jahren ja alles ganz anders vorgestellt.
In unserem Freundeskreis gibt es momentan viele Babys und meine Tochter fragt jetzt auch häufig danach,wie es war,als sie so klein war.Ich erzähle ihr dann,wie süß sie war und wie sehr wir uns gefreut haben.Aber wenn wir dann Fotos aus der Zeit meiner PPD anschauen,sehe ich eben nicht eine strahlende Mama,sondern eine erschöpfte,traurige Frau.Und das tut nach all der Zeit noch weh.Auch und gerade weil ich nun eine wirklich glückliche Mama bin.
Viele liebe Grüße und ich wünsche Euch allen einen schönen Tag.Rowan
Schnuti33

Beitrag von Schnuti33 »

Marika, das wäre ein echt guter Titel für ein Buch oder Film. Ganz ehrlich gemeint (y)
starrynight

Beitrag von starrynight »

Das mit dem wunschkaiserschnitt ist in der tat so ne sache - einerseits kann ich das nicht nachvollziehen! Andererseits kann ich das voll und ganz verstehen!
Ich weiss gern genau was sache ist, das wann, das wo, wielange usw. das schlimmste an der "geburt" war fuer mich, dass ich es 1. Nicht planbar ist und 2. Das alles passieren kann.
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9998
Registriert: 04:06:2005 16:05

Beitrag von Marika »

@Schnuti: War jetzt echt verblüfft über ein Statement, aber irgendwie könnte man da wirklich so verwenden. Nun, da ich wohl nie einen Film drehen oder ein Buch schreiben werde, könnte ich mir den Titel patentieren lassen und ihn verkaufen... :wink: :lol:

@roawn: Danke auch dir - wir fühlen also so ziemlich das gleiche, die meisten jedenfalls. Es ist schön, verstanden zu werden.

@starrynight: Ich sehe das auch so, vielleicht habe ich deshalb immer so eine Angst gehabt.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Antworten