Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Pippilotta

Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Pippilotta »

Hallo ihr Lieben!

Ich erwarte in ein paar Tagen mein zweites Kind und hab seit gestern von jetzt auf gleich solche Panikattacken gehabt, dass wir in die Notaufnahme gefahren sind. Die ganze ss über hatte ich nix. Gestern fing ich dann an mir Gedanken zu machen und mir lebhaft vorzustellen, wie überfordert ich nach der Geburt mit einem Baby und einem Kleinkind sein werde. Plötzlich war ich wieder in dem Gedankenkreisel, dass ich das alles nicht möchte und hab wieder alles in Frage gestellt. Es war wie nach der ersten Geburt, nach der ich mich bei jeder Tätigkeit nach dem Sinn gefragt habe. Da saß ich nun gestern und kam nicht mehr raus und hab mich immer mehr reingesteigert. Ich dachte immer, meine Tochter und mein Mann, die mich unglaublich glücklich machen, reichen aus, um mir nie wieder die Sinnfrage stellen zu müssen. Gestern hab ich mich beim Spielen mit meiner Tochter gefragt, was das denn noch alles bringt und hab wie automatisiert mit ihr gespielt.
Ich bin wohl der lebende Beweis dafür, dass es gefährlich ist, nach einer ppd keine Therapie zu machen, weil ja alles gut und es einem selbst gut geht (durch cipralex 40mg, abgesetzt vor anderthalb Jahren). Leider habe ich dadurch nie gelernt, aus der Gedankenspirale auszubrechen.
Die Psychologin in der Notaufnahme sagte, ich kann wegen der Schwangerschaft noch keine Tabletten nehmen, sondern erst nach der Geburt. Nun sitze ich Zuhause, warte, dass es los geht und versuche mich zu beruhigen, was aber nicht wirklich gut klappt. Das große Problem ist eben, dass ich nicht mal in der Lage bin, mich um meine Tochter zu kümmern, wenn ich die Panikattacken habe. Es ist grad zum verzweifeln dieser Zustand, die Geburt abzuwarten und genau zu wissen, dass es danach wieder so wird wie nach der Geburt des ersten Kindes. Auf der Entbindungsstation weiß man schon Bescheid, die schicken direkt nach der Geburt einen Psychiater zu mir, der mit mir die weiteren Schritte bespricht.
Ich werde mich heute noch um einen Therapieplatz bemühen. Die Wartezeiten liegen überall ca bei einem halben Jahr.

Hat jemand einen Tipp, wie ich die Zeit bis zur Geburt überbrücken kann, ohne verrückt zu werden?
Es tut mir wirklich leid, ich lese viel hier mit, aber beteilige mich selbst kaum und schreibe fast nur, wenn es mir nicht gut geht.

Liebe Grüße
Pippilotta
Astrid77

Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Astrid77 »

Hallo! Tja, wie soll man Zeit überbrücken? Ich konnte bei Panikattacken, die bei mir irgendwie durchgehend dauernd waren am Anfang, auch nicht TV sehen oder lesen. Sehr gut ist raus gehen, spazieren gehen, oder sobald die Attacke kommt, das Zimmer verlassen in dem man gerade ist und woanders hingehen und irgendwas tun. Küche aufräumen, Wäsche falten... irgendwas findet sich zu Hause immer. Ich hatte den Eindruck dass die Gedanken ein bisschen weniger kreisen, sobald ich mich bewegt habe. Ist ja auch klar, darum sitzt man beim Meditieren ja, damit man sich besser konzentrieren kann.
Du schreibst ja, du hast mechanisch mit deinem Kind gespielt, aber immerhin hast du weitergespielt, das war das beste, was du hättest tun können. Dass du im KH vorgesorgt hast und gleich nach der Geburt Betreuung bekommst gibt doch auch schonmal Sicherheit? Ja und die Therapie- bzw. Kurplätze sind mit Wartezeiten verbunden, dafür hatte ich selbst auch keine Geduld. Aber bei akuten Schüben mit Panikattacken kannst du auch im Krankenhaus aufgenommen werden, wo du versorgt wirst.
Nepal

Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Nepal »

Hallo Pippilotta,

es tut mir leid, dass es dir im Moment schlecht geht. In meinen schlechtesten Tagen habe ich meine Sachen gepackt und bin zu meinen Eltern gefahren, mir ging es besser, wenn ich nicht alleine war. Vllt. sind Familie und Freunde in deiner Nähe? Oder rausgehen, mit dem Kinderwagen laufen laufen laufen, sofern es dir kurz vor der Geburt denn möglich ist.

Ansonsten hat mir meine Therapeutin ein Buch empfohlen: Nur Mut! Das kleine Überlebensbuch: Soforthilfe bei Herzklopfen, Angst, Panik & Co. von Claudia Croos-Müller. Da sind 12 Soforthilfe-Übungen drin. Muss gestehen, dass ich die Übungen selbst nicht angewandt habe. Aber vllt. hilft es dir etwas.

Alles Gute
Nepal
kitty

Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von kitty »

Hallo Pippilotta,

auch mir tut es leid, dass es dir momentan so schlecht geht. Kann deine Gedanken und Gefühle gut verstehen.
Du darfst dir aber jetzt nicht sagen, hättest du damals eine Therapie gemacht, dann wäre die Situation jetzt nicht so. Das weißt du nicht. Ich bin seit Mai diesem Jahres bei einer Psychotherapeutin - und das hat bis jetzt leider noch nicht den Durchbruch gemacht bei mir. Leider.
Versuche dir selbst Mut zu machen - DU hast es schon einmal geschafft aus diesem Loch raus zu kommen und DU wirst es jetzt auch wieder schaffen.

Gestern habe ich mich in einer Tagesklinik vorgestellt und da hat mir der Arzt u.a. gesagt, dass es event. besser gewesen wäre ich hätte in der Schwangerschaft schon Medikamente genommen (ich hatte in der Vergangenheit schon depressive Phasen - aber das war nichts im Vergleich was nach der Geburt mit mir passiert ist). Daher war mein erster Gedanke, dass es bei dir vielleicht doch schon besser wäre du fängst mit Medikamenten schon an. Deine Ärzte haben dir aber was anderes geraten.

Wie dir auch schon geraten wurde, versuche raus zu gehen, das schöne Wetter noch genießen. Ja ich weiß, ist nicht so einfach. Ich kann das schöne Wetter auch nicht genießen. Merke aber, wenn ich wieder nach Hause komme, dass es gut war, das ich draussen war. Versuche auch Entspannungsübungen zu machen. Tief durch atmen.

LG
Sandra
Pippilotta

Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Pippilotta »

Hallo!

Danke für eure Antworten! Nach anderthalb Stunden rumtelefonieren habe ich nur einen Therapeuten gefunden, der mich auf die Warteliste geschrieben hat und mir in 8-9 Monaten eine Therapie anbieten kann. Selbst das Ausbildungszentrum für Verhaltenstherapeuten, an das mich ein lieber Arzt weitergeleitet hat (mit den Worten, dort bekomme ich schneller einen Termin, weil das ja die Therapeuten in Ausbildung sind) hat keinerlei Kontingente. Nicht mal eine Warteliste. Meine Schwester ist studierte Psychologin und hat damit nicht gerechnet. Sie hatte mir das auch vorgeschlagen, es mal dort zu probieren.
Also verlasse ich mich nun darauf, dass erst einmal wieder das AD wirkt nach der Geburt? Ich muss ja funktionieren als Mama von zwei kleinen Kindern!
Es ist aber wirklich beruhigend zu wissen, dass ich noch in der Klinik psychologisch betreut werden kann. Ich hab mir auch die Geburtsstation extra ausgesucht, weil auch dort eine gute Betreuung gegeben ist seitens der Schwestern. Trotzdem bricht in mir Panik aus, wenn ich daran denke, in (hoffentlich) ein paar Tagen mit dem Neugeborenen Baby wieder ganz allein dazusitzen im Krankenhaus, in dem sterilen Zimmer. Obwohl ich weiß, dass das quatsch ist, weil ich eben nicht allein bin und jederzeit Unterstützung von den Schwestern bekommen kann. Ich spüre keinerlei Vorfreude auf mein Baby. Die typischen Gedanken kamen natürlich auch schon, dass ich mir wünsche, dass das Baby tot geboren wird. So etwas geht in meinem Kopf herum und ich kann nix dagegen tun. Ich möchte doch einfach nur, dass ich wieder klar denken kann.

In einer Stunde kann ich meine Tochter aus dem Kindergarten holen und mich ablenken, vielleicht hilft das. Wir gehen viel raus, da habt ihr recht, das ist gut gegen das Grübeln. Auch den Raum verlassen und etwas anderes tun hilft!

Ich hoffe nur, es hat keine Auswirkungen auf das Baby, dass ich seit mittlerweile zwei Tagen nichts gegessen habe, bid auf ein paar Weintrauben und Joghurt. Ich kann einfach nix essen.

Liebe Grüße!

Pippilotta
Sanna
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Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Sanna »

Hallo!

Ich kann mich noch gut an dich erinnern, wir waren ja fast gleichzeitig akut erkrankt damals. Erstmal toll, dass du so lange so stabil warst! Super!! Da kommst du auch wieder hin! Ganz sicher!

Das Gute ist, dass du es schon mal geschafft hast und weißt, dass es geht. Warum sollte das jetzt beim zweiten Mal nicht auch wieder klappen? Nur Mut. Schritt für Schritt gehen und dann wirst du auch wieder ans Ziel kommen.

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Pippilotta

Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Pippilotta »

Ich glaube ich werde hier verrückt Zuhause. Bis um eins konnte ich schlafen letzte Nacht, seitdem bin ich wach. Die Gedanken werden immer schlimmer, vielleicht sollte ich das Angebot der Klinik annehmen und bis zur Geburt stationär auf die psychiatrische Station gehen. Am liebsten wäre es mir, die Geburt würde eingeleitet werden und das Warten auf das AD hat ein Ende. So wie ich mich aber fühle, werde ich mich nach der Geburt nicht um das Baby kümmern können. Davor habe ich Panik und ich kann an nichts anderes denken, als dass ich das Baby nicht möchte.
Ich kann mich grad nicht mal um meine relativ selbstständige Tochter kümmern. Ich wollte immer ein stabiles Umfeld für Sie und jetzt bin ich grad nicht mehr die Mama, die sie kennt.
Es kommt grad alles zusammen, ich bin am verzweifeln.
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Marika
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Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Marika »

Hallo,

du schreibst selber: das Angebot der Klinik annehmen und gleich stationär gehen. Warum nicht? Ich könnte mir vorstellen, dass das eine sehr gute Lösung im Moment ist.

Alles Gute!
Liebe Grüße von
Marika

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schwere PPD 2005
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Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Sanna »

Hallo, du Liebe!

Wenn es nicht mehr geht, nimm das Angebot an und gehe af die psychiatrische Station! Keine falsche Scham! Du bist krank und dazu noch schwanger, das sind Gründe genug.

Ich wünsche dir viel Kraft.

LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Astrid77

Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Astrid77 »

Wenn du es daheim nicht mehr aushältst, würde ich das auch tun und schon früher in die Klinik gehn. Ob du nun ein paar tage mehr weg von daheim bist, wird doch nicht so schlimm sein, denn ihr habt wegen der Geburt bestimmt eh schon was organisiert wegen deinem älteren Kind, oder? Zur Beruhigung: auch wenn man keine Depression hat, sind die tage vor der Geburt schon irgendwie schlimm. Ängste, Ungewissheit, gleichzeitig Erinnerung an die vorherige Geburt - das ist alles ganz normal. Man wünscht sich manchmal, man könnte die zeit zurück spulen und das Kind würde immer kleiner und irgendwann wäre man gar nicht schwanger. Alles normal. Da bei dir Depression und Panik auftreten, bist du in dieser zeit doppelt geplagt, also wie gesagt, nimm doch das Angebot an! Im Krankenhaus bist du nicht allein mit deinen Sorgen!!
Pippilotta

Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Pippilotta »

Hallo ihr Lieben,

Ich bin jetzt auf der psychiatrischen Station aufgenommen. Hab es heut nochmal Zuhause versucht (vor allem wegen Lea), aber es ging nicht. Jetzt fehlen mir hier natürlich mein Mann und meine Tochter.
Die Ärzte sagen, ich bekomme partout keine Tabletten hier. Wenn es ganz ganz schlimm wird, kann aber die Geburt eingeleitet werden. Mal schauen wie es sich entwickelt.

Liebe Grüße!

Pippilotta
Sanna
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Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Sanna »

Gut gemacht! Hol dir die Hilfe, die du brauchst. Dann wird es auch wieder aufwärts gehen.

Abgesehen von Tabletten, bietet so eine psychiatrische Station auch Therapiemöglichkeiten, die helfen dich zu stabilisieren. Nimm alles mit, was hilft.

Ich drück dich. LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Pippilotta

Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Pippilotta »

Ich bin so traurig. Mein Mann war grad mit meiner Tochter zu Besuch und sie hat beim Abschied so geweint und noch auf dem Gang nach mir geschrien. Es tut mir so leid.
Wie verkraften Kinder denn so etwas?
Sanna
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Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Sanna »

Weißt du, als es mir so richtig schlecht ging, saß ich auf der Geschlossenen und habe Krokodilstränen geweint. "Was macht das mit meinen Kindern?", hab ich eine Krankenschwester gefragt, und ihre Antwort war ganz toll: "Das wissen wir nicht. Aber es muss nicht schlecht sein. Vielleicht werden Ihre Kinder durch die Fremdbetreuung besonders offen und gehen eher auf andere Menschen zu. Vielleicht macht das auch, dass ihre Kinder besonders mitfühlende und engagierte Menschen werden. Und auf alle Fälle leben Sie Ihren Kindern etwas vor: Dass man aus jeder Krise wieder herauskommen kann. Ihre Kinder werden sehen, dass wenn man kämpft und sich Hilfe holt, man wieder gesund werden kann. Das nichts im Leben unmöglich ist."

Sie hatte Recht! Beide Kinder sind sehr offene Wesen, die gerne mit Menschen zusammen sind. Sie sind fröhlich und lebhaft und haben KEINERLEI Schaden genommen. Natürlich haben sie mich vermisst, wenn ich in der Klinik war. Ich sie ja auch. Aber sie haben eben auch gesehen, dass alles wieder gut werden kann. Dass man auch schwierige Phasen im Leben meistern kann, wenn man nur will. Und das diese Phasen auch zum Leben dazu gehören.

Lass dich aufpäppeln, nimm jede Hilfe an. Es wird wieder, da bin ich sicher. Und dass ihr euch vermisst, das darf so sein. Im Gegenteil, es ist ja sogar ein ganz gesundes Gefühl.

Ich drück dich. LG, Sanna
schwere PPD 2012, heute komplett symptomfrei
Pippilotta

Re: Da bin ich leider wieder- fünf Tage vor ET...

Beitrag von Pippilotta »

Danke für deine Antwort Sanna!

Bisher konnte ich leider noch keine Hilfe annehmen, weil ich keine bekomme. Gespräche kann ich hier höchstens mit den Schwestern führen und Therapien gibt es noch nicht. Ich sitze hier also in diesem blöden Krankenhauszimmer und warte, dass endlich die Wehen einsetzen. Muttermund ist schon zwei Zentimeter offen, aber es will einfach nicht losgehen. War heut schon ganz viel spazieren, aber es hilft nicht.
So kann ich mir die ganze Zeit Gedanken machen, was nach der Geburt kommt. Dass ich auf der wochenbettstation bin und mich kaum um das Baby kümmern kann, wer sich dann um sie hier kümmert, ob und welche Tabletten wirken und dass ich ja eigentlich schnellstmöglich wieder nach Hause muss.

Ich versuche mich jetzt abzulenken.
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