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Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 08:06:2018 19:40
von Lalelu84
Hallo,

Nach einer etwas besseren Zeit hab ich wieder ein Tief. Ich fühle mich hoffnungslos.

Meine Therapeutin, die ich sehr schätze, meint ich braucht keine Medis. Psychiater hätte erst in 3 Monaten einen Termin. Hab heute eine Institutionsambulanz angeschrieben und meine Lage erklärt und hoffe die antworten mir. Allerdings fühle ich mich schlecht, weil ich das Gefühl habe meine Therapeutin zu hintergehen, da ich mir eine zweiter Meinung einhole . Ich mag die wirklich gern, aber ich fühle mich so labil und da ich vor der Fehlgeburt noch nie auch nur ansatzweise depressiv war sagt mir mein Bauchgefühl einfach, dass da was mit den Botenstoffen im Gehirn durcheinander gekommen ist. Und hier waren/sind ja fast auch alle in psychiatrischer Behandlung

Meinen Mann will ich grad auch nicht belasten. Er ist auf einer schwierigen Schulung und am Telefon sage ich dann immer es geht aufwärts und deute die Tiefs nur leicht an. Ich will nicht, dass er sich Sorgen macht.

Wollte heute Abend mit meinen Eltern darüber reden. Meine Mama meinte dann ihr gehts auch nicht gut mit dem Stress mit uns und ich soll doch jetzt mal aufhören.
Das tat mir dann so leid, denn ich will niemanden stressen.

Ich hab nur keine Kraft und es zieht mir den Boden unter den Füßen weg. Mir fehlt die Stabilität, die mir Kraft gibt das durchzustehen. Ich habe das Gefühl das Ganze nicht zu überleben. Langsam will ich nicht mal mehr reden, da ich das Gefühl hab es macht keinen Sinn und ich werde nicht gehört und keiner kann mir helfen.

Sorry, für das Gejammer. Ich hoffe ihr versteht mich hier.

Liebe Grüße

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 09:06:2018 10:40
von Marika
Hallo du Liebe,

oh ja, wir verstehen dich 100 %, es ist soooo typisch was du schreibst. Wir versuchen sehr oft sogar noch in der Krankheitsphase es anderen ständig recht zu machen, andere nicht zu entäuschen und ihnen zu entsprechen... denn meisten haben wir schon in der Kindheit gelernt: nur so wirst du gemocht und geliebt und akzeptiert. War bei mir jahrelang ein ziemlich zerstörerisches Verhaltensmuster, dass ich aber sehr erfolgreich umtrainieren konnte. Oder sagen wir es so: ich habe es durch eine gewisse Portion Selbstbewusstsein, Selbstliebe und einer Priese gesundem Egoisumus ergänzt. :wink:

Mir tut es im Herzen weh, wenn ich lese, wie du eigentlich nicht gehört wirst. Und ich finde es ganz große Klasse, dass du weiterschaust, was dir helfen kann. Ich möchte mir nicht anmaßen über deine Therapeutin zu urteilen, ich finde es aber nicht in Ordnung, dass sie dir die Option einer AD Einnahme "madig" macht. Ich weiß dass viele Therapeuten von Psychopharmaka nicht viel halten, umgekehrt die beinharten Schulmedizinischen Psychiater und Neurologen oft bei einer Therapie abwinken und meinen " das braucht es nicht". Beide Sichtweisen sind falsch und nur schädlich für die Betroffene - sprich für dich!!! Du hintergehst deine Therapeutin in keinster Weise, es ist dein legitimes Recht weiter zu schauen, wenn du denkst dass die Therapie alleine nicht ausreichend ist. Es geht ja um DICH und nicht darum was deine Therapeutin für dich richtig hält. Entscheiden tust immer noch DU - das ausschließlich! Nimm dir dieses Recht, ein AD kann tatsächlich DER Bringer sein. Aber wenn man dich hindert es zu versuchen, wirst du nie wissen, ob es dir helfen kann. Daher: alles richtig gemacht!!! Sei einfach auch offen und ehrlich zu deiner Therapeutin wenn du dich für ein AD enscheidest. Wenn sie damit nicht umgehen kann, dann sorry - ist sie für dich vielleicht doch nicht die Richtige - auch wenn du sie sehr magst. Für sie muss dein Wohl und dein Gesund weden an erster Stelle stehen und dazu gehört, auch andere Wege auf zu zeigen und nicht zu blockieren. Hier kannst erstmalig ein bissichen üben mehr Selbstvertrauen zu bekommen: in dem du deinen Weg in DEINE Hände nimmst und selbstbewusst und selbstbestimmt handelst. Geh diesen Weg konsequent weiter, du bist deine eigene CHEFIN und das darfst du ruhig auch nach außen zeigen! Trau dich!!!

Was deine Mama und deinen Mann angehen: Du versuchst sie zu schützen. Eigentlich bist aber DU die jenige die jetzt Schutz braucht, denn du bist erkrankt. Leider ist das Umfeld bei psych. Erkrankungen meist sehr ungeduldig, weil einfach das Verständis und auch die oft die Hintergrundinfos fehlen. Ich weiß, es ist schwer - aber versuch trotzdem auch im Familien Kreis dich nicht ständig zu verbiegen. Sag nicht das, was sie hören wollen, sondern wenn es dir schlecht geht - dann darfst und sollt du es auch sagen drüfen. Dass es ihnen dann damit auch nicht gut geht ist schon logisch, aber sie als die Gesunden und deine Angehörigen sind trotzdem gefordert das aus zu halten. Dafür hat und ist man doch Familie!!! Und gerade Verständnis im eigenen engsten Umfeld ist sehr fördernd beim Heilungsprozess.
Darum ist vielleicht dieses Forum um so wichtiger: du kannst hier wenigstens virtuell immer alles schreiben, was dir auf der Seele brennt.

Fühl dich gedrückt und verstanden und kämpfe für DEINEN WEG!!!

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 09:06:2018 20:47
von Lalelu84
Hallo,

Heute geht es mir etwas besser.

Ich muss mich ganz, ganz fest bei dir und dem ganzem Forum bedanken. Es ist einfach eine Riesenhilfe.

Mich machen diese negativen Gedanken so fertig. So kann ich wieder essen und Autofahren und schlafen. Aber sehe ich das positiv? Nein, ich verzweifle an meinen schlechten Gefühlen. Ich komm nicht raus aus der tiefen Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.

Ich hoffe so sehr, dass sich die Ambulanz bald meldet. Meine Therapeutin ist Tiefenpsychologin und tut mir sehr gut. Irgendwie würde ich mir aber neben Begleitung und Ursachenforschung auch so konkrete Anweisungen wünschen , wie ich diese Negativspirale durchbrechen kann. Da muss ich sie am Mittwoch mal fragen.

Ganz liebe Grüsse

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 10:06:2018 9:43
von Marika
Ich denke es ist sogar das Um und Auf auch wirklich Tipps an die Hand zu bekommen, wie man im Alltag bestimmte Situationen entschärfen kann. Das lernt man in einer so genannten Verhaltenstherapie. Hier bekommst du Aktiv auch Hausaufgaben, die dann in der nächsten Stunde mit dem Therapeuten besprochen werden. Du lernst in angstmachenden Situationen anders zu handeln und trainierst somit aktiv dein Gehirn um. Das geht deshalb, weil das Gehirn formbar wie ein Muskel ist.

Alleine Tiefenpsychologisch zu arbeiten ist zu wenig. Eine Kombi aus beidem ist eigentlich die beste Form. Zuerst schauen woher das ganze kommt, dann aber aktiv in die Gegenwart über zu gehen und im Hier und jetzt Arbeiten. Denn die Vergangenheit kannst du nicht mehr ändern, sehr wohl aber deine Gegenwart und Zukunft gestalten. Auch hier gibt es wieder verschiedene Ansichten unter den Therpeuten: die einen machen nur Tiefenpsychologie und halten das für das Non plus Ultra, andere wieder nur Verhaltenstherapie - nur da fehlt dann halt das Verständis WARUM es so gekommen ist. Mir hat die Kombi aus beidem extrem geholfen - ich würde es immer wieder so machen. Das AD dazu war für mich dann ein sehr, sehr stabiles Gerüst auf dem ich aufbauen konnte.

Sprich das unbedingt an, ich glaube dir fehlen wirklich wichtige Schritte aus der Verhaltenstherpaie!

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 10:06:2018 12:26
von Astrid
Hallo Du,

auch ich verstehe dich nur allzugut... . Trotz der schweren Erkrankung, versucht man seine Angehörigen nicht zu beunruhigen, ihnen die Ängste zu nehmen und Rücksicht zu üben. Das scheint in unserem Kulturkreis so üblich zu sein, zu denken, damit muss ich wohl alleine fertig werden... . Dabei enttäuschst Du niemanden!!! Du hast alles richtig gemacht. Du versuchst Hilfe zu bekommen und dein Befinden zu äußern. Es ist traurig, dass du damit scheiterst, aber ich denke auch Angehörige sind oft überfordert und wissen nicht wie sie helfen sollen. Das ist ihr gutes Recht, aber das Zuhören wäre schon wichtig, und Hilfe bei der Suche nach Hilfe. Mehr brauchen sie nicht zu tun. Da sein. Und einen ernst nehmen. Nicht die Krankheit abtun, oder verharmlosen. Das kannst du ihnen ruhig nochmal sagen.
Und auch deine Therapeutin hintergehst du nicht. Du musst die Hilfe für dich finden, die dich weiterbringt, und mag die Frau noch so nett sein... . Du tust das richtige. Ich finde du bist sehr tapfer und stark! Vielleicht findest du über die Schatten & Licht Liste ja auch eine betroffene Frau in deiner Nähe, oder eine Selbsthilfegruppe, die dir Tipps zu Therapien oder Fachleuten in deiner Umgebung geben kann, können... .

Eine feste Umarmung von Astrid

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 11:06:2018 18:57
von sternschnuppe_
Ich kenne das auch aus vielen Situationen von mir selbst: Keinen verletzten wollen, keinen enttäuschen wollen und am liebsten allen immer alles recht machen wollen.
Aber das geht nicht. Man muss lernen, wirklich mehr an sich zu denken. Ich bin da auch gerade erst noch dran.
Es fällt mir auch oft schwer, dieses Muster zu durchbrechen.

Außerdem ist in dieser Situation ja gerade das Verständnis der Familie und Angehörigen gefragt. Ich find es immer schade, wenn man liest wie schwer sich die Angehörigen oftmals damit tun. Als wäre es nur ein kleiner Kratzer, der nach ein paar Tagen wieder verheilt ist. Wahrscheinlich ist das auch das Schwierige bei psychischen Erkrankungen: Sie können sich oft nicht ansatzweise vorstellen, wie es dem Betroffenen geht und was in ihm vorgeht.

Und wenn du gern ein AD willst, kannst du dich darum jederzeit bemühen, auch wenn deine Therapeutin es eher ablehnt. Es ist ja dein Leben und du musst die Entscheidung treffen, die sich für DICH richtig und gut anfühlt, auch wenn dabei mal jemand enträuscht wird.

Wie war es denn bei deiner Therapeutin?

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 12:06:2018 14:47
von Lalelu84
Danke für eure Antworten. Es hilft sehr verstanden zu werden.

Ich bin morgen wieder bei meiner Therapeutin und werde sie nach konkreten Verhaltenstipps fragen, denn das würde mir sicher helfen. Mal sehen, was sie dazu meint.

Ich habe im Moment immer wieder mal so allgemeine Fluchtgefühle, die hochkommen. Also ohne Grund und ich fühl mich dann auch nirgendwo wohl. Also so als würde ich das Leben nicht aushalten. Weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Kennt ihr das? Sonst geht es grad im Moment.

Liebe Grüsse

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 12:06:2018 18:08
von sternschnuppe_
Hallo,

also Fluchtgefühle kenne ich nicht so direkt. Könnte mir vorstellen, die kommen aus der inneren Angst. Durch Angst werden im Körper ja Hormone ausgeschüttet, die ursprünglich in der Menschheitsgeschichte zur Flucht oder zum Kampf gedacht waren. Da wir diese Energien aber in der heutigen Zeit nicht umsetzen, bleiben sie noch längere Zeit in unserem Körper und wühlen uns länger auf.

Ansonsten kenne ich natürlich auch hin und wieder Gedanken, am liebsten mal wegzulaufen aber die sind ja meistens eher so hypothetisch, wenn man einfach mal von allem weg will.

Liebe Grüße

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 13:06:2018 21:53
von Astrid
Hallo Du,

ja ich kenne das Gefühl auch. Einfach nur weg und raus, aber nicht wissen wohin, weil es überall gleich ist, weil es in einem drinnen ist. Ein diffuses seltsames Gefühl,eigentlich möchte man raus aus seiner eigenen Haut und neu beginnen. Leider geht das nicht. Hoffe deine Thera hat dir ein paar Tips geben können... .

Liebe Grüße Astrid

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 21:06:2018 21:11
von kapi
Hallo du!

Auch ich kenne dieses Fluchtgefühl. Früher hat es geholfen um einer Situation kurz die schärfe zu nehmen. Man hat kurz durchgeatmet und dann war es wieder gut. Mit der Erkrankung ist das nur schwer machbar weil man die Situation im "Kopf" hat und überall mit hin nimmt. So wie Astrid schon schreibt. Man muss sich ihr irgendwie stellen und dieses Muster durchbrechen. Ich hoffe auch das ich das in meiner Verhaltenstherapie lerne.

Ich drück dich ganz dolle und wir schaffen das!

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 13:07:2018 13:34
von Lalelu84
Hallo,

ich wollte mich mal wieder melden. Bei mir geht es aufwärts, aber richtig zufrieden bin ich einfach nicht. Ich kann essen und schlafen, die Fluchtgefühle lassen nach und ich habe keine extremen Selbstmordgedanken mehr. Ich habe nicht mehr Angst den Kindern was zu tun. Ich kann wieder unter Tags allein bleiben und allein Auto fahren.Habe aber noch Zukunftsangst, bin total unsicher ob es wieder ganz gut wird und bin einfach noch nicht glücklich und positiv.

Sind diese Zweifel bei der Heilung normal und brauche ich einfach noch Zeit? Hört sich die Entwicklung positiv für euch an? Ich hatte Ende März eine totalen Zusammenbruch.

Ich nehme noch immer keine Medis. Ich gehe einmal pro Woche zur Therapie (Tiefenpsychologie), war 2 mal bei der Hypnosetherapie, 2 mal bei einer Kinesiologin, nehme Bachblüten, Omega 3, ein Multivitaminpräperat und Lasea, lese Bücher (Jetzt von Tolle und Die Seele will Frei sein von Singer fand ich sehr hilfreich), gehe zum Yoga und mache es auch zu Hause und habe auch mit Meditation angefangen (fällt mir noch schwer). Außerdem bin ich täglich unterwegs und versuche den Allag gut zu gestalten. Ich hab meine Schilddrüse komplett checken lassen (alles ok). Wenn ich zurück nach Amerika gehe habe ich schon eine Verhaltenstherapeutin.

Ich habe sehr gute Tage und dann wieder nicht so gute. Aber extreme Tiefs konnte ich vermeiden . Ich bin unsicher ob ich einfach Geduld haben und so weitermachen soll oder ob es inzwischen schon zu einem Durchbruch hätte kommen sollen.

Liebe Grüsse

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 13:07:2018 15:12
von Nelli
Hallo!

Wow, dass Du ohne Medikamente schon so große fortschritte gemacht hast, ist super!
Und auch, dass Du soviel Therapie machst, Yoga...
Seit wann bist Du denn depressiv? Ich frage, weil es halt lange braucht, bis es stabiler wird.
Dass die Genesung in Wellen verläuft ist leider so bei einer Depression,
das ist sehr anstrengend und sobald es einem wieder schlechter geht, kann man sich
nicht vorstellen, dass es mal besser war und auch wieder sein wird. Ich denke, Du brauchst Geduld.
Solltest Du das Gefühl haben, dass es gar nicht stabil und gut wird, kannst Du ja
doch noch über ein AD nachdenken.
Aber auf jeden Fall gilt: Du kannst stolz auf Dich sein und hast bereits einen weiten Weg
hinter Dich gebracht.

Liebe Grüße

Re: Will andere nicht enttäuschen

Verfasst: 13:07:2018 22:46
von Lalelu84
Hallo,

Danke für deine Antwort.

Bei mir hat es mit Angst und körperlichen Symptomen (Appetitverlust, Ohrgeräusche usw.)Ende Januar diesen Jahres angefangen. Erst Ende März bekam ich nach einem Nervenzusammenbruch schlimme depressive Gedanken. Den April hindurch hatte ich ständig das Gefühl das Ganze keine Minute mehr auszuhalten, ich hatte extreme Selbstmordgedanken. Ich hätte mit Sicherheit in eine psychiatrische Einrichtung gehört.

Ich hoffe wirklich, dass es weiterhin aufwärts geht. Diese Erkrankung war/ist sowas von schrecklich.

Liebe Grüße