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Re: An alle Zwängler

Verfasst: 29:06:2019 7:19
von sternschnuppe_
Ja, ich schätze die meisten von uns sind auch hochsensibel.
Am Ende nehmen wir auch unsere Gedanken dadurch noch mehr wahr oder halt intensiver. Meistens sind Zwängler auch eher introvertiert. Schätze mal extrovertierte Menschen haben das Problem nicht.

Ist doch auch klar, dass du nicht immer glücklich bist und jeden Moment mit Kind vor Liebe überschäumst :D
Das hinterfragen ja auch welche, deren Zwang sich auf die Beziehung legt. Man fühlt ja nicht permanent Liebe und Glück. Auch und gerade als Mutter nicht. Kinder können nun auch mal anstrengend sein. Du hast da auch diese hohen Erwartungen und moralischen Ansprüche an dich selbst, immer glücklich sein zu wollen, weil du eine gute Mutter sein willst. Es ist aber wichtiger, einfach authentisch zu sein. Das kann man Stück für Stück lernen und man sollte akzeptieren, dass alle Emotionen zum Menschsein gehören. Auch die wir so oft als negativ erachten. Dabei helfen auch sie, bzw. besonders sie, uns ein erfülltes Leben zu führen.

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 29:06:2019 8:28
von Marika
Hallo ihr Lieben,

also da mit dem "was kann ich JETZT tun damit es mir besser geht", war das z.B. so:

Wenn ich zu Hause war mit dem Kind alleine und die ZG wurden arg, dann habe ich versucht in diese Richtung zu denken. Verschiedens ist mir dann eingefallen, bzw. habe ich auch in der Therapie mit meinem Psychiater erarbeitet, aufgeschrieben und in der akuten Situation versucht:

- eine kurze Auszeit nehmen und einen Kaffee raus lassen
- mein Gesicht mit eiskaltem Wasser abwaschen
- meine Mama oder meinen Mann anrufen
- Kind einpacken und raus gehen
- alle Fenster weit aufmachen
- den Fernseher oder Radio einschalten

Das alles sind Dinge die mir persönlich sehr oft gehoflen haben, um die Spirale der ZG in dem Moment zu unterbrechen. Natürlich war ich dann nicht von einer Sekunde auf die andere mega happy, aber es half mir wieder in die Realität - weg von den ZG - zu kommen und ich hatte die Kraft mich weiter durch den Tag zu hanteln. Es geht einfach um kleine, einfache Dinge, die dir ein bisschen helfen in einem akuten Moment.

Viele Mamas stellen an sich den Anpruch immer die volle Drönung der Liebe für ihr Kind zu spüren. Das geht aber nicht, das ist völlig unrealistisch. Liebe spürt man nur ab und an so intensiv - es sind eben diese Glücksmoment die einen die Liebe spüren lassen. Danach kommt wieder der Alltag. Und selbstverständlich ist man auch mal mega genervt und wütend auf sein Kind. Gerade wenn es an einem hängt wie ein Klammeräffchen... :wink: Ein solches hatte ich nämlich auch... :lol: :lol: :lol: Und das ist extrem anstrengend... da kann man doch bitte nicht ständig überschäumen vor Liebe, sondern da wünscht man sich doch einfach nur Entlastung und dass jemand anderer sich um das Kleine kümmert. Das ist doch völlig normal! Da muss man unbedingt seine moralischen Vorstellungen runterschrauben... Gerade bei Zwänglern ist die viel, viel zu hoch - das ist ganz typisch.

Zum Thema "Hochsensibilität": das bin ich ebenfalls - gerade auch was Lärm und helles Licht angeht. Mehr allerdins bei Lichtreizen - da reagiere ich sofort mit Kopfschmerzattacken. Lärm geht besser - da habe ich gelernt, denn weitgehend für eine begrenzte Zeit aus zu blenden. Z.B. wenn ich irgendwo an der Kassa stehe im Samstags Eingkaufsgewusel - das kann ich völlig ausblenden, habe ich gelernt mit autogenem Training. Das bringt viel und ist wie ein Schutzmantel für mich.

Ja wir sehen: wir Zwängler ticken alles sehr, sehr ähnlich.... :lol: :lol: :lol:

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 29:06:2019 20:09
von tortue
Wenn ich das alles so lese, ist es wohl ein Wunder, dass ich nicht unter ZG leide. Ich hänge zwar auch ab und zu in Gedankenspiralen fest - besonders nach Streit mit meinem Kind :( - aber eben nur ab und zu. Ich hoffe, dass das Sertralin nun auch hilft, dass mein Kopf endlich mal die Klappe hält :)

Auch ich kann ganz ähnliche positive wie negative Eigenschaften beitragen.

Positiv: empathisch, gewissenhaft, ehrgeizig, tolerant, hohe Auffassungsgabe, ebenfalls hochsensibel mit der "Gabe" Stimmungen und auch Lügen sofort zu "spüren" und ich bin schon immer nachts wach geworden, direkt bevor mein jeweiliger Partner mich angerufen hat oder nach Hause gekommen ist - vielleicht ein Sechster Sinn?! :D

Negativ: ungeduldig, Tratschtante :oops:, stark mangelnde Impulskontrolle bis hin zu Aggressivität (gegenüber Gegenständen, nie gegen Menschen!), ich hinterfrage mich und mein Handeln ständig

Zum Thema Hochsensibilität: Wie kann ich lernen damit umzugehen? Ich kenne "hochsensibel" erst seit kurzem. Neben den positiven Seiten habe ich leider auch extrem mit Lautstärke und grellem Licht zu kämpfen, oft reizt mich meine Kleidung, dass ich es nicht aushalten kann und tatsächlich möchte ich die Stimmung von anderen eigentlich auch nicht so stark spüren, weil ich mich davon häufig auch anstecken lasse, vor allem bei negativer Stimmung. Gibt es gute Bücher oder Communities? Vielleicht sogar empfehlenswerte pflanzliche Hilfsmittel?

Ich bin oft so selbstmitleidig, kennt Ihr das? Ich denke mir oft, wenn meine Äußerungen als Jugendliche hinsichtlich meiner Depression ernst genommen worden wären oder ich schon früher von Hochsensibilität erfahren hätte, hätte ich nicht so einen großen Kampf mit mir und meinem Leben führen müssen - bis heute. Ich habe das Gefühl, dass ich so wertvolle Jahre verloren habe.

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 29:06:2019 22:31
von November17
Klammeraffe klingt sehr zutreffend Marika. Also war dein Sohn auch sehr fordernd :?: :!:

An der Bindung scheint es ihm dann nicht zu fehlen. :roll:

Licht und Lärm stören mich mittlerweile auch. Lärm im Sinne von: alle reden quer Beet und laut insbesondere.
Laute Musik oder Ähnliches mit Konstanz finde ich nicht schlimm.

Selbstmitleid empfindet wohl jeder...ich vermute, dass jede von uns Situationen hat über die man grübelt und von denen man annimmt, sie hätten zur Depression/ZG beigetragen.

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 30:06:2019 8:27
von Marika
Hallo zusammen,

ich finde es echt toll, wie wir hier unsere positiven/negativen Eigenschaften zusammen tragen und sehen können, dass wir ganz ähnlich ticken.

Noch die Postiven von mir:
- empathisch
- gefühl-/liebevoll
- liberal
- großzügig
- gute Zuhörerin
- Menschen-/Tierfreund

@November: Jaaaaa - Klammeräffchen trifft es bei meinem Sohn auf den Punkt. Unsere Bindung war und ist extrem eng - manchmal war sie so eng, dass es mich fast erdrückt hat. Er war wirklich eine ausgesprochene Klette... Das ist oft schön, aber manchmal extrem fordernd und mega anstrengend. :wink: :wink: :wink: Na ja - heute ist er 14 und sehr selbständig, hat seine Kumpels, ist viel unterwegs... ein Teenie halt. Trotzdem kommt er noch öfter zu mir, umarmt mich, kuschelt ... Das ist schön...

@tortue: Es gibt viele Bücher über Hochsensibilität. Leider kann ich dir keinen Titel nennen, aber google einfach mal, da kommt sicher ganz viel. Ich werde das jetzt auch machen, denn obwohl ich schon seit Jahren weiß, dass ich Hochsensibel bin, habe ich mich damit viel zu wenig auseinander gesetzt, erkenne ich jetzt gerade. Da werde ich mich jetzt auch nochmal mehr damit befassen.

Auf jeden Fall sieht man in diesen Beiträgen wieder mal eines ganz klar: Wir sind wundervolle Menschen! :D

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 30:06:2019 12:23
von Sarah
Huhu,

ich habe von Sylvia Harke “hochsensibel -was tun?-“ gelesen. Das kann ich sehr empfehlen.

Hab gerade nicht so viel Zeit und melde mich später auch noch mal mit den Eigenschaften zurück.

Viele Grüße
Sarah :)

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 30:06:2019 13:53
von Marika
Vielen Dank, Sarah

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 30:06:2019 20:36
von sternschnuppe_
Das Buch "Zart besaitet" find ich auch gut :-)

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 03:07:2019 7:25
von November17
Kam die Hochsensibilität erst durch die Erkrankung bei euch durch oder viel früher im vollen Maße?

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 03:07:2019 8:03
von sternschnuppe_
Ich würde sagen, die war schon immer da :-) und begünstigt die Krankheit in vollem Maße.
Glaub bei Kobold im Kopf gibt es da auch einen Abschnitt.
Sicherlich wirkt es sich aber auch bei jedem unterschiedlich aus.

Bei mir hab ich oft festgestellt, dass ich besonders nach Zusammensein mit vielen Menschen, immer wieder Pausen brauch um "aufzutanken". Durch die vielen Eindrücke bin ich dann immer schnell erschöpft und brauche meine Auszeiten.
Das ist jetzt zum Beispiel eine der Auswirkungen bei mir.

Ich hab das auch oft nicht verstanden, weil es ja eher Menschen gibt, die immer jemanden um sich herum brauchen - also am besten viele Menschen. Das ist mir irgendwie immer schon zu anstrengend gewesen. Jemand der Hochsensibilität nicht kennt, kann sich das sicher auch schwer vorstellen. Man will auch andere Menschen nicht vor den Kopf stoßen aber mein Körper braucht dann gewisse Ruhephasen. Dadurch, dass ich auch viele Emotionen und Gespräche sozusagen "aufsauge", fällt es mir leichter zu zuhören als viel zu reden, weil ich selbst das manchmal als anstrengend empfinde. Ich mag es auch lieber unter 4 Augen zu reden als in großen Gruppen. Man kann da einfach ganz andere Gespräche führen.
Natürlich kann man auch da lernen, anders damit umzugehen. Man lernt ja nie aus :-)

Bei mir merk ich halt durch die Hochsensibilität, dass ich allgemein auch schneller müde bin und Ruhe brauche als andere Menschen.

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 03:07:2019 8:52
von November17
Ich bin zum Beispiel ungerne alleine.

Ich brauche meine Auszeiten, ja! Aber mir würde reichen, dass ich im Zimmer bin und mein Mann bspw. im Wohnzimmer. Die alleinige Anwesenheit beruhigt mich.

Ich war immer unter vielen Menschen und je größer die Familie wird umso lauter. Und ich merke bei den Familientreffen, dass es mich zu sehr anstrengt. Es ist laut. Auf der einen Seite die Kinder. Auf der anderen Seite die Erwachsenen, die ebenfalls quer beet und laut reden.

Kennst du den Film My fat greek Wedding oder so? Genau so kannst du es dir bei uns vorstellen jedes WE und in der Woche sogar auch.

Ich rede aber auch gerne und viel. Wobei sich das auch schon legte mittlerweile.
Zwiespältig...bin nicht gerne alleine und meide dies. Andererseits setze ich mich dadurch dem Lärm aus.

Früher war mir nur abends und nachts das alleine sein unangenehm, weil ich grundsätzlich Angst hatte. Unsicherheit gehabt.

Und je länger ich im Berufsleben war desto genervter und sensibler wurde ich vom Lärm. Ich erwähnte auch schon, dass meine Familie schnell in Diskussionen gerät und ich schlechte Stimmung schnell wahrnehme und aufsauge sowie Themen.

Berührungen nehme ich auch ganz sensibel wahr. Das war wirklich schon immer so. Sei es, dass mich jemand versehentlich berührt hat an gewisse Stellen, zuckte ich zusammen. Ich dachte mir nur nichts dabei, als unangenehm.

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 03:07:2019 9:02
von sternschnuppe_
Ja, ich find es auch schön, wenn mein Mann noch nebenan ist. Nachts ist man auch mittlerweile gewöhnt, nicht alleine zu schlafen. Aber ich kenne viele Phasen, da war ich sehr gern allein. Selbst als Kind kann ich mich erinnern, dass ich da manchmal nach Treffen mit Freundinnen dachte "Schön, auch wieder allein zu sein." :lol: So unterschiedlich ist das.

Mein Mann hat auch so eine große Familie. Ich find das auch immer sehr anstrengend :lol: Die sind es gewöhnt. Ich bin auch sehr lärmempfindlich. Natürlich hat es auch viele schöne Seiten.

Das mit den Berührungen kenne ich auch! Besonders bei Fremden, fand ich das oft unangenehm.

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 03:07:2019 12:53
von November17
Und jetzt stell dir vor: meine Familie UND die meines Mannes ist groß :shock:

Wenn wir Geburtstag haben, sind wir mindestens 20 Leute nur Familie.

Als Kind/Jugendliche war ich oft und gerne in meinem Zimmer und hörte Musik oder schaute VIVA. Aber ich war wirklich gewohnt, dass fast immer jemand daheim war.

Ich mochte es insbesondere nicht von Bekannten oder von "Familienmitgliedern". Von älteren Leuten/Männern besonders nicht. Ich fand es schon total ekelhaft, wenn mich jemand Älteres angegafft hat oder ich beobachtet habe wie Männer andere angafften.

So einige Parallelen haben wir schon 8)

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 03:07:2019 18:07
von sternschnuppe_
Meine Familie ist auch nicht so klein aber alle sind weiter verstreut.
Bei meinem Mann sind auch immer mindestens 20 Leute bei Geburtstagen. Aber unter der Zeit sind es zum Glück nicht ganz so viele :-) Trotzdem reicht es manchmal aus, dass man denkt "Muss ich jetzt nicht jeden Tag haben." :lol:

Vielleicht auch ein Punkt, dass du nie richtig lernen konntest dich abzugrenzen? Ich schätze, das ist schwieriger, wenn man kaum Privatssphäre hat und ständig jemand um einen herum ist. Wie soll man da auch lernen, mal alleine mit sich zu sein.

Hast du denn jetzt mal ein Hobby für dich entdeckt? Du hattest ja mal geschrieben, dass du keine Hobbys hast. Was machst du denn gern?

Re: An alle Zwängler

Verfasst: 03:07:2019 22:00
von November17
Möglich ist es, dass die Abgrenzung fehlte.

Vor allem waren wir immer in Kreisen, wo quasi die Eltern und Kinder befreundet waren. Ich war somit auch wirklich lange noch mit meinen Eltern zu Besuchen unterwegs.

Also ehrlich gesagt wurde meine Arbeit zum Hobby. Ich habe in der Freizeit auch viel Arbeitsrechtliches recherchiert. Und nach der Arbeit war nicht viel Lust und Zeit großartig was zu starten.

Rad fahren mache ich gern, aber auch das ist schon lange her. Wir bekommen bald den Sitz fürs Fahrrad.