Stimmungstief am Zyklusende

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Mel
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Stimmungstief am Zyklusende

Beitrag von Mel »

Hallo ihr Lieben,
ich benötige ein paar aufbauenede Worte.
Bei mir ist es seit ein paar Monaten so: Es läuft immer ca. zwei Wochen gut und ich fühle mich fast wieder ganz normal, und das Leben fühlt sich ein bisschem so an wie „vorher“. Und kurz nach dem Eisprung (vermute ich) rauscht meine Stimmung in den Keller, ich fühle mich total erschöpft, traurig und ängstlich. Vorgestern war ich noch bei meiner Therapeutin und erzhlte ihr, dass gerade alles ok sei und seit gestern habe ich das Gefühl, jede Unternehmung ist furchtbar, da ich so stark an Derealisation leide. Mein Sohn und ich haben beide Wasser hinterm Trommelfell: Ich bin immer noch geschwächt vom Infekt und leide unter Ohrgräuschen und Schwindel. Und mein Sohn schläft seit ca einer Woche furchtbar schlecht. Gestern und heute durfte ich dafür morgens etwas ausschlafen, aber es bringt mir stimmungsmäßig nichts. Ich schlafe dann ganz leicht, träume komisch und wache ständig auf. Und dann kommt diese scheiss- Angst, dass es mir nie bessergehen wird. Ich könnte heulen. Ich nehme ja nur 7,5 mg Mirtazapin und in den guten Phasen klappt das super. Bei 15mg ging es mir nicht wirklich besser, ausser, dass ich tierisch viel Schlaf brauchte und furchtbar geträumt habe. Dann habe ich ein halbes Jahr ohne Medis geschafft. Meine Frauenärztin hat mir Mönchspfeffer empfohlen, da Progesteron auch Depressionen auslösen kann... aber ich nehme es erst seit ca einer Woche. Habe auch keine großen Erwartungen. Ich möchte so gerne mal dauerhaft sagen können „es ist alles ok“! Ich habe es jetzt schon 20 Monate und das frustet mich sooooo sehr! Ich arbeite weiter an mir, schreibe jeden Tag die positiven Dinge auf, habe „Das Leben annehmen- die Aceptance- Commitment- Therapie“ angefangen zu lesen, mache Yoga, und zwischendurch freue ich mich auch auf Dinge. Ich arbeite ein paar Stunden, aber an manchen Tagen fällt das so schwer, meinen Sohn anzugeben und mich mit Elternproblemen und ihren Kindern zu beschäftigen.Der verkehrteste Gedanke ist bestimmt „Ich will mein altes Ich/ Leben zurück“
Bei den Medis hat mir keiner mehr geantwortet, daher habe ich jetzt hier einen neuen Beitrag verfasst, und hoffe, dass ich eine Rückmeldung bekomme.

Vielen Dank!
Mel
PPD seit Juli 2017, seitdem Mirtazapin 15mg
(Mit Unterbrechung), dann 30mg Mirtazapin und Opipramol 75mg,
Seit Sept. 2019 Sertralin,
mittlerweile 200mg und 15mg Mirtazapin.
Opipramol ausgeschlichen
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Marika
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Re: Stimmungstief am Zyklusende

Beitrag von Marika »

Hallo Mel,

was du schreibst, habe ich lange gehabt: Tiefs - teils heftige - kurz nach ES. Viele leiden ja mehr, wenn sie die Periode haben, bei mir war es immer am ES. Das Tief hängt mit den beim ES produzierten Hormonen zusammen, die sich negativ auf den Botenstoffwechsel im Gehirn auwirken können. Wie gesagt - das hatte ich sehr lange, sicher 3 Jahre. Auch heute noch kenne ich an meiner Stimmung genau, wann der ES war bzw. in meinem Alter (bin bald 46) überhaupt einer statt gefunden hat. Mein Psychiater hat mir mal angeboten, immer am ES kurzfristig das AD zu erhöhen... das wollte ich aber nicht, ich fand es nicht passend für mich. Möchspfeffer habe ich auch probiert, war aber bei absolut null Erfolg. Es gibt natürlich noch andere Möglichkeiten: manche haben mit Progesteron gute Erfahrungen gemacht. Auch ein anderes AD (SSRI´s) dämpfen diese Symptome. Du nimmt ja Mirtazapin 7,5 mg habe ich gelesen. Auch eine 2. Psychiaterin hat dir das empfohlen. Ich kann von mir nur sagen, dass Mirtazapin bei mir ausschließlich beim Schlafen gehofen hat, die Depression bzw. ZG hat aber ein SSRI (Cipralex) in den Griff bekommen. Natürlich ist das jetzt keine Empfehlung von mir, sondern einfach nur meine Geschichte. Mirtazapin habe ich damals zusätzlich zu Cipralex genommen, aber nur wenige Wochen. Dann ging das Schlafen auch wieder sehr gut, da hat das Cipralex mit seiner Wirkung dann einen guten Einfluss drauf gehabt.

Was mir noch genützt hat: In der Zeit um den ES so viel wie möglich Entlastung zu holen, viel Schlafen, viel ausruhen, einen Gang runter schrauben, langsamer machen. Und: Ich besetzte das Thema ES bzw. auch die Periode POSITIV und nicht negativ wie es so oft in der Gesellschaft passiert. Ich bin mir bewusst geworden, dass mein Körper gerade "arbeitet" und ich das halt merke. Und dass ich eigentlich dankbar sein darf, eine Frau zu sein deren Körper ein solches Wunderwerk zustande bringt wie eben ein Kind. Und da gehört der Zyklus dazu. Ich habe mal eine Diskussion im TV dazu gesehen. Da erzählte eine Forscherin, die viel in der Welt herum kommt von einem Eingeborenen Stamm, bei dem die Frauen während der Periode wie Königinen behandelt werden. Sie werden umsorgt, sie dürfen sich schonen, zurückziehen. Das Blut wird als "Leben" gesehen - so sollte es eigentlich sein, finde ich, auch am ES. Das fand ich unglaublich schön und habe das bei mir rund um den ES eingeführt und auch an den "Tagen". Habe das meinem Mann erzählt und auch vielen meiner Bekannten. Wie oft hört man von der "roten Pest" usw... Ich fende das ganz fürchterlich, wie negativ die Periode bzw. der ganze Zyklus immer noch gesehen wird... oder früher als "unrein"... :cry: :cry: :cry:

20 Monate kommen einem wie eine Ewigkeit vor, aber im Grunde ist es nichts!!! Bei mir dauerte es 2,5 Jahre bis ich die Therapie beenden konnte, dann langsam abdosieren... Aber gelernt habe ich all die Jahre immer weiter, vor allem weil ich immer hier im Forum bin. Ich war nicht nach der Therapie wieder "die Alte" sondern deine Frau die am Anfang von etwas ganz "Neuem" gestanden ist. Und ich bin durch all die Jahre eine "Neue" geworden... wie die sprichwörtliche Phönix aus der Asche. Die Tiefs am ES wurden mit der Zeit immer milder - ganz von selber. Diese PMS begleitet uns PPD Frauen oft noch ein bisschen länger.

Versuch wenn möglich am ES so viel wie möglich runter zu schalten, noch besser natürlich Entlastung zu bekommen. Mit einem kleinen Kind ist das nicht leicht, aber es gibt sicher etwas, dass du umsetzen kannst.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Mel
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Re: Stimmungstief am Zyklusende

Beitrag von Mel »

Liebe Marika,
ich habe von dir hier schon viele Beiträge gelesen. Vielen Dank dafür!
Ich bin manchmal so unsicher, ob ich alles „richtig“ mache und manchmal frage ich mich, ob mein Erschöpfungsgefühl vielleicht nicht nur psychisch bedingt ist, sonderm noch daher rührt, dass ich einige Wochen vor der frühzeitigen Entbindung eine Präeklampsie hatte und mein Körper total am Limit war. Da mein Sohn ja sechs Wochen zu früh geholt werden musste und mit viel zu nirdrigem Geburtsgewicht noch vier Wochen stationär war, konnte ich mich überhaupt nicht erholen. Ich habe nächste Woche einen Termin bei meiner „neuen“ Neurologin und bin mal gespannt, ob auch sie bei Mirtazapin bleibt. Ich habe auch so Sorge vorm Herumprobieren. Hinzu kommt noch, dass meine (ehemalige) Heilpraktikerin Psychopharmaka verteufelt hat und meine Therapeutin bei mir kaum depressive Anteile sieht. Auch mein Mann meint, mir ginge es viel besser als noch vor einem Jahr bzw. vor einem halben und er ist ebenfalls etwas Medi- kritisch. Das macht für mich die Entscheidung noch schwieriger. Im Moment schaffe ich es auch, keine Panik mehr zu bekommen. Ich versuche einfach, die Erschöpfung anzunehmen- beobachtend, nicht wertend, aber es ist ein tägliches Übungsfeld. Also: Vieles ist besser geworden, aber es fällt mir nach wie vor total schwer, z.B. in Urlaub zu fahren. Woanders meldet sich die Derealisation eher als im gewohnten Umfeld... Es ist manchmal kompliziert. Ich danke dir sehr für deine aufmunternden Worte und wünsche dir eine tolle Woche!
Lieben Gruß
Mel
PPD seit Juli 2017, seitdem Mirtazapin 15mg
(Mit Unterbrechung), dann 30mg Mirtazapin und Opipramol 75mg,
Seit Sept. 2019 Sertralin,
mittlerweile 200mg und 15mg Mirtazapin.
Opipramol ausgeschlichen
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