Marika hat geschrieben: ↑06:05:2019 8:12
Zwänge und Zwangsgedanken sind der Versuch SICHERHEIT und KONTROLLE zu erlangen. Mit den ZG prüft unser Gehirn immer und immer wieder, ob wir auch ja nichts schlimmes tun werden. Bei anderen klassischen Zwängen - z.B. Hände waschen - versucht der Betroffene Bakterien zu eliminieren und so Sicherheit und Kontrolle vor Krankheiten zu bekommen. So kann man das in Fachbüchern lesen und so hat auch mein Psychiater das erklärt. Der Mangel an SICHERHEIT ist der Grundbaustein von Ängsten und Zwängen. Sehr schön passt da dann auch der Perfektionismus hinein, an dem viele Zwängler ja auch leiden. Auch das ist ein Versuch, mehr Sicherheit und Kontrolle zu erlangen. Ja, die ZG haben also tatsächlich eine Funktion.
Beim Beispiel wenn man nicht allein, sondern jemand bei einem ist: Da haben die meisten viel weniger ZG - warum? Weil man dann instinktiv weiß, da ist ja jemand - der würde sofort einschreiten wenn ich was tun würde. Dazu ist man alleine meist ja viel mehr gefordert, steht tatsächlich mehr unter Strom. Das verunsichert zusätzlich und erhöht die Angst, plötzlich was schreckliches zu tun, also die KONTROLLE zu verlieren. Unser Gehirn beginnt zwanghaft alle Szenarien immer wieder durch zugehen - quasi um Sicherheit zu erlangen.
Also: Der Mangel an Sicherheitsgefühl führt zum Wunsch der Kontrolle und so zu Zwängen. Man kann sehen, dass also ganz stark Selbstvertrauen, Selbstsicherheit und Selbtsliebe da hinein spielen.
Danke für die auführliche Erklärung.
Woher kommt dann dieser Mangel an Sicherheitsgefühl? Wie kann man das Gefühl erlernen? Mit Selbstvertrauen?
Ich habe letztens einen interessanten Beitrag gelesen, wo drin steht, man soll sich fragen, warum man sich selbst so wenig vertraut. Witzigerweise zweifeln wir an uns und an anderen Menschen gar nicht. Das ist doch paradox.
So ein bisschen kann ich schon behaupten, dass ich ja immer unsicher war.
Wenig Entscheidungsfreudig, habe oft auf die Meinung anderer gehört. Ängstlich alleine daheim gewesen. Das war definitiv so bei mir und ist es noch. In den Keller gehen oder Ähnliches nie, Parkanlagen alleine nie, abends alleine durch die Straßen nie. Wurde halt stark behütet und früh mit Horrorfilmen und älteren Geschwistern konfrontiert.
Aber ich bin über den Inhalt der Gedanken irritiert, dass sich dieser Mangel an Sichherheit in dieser Form und diesem Inhalt zeigt.
Ich glaube Marika hat auch schon mal geschrieben, dass gerade dieses Überbehütet sein, auch ein Grund für die Entstehung des Zwangs sein kann, zusammen mit weiteren Gründen. Es sind ja immer mehrere Puzzleteile.
Und es zeigt sich nicht in den Gedanken. Solche Gedanken ansich haben alle Menschen. Aber das immer wiederkehrende Denken dieser unsinnigen Gedanken, also der Zwang dahinter, der kommt von diesem Sicherheitsbestreben.
Ja Marika erklärte es und die Punkte treffen auch definitiv zu. Und theoretisch sehe ich viele Parallelen, nur kann ich mir nicht erklären, warum gerade diese Art der Gedanken und diese Unsicherheit und Angst...ein Bereich, wo ich damals funktioniert habe und mich quasi für die kids aufgeopfert habe.
Ich hatte die meiste Geduld mit ihnen, spielte, machte Blödsinn etc mehr als die Eltern. Sie wollten auch immer zu uns und auch übernachten.
Tja lustigerweise haben die anderen jetzt mehr Geduld mit meinem Kind als ich selber.
Gestern sprach ich es in der Sitzung auch noch mal an in Bezug auf die Funktion und den Inhalt.
Ich soll nun Brainstorming machen was ich mit dem alleine sein und stille verbinde, warum es allgemein so ein Problem ist für mich.
Und sonst kam wieder der Punkt der Sexualität, was ja ein recht schambehaftetes Thema bei mir ist und dieses unter Dauerstrom stehen. Zu viel Anspannung. Ich soll entspannen statt Freizeitstress aufzubauen und dadurch wieder unter Strom stehen. Ich erlaube mir nur keine Lücke der Ruhe vor allem vom Kopf her...Ablenkung lenkt auch die Gedanken ab...
Ich soll vor allem im hier und jetzt leben um neue Verbindungen aufzubauen, da in meinem Kopf zu viele Assoziationen gebildet wurden insbesondere negative.
Wie setzt ihr das um im hier und jetzt zu leben? Vor allem da es in aktuellen Situationen ja immer neue trigger gibt?
Ich war schon immer sehr ängstlich und hatte keine gute Kindheit. Ich glaube ich will immer alles gut machen. Wenn ich z. B. alleine bin, hänge ich immer in einer Gedankenspirale fest. Wenn ich viel unternehme oder gestresst bin, ist eigentlich alles gut und mich triggern auch alle möglichen Sachen. Gerade Filme oder wenn ich etwas lese etc.
Ich glaube, der Punkt mit der Ängstlichkeit trifft auch sehr viele. Als Kind war ich auch eher ängstlich und eben sensibel. Würde sagen, dass ich auch schneller Angst habe als die meisten anderen Menschen. Heute noch werde ich schnell nervös und fühle mich sehr schnell unruhig und aufgeregt. Besonders in ungewohnten Situationen.
Vermutlich wurden daher schon in der Kindheit mehr neuronale Verbindungen in der Gehirnhälfte gebildet, wo die Angst entsteht. Ich hoffe wirklich, man kann das Hirn umtrainieren.
Ja, man ist meistens einfach abgelenkter, wenn man unter Leuten ist. Dadurch hängt man nicht so in der eigenen Gedankenwelt fest. Ich denke Ablenkung ist auch wichtig, um eben auch ein bisschen Abstand von den Gedanken zu gewinnen.
Dennoch ist es eben auch wichtig, dass man auch lernt alleine sein zu können.
Hast du schon als Kind die Sicherheit gesucht, dass immer jemand auf dich aufpasst? Oder haben dich deine Eltern mal allein gelassen und das war wie ein Schock?
Oder liegt es einfach an den ZG, um so "Sicherheit" zu gewinnen?
Ich war aber auch sehr selten alleine. Meist war ja immer jemand Heim.
Ich war immer ängstlich, jemand könnte in der Wohnung sein oder ähnliches. Damals war es die Angst jemand oder etwas könnte ja kommen/mir was antun etc. So Horrorfilm mäßig, was ich leider als Kind zu früh gucken musste dank Geschwister oder erschreckt wurde.
Und jetzt ist es Unruhe alleine zu sein, insbesondere mit Kind alleine oder grundsätzlich alleine aus Angst vor den ZG.
Selbst daheim alleine, kann ich es tagsüber nicht mehr genießen oder TV schauen, da ich mich nicht richtig konzentrieren kann auf die Sendungen.