Wieder ganz tief unten

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

nezrin 1

Re: Wieder ganz tief unten

Beitrag von nezrin 1 »

hallo ihr lieben,

mir geht es immer noch sehr schlecht. Ich habe wieder große Angst das meine Symptome nicht behandelbar sind. Ich habe gestern ein wenig hier im Forum gelesen und mir Tipps geholt wie ich mit quälenden Gedanken umgehen kann. Aber sobald ich das mache und versuche etwas gegen meine Gedanken zu tun werden sie immer stärker und ich fange gedanklich Selbstgespräche an die kein Ende haben ich habe die ganze Zeit ein brennen in der Brust. Ich weiß nicht warum meine Gedanken so sind wie sie sind. Ich denke nur das ich immer negativ denken werde und egal wie mein Zustand ist ich mir diese Gedanken immer aufrufen kann. Selbst wenn es mir gut geht versuche ich die ganze Zeit diese Gedanken aufzurufen. Ich habe immer Angst Gedanken nicht los zu werden. Ich habe manchmal sogar Angst zb irgendein Wort an das ich grad denke, dass ich die ganze Zeit dieses Wort denken muss und es nicht mehr weggeht. Ich weiss gar nicht wie ich euch das erklären kann. Bin ich die einzige mit diesem Problem ?

:cry:
Krümmelchensmama

Re: Wieder ganz tief unten

Beitrag von Krümmelchensmama »

Nein du bist nicht die Einzige mit diesem Problem...
Ich hatte sehr ähnliche Gedanken in meiner Akutzeit nur mein Angstthema war ein anderes...
Ich hatte auch oft das Gefühl es wird nie mehr gut, ich werde nie wieder gesund.
Aber es wurde wieder alles gut, so gut das ich mich sogar in eine zweite Schwangerschaft traute.

Ich weiß diese Tiefs sind schrecklich aber sie vergehen...
Du wirst wieder gesund...
Es ist schwierig sich in der Akutphase abzulenken... Mir haben an machen Tagen Hörspielen geholfen um mal was anderes im Kopf zu haben und von diesen ewigen grübeln weg zukommen... Vl. Hilft dir das auch?

Es wird wieder besser, du wirst wieder Gesund!!!!
Nelli
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Beiträge: 291
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Re: Wieder ganz tief unten

Beitrag von Nelli »

Liebe Nezrin,

sei dessen versichert, dass ich ALLES, was du in Bezug auf die ZG schreibst, selbst erlebt habe!
Und nun habe ich nur noch in Stressituationen eine gewisse Anfälligkeit für ZG, aber eher für die Angst davor.
Es war ganz, ganz schlimm, ich dachte, ich hätte nur noch müll im Kopf, Horrorfilme.
Sich aktiv von diesen ZG abzulenken funktioniert in der Regel nicht. Ein solcher "Fluchtversuch" ist eher kontraproduktiv.
Mein THerapeut hat sich an die ACT-Therapie angelehnt, ohne großes Programm, es geht um den Grundgedanken:
Akzeptiere die Gedanken und lebe dein Leben. Das entkräftet sie. Ich weiß, das klingt in deiner jetzigen Lage wie Hohn,
aber auf lange Sicht hat es mir geholfen, denn unser Hirn verliert sich in ZG, weil eine Störung vorliegt. Wir fokussieren uns auf
extrem stressauslösende "Stories", die als solche nichts mit uns zu tun haben. Wie Kurzschlüsse. Das Medikament, gerade Quetiapin,
hilft, da wieder Ordnung reinzubringen. Vor allem aber wird das Medi dein Angstsystem runterfahren und den Antrieb steigern.
Es ist wichtig, dass du möglichst viel "Normales" tust - ich weiß, es ist quälend - aber dein Gehirn braucht normalen Input, vor allem auch körperliche Bewegung, Alltagsroutine. All das wirkt, noch ohne, dass du es merkst. Deshalb ist eine ergänzende VT so wichtig. Du brauchst jemanden,
der die ZG mit dir entwertet. DEm du dich anvertrauen kannst. Unser HIrn lernt mit der Zeit wieder, in normalen Bahnen zu laufen.
Deine Gedanken und Ängste sind nicht du, sondern die Krankheit. Und die Krankheit wird heilen.
Hast du die Möglichkeit, dich im Akutfall mit Angstlösern zu entlasten?
Und immer: die Medikamente, gerade bei ZG, brauchen Zeit. Und du wirst das durchstehen.

Nelli
nezrin 1

Re: Wieder ganz tief unten

Beitrag von nezrin 1 »

Danke für eure Antworten.

Bei mir sind es ja auch keine Typischen ZG mit diesem Gefühl irgendwas umsetzen zu wollen wie es viele hier beschreiben. Meine Gedanken drehen sich nicht um irgendwelche Aggresiven Gedanken. Es ist einfach das Grübeln was mich quält. Und es kommen immer neue Themen hinzu. Seien es ganz normale Themen. Es quält mich einfach immer in Gedanken fest zu stecken. Manchmal denke ich so viele Dinge aufeinmal das ich das Gefühl habe das mir Schwindelig wird und ich verrückt werde. Es ist so als würde ich die Gedanken selber aufrufen die ganze Zeit. Ich hoffe trotzdem das das worunter ich leide auch heilbar oder Behdandelbar ist.
Mel
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Beiträge: 554
Registriert: 25:11:2018 13:07

Re: Wieder ganz tief unten

Beitrag von Mel »

Liebe Nezrin,
es ist eine ganz „normale“ PPD, ganz sicher!
Diesen Grübelzwang, dieses -Sich-fest-beißen an allem Negativen, kenne ich auch. Es ist kein klassischer Zwang, aber ganz klar ein Symptom der PPD.
Und du bist sicherlich nicht alleine damit! Schau mal, auch ich leide seit drei Jahren immer mal wieder daran- zwar hat sich vieles gebessert, aber gesund bin ich noch nicht.
Dir ging es vor kurzem so richtig gut. Das ist ein super Zeichen!
Halte durch, erinnere dich daran, dass es deutlich besser war.
Es ist wirklich eine sch... Krankheit, die uns ans Äußerste bringt, immer wieder, aber sie wird vorbei gehen!
Fühl dich gedrückt.
Mel
PPD seit Juli 2017, seitdem Mirtazapin 15mg
(Mit Unterbrechung), dann 30mg Mirtazapin und Opipramol 75mg,
Seit Sept. 2019 Sertralin,
mittlerweile 200mg und 15mg Mirtazapin.
Opipramol ausgeschlichen
nezrin 1

Re: Wieder ganz tief unten

Beitrag von nezrin 1 »

Danke Mel🙁

Das hoffe ich für uns alle!
Krümmelchensmama

Re: Wieder ganz tief unten

Beitrag von Krümmelchensmama »

Wie schon letztens beschrieben... Ich hatte sehr ähnliche Grübelanfälle... Mein Hirn fand immer wieder neue Gründe um meine Ängste zu bestätigen... Ich hatte auch oft so viele Gedanken gleichzeitig im Kopf dass ich das Gefühl hatte vollkommen verrückt zu sein...
Ich habe aber auch keine Zwänge oder Zwangsgedanken sondern eine PPD oder in einer anderen Diagnose steht Postpartale Angststörung.
Was ich damit sagen will, dass sind alles Symptome einer PPD und die ist heilbar...
Leider gibt es immer wieder auf und abs.
Es wird sicher wieder besser werden.
Ich hatte auch jede Menge Tiefs und sogar heute noch, 4 Jahre nach Anfang meiner PPD habe ich unter extremen Stress solche Grübelanfälle...
Nur kann ich jetzt feststellen das es der Stress ist, der sie auslöst und kann viel schneller aus dem Ganzen rauskommen. Es ängstigt mich nicht mehr so wie früher.
Ich sehe es eher als Anzeichen für überforderng und versuche die Gründe für diese auszuschalten....
Aber es geht mir trotzdem gut und ich bin wieder richtig Glücklich...
Du siehst also, es ist heilbar und es wird auch bei dir heilbar sein...

Wie Mel schon früher schrieb, es ist dir schon viel besser gegangen, versuche dich daran zu erinnern.. Hast du vl Fotos oder irgendwas das du in dieser Zeit geschrieben hast damit du es dir besser in Erinnerung holen kannst?
Die gute Zeit wird dadurch oft greifbarer...
Was mir auch half war, wenn mein Mann oder eine andere enge Bezugsperson, mir berichtet hat was für positive Fortschritte ich schon hatte (andere sehen das viel schneller als man selbst)

Ganz liebe Grüße
Veranien

Re: Wieder ganz tief unten

Beitrag von Veranien »

Ich habe meine Therapeutin auch gefragt was man gegen das Grübeln machen kann und sie meinte andere Sinne aktivieren
Das kommt aus der Boderlinetherapie. D.H. was scharfes Essen, etwas sehr angenehmes oder unangenehmes riechen, etwas körperliches sehr anstrengendes machen z.B. Crosstrainer
Laute Musik hören und laut mitsingen.
Dadurch kann sich das Gehirn nicht mehr an das Grübeln festhalten, weil es anderes beschäftigt ist.
Das gibt wenigstens kurzfristig Ruhe im Kopf 🙈
Graureiherin
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Registriert: 07:01:2015 12:57

Re: Wieder ganz tief unten

Beitrag von Graureiherin »

Hallo Nezrin,

nur kurz von mir.

Ich denke, Ablenken und Ablenken können zwei unterschiedliche Dinge sein mit unterschiedlichem Ergebnis.

Das eine Ablenken ist ein aussichtsloser Versuch den ZG zu entkommen. Durch den verzweifelten, krampfhaften Versuch diese loszuwerden... verstärkt man diese (egal ob aggressive ZG, sexualisierte ZG, ob Grübelzwänge ...). Da half mir die VT und die von Nelli erwähnte ACT Therapie (gutes Buch dazu "Das Leben annehmen" von M. Wengenroth, im Forum schon öfters erwähnt). Und der Zwang ist fies! Der merkt genau wann man ihn loswerden will, oder ob man es tatsächlich schafft mit einem Achselzucken zu sagen "so what"...

Trotzdem ist es möglich sich kurzzeitig komplett auf etwas anderes zu konzentrieren. Chilli hab ich zwar nicht gegessen, ich habe z. B. rückwärts einparken geübt (ich bin sonst Radfahrerin)... Sanna hat komplizierte Strickmuster vollbracht...

Dabei muss sich das Gehirn auf etwas ganz anderes konzentrieren und das ist wie ein kleiner "Kurzurlaub". Danach war ich kurzzeitig etwas klarer und habe wahrgenommen, dass das Gehirn doch noch normal funktionieren kann.

Gruß die Graureiherin
postpartale Zwangserkrankung 10/2012
Cipralex bis 2014
Rückschlag 2015, wieder Escitalopram bis 15mg
langsame Reduzierung auf 5 mg Escitalopram seit Juli 2017
Verhaltenstherapie beendet seit September 2017
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