Persönlichkeit vs. Depression

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Asrai

Persönlichkeit vs. Depression

Beitrag von Asrai »

Hallo liebe Mitstreiterinnen,
mich beschäftigt gerade die grundsätzliche Frage, welche Teile meines "Innenlebens" der Depression und welche meiner Persönlichkeit zuzuordnen sind. Wenn es mit der Depression ganz akut ist, kann ich das gut auseinanderhalten. Aber vor und nach den Akutphasen weiß ich oft nicht, was "ich" bin und was depressive Symptome sind. Ist es nur eine Frage der Ausprägung, ob z.B. eine Grübelneigung, Entscheidungsschwierigkeiten oder eine innere Unruhe eher ein Persönlichkeitsmerkmal oder doch ein Symptom der Depression ist? Wie haltet Ihr das bei Euch auseinander?
Ich frage auch deswegen, weil ich für mich noch die passende Dosis meines Antidepressivums finden muss und nicht weiß, was ich erwarten kann.
Liebe Grüße,
Asrai
Löwenmutter

Re: Persönlichkeit vs. Depression

Beitrag von Löwenmutter »

Hallo!

Es tut mir leid, du hast noch gar keine Antwort bekommen. Vielleicht ist deine Frage zu schwer zu beantworten?!

Bei mir war es eher so, dass ich in der Akutphase nicht wusste was bin ich und was die Krankheit. Als es mir wieder gut ging, habe ich mich einfach direkt wieder erkannt.

Bei ganz minimaler Symptomatik könnte ich mir vorstellen, dass man schlechte Laune nicht immer perfekt von der Psyche bzw. dem Charakter unterscheiden kann.

Sind es denn bestimmte Eigenschaften? Hilft es dir vielleicht an Ereignisse aus der Vergangenheit zu denken und dein altes „ ich“ zu beobachten?!
Mel
power user
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Re: Persönlichkeit vs. Depression

Beitrag von Mel »

Liebe Asrai,
puh das ist eine schwierige Frage.
Ich kann das auch nicht immer auseinanderhalten, aber gelegentlich kann ich ganz klar benennen, wo bei mir die Unterschiede sind: Eine leichte Grübelneigung hatte ich schon immer, in der Depression hat das Grübeln ein extreme Form angenommen. Die Gedanken drehen sich förmlich im Kreis und setzen eine Abwärtsspirale in Gang, aus der ich schwer wieder herauskomme. Das war im gesunden Zustand ganz anders. Da hab ich mal gegrübelt, aber dann auch wieder aufhören können, die Gedanken konnten zwar um ein Problem kreisen, aber dann war es auch irgendwann gelöst bzw. Irgendetwas anderes war wichtiger bzw. ich konnte mich anderen Dingen zuwenden. Das geht jetzt in der Grübelschleife kaum.
Also, ich glaube, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale förderlich für die Depression sein können, aber die Depression kann auch die Persönlichkeit verändern. Was ich damit meine, ist, dass du dich in der Depression so schlecht fühlst, dass du gar nicht so richtig du selbst bist. Ich erlebe das so bzw. habe es so erlebt, das die Depression eher gewisse Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen verändert, also nicht nur unser Fühlen und Denken verzerrt, sondern auch unser Verhalten verändert. Aber es stimmt schon, dass da manchmal der Übergang fließend ist und man gar nicht so genau weiß- ist das jetzt gerade der Depression zuzuschreiben oder meiner Persönlichkeit?
Mel
PPD seit Juli 2017, seitdem Mirtazapin 15mg
(Mit Unterbrechung), dann 30mg Mirtazapin und Opipramol 75mg,
Seit Sept. 2019 Sertralin,
mittlerweile 200mg und 15mg Mirtazapin.
Opipramol ausgeschlichen
Hallo123
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Registriert: 26:07:2019 23:06

Re: Persönlichkeit vs. Depression

Beitrag von Hallo123 »

Hallo Asrai,

diese Frage stelle ich mir schon seit langem!
Ich hatte mal wieder das Gefühl, das mein Kind mich einfach nicht mag. Ich meinte zu meinem Mann, dass ich das spüre.
Mein Mann meinte aber zu mir, dass das, was ich spüre falsch sei und dass es mir nicht gut geht und ich deshalb so empfinde.
Ganz oft kann ich das seit der PPD leider nicht unterscheiden.
Auch ich habe eine starke Grübelneigung. Schon immer. Zerdenke alles tausend Mal.
Das hab ich schon immer gehasst und schon immer geglaubt, ICH wäre einfach anders/merkwürdig, weil anscheinend niemand sonst diese Neigung hat.

Direkt bei Ausbruch der PPD konnte ich nicht fassen, wie ich bin! Ich habe Dinge getan und gesagt und gefühlt, die ich mir früher niemals hätte vorstellen können. Ich konnte nicht fassen, dass ich überhaupt zu solchen negativen Gefühlen fähig wäre( ich meine damit, die ambilvalenten Gefühle meinem Kind gegenüber)
Heute weiß ich, dass das zu Beginn der PPD wirklich einfach nicht Ich war.
Aber auch heute frage ich mich das ständig. Bin ich wirklich so schrecklich. Sind meine Gefühle und Gedanken, die ich gerade habe wirklich " real" oder lässt mich die Depression so fühlen und denken? Wobei sie ja in dem Moment real für mich sind !
Da gibt es viele Sitiationen, in denen ich mich selbst einfach nicht wiedererkenne und nicht weiß, ob ich mich jetzt komplett geändert habe oder es die Depression ist, die mich so macht.
Ich würde auch gerne wissen, wie man das unterscheiden kann.
Aber wahrscheinlich weiß man das leider erst im Nachhinein.
Falls es bei mir überhaupt eins gibt.

Liebe Grüße
1. Kind: keine PPD, glücklich
2. Kind: PPD seit Geburt

Medikamente:

- Escitalopram 15 mg (ca 1,5 Jahre) -
》 Erhaltungsdosis heute bei 5 Trpf.
- Progesteron

Schilddrüsenmedikament - abgesetzt
Mirtazapin 7,5 - 15 mg - abgesetzt
Asrai

Re: Persönlichkeit vs. Depression

Beitrag von Asrai »

Hallo Ihr,
danke für Eure Antworten!
Ich glaube, die Frage ist wirklich zu schwer, v.a., wenn man sie für sich beantworten will, während man noch mitten in der Depression steckt. Wahrscheinlich ist allein schon die Tatsache, dass man sich solche Fragen überhaupt stellt, ein Indikator, dass man gerade eine depressive Phase hat :?
Bei mir sind's vor allem die Grübelneigung, die Entscheidungsschwierigkeiten und der soziale Rückzug/ mein Ruhebedürfnis, bei denen ich nicht so sicher bin, in welchem Ausmaß, diese "Eigenschaften" zu meiner Persönlichkeit gehören oder eben eher Symptome der Depression sind.
Liebe Grüße,
Asrai
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