Panik, wenn mein Baby weint

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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shari

Panik, wenn mein Baby weint

Beitrag von shari »

Ich wurde vor 5 Monaten Mutti und erkenne mich gar nicht mehr wieder. Wenn mein Kind weint, bekomme ich richtige Panikattacken, so schlimm, dass ich in diesen Momenten einfach nur sterben möchte, mein Herz rast, mir ist schlecht, ich will einfach nur weg und mein altes Leben zurück haben.
Ich bin froh, wenn der Kleine bei meinen Eltern ist oder Papa übernimmt und ich mich nicht so kümmern muss und so zu denken, tut mir in der Seele weh. So ein kleines unschuldiges Baby und seine Mutter bekommt einfach keinen richtigen Draht zu ihm und das macht mich extrem traurig.
Ich möchte doch einfach nur eine richtige Mama sein, mit allen Glücksgefühlen und nicht voller Panik und Verzweiflung.
Eine Therapie habe ich bereits begonnen, die Therapeutin denkt, es ist eine Anpassungsstörung. Ich bin ein extremer Kontrollfreak, alles muss durchstrukturiert nach Plan laufen und jetzt macht mir die kleinste Abweichung totale Angst. Zum Beispiel schläft er immer in seinem Bettchen (tragen ihn schlafend rein), aber einmal war es nicht der Fall, er weinte und schrie zum ersten Mal (dann über eine Stunde und war nicht zu beruhigen) und dieses "außerplanmäßige" wirft mich komplett um - obwohl das ja nun nicht wirklich so ein Drama ist - nur für mich halt.Ich habe solche Angst, dass er nicht mehr mit Schreien aufhört.
Als er vor einer Woche ganz lange geweint hat, war die Panik bei mir so schlimm, dass ich seit dem nur noch neben mir stehe und jetzt auch von der Laune her total unten bin, ich bin nur noch traurig, ängstlich und verzweifelt.
Ich kann die Babyzeit null genießen und wünsche mir so sehr, dass die ersten Jahre schnell vorübergehe und ich mehr mit ihm anfangen kann statt es jetzt einfach zu genießen. Ich hasse mich für die Gedanken! Ich habe mir Passionsblume als Kapseln bestellt in der Hoffnung, dass das meine Stimmung hebt und die Panikanfälle senkt.
Wann wurde es bei euch besser? Wann merkt man Erfolge der Therapie? Ich sage mir ja selber auch immer, dass Babys nunmal weinen und sich nur so ausdrücken können, dass nichts Schlimmes passieren wird, wenn er weint, dass er sehr pflegeleicht ist usw., dennoch - sobald das Schreien losgeht, rebelliert mein Körper und meine Seele.
Ich habe viel darüber nachgedacht, warum gerade das längere Weinen so eine schreckliche Panik auslöst. Ich vermute mal, meine erste Nacht nach der Geburt im KH hat er 5 Stunden am Stück geweint, ich lag einfach daneben und konnte nichts machen. Ich war noch zu schwach um ihn aus dem Bett zu nehmen, darüber hinaus noch verkabelt und hab mich einfach auch nicht getraut ihn in den Arm zu nehmen.
Ich war so extrem müde und wollte nur noch schlafen, aber er hörte nicht auf zu schreien. Ich hatte mir so sehr gewünscht, dass die Schwester ihn mal aus dem Zimmer nimmt, nur mal für 1-2 Stunden, aber da kam nur, „gewöhnen Sie sich daran, das ist nunmal so mit Baby“ und ich hab mich so hilflos und schlecht gefühlt. Keine Ahnung, ob das die Ursache ist, im Moment wünsche ich mir einfach nur noch, dass ich mich wieder gut fühle.
Wird es denn irgendwann wieder gut? Dass ich das Leben mit Kind akzeptiere und damit endlich glücklich werde? Die ersten drei Monate waren nicht so schlimm - da war Papa aber erst durch Elternzeit und später durch Kurzarbeit bis September zuhause.
Sorry, dass ich alles so durcheinander geschrieben habe, aber genau das geht auch so gerade in mir vor :-( .
Liebe Grüße
Tina-Fr

Re: Panik, wenn mein Baby weint

Beitrag von Tina-Fr »

Liebe Shari
Ich kann dich sehr gut verstehen, wirklich sehr gut
Bei mir war es nach der Geburt meiner 1. Tochter ähnlich hinsichtlich der Panik, nur war der Auslöser ein anderer. Wenn etwas nicht nach Plan lief bzw. z.B. Die Kleine Mal nicht so getrunken hat, wie ich das erwartet habe, war ich total von der Rolle.
Geholfen hat mir der das Verständnis für meine Situation, also warum und wie man da reingetragen ist.
Nämlich dass ein Baby alles andere als planbar ist und ich das aber eben genau das eigentlich brauche, weil ich so ein unsicherer Mensch bin.
In allen anderen Lebensbereichen von der Geburt konnte ich das kompensieren mit Planung/Struktur usw.
Ab der Geburt war das unmöglich.
Ich habe versucht es als Lebensaufgabe für mich zu sehen.auch heute noch machen wir neue und Implantate Situationen manchmal Angst.
Aber ich bin schon soooo viel besser darin geworden, auch Mal schnell n Plan B zu machen oder einfach auch Mal das Gefühl auszuhalten, dass ich etwas gerade Mal nicht unter Kontrolle habe...
Und genau das wird es bei dir auch werden. Ich finde es beeindruckend, wie du so kurz nach Erkrankungsausbruch schon so viel über dich und die Zusammenhänge erkennst und dich dem auch stellst.
Ich bin mir sehr sicher, dass das die besten Voraussetzungen sind,um da auch wieder gut rauszukommen.
Dafür wünsche ich dir ganz viel Kraft!!!
shari

Re: Panik, wenn mein Baby weint

Beitrag von shari »

Danke für deine lieben Worte! So wie du dich beschreibst, finde ich mich zu 100% wieder. Im Moment überwiegt einfach nur noch das schlechte Gefühl und die Angst, dass es immer so bleibt. Klar, die Fakten sind mir ja auch bekannt, zB wird mein Kind ja älter, kann sich anders ausdrücken, wir können besser kommunizieren, allein dadurch wird sich viel verändern, dennoch fühle ich mich momentan einfach so, als wenn meine traurige Gefühlslage immer so bleiben wird. Das graue Herbstwetter hilft da auch nicht gerade :-( . Alles Gute für Dich!
Tina-Fr

Re: Panik, wenn mein Baby weint

Beitrag von Tina-Fr »

Ich lese gerade nochmal meinen Beitrag nach deiner Antwort...soooooorry für die 1000 Auto-Tippfehler.
Ohne Brille läuft's wohl abends nimmer so gut!

Ich verstehe, dass du denkst,dass es nie besser wird.
Würdest du das nicht glauben, wärst du nicht krank.
Das gehört ja leider zur Erkrankung dazu.
Es wird sicher helfen, wenn dein Kind älter wird.
Aber auch DU wirst besser, glaub mir.
Versuch wirklich zu denken, dass Du genau diese Situation (von Gott/vom Schicksal ...setz ein was du magst) bekommen hast, weil DU das schaffen wirst und dein Baby dir helfen wird* etwas zu lernen, was du vorher noch nicht so gut konntest.
Meine Große lebt gerade ihre Trotzphase in aller Härte aus. Mit dem Gefühl Wut kann ich bei mir selbst überhaupt nicht umgehen- durch sie habe ich das echt nochmal gemerkt...Wenn es einem ein wenig besser geht, kann man die Challenge annehmen, glaub's mir.
Hast du auch eine psychiatrische Betreuung bzw Mal über ein Medikament nachgedacht? Mich hat das sehr unterstützt, diese fiesen Situationen einfach ein bisschen ruhiger auszuhalten.
Alles Liebe!
shari

Re: Panik, wenn mein Baby weint

Beitrag von shari »

Ich habe eine Verhaltenstherapie angefangen. Ganz zu Anfang meinte die Therapeutin, dass sie mich erstmal kennenlernen und einschätzen will und dann auch ehrlich sagt, ob ich bei ihr oder lieber wo anders besser aufgehoben wäre. Ich denke, sie meinte damit Psychater oder Klinik. Grundsätzlich wäre ich nicht gegen ein Medikament, da ich aber aufgrund einer Erkrankung schon so viel anderes nehmen muss, würde ich im Moment noch darauf verzichten wollen. Sollte es aber schlimmer werden, würde ich aber dies sofort ansprechen und um Einstellung eines Medikaments bitten. Durch die Passionsblume in Kapselform habe ich zumindest etwas das Gefühl was zur Unterstützung zu haben.
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