Selbstvertrauen - Grenzen setzen

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
Nic
power user
Beiträge: 251
Registriert: 03:04:2020 21:16

Selbstvertrauen - Grenzen setzen

Beitrag von Nic »

Guten Morgen,

Ich denke dass meine Ängste sehr viel damit zu tun haben, dass ich kein Selbstvertrauen habe und auch keine Grenzen setze und es jedem Recht machen will.
Wie habt ihr es geschafft, Selbstvertrauen aufzubauen? Einfach öfter Eure Meinung gesagt? Wie geht das praktisch?

Wünsche Euch einen schönen Tag
Liebe Grüsse
N.
Lily

Re: Selbstvertrauen - Grenzen setzen

Beitrag von Lily »

Hallo Nic,

das bedingt sich vielleicht gegenseitig.
Mit Selbstvertrauen sagt man öfter seine Meinung
oder kann besser Nein sagen.
Selbstvertrauen hat man manchmal auch mehr mal
weniger. Tagesformabhängig...
Wenn man die große Klappe nicht in die Wiege gelegt bekommen hat kann man sie sich vielleicht auch selbst erarbeiten.
Erfolgserlebnisse bringen Selbstvertrauen oder auch schöne
Erlebnisse. Natürlich Bestätigung von Anderen.
Aber auch man selbst kann sich die eigenen Stärken
bewusst machen und sich selbst loben..
Oder man ist einfach mal mutig, in kleinen Schritten überwindet man sich und der Erfolg gibt einem Stärke.
Sag doch einfach mal Nein wenn Dir danach ist..
Was sollte schon passieren...

Liebe Grüße,
Lily
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9982
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Selbstvertrauen - Grenzen setzen

Beitrag von Marika »

Hallo,

ich musste gerade schmunzeln, weil Lily schreibt "die große Klappe nicht in die Wiege gelegt bekommen..." - ja das habe ich auch nicht... :wink: Ich habe tatsächlich mein ganzes Leben bis zur PPD mit einem sehr geringen Selbstwert und Selbstvertrauen gelebt. Erst durch die PPD und die damit verbundene Therapie konnte ich das lernen.

Ich glaube es ist ein Kreislauf der mit der Persönlichkeitsstruktur anfängt. Viele von uns hier (nicht alle) sind generell mit einem sensiblen Wesen bzw. Nervenkostüm gesegnet - das meine ich positiv, weil man da viel draus machen kann. Neben Empathie, viel Gefühl, Hilfsbereitschaft, sozialer hoher Kompetenz, gibts aber halt auch die Kehrseite. Solche Menschen (zu denen ich auch gehöre) leben viel angepasster, stellen sich nicht gern in den Vordergrund, sind introvertierter - was ja auch nicht gleich schlecht ist. Es kann aber - je nach dem was man für Erfahrungen im Leben macht - tatsächlich ins Negative abgleiten. So war es bei mir.

Wie konnte ich da nun raus kommen? Mein Psychiater der auch mein Therapeut war, hat mir als Hausaufgabe immer aufgeben, Dinge zu tun, die ich vermeide. Das waren banale: Alleine über einen großen Platz gehen, alleine einen Kaffee trinken zu gehen, selber im Restaurant bestellen (ja - das alles hat mir Zeit meines Lebens Angst gemacht und habe ich immer vermieden). Je öfter ich das gemacht habe, um so mehr hat mein Gehirn gelernt: Oh, da passiert ja gar nichts schlimmes, ich kann das ja - ich DRAF das auch wie jeder andere. Das "Nein sagen" lernen war auch sehr wichtig. Dazu gehört, das man gut in sich rein spürt, was einem gut tut und was nicht. Bevor man eine Antwort gibt, zuerst rein horchen. Ein Beispiel: ich werde auf der Arbeit um Überstunden gebeten. Früher habe ich immer gleich ja gesagt, auch wenn ich schon weit über meinen persönlichen Grenzen war. Heute aber lasse ich mir mit der Antwort Zeit, spüre gut in mich hinein und merke dann auch recht gut, ob ein Ja auch wirklich mit meinem Gefühl übereinstimmt. Es ist erstaunlich, wie gut die Mitmenschen damit umgehen können, auch wenn dann ein Nein kommt. Man muss sich das nur ZUTRAUEN, aber ich weiß genau das fällt uns schwer. Wir haben Angst vor Ablehnung durch ein Nein von uns. Aber je mehr man sich dieser Mechanismen bewusst wird, umso besser geht es. Und am Anfang muss man auch manchmal ein bisschen ein "blödes Gefühl" das man selber beim Nein sagen hast, aushalten und sich selber bestärken: es war richtig, ich DARF und MUSS für ich auch öfter Nein sagen, damit ich gesund bleibe. Die anderen tun das ja auch!

In all den Jahren habe ich gemerkt, dass je Selbstbewusster ich wurde, umso mehr Respekt wurde mir von den Mitmenschen entgegen gebracht!
Aber ich musste viel üben! :wink:
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Nic
power user
Beiträge: 251
Registriert: 03:04:2020 21:16

Re: Selbstvertrauen - Grenzen setzen

Beitrag von Nic »

Vielen Dank ihr zwei für Eure Antworten.

Gestern Abend gleich nochmal zu etwas NEIN gesagt, wo ich mich ohne Eure Posts wieder zu einem JA hätte hinreißen lassen.
Ab heute versuche ich in mich reinzuhören, und dann auch danach zu handeln. Das ist der Weg des Herzens, den sollten wir alle gehen .

Vielen Dank und alles Gute für Euch

Nic
Antworten