Zwangsgedanken behandeln

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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KleinerRegenbogen

Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von KleinerRegenbogen »

Hallo zusammen,

Ich würde mich über eure Erfahrungen bei der Behandlung von Zwangsgedanken freuen. Aktuell werde ich mit der metakognitiven Therapie und der Akzeptanz- und Commitment Therapie behandelt. Ich finde, dass beide Ansätze gut zusammen funktionieren könnten, aber ich wollte mal hören, was bei euch funktioniert hat. Noch bin ich ja in der Behandlung und weiß noch nicht, ob es funktioniert :-).

Welche Ansätze waren bei euch erfolgreich? Und wie würdet ihr den Verlauf beschreiben? Und ganz wichtig, denkt man dann noch an die vergangenen Zwangsgedanken?

Viele Grüße
KleinerRegenbogen
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Marika
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Re: Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von Marika »

Hallo meine Liebe,

das hört sich wirklich toll an. Du wirst da wirklich mit den ganz neuen Errungenschaften in den Therapieformen begleitet. Bei mir ist die PPD und die ZG ja schon 15 Jahre her und somit bin ich noch etwas "altmodischer" therapiert worden. Damals war die kognitive Verhaltenstherapie das Maß aller Dinge bei Zwängen und ZG und hat bei mir hervorragend funktioniert. Es geht dabei um das langsame konfrontieren mit den Gedankeninhalten, das Aushalten dieser und das Lernen, dass Angst unnötig ist. Man verlernt quasi das "Angst haben" vor den Gedanken - das ist dann der Grundstein dafür, dass man diesen Gedanken immer weniger Aufmerksamkeit schenkt. Das wieder führt dazu da, dass sie weniger und weniger werden bis wir sie gar nicht mehr richtig wahrnehmen.

Magst du erzählen, wie deine Sitzungen so ablaufen? Würde mich sehr interessieren, was 15 Jahre später so in der Therapie passiert!
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
KleinerRegenbogen

Re: Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von KleinerRegenbogen »

Liebe Marika,

Vielen Dank für deine Antwort und die vielen tollen Antworten, die du hier im Forum bereits gegeben hast! Das ist immer sehr hilfreich.

Ich komme erst jetzt dazu zu antworten, da ich gerade mit meinem Sohn in der Klinik bin und dadurch recht eingespannt bin.

Neben einer Gruppentherapie bei der die Inhalte der metakognitiven Therapie besprochen werden, habe ich in der Einzeltherapie verschiedene Übungen gemacht, um den Zustand der losgelösten Achtsamkeit (bewusstes, aber wertungsfreies Wahrnehmen der Gedanken. Die Gedanken sind losgelöst von der eigenen Persönlichkeit). Ziel ist es alle Gefühle, Gedanken, ZG und Körperempfindungen wahrzunehmen, aber nicht darauf zu reagieren.
Hinzu kommt, dass man die eigenen positiven und negativen Metakognitionen (das Denken/ die Einstellung zum eigenen Denken) identifiziert. Ein Beispiel für positive Metakognitionen ist „Sorgen bereiten mich vor“ und für negative Metakognitionen „Grübeln schadet meiner Gesundheit“, „Zwangsgedanken können meine Persönlichkeit verändern“. Durch Verhaltensexperimente werden diese Überzeugungen über das eigenen Denken abgeschwächt oder sogar widerlegt, so dass man diesen Denkprozessen keine Wichtigkeit mehr einräumt.

Ergänzt haben wir den Ansatz um die ACT Therapie, da ich insbesondere meine unangenehmen Gefühle unterdrückt habe. Bei der ACT Therapie gibt es viele gute Metaphern und Übungen. Ich fand auch das Buch „Das Leben annehmen“ sehr hilfreich.

Das Schöne ist, dass man beide Therapien auf viele psychischen Störungen anwenden kann.

Viele liebe Grüße
KleinerRegenbogen
Inga
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Re: Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von Inga »

Hallo du Liebe!

Mich würde interessieren in was für einer Klinik du bist?
Speziell eine Mutter- Kind Station?
Ich habe von diesen Therapie Methoden noch nie etwas gehört und finde das sehr spannend.
Ich war mit meiner ersten Tochter vor fast acht Jahren stationär auch wg.massiver ZG's :?
Damals habe ich von diesen Methoden nichts gehört...
Ich habe auch kognitive Verhaltenstherapie gemacht.

Sehr spannend was du berichtest...

Liebe Grüße
Diagnose:
10/2012 erstes Kind
schwere PPD mit massiven ZG
09/2017 zweites Kind
gesund und glücklich
KleinerRegenbogen

Re: Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von KleinerRegenbogen »

Hallo zusammen,

ich bin an der Uniklinik in Lübeck. Die Abteilung heißt Zentrum für integrative Psychiatrie. Eine Mutter-Kind Klinik ist es nicht, aber sie haben mich mit meinem Sohn aufgenommen. Spezielle Unterstützung bei der Pflege meines Sohnes gibt es nicht, aber zum Glück ist er mein zweites Kind und viel ruhiger als mein erster Sohn 😉 Ich war in der Schwangerschaft ja schon mal dort und Konnte dann recht schnell wieder aufgenommen werden.
Das hat mir wirklich geholfen.

Der Prozess mit der Genesung ist natürlich noch ein weiter Weg. Bei Zwangsgedanken wünscht man sich einfach einen Schalter, aber den gibt es ja leider nicht.

Mich würde interessieren wie euer Genesungsprozess gelaufen ist. In welchem Zeitraum wurden die ZG weniger? Welche Stadien der Genesung gab es?

Ganz viele Grüße aus der Klinik
KleinerRegenbogen
Inga
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Re: Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von Inga »

Hallo meine Liebe!

Die ZG´s sind schon sehr fies...

Ich habe damals direkt nach der Geburt meiner ersten Tochter im Jahr 2012 eine PPD bekommen, bei der die ZG´s das Symptom war, welches am längsten geblieben ist.

Ich erinnere mich, dass die depressiven Symptome zuerst besser wurden und die ZG´s mich noch länger begleitet haben.
Es war nicht so, dass sie von einem auf den nächsten Tag weg waren, sondern sie wurden immer weniger und blasser und dann waren sie irgendwann weg.

Allerdings muss ich schon sagen, das es ein längerer Weg war.
Ich habe Escitalopram/Cipralex eingenommen und am Anfang sogar 30mg, also über der zugelassenen Höchstdosis.
Bei Zwängen/Zwangsgedanken sollte das SSRI höher dosiert werden, als bei Depressionen und es dauert oft länger bis das Medikament seine volle Wirkung auf die Zwänge entfaltet...der maximale Wirkungseintritt kann bis zu 12 Wochen dauern.

Ich habe eine kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition gemacht.
Damals war mein Haupttrigger Messer. In der Exposition musste ich ich eine zeitlang ein Messer in meiner Handtasche immer dabei haben.

Nach und nach wurden die ZG´s weniger und irgendwann waren sie komplett weg.

2017 habe ich meine zweite Tochter bekommen und nach ihrer Geburt war ich der glücklichste Mensch auf Erden, alles lief wirklich super. Ich bin sehr dankbar über diese Zeit und das ich alles nochmal in schön erleben durfte.

Ich habe in den letzten 6 Jahren 20mg Escitalopram genommen und war durchweg stabil und hatte keinen einzigen ZG mehr. Ich habe wieder gearbeitet und nebenbei noch eine Ausbildung angefangen...alles super!

Dann kam die Corona Pandemie und ich hatte beruflich und privat eine sehr stressige Zeit, zudem kam das ich mein Medikament umstellen musste. Ich habe vom Escitalopram kardiologische Probleme bekommen, hab aber auch eine Vorgeschichte...anderes Thema...

Ich nehme jetzt seit 5 Wochen 200mg Sertralin und habe leider das Gefühl, dass ich noch nicht richtig gut eingestellt bin. Ich muss mich noch etwas in Geduld üben und hoffe darauf, das mir das Sertralin so gut hilft wie das Escitalopram.

Drück mir die Daumen!

Alles Liebe Inga
Diagnose:
10/2012 erstes Kind
schwere PPD mit massiven ZG
09/2017 zweites Kind
gesund und glücklich
Ivonne

Re: Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von Ivonne »

Hallo,

Ich berichte auch gern über meine Erfahrungen in der Therapie mit ZG. Ich habe mein erstes Kind 2012 bekommen und habe heftige ZG entwickelt. Ich hatte das große Glück in einer Mutter Kind Tagesklinik behandeltworden zu sein. Dort hatte ich die beste Therapeutin, die man sich vorstellen kann. Ich war dann lange mit Paroxetin eingestellt, auch während der Schwangerschaft mit meinem 2.Kind. Die Geburt war im Jahr 2015. Mit diesem Medikament habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Dennoch hatte ich während der Schwangerschaft einen Rückfall. Meine Therapeutin hat mich weiterhin ambulant begleitet. Nach der Geburt ging es mir relativ gut mit deutlich weniger ZG. Im Jahr 2018 ist unser 3.Kind geboren. Das war eine sehr schöne Geburt, welche einige Wunden geheilt hat. In der Schwangerschaft und die erste Zeit danach wurde ich mit Sertralin behandelt. Davon hatte ich aber Nebenwirkungen. Deshalb habe ich das dann abgesetzt und nehme seitdem nichts mehr. Die Elternzeit mit dem dritten Kind habe ich richtig genossen und habe seitdem keine ZG mehr. Die Therapie wurde dann nach so langer Zeit auch beendet. Es gibt immer mal Situationen wo etwas Angst in mir hoch kommt aber das hält sich in Grenzen. Der Alltag mit Arbeit und 3 Kindern hält genug Ablenkung bereit ☺️.

Liebe Grüße und viel Erfolg in der Klinik!

Ivonne
laura_m7
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Re: Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von laura_m7 »

Hallo, dein Beitrag liegt ja schon einige Zeit zurück. Ich stille auch voll und soll Paroxetin 20mg täglich nehmen hab so Angst das ich mein Baby damit schaden könnte. Dürfte ich dich nach deinen Erfahrungen mit stillen und Paroxetin fragen ? Und hattest du starke Nebenwirkungen?
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Marika
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Re: Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von Marika »

Liebe Laura!

Ich wollte dich kurz informieren, dass du von Ivonne leider keine Antwort bekommen wirst wegen dem Paroxetin, weil sie hier nicht mehr aktiv ist. Das sieht man immer daran, wenn ein User Name schwarz ist, dann ist die jeweilige Betroffene nicht mehr hier aktiv.

Zu deiner Frage antworte ich dir aber noch im Medikamenten Forum.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
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laura_m7
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Re: Zwangsgedanken behandeln

Beitrag von laura_m7 »

Vielen Dank für die Info. Das wusste ich nicht.
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