Ein Tief

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Mel
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Ein Tief

Beitrag von Mel »

Hallo ihr Lieben,
ich melde mich mal wieder weil ich Zweifel habe, jemals gesund und glücklich zu werden.
Ich hatte schon länger kein richtiges Tief mehr, aber halt auch kein Hoch. Die zyklusbedingten „kleineren“ Tiefs merke ich noch sehr stark und seit gestern hatte ich ein anhaltendes Angstgefühl mit Grübeln. Was mir so sehr Sorge bereitet, ist, dass es keinen Tag gibt, an dem die Angstgefühle komplett ausbleiben. So kleine Panikwellen kommen und gehen und mit ihnen die Derealisation. Meine Therapeutin ist sich ganz sicher, dass ich gesund werde, aber ich bin es nicht.
Es gibt viele Momente, die sich ganz ok, annähernd normal anfühlen, aber eben genauso viele, in denen ich extremen inneren Stress habe (eher diffus, nicht unbedingt situationsgebunden).
Das Morgentief ist weg, die schlimmen Angstgefühle bis hin zu Durchfall und Erbrechen sind weg (ich habe in diesem Jahr 6kg zugenommen :wink:) und ich fühle mich meist dem Alltag (ohne zusätzliche Arbeit!!) gewachsen. Aber die Angst und das Gefühl irgendwie entrückt, nicht so richtig da zu sein- das nervt mich. Habe auch ich NACH DREIEINHALB JAHREN noch die Chance wirklich wieder ganz normal zu (er) leben? So langsam hab ich keine Lust mehr! Ansonsten bin ich ständig daran, an mir zu arbeiten, an den Beziehungen zu meinen Familienmitgliedern und Freunden zu arbeiten. Ich sage schneller, wenn mir etwas nicht passt, räume mir Bedenkzeiten ein, und fühle mich nicht mehr so sehr anderen gegenüber verpflichtet, versuche gerade herauszufinden, ob eine andere Art von Arbeit mir mehr Spaß machen würde usw. Gerade ist es etwas belastend für mich, dass ich mich mit meinem Arbeitgeber nicht einigen kann und wahrscheinlich gehen werde. Das bedeutet aber auch, dass ich keine Wiedereingliederung ausprobieren kann. Die Aussicht aufs Arbeiten löst Panik aus. Manches wird einfach nicht besser- einige Symptome bleiben hartnäckig und ich frage mich, ob diese für immer bleiben...
Versteht ihr, was ich meine? Manchmal denke ich, meine ADs wirken vielleicht nicht mehr richtig oder ich benötige doch noch ein drittes Medikament in Form eines Neuroleptikums. Bin so sehr verunsichert. Vielleicht bin ich doch eine von ganz wenigen, die nie mehr Symptomfrei und vor allem halbwegs zufrieden mit ihrem Leben werden? Mit ein bisschen Angst hier und da kann ich sehr gut leben, aber diese sich langsam aufbauende und kraftzehrende Angst macht mich fertig. Ich merke an diesen Tagen, dass ich dünnhäutiger, gereizter, ungeduldiger und völlig frustriert bin, dass ich augenscheinlich einfach kein Stückchen
voran komme.
Hier gibt es überwiegend Frauen, bei denen die Depression maximal zwei, drei Jahre dauert, und dies sind dann schon schwerere Verläufe. Warum kann ich nicht einfach gesund werden? Heute empfinde ich es als Strafe und es tut mir leid, dass ich hier so herum jammere, aber es muss hier an dieser Stelle einfach raus, weil es meine Familie wahrscheinlich nicht mehr hören kann.
Ich danke euch, falls ihr etwas aufbauendes schreiben könnt.
Es grüßt euch heute mit hängendem Kopf
Mel
PPD seit Juli 2017, seitdem Mirtazapin 15mg
(Mit Unterbrechung), dann 30mg Mirtazapin und Opipramol 75mg,
Seit Sept. 2019 Sertralin,
mittlerweile 200mg und 15mg Mirtazapin.
Opipramol ausgeschlichen
Hallo123
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Re: Ein Tief

Beitrag von Hallo123 »

Hallo Mel,

wie geht es dir inzwischen?
Das tut mir so leid. Ich selbst empfinde meine Depression als sehr sehr lang.
Ich kann deine Frustration total verstehen.
Man hat einfach keine Lust mehr
Was du in Bezug auf die Derealistation und den zyklusbedingten Symptomen beschreibst, ist bei mir absolut genau so!
Es raubt einem einfach die Kraft.

Ich kann dir nur sagen, dass ich mit dir mitfühle.
Du hast aber so viel schon geschafft. Versuch das nicht aus den Augen zu verlieren. Das sagt mir meine Ärztin auch immer. Aber ich weiß, dass es einem nicht genug ist und zu langsam voranschreitet.
Du gibt mir und anderen hier sehr viel zurück und baust uns auf, ich würde dir so gerne selbst etwas Aufbauenden zurückgeben.
Halte durch und gib nicht auf, das Tief geht vorbei. Das sage ich mir immer. Manchmal klappt es, manchmal nicht.

Ich kann das mit der Arbeit auch total nachempfinden. Ich könnte mir derzeit gar nicht vorstellen zu arbeiten.

Hast du mit deiner Ärztin schon darüber gesprochen?
Hat sie sich dazu geäußert?
Kann man da vielleicht mit einem Wechsel der Medikamente oder aufgrund der zyklusbedingten Symptome( PMDS? Wie bei mir auch) irgendwie entgegen wirken, wie beispielsweise mit Agnus castus oder Progesteron? oder ich habe auch mal gelesen, dass man während der 2. Zyklusphase die Medikation erhöht?
Ich bin absolut keine expertin. Daher die Fragezeichen.

Ich hoffe, dass dein Tief schon vorbei ist, wenn du das hier liest.

Liebe Grüße
1. Kind: keine PPD, glücklich
2. Kind: PPD seit Geburt

Medikamente:

- Escitalopram 15 mg (ca 1,5 Jahre) -
》 Erhaltungsdosis heute bei 5 Trpf.
- Progesteron

Schilddrüsenmedikament - abgesetzt
Mirtazapin 7,5 - 15 mg - abgesetzt
Mel
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Re: Ein Tief

Beitrag von Mel »

Meine liebe Hallo,
vielen Dank für deine Antwort- das ist wirklich sehr lieb von dir!
Ich glaube, es war wieder der Eisprung :wink:
Am nächsten Tag war es schon wieder besser, also ein kurzes Tief. Leider habe ich noch immer mit starken Schwankungen zu kämpfen, auch wenn ich insgesamt nicht mehr tief falle und mich viel weniger „depressiv“ fühle. Aber das ist wohl normal.
Der Zeitfaktor ist das, was mich manchmal noch sehr zweifeln lässt...
Ja, das Thema Arbeit ist in der Therapie und auch mit meiner Psychiaterin sehr präsent. Leider kommt mein Arbeitgeber mir mit dem Arbeitsfeld nicht entgegen, daher werde ich mich wohl trennen. Und dann würde ich gerne ganz klein anfangen.
Medikamentös ist es eigentlich in Ordnung so- Agnus Castus habe ich schon ausprobiert, hatte aber keinen Effekt. Wenn ich wieder tief fallen sollte, kommt das Seroquel dazu. Das ist mein Sicherheitsnetz für den Fall der Fälle.
Ich kann ebenfalls sehr nachvollziehen wie es dir geht und ich hoffe dass du dich schneller stabilisierst, als ich das getan habe. So wie du das in deinem anderen Post beschreibst, klingt es aber insgesamt nach einem sehr guten Aufwärtstrend und ich bin mir ganz sicher, dass die Bindung sich weiter aufbauen wird! Weißt du, meine Schwester hatte ebenfalls eine schlimme PPD und ich würde behaupten, die Bindung war nicht die allerbeste. Sie hat sich das nie eingestanden (- aber das ist nur eine Wahrnehmung oder Beurteilung von außen, die nicht stimmen muss!!). Jedenfalls wurde die Bindung im Laufe der Jahre immer besser. Das was du gehört oder gelesen hast ist ein absoluter Einzellfall!
Vergleiche nicht- ich weiß das ist wahnsinnig schwierig. Aber das was du beschreibst klingt schon nach einer schrittweisen Annäherung an eine ganz intakte Bindung.
Vielleicht hilft dir zu wissen, dass viele Frauen den Idealfall, den du beim ersten Kind erlebt hast, nie erlebt haben. Bei mir z. B. war alles vor, während und nach der Geburt irgendwie überhaupt nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe (Schwangerschaftsvergiftung mit Plazentainsuffizienz, Wachstumsretardierung bei meinem Sohn, Kaiserschnitt und Frühgeburt, Kind auf der Frühchenstation, Wochenfluss-Stau mit zwei kleineren weiteren Eingriffen, zunächst keine Möglichkeit zu stillen usw.), ziemlich grässlich alles und ich habe mich furchtbar gefühlt- da blieben die Glücksgefühle, die andere so beschrieben, einfach mal völlig aus. Ich hatte Glück, die Liebe war irgendwie da und die Bindung auch. Wenn ich aber den Vergleich gehabt hätte zum „Normalfall“, hätte ich wahrscheinlich auch festgestellt dass etwas fehlt.
Du schaffst das, man kann herauslesen, dass es die viel besser geht und das ist erstmal ein Riesenschritt. Und in kleinen Schritten wird auch die Bindung kommen. Sie ist schon da und sie wird sich verfestigen.
Fühl dich gedrückt!
Mel
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Mel
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Re: Ein Tief

Beitrag von Mel »

Hallo ihr Lieben,
ich habe gerade nachgezählt und das Tief kam ungefähr zwei Tage nach meinem Eisprung. Passt das irgendwie zusammen?
Naja, jedenfalls ging es mir anschließend schnell wieder ganz ok. Die Zweifel kommen trotzdem immer mal wieder :?
Ich wünsche euch ein schönes zweites Adventswochenende.
Mel
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Hallo123
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Re: Ein Tief

Beitrag von Hallo123 »

Hallo mel,

Vielen Dank für deine Antwort :)

Ja die Zeit... ich kann das so verstehen. Ich wünschte, wir könnten beide bald damit " abschließen".
Nicht die Hoffnung zu verlieren, ist wirklich sehr schwer, und da kann ich nachvollziehen, dass es nach 3 Jahren noch schwerer fällt.

Ich kann mich sehr gut erinnern, wie das bei mir gewesen ist. Dass ich nach der Geburt des 2. Kindes erst eine kleine Erleichterung gespürt habe als ich meine Periode das erste Mal bekam und dann immer zum Eisprung hin alles schlimmer wurde. Erst als die Periode kam, fast wie ein Schlag auf den Kopf, habe ich mich besser gefühlt. Ich glaube, dass es zyklusbedingt ist, jedenfalls bei mir und die PMDS da stark mitwirkt.
Ich habe so viel gelesen.. dass bioidentische Hormone helfen sollen oder CBD öl. Bisher habe ich nur das bioidentische Progesteron und ich merke, wenn ich es mal vergesse, noch gereizter bin.
Angnus castus probiere ich aber demnächst auch noch aus. Es ist schon bestellt.

Das ist gut, dass du für den Notfall gerüstet bist.

Leider habe ich auch wieder ..ja ein tief? Ich Zweifel auch und zweifle sehr stark an der Bindung, dass sie je so wird, wie ich es mir gerne wünschen würde.

Ich hatte auch eine schreckliche 1.Schwangerschaft. Ich verbrachte lange Zeit im Krankenhaus und war monatelang ans Bett gefesselt. Ich zweifelte in der Schwangerschaft daran jemals eine gute Mutter zu sein.
Aber als das 1. Kind da war, wurde es von tag zu tag intensiver und ich hatte wirklich glück und ein pflegeleichtes Kind. Auch die Geburt endete im Kaiserschnitt trotz vorheriger stundenlnager Quälerei mit den Wehen.
Ich hatte aber danach glücklicherweise gleich die Bindung, die man sich wohl wünscht.

Ja, ich vergleiche leider sehr viel und weiß leider beim 2. Kind leider nie ob es die Depression ist, die mich so verändert hat, meine Wahrnehmung falsch ist /war oder ob mein Kind mich ablehnt. Ich weiß, dass jedes Kind anders ist und das eine mag lieber kuscheln, das andere nicht (nur so als Beispiel) aber durch die PPD weiß ich nicht, ob mein Kind auch ohne PPD so ängstlich und ich sage mal Papa fixiert wäre. Ich glaube immer wieder, dass Ich wegen der PPD selbst dazu geführt habe, dass die Bindung nicht so ist, wie sie meiner Meinung nach sein sollte. Ich zweifle daran, dass es sich noch gravierend ändern wird. Es ist besser, ja, aber immernoch fremd. Das zu akzeptiere, fällt mir schwer.
Ich lese deine Zeilen zu deine Schwester, sowas ist immer schön zu lesen und gibt etwas Hoffnung. Man glaubt aber immer, dass es bei einem selbst nie dazu kommen wird.
Ich lese das oft und auch meine Psychologin sagt, sie wäre sich ganz sicher, dass sich die Bindung stärkt. Aber man selbst glaubt kaum daran.

Das mit deinem Arbeitgeber tut mir leid für dich.
Oder bist du eher erleichtert?
Ich würde auch nur ganz klein beginnen können. Ich glaube auch, dass es eine gute Idee ist, lieber ganz langsam zu starten, wenn es einem denn möglich ist.
Ich wünsche dir dafür viel Erfolg und drücke dir jedenfalls die Daumen :)

Fühl dich auch gedrückt.

Liebe Grüße
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Marika
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Re: Ein Tief

Beitrag von Marika »

Hallo liebe Mel,

ich finde das passt genau zusammen - der ES und dein Tief. Gerade am ES hat es mich sehr oft in ein Tief reingehauen, oder ein bestehendes noch verstärkt. Das ist klar die Hormonelle Komponente die da mit spielt. Typisch ist auch, dass es dir recht schnell wieder besser ging. Das deutet klar auf die Hormone hin.

Was deinen Arbeitgeber betrifft: wenn ihr euch nicht einigen könnt, dann ist es vielleicht wirklich überlegenswert, zu gehen. Gerade die Arbeitswelt ist ein großer Verursacher von Stress und das ist Gift für uns. Dadurch können natürlich Symptome wieder aufflackern. Ich sehe es zwar mittlerweile eher so, dass wir durch die PPD sensibler geworden sind und einfach viel schneller merken, was uns nicht gut tut. Wir gehen einfach nicht mehr gnadenlos über unsere Grenzen, weil wir viel frühzeitiger durch kleine Veränderungen oder auch Tiefs merken - ne, das passt nicht. Das kann auch großer Vorteil sein.

Magst du mehr erzählen, wo genau es bei deiner Arbeit hakt? Ist es die Stundenanzahl? Schau gut auf dich!
Liebe Grüße von
Marika

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Mel
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Re: Ein Tief

Beitrag von Mel »

Hallo ihr Lieben,
vielen Dank für eure Antworten!
Liebe Hallo, ich bin echt ein Schussel- tut mir total leid, dass ich hier mit geantwortet habe, obwohl dein Beitrag wahrscheinlich nicht in diesem Unterforum beantwortet werden sollte, sondern da, wo du zunächst gepostet hast. Das war völlig ohne darüber nachzudenken.
Also, zu meiner Arbeit:
Es ist so, dass sich, auch wegen Corona mal so gar nichts tut.
Ich war ja anderthalb Jahre krank geschrieben und nun beziehe ich kein Krankengeld mehr von der Krankenkasse. Das nennt man Aussteuerung, und das bedeutet, dass man sich arbeitslos melden muss, obwohl man noch im Angestelltenverhältnis ist.
Das Arbeitsamt hat ein paar Dinge nicht so gut auf die Reihe bekommen, so dass mein Antrag auf Arbeitslosengeld noch nicht bearbeitet wurde obwohl ich längst ausgesteuert bin. Zusätzlich hatte ich ein Gespräch mit dem Arbeitgeber zwecks Wiedereingliederung, dass auch nicht so toll lief. Auf diesen Termin habe ich monatelang gewartet bzw. mich in Erinnerung gerufen. Das alles ist nicht wirklich schlimm, denn ich habe einen Ehemann, der ganz ok verdient. Ich würde am liebsten kündigen und mit einem kleinen Praktikum beginnen, um den Stresstest zu machen.
Falls ich aber in den nächsten Jahren nicht wieder belastbar bin, muss ich eine Erwerbsminderungsrente beantragen und ich weiß nicht, ob ich mir da Steine in den Weg lege, wenn ich nun auf die Wiedereingliederung verzichte und kündige bzw. um einen Aufhebungsvertrag bitte. Ich hatte bereits Telefonate mit der Rentenversicherung,viele mit dem Arbeitsamt, der Mitarbeitervertretung meines Betriebs und habe sogar schon nach einer Praktikumsstelle gefragt. Aber eigentlich kann ich nichts entscheiden solange mein Antrag noch nicht bearbeitet wurde. Heute habe ich wieder einen Brief bekommen dass mein Antrag nicht bearbeitet werden kann, da Unterlagen fehlen. Diese habe ich aber längst abgegeben. Also wieder ein Anruf mit einer Beschwerde meinerseits und eine weitere Email mit gescannten Unterlagen. Ich könnte schreiend im Kreis laufen.
In dieser Warteposition bin ich jetzt seit Monaten und das belastet mich. Heute bin ich total genervt und könnte heulen. Ich denke dass die Corona-Krise auch an vielem mitbeteiligt ist.
Was meint ihr? Es grüßt euch herzlich
Mel
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Hallo123
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Re: Ein Tief

Beitrag von Hallo123 »

Hallo mel,

Alles gut ! Mach dir darüber keine Gedanken. Ich freue mich über deine Antwort, egal in welchem Forum ;)

Ich hatte auch gerade meinen Eisprung. Die Tage waren furchtbar anstregend. Und bei mir ist es auch plötzlich wieder gut. Also sehe ich da auch den Zusammenhang. Furchtbar. Wie wird man das nur los?

In deiner jetzigen Situation mit der Arbeit muss ich sagen, dass ich ebenfalls total gestresst wäre. Jeder ohne PPD würde wohl schreiend durch die Gegend laufen. Dass es dich belastet ist total verständlich.

Vielleicht wartest du ab(ich weiß das sagt sich so leicht) was der Antrag ergibt. Zustimmen müssen sie ihm ja? So verstehe ich das? Weiteres kannst du dann planen, wenn der Antrag bearbeitet und genehmigt wurde und kannst dich über alle Möglichkeiten, die dir anschließend zustehen, in Ruhe informieren?
Wegen Corona haben sie wahrscheinlich sehr viele Anträge, die sie bearbeiten müssen.

Es gibt ja trotzdem die Option zu kündigen: da wird dir jedoch eine Arbeitslosengeldsperre (im Normalfall) für 3 Monate aufgebürgt. Wie du geschrieben hast, wäre das ja mit dem Gehalt deines Mannes kein Problem oder legt man dir da leider aus Steine in den Weg?Jedoch habe ich da leider keine Erfahrung, wie das bei einer Aussteuerung funktioniert.
Eine andere Option wäre ja sich ein Attest vom Psychiater geben zu lassen, dass dein derzeitiger Arbeitsplatz eine zu große Belastung für dich wäre und eine Kündigung somit unabdingbar wäre. Dann darf man auch kündigen ohne eine Sperre. Nur wird dafür soweit ich mich erinnere eine Zustimmung des Arbeitsamtes gebraucht?

Alles in allem kann man wohl leider erstmal nur warten. Ich kann verstehen, dass dich das belastet. Man will ja selbst wissen, wie es nun weiter geht und welche Optionen einem anschließend bereit stehen.
Ich war vor lange Zeit ca. 10 Monate arbeitslos und musste als ich wieder eine Arbeitsstelle gefunden hatte, ca. Sechs Mal meinen Arbeitsvertrag vorlegen, weil ich ihn angeblich nicht abgegeben hatte, obwohl ich für jedes Mal Abgeben mir eine Empfngsbestäigung habe geben lassen.
Ich glaube, das ist wohl nur Zeit schinden.

Die Corona- Krise spielt sicherlich noch zusätzlich eine Rolle, da hast du Recht. Das geht mir ebenfalls so. Es ist eine weitere Belastung. Die Angst vor einer Anssteckung, die Verbote, die unsichere Zukunft und die Frage, ob das auch irgendwann ein Ende nimmt und ein " normales" Leben zumindest in Gesellschaft wieder möglich ist.
Sich zu Hause abzulenken, gestaltet sich ja auch als sehr schwierig, vor allem, wenn man dazu gezwungen wird, die meiste Zeit zu Hause zu verbringen.
Ich bin gerne zu Hause, ich fühle mich dann nicht gezwungen etwas zu unternehmen. Ich habe immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich nichts unternehme, weil ich mich dazu einfach nicht motivieren kann. Wenn man jedoch dazu gezwungen ist, zu Hause zu bleiben, ist es dann wieder andersrum. Man möchte sich ablenken und mit den Kindern in den Zoo gehen, aber nicht darf.
Ich will mich gar nicht beschweren. Ich freue mich darüber, dass wir gesund sind und keine groooßen finanziellen Probleme durch die Coronakrise hatten. Da geht es anderen auf jeden Fall viel schlechter.

Ich möchte deinen Beitrag mit meinem Riesentext auch nicht weiter sprengen.

Eines wollte ich aber noch schreiben, Marina hat einfach soooo recht und kann die Situationen so gut nachempfinden und erklären. Genau so ist es jedenfalls für mich. Ich habe auch das Gefühl, dass ich viel sensibler geworden bin, wobei ich mich ja trotzdem teilweise wie betäubt fühle, aber wenn es um Belastungen geht, wirkt alles viel intensiver.

Ich habe übrigens auch mit dem Arbeitsamt gesprochen und ich müsste in 1.5 Jahren wieder arbeiten gehen, dann wären meine 3 Jahre Elternzeit ausgeschöpft und das kann ich mir für heute und morgen absolut nicht vorstellen. Es wäre fast unmöglich. ( ich bin aber im Arbeitsverhältnis, jedoch hatten die mal nachgefragt wie es denn bei mir nach den 3 Jahren weitergehen soll).

Genug von mir.

Ich hoffe, dir geht es heute besser :)

Liebe Grüße
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Mel
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Re: Ein Tief

Beitrag von Mel »

Hallo ihr Lieben,
danke :-)
Also meine Ärztin würde mir bescheinigen, dass es nicht förderlich wäre, in die alte Arbeitsstelle zurückzugehen. In die Richtung habe ich alles abgeklärt. Ich denke jetzt ist eh erstmal wieder Stillstand aufgrund des Lockdowns ....
Du sprengst gar nix :lol: liebe Hallo. Ich schreibe ja auch oft Romane :wink: Deine Erfahrungen mit dem Arbeitsamt bestätigen mir, dass ich kein Einzelfall bin!
Jetzt geht es für uns erstmal nach draußen in den Regen.
Ich drück euch.
Mel
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Marika
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Re: Ein Tief

Beitrag von Marika »

Hallo Mel,

puhh, das klingt sehr, sehr mühsam und Kräfte raubend. Ist schon krass, wie du da alles quasi und gefühlte 100 x einreichen musst und dann noch nicht sicher sein kannst, ob jetzt endlich alles richtig bearbeitet wird.

Ich habe damals nach der PPD - also nach 3 Jahren Elternzeit - mit nur 4 Stunden langsam angefangen zu arbeiten. Nach einem weiteren Jahr dann 12 Stunden, nach einem weiteren halben Jahr 15 Stunden. Anders, schneller und mehr Stunden wären nicht möglich gewesen, ich musst da ganz langsam reinwachsen. Es ist so traurig, dass so viele Frauen da einen so enormen Druck haben so schnell wie möglich am besten noch Vollzeit wieder da zu stehen. Und das mit ja meistens kleinen Kindern. Es ist eine Schande, dass wir im Jahr 2020 immer noch die modernen Sklaven sind... :x :x :x

Hätte ich was zu sagen, würde ich für jedes Kind der Frau 15 Jahre an die Pension anrechnen... und das meine ich seeeehr ernst... :D
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Ein Tief

Beitrag von Mel »

Hallo ihr Lieben,
wie geht es euch?
Ich komme aus dem Tief dieses Mal irgendwie nicht so richtig raus- das war echt schonmal besser.
Habe zwei Tage lang oft geweint und seit einigen Wochen wieder diesen fiesen inneren Druck (Angst, Ruhelosigkeit). Hatte zwei heftige Sitzungen mit meiner Therapeutin (eine Sitzung war richtig blöd und die zweite diente der Klärung und ich habe geheult wie ein Schlosshund- inhaltlich war es gar nicht so wichtig, wichtig war eher dieses ätzende Gefühl der Angst und Trauer). Am selben Tag hatte ich ein gutes Telefonat mit meiner Psychiaterin. Sie sagte mir, dass ich nicht alleine bin, dass gerade viele Patienten mit der Situation Schwierigkeiten haben. Sie sagte mir auch sinngemäß, dass unsere Monster immer mal wieder kommen, wir aber jedes Mal an einem anderen Punkt sind. Wir treten nicht auf der Stelle, auch wenn es sich so anfühlt.
Meint ihr, sie hat recht? Ich sage mir das gerade immer wieder.
Mel
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Re: Ein Tief

Beitrag von Mel »

Das Tief ist vorbei!
Seit einigen Tagen geht es wieder gut und Weihnachten war dieses Jahr bis jetzt echt entspannt. So normal es eben geht in der Pandemie, aber viel normaler als in den letzten drei Jahren. Das ist wirklich toll und ich hoffe, ich kann mich im nächsten Tief daran erinnern :-)
Danke für euer Verständnis
Habt noch ein schönes Rest- Weihnachtsfest!
Mel
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Fight4you

Re: Ein Tief

Beitrag von Fight4you »

Hallo Mel,

Das ist so super, ich freue mich für Dich! Und gleichzeitig gibt es mir auch einen kleinen Auftrieb, dass es wieder besser wird, also auch danke für deine positive Rückmeldung! Ich denke auch dass der Zyklus viel Einfluss hat, wobei ich grade eigentlich am Anfang des Zyklus bin und seit der Periode im Tief stecke 🤷‍♀️ Also manchmal macht es iwie auch keinen Sinn..
Aber dass es um den Eisprung komisch ist; hab ich seit der Geburt auch festgestellt. Die doofen Hormone...meine Gyn hatte auch gemeint ich könnte ja die Pille wieder nehmen um das zu unterdrücken. Das ist aber vollkommen nach hinten losgegangen und ich war so richtig im Tief. Nehme nun Agnucaston, kann aber nicht sagen, ob das nen positiven Einfluss hat..
Nimmst du irgendwas was auf den Zyklus wirkt?
Erhol Dich gut und genieße die Zeit! LG
Hallo123
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Re: Ein Tief

Beitrag von Hallo123 »

Frohe Weihnachten euch allen!

Das freut mich sehr für dich Mel, ich bin auch recht froh, ein fast normales Weihnachten gehabt zu haben.
Ab und zu mal wieder Gedankenkreisen usw. Aber durch die Ablenkung mit der Familie konnte es zum Glück nicht ausarten.

Ist das eine Gespeächstherapie oder Verhaltenstherapie?
Vielleicht musste das alles mal raus und hatte sich zuvor alles aufgestaut?
So könnte ich mit das erklären, da reicht manchmal nur ein kleiner Impuls. Jedenfalls war das früher bei mir so.

Ich merke auch, dass der Zyklus echt viel Einfluss nimmt.
Leider. Ich hoffe, wir werden das wieder los. Ehrlich gesagt, macht es etwas Angst, wenn man hört, dass unsere Monster immer wieder zum Vorschein kommen. Solange es einen aber nicht komplett aus der Bahn wirft und man seine Strategien entwickelt hat, um entgegenwirken zu können. Das wäre jedenfalls schön. Ich habe damit eider Schwierigkeiten.
Trotzdem...
Schönen restlichen 2. Weihnachtsfeiertag :)
1. Kind: keine PPD, glücklich
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hummingbird

Re: Ein Tief

Beitrag von hummingbird »

Liebe Mel,
Ich habe gerade deinen Beitrag gefunden und bin fast genau in der gleichen Situation wie du damals. Ich hatte eine PPD nach der Geburt meiner Zwillinge vor 4 Jahren und habe bis heute mit Ängsten(Derealisation) und PMS und heftigen Symptomen durch Progesteronmangel zu kämpfen. Es ist so frustrierend, weil es sich einfach nicht bessert, obwohl so viel Zeit vergangen ist und ich auch konstant an mir und meiner Beziehung zu Familienmitgliedern etc arbeite. Wie geht es dir mittlerweile und hast du Tipps für mich, wie ich endlich da raus komme?
Liebe Grüße
Antworten