Ich habe wieder mal ein Tief und brauche Hilfe

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

Moderator: Moderatoren

Antworten
frolllein491

Ich habe wieder mal ein Tief und brauche Hilfe

Beitrag von frolllein491 »

Hallo Zusammen,

Ich habe aktuell wieder ein Tief und brauche jemanden, der mir zuhört. Ich hab eine schwere Depression, rezidiv seit ungefähr März letzten Jahres. Bescheinigt bekommen habe ich diese im November. Ich war ja im September im Frauenhaus und bei meiner Mutter bis Anfang Oktober. Ab dem Zeitpunkt habe ich mich um Hilfe gekümmert und Ende Oktober eine Therapie begonnen. Ich habe bei Angst immer mit Wegrennen und Ohnmacht reagiert z.B. mich nie getraut, meine eigene Meinung zu sagen etc. Ich muss alles mühsam wieder lernen. Im November habe ich eine Prüfung ablegen wollen, bei der ich zuvor durchgefallen war. Ich war so überfordert, dass ich mich nicht mehr um meine große Tochter kümmern konnte. Es gab den Moment, wo ich wieder einmal weggerannt bin. Meiner Freundin habe ich von suizidalen Absichten erzählt, woraufhin sie die Polizei rief und diese abends bei mir ankam. Zwischenzeitlich hatte mein Mann mich aber am Bahnhof gefunden und mit nach Hause genommen. Ich stand unter Schock, als die Polizei auf einmal vor unserer Tür stand und mich mit in ein psychiatrisches Krankenhaus mitnehmen wollte. Dank der sehr sensiblen Art der Polizistin bin ich heulend zusammengebrochen, als sie meinte, sie würde eine Meldung ans Jugendamt machen. Die zwei anderen Männer blieben bei der Meinung, dass keine Meldung nötig sei, sie verharrte aber darauf. Ich habe mich so gedemütigt gefühlt. Als ich meine Sachen für die Klinik packte, durchwühlte sie sogar meine schlüpfer!! Im Krankenhaus habe ich Abstand von suizidalen Absichten genommen und wurde nach Hause entlassen. Danach ging es mir auch langsam besser und ich habe mich auf die Geburt meiner zweiten Tochter vorbereitet, da hier ein Kaiserschnitt medizinische notwendig war, was mich sehr belastete. Ich hatte das Gefühl, mein Körper versagt. Der erste Schock kam Anfang Dezember, als tatsächlich 2x das Jugendamt bei mir anrief, um sich zu erkundigen und mir Hilfe anzubieten. Damals lief die Therapie gut und ich hatte einen Antrag auf Haushaltshilfe bei der Krankenkasse gestellt. Ich hab sogar den Kaiserschnitt über mich ergehen lassen, der für mich sehr schwer zu verkraften war. Ich hab gelernt, meine neugeborene Tochter anzunehmen als mein Kind. Die ersten Wochen ging es gut, denn da hatte mein Mann Urlaub und konnte ich mich zuhause unterstützen. Seit einer Woche geht es mir leider schlechter und auch die Streitigkeiten nehmen wieder zu. Zwischenzeitlich wurde zweimal der Antrag auf Haushaltshilfe abgelehnt und das, obwohl ich dringend jemanden brauche, der mich unterstützt. Heute habe ich verheult meiner Hebamme die Tür aufgemacht. Sie ist involviert mit dem Jugendamt und steht mit denen wohl in Kontakt. Abgesprochen mit dem Jugendamt war vor der Geburt, dass die sich melden, wenn sie geboren ist. Das ist letzte Woche erfolgt in Form eines Schreibens in dem stand, dass sie mir keinen Termin anbieten können derzeit. Habe mir nichts weiter bei gedacht und vermutet, dass unser Fall vom Tisch sei. Nein, da ruft die Sachbearbeiterin vom Jugendamt bei meiner Hebamme an und erkundigt sich, wie es mir geht usw. Und sagte, dass es ja so ruhig um mich sei. Meine Hebamme sagte zu ihr, dass es mir gut ginge derzeit (Stand vor 14 Tagen, hatten letzte Woche keinen Termin) und es ja erst interessant wird, wenn mein Mann wieder arbeiten muss. Als ich das hörte, bekam ich erst recht mit der Angst zu tun. Es bestand niemals Gefahr für die Kinder. Als das im November war, hat mein Mann sofort seinen Dienst unterbrochen und sich um sie gekümmert. Ich bin doch ein freier Mensch und kann selbst entscheiden, mit wem ich wie zu tun haben will. Ich habe bitterlich losgeweint und gesagt, dass ich doch krankheitseinsichtig bin und mir Hilfe geholt habe. Meine Hebamme sagte, dass mir keiner die Kinder wegnehmen will. Aber dennoch habe ich Angst. Sehr große Angst. Jedenfalls hat meine Hebamme heute mit meinem Mann und mir besprochen, dass er sich auf mich krankschreiben lässt, wir das Jugendamt anrufen (sonst macht sie es und dann haben wir schlechtere Karten) und ich einen Termin beim Psychiater, benötige, weil wohl Medikamente als Unterstützung notwendig sind. Diese Vereinbarung musste von uns beiden unterschrieben werden. Die Krankenkasse fühlt sich für uns nicht zuständig. Mein Pflegebedarf muss ermittelt werden, bevor mein Mann sich auf mich krankschreiben lassen kann. Das macht der medizinische Dienst der Krankenkasse. Der ist zwar beauftragt, aber das kann nun Wochen dauern. Keiner hilft mir! Dabei brauche ich dringend Unterstützung im Haushalt und mit den Kindern, wenn er arbeitet. Das Jugendamt hat so einen faden Beigeschmack. Ich habe Angst, mit ihnen zu tun zu haben, bis die Kinder 18 sind. Wann wird der Fall zu den Akten gelegt? Wenn ich wieder gesund bin? Keiner sagt es mir genau. Und ich habe Angst. Ich wollte doch gar nichts von denen, noch von der Polizei. Und nun habe ich das Gefühl, niemanden mehr vertrauen zu können, ohne die Polizei oder das Jugendamt im Nacken zu haben. Ich mache vieles mit mir selbst aus und rede nur mit meinem Therapeuten offen. Ich habe lange heute mit einem psychiatrischen Krankenhaus telefoniert. Genau gesagt mit dem, wo ich im November war. Sie haben mir nahe gelegt, über eine Tagestherapie nachzudenken. Meine neugeborene Tochter dürfte sogar mitkommen.
Ich habe so Angst, was das Jugendamt angeht. Ich war so fest überzeugt, dass unsere Akte vom Tisch ist. Ich hab einfach angst mit denen zu tun zu haben, bis die Kinder volljährig sind. Ich weiß nicht, ob ihr das versteht, aber ich wollte alles aus eigener Kraft schaffen. Mit Hilfe von der Therapie und meinen Lieben. Ich hab so viel geschafft die letzten 2 Monate und dachte, ich wäre schon weiter. Jetzt wieder zurückzufallen und mich so hilflos und ohnmächtig zu fühlen, schmerzt. Ich will meinen Kindern eine gute Mama sein. Das ist alles. Aber dafür muss ich gesund werden.
Ich habe halt das gefühl zu versagen.. Ich meine, ich suche doch schon Hilfe. Ich hab den Kaiserschnitt mit allen Schmerzen über mich ergehen lassen. Diese schreckliche Situation bei Corona entbinden zu müssen. Zeigt das alles keine Stärke?
Ich hoffe einfach, die Welt sieht bald wieder rosiger aus.

Danke fürs Zuhören :)
Benutzeravatar
Marika
power user
Beiträge: 9985
Registriert: 04:06:2005 16:05

Re: Ich habe wieder mal ein Tief und brauche Hilfe

Beitrag von Marika »

Hallo du Liebe,

da ist ja wirklich ganz viel passiert bei dir und ich verstehe absolut, dass du einfach Angst hast!

Aber: Ich finde den Vorschlag eine Therapie in Tagesklinik - Format zu machen, ganz toll! Und du könntest die Kleine mitnehmen! Das ist doch Klasse!!!! Auch die Option für ein Medikament ist da und könnte dort sehr gut abgeklärt werden. So wärst du in einem professionellen und geschützten Rahmen in dem du wirklich von Fachleuten betreut wirst. Das wäre auch Signal in Richtung Jugendamt, damit dein Akt wirklich dann mit der Zeit ad acta gelegt werden kann.

Ich habe eine Bekannte, die hat unglaublich von der Therapie in der Tagesklinik profitiert. Ihr wurde dann auch auf Intervention des Therapeuten dort eine Haushaltshilfe bewilligt.

Meine Liebe - nimm dieses Angebot doch an! Was Besseres kann dir ja gar nicht passieren. "Alleine schaffen" ist schwierig, geht lange und Tiefpunkte sind vorprogrammiert. Also - worauf wartest du? Ich würde sofort ja sagen! :D
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Lily

Re: Ich habe wieder mal ein Tief und brauche Hilfe

Beitrag von Lily »

Hallo Du,

es tut mir sehr Leid, dass Du gerade in diesen Strudel
von unschönen Ereignissen geraten bist. Es ist verständlich, dass Du Angst hast. Aber wie Du selber sagst, Du bist nicht
tatenlos und natürlich gehört dazu Stärke und auch der
Wille die Situation zu verbessern.

Darauf solltest Du Dich besinnen. Bleib bei Dir und gehe
diesen Weg weiter, dann kann Dir niemand etwas vorwerfen, auch das Jugendamt nicht.

Die tun letztlich auch nur ihren Job.
Ich wundere mich allerdings dass die Hebamme
miteinbezogen wird, gibts da keine
Schweigepflicht?

Und dass keine Haushaltshilfe gewährt wird ist auch unverständlich. Wie ist das begründet?

Es geht Dir ja schon recht lange schlecht.
Wolltest Du bisher keine Medikamente nehmen?
Wie Marika würde auch ich empfehlen die Therapiemöglichkeit anzunehmen.

Ich hatte auch einen Kaiserschnitt, mir hat eher die
normale Entbindung Angst gemacht 😃

Ich wünsch Dir alles Gute und Kraft für die nächste Zeit,
Erzähl mal wieder wie es weiter geht..,
Liebe Grüße,
Lily
Antworten