Der erste Geburtstag

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Sophie

Der erste Geburtstag

Beitrag von Sophie »

Hallo ihr Lieben,

morgen ist der erste Geburtstag von meinem Sohn und ich stecke gerade wieder bis zum Hals in einem Tief. Ich fühle mich gerade nicht mal fähig dazu einen Kuchen für ihn zu backen und das macht mir ein so unfassbar schlechtes Gewissen.
Ständig dieses Grübeln, diese Vorwürfe und die Angst die ich schon wieder seit Wochen in meiner Brust trage. Ich versuche mich nicht mehr so stark von meiner Angst und meinen ZG im Alltag einschränken zu lassen, aber in letzter Zeit ruft alles in mir nach Rückzug. Dann würde ich mich am liebsten im Bett verkriechen damit ich niemand etwas zu leide tun kann… ich mach es aber nicht, ich will nicht, dass diese Krankheit so viel Macht über mich hat…

Mein Verstand holt aktuell alle alten Erinnerungen an Trigger hoch und projektiert sie auf mich, kennt ihr das? Es bezieht sich ausschließlich auf psychische Erkrankungen und/oder Gewalttaten, sobald ich daran denke krieg ich Angst und die körperliche Empfindungen darauf nimmt mein Verstand als Bestätigung, dass ich bestimmt auch so enden werde. Es ist einfach die reinste Abwärtsspirale. „Oh du bekommst weiche Knie, morgen wachst du bestimmt auf und dann hat deine Krankheit den ganzen Körper übernommen und du machst dann XY“

Jetzt plane ich also so gut es geht eine Geburtstagsfeier für meinen Sohn, während meine Angst fast explodiert.
Jana15
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Re: Der erste Geburtstag

Beitrag von Jana15 »

Hallo Liebe Sophie, das tut mir sehr leid für Dich. Ich kann es so sehr nachvollziehen ♡ ... vll kannst du beim Bäcker einen holen. Da gibt es oft so ganze Rührkuchen. Dass du den Druck weg hast. Ich verstehe Dich wirklich sehr gut. ♡
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Marika
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Re: Der erste Geburtstag

Beitrag von Marika »

Hallo Sophie!

Wie geht es dir mittlerweile? Das kenne ich auch noch. Gerade wenn was Besonderes a steht, steigt der Druck und ein Tief kommt. Die Idee mit dem Kuchen von Jana ist toll, das kann sehr helfen. Kannst du Eltern/Freunde vielleicht fragen ob sie helfen?

Wie sieht es denn sonst aus, bist du in Therapie und/oder Medikamente?

Und wenn es gar nicht geht, könntest du im Notfall die Feier doch auch verschieben. Klar der Erste Geburtstag ist natürlich was Besonderes, trotzdem ist ein späteres Feieren doch völlig ok.😘😘😘
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
alibo79
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Re: Der erste Geburtstag

Beitrag von alibo79 »

Hey Sophie, der erste Geburtstag von dem eigenen Baby ist einfach ein emotionales Ereignis, da kommen so viele Gefühle und Gedanken und Erinnerungen hoch, an die Geburt, an schwierige Zeiten und an schöne Momente. Es beginnt ein neuer Abschnitt das Baby wird zum Kleinkind . Ich hatte auch so ein Gefühl von Abschied, was mich traurig gemacht hat und natürlich die ganz heftigen Erinnerungen an die PPD.
Sowas triggert das Gehirn, gerade wo es noch so empfindlich ist. Ich finde es gar nicht ungewöhnlich dass du dich nicht wohl fühlst. Wahrscheinlich wird es besser wenn der Geburtstag rum ist.
Die Idee mit Kuchen kaufen ist super oder vielleicht gibt es eine Oma oder Tante die das gerne übernehmen würde.
Du darfst den Geburtstag so gestalten wie du willst, du musst keinem was beweisen gerade wenn es dir nicht gut geht. Und wenn ihr nur im ganz kleinen Kreis feiert oder auf dem Spielplatz für ein kleines Picknick trefft wo jeder was mitbringt, gestalte es so wie es dir am besten gefällt und du dich wohl fühlst .

Liebe Grüße
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
alibo79
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Re: Der erste Geburtstag

Beitrag von alibo79 »

Vielleicht magst du hier im Forum die nächsten Tage berichten wie es dir so ergangen ist :D
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Sophie

Re: Der erste Geburtstag

Beitrag von Sophie »

Danke für eure lieben Worte!
Da es mir nach dem Absetzen der Medikamente Stück für Stück besser ging, reduzierten wir auch die Therapie ein wenig, da der Anfahrtsweg und das Babysitter organisieren eigentlich immer mehr Stress war als meine eigentliche Situation.
Als ich vor ein paar Wochen gemerkt habe, dass ich wieder in ein Tief rutsche habe ich sofort mit meiner Therapeutin Kontakt aufgenommen und habe jetzt wieder wöchentlich eine Stunde. Meine Psychiaterin wollte ich auch sofort kontaktieren um wieder mit dem Sertralin zu beginnen, diese war allerdings jetzt im Urlaub und ihre Vertretung auch noch krank. Mit meiner Therapeutin habe ich auch herausgearbeitet, dass es eine Vermeidungsstrategie von mir ist, sofort Hilfe von außen suchen (z.B. auch in Form von Medikamenten). Sie meint ich soll den Gefühlen einfach mal Raum geben ohne ständig zu versuchen sie weghaben zu wollen. Ich soll nicht kämpfen und nicht fliehen. Gerade decke ich immer mehr Fluchtstrategien von mir auf.

Gestern Mittag habe ich dann meine Tränen weggewischt und mir gesagt „Ja ist *** jetzt die ganze Zeit Angst zu haben Psychopathisch/Schizophren etc. zu werden, aber du wolltest einen Kuchen backen und du gehst jetzt einkaufen und backst diesen Kuchen. Auch mit Angst und ZG.“

Gesagt getan. Am Abend habe ich einen Schoko-Bananenkuchen gebacken, Luftballons aufgeblasen und Geschenke eingepackt. Mein Mann hat parallel dazu noch die Wohnung geputzt.
Heute Nachmittag kommen ein paar Kinder, ich freu mich.

Meine Gedanken sind heute die gleichen wie gestern und sie nerven mich wie die Sau :lol:

Ich hoffe ich behalte meine Haltung noch ein wenig bei.
Fühlt euch gedrückt!
Jana15
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Re: Der erste Geburtstag

Beitrag von Jana15 »

Weißt du Sophie ich habe auch zu früh angefangen zu reduzieren weil ich dachte dieses "Nervliche Überlastete" kommt von dem Medikament. Das hat auch nicht der Arzt gesagt sondern ich hab da selbst rum gedoktert... völliger mist.... aber ich mache mir keine Vorwürfe... ich wusste es nicht besser....

In diesem Zuge habe ich gelesen, dass man eigentlich erst reduzieren sollte wenn man über ein Jahr oder länger (was der Arzt halt sagt) absetzen sollte. Es sollten über einem langen Zeitraum keine Symptome mehr da sein...

Hattest du diese Ängste und Zwänge schon bevor du krank wurdest, findest du sie gehören zu deiner Persönlichkeit. Ich kenne mich ja auch nicht aus aber am Anfang hatte ich eine Therapeutin die hat immer so getan als wäre ich das alles... ich habe nicht gecheckt dass das die Krankheit ist. Ich habe soviel gearbeitet und probiert... das hat der Therapeutin total gefallen. Gebracht hat das ganze nix. Weil ich das nicht war, es wurde Krankheit. Ganz viel war die Krankheit. Die zweite Therapeutin hat mir das dann erklärt und am besten bin ich dann damit gefahren Symtome zu akzeptieren. Ich konnte zB keine Entscheidung mehr treffen, was ich davor aber sehr gut konnte. Ich habe zu der Therapeutin dann gesagt, dass ich das eigentlich gut kann... ich glaube auch zu wissen was ich machen würde aber ich bekomme kein OK von meinem Körper, ich habe ihr dann gesagt, wir können da jetzt noch stundenlang darüber reden aber das ändert nix. Ich spüre es nicht.

Das gleiche war wenn ich einen Konflikt oder Ähnliches hatte... ich konnte ihr 5 Lösungsmöglichkeiten nennen aber ich konnte nicht spüren welcher richtig ist....

Keine Ahnung warum ich dir das erzähle vll steht ja irgendwas dabei was dir hilft. Gerne dürft ihr Marika und der Rest auch etwas dazu sagen...ich sage das nur aus meiner Erfahrung. Ich finde die Krankheit ist so türkisch... und wenn du nicht richtig mit Medikament eingestellt bist dann arbeitest du mit Symtomen die einfach nur kommen weil deine Hormone nicht richtig verteilt sind. Für mich war es das beste das dann so zu akzeptieren. Dass es die Krankheit ist... Konflikte waren/sind dennoch schwer weil ich immer nicht weiß bin ich das jetzt wirklich selbst, ist es die Krankheit und früher dachte ich dann noch ob die Medikamente wohl zu hoch sind....
Jana15
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Re: Der erste Geburtstag

Beitrag von Jana15 »

*** das eine heißt.... es war die Krankheit...nicht es wurde Krankheit
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Marika
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Re: Der erste Geburtstag

Beitrag von Marika »

Liebe Sophie,

Für mich war es ganz wichtig diese Hilfe von außen in Form von Medikamenten anzunehmen. Ich weiß viele Therapeuten halten nichts von Medikamenten, ich sehe das völlig anders. Beides zusammen, Therapie und Medikamente haben mich gesund gemacht.
Liebe Grüße von
Marika

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