Zwangsgedanken

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Sonne101
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Hallo Marika,
danke für deine Antwort…
Ich war bei meinem Hausarzt. Der meinte er will vorher noch körperliche Erkrankungen ausschließen. Deshalb muss ich noch auf die Ergebnisse warten. Danach wollten wir uns für ein AD entscheiden. Ich habe in der Schwangerschaft die AD immer ca. nach 3 Wochen gewechselt weil ich den Eindruck hatte sie helfen mir nicht. Ich war nicht mehr so traurig, aber gegen die Gedanken hat es mir nicht geholfen. Vielleicht war die Dauer und Dosierung zu niedrig habe Setralin 50, Citalobran und Escitalobran 10mg genommen. Und das halt auch immer nicht besonders lange.

Ich habe noch eine Frage:
Ich lese parallel zur Therapie das Buch „wer dem Glück hinter läuft, läuft daran vorbei“ seitdem bedanke ich mich immer bei meinem Kopf für die Gedanken um sie zu entschärfen. Also quasi den ganzen Tag 🥴. Manchmal kommt es an, manchmal nicht. Soll ich mich tagsüber bewusst ablenken? Wenn ich einen Gedanken habe und ihm versucht habe zu entschärfen. Soll ich mich dann bewusst wieder auf das konzentrieren was ich gerade tue? Ich grübel auch oft über die Thematik und wie ich darein rutschen konnte. Soll ich mich dann auch bewusst auf das konzentrieren was ich gerade tue?
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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Ja, genau... den Gedanken erkennen und dann bewusst wieder ablenken. Das passt sehr gut, so habe ich es auch gemacht. Du kannst auch Stopp sagen und dann auch aktiv erkennen, dass es ein unnötiger ZG war. Und ja, mal kommt es an, mal nicht. Aber es funktioniert mit der Zeit immer besser.

Deine Einnahmedauer und Dosierungen waren tatsächlich viel zu kurz und zu niedrig. Kein Wunder, dass du da nicht mehr bemerkt hast. Da du aber eine erste Verbesserung bemerkt hast, wärst du auf dem richtigen Weg gewesen. Bei ZG ist eine Therapie sehr wichtig. Ab besten eine, in der du Übungen lernst, die die ZG nachhaltig eindämmen.

Oder du schaust nach Büchern zum Thema ZG.
Liebe Grüße von
Marika

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schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Sonne101
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Ich gehe schon seit meiner 2. SSW zur Therapeutin. Ehrlich gesagt habe ich damit aber nur die Zeit meiner SSW überbrückt, da mein Neurologe gesagt hat das es nach der SSW von ganz alleine wieder weggeht. Erst als es nicht so war habe ich angefangen mich bewusster damit zu beschäftigen.

Im Grunde geht es ja um die Akzeptanz dieser ZG.
Ich finde das nur recht schwierig, denn sie machen mir ja große Angst. Welche Art von Akzeptanz ist das? Ich meine, Freunde werden wir wohl nie werden.
Ich versuche mich immer bei meinen Gedanken zu bedanken. Jedoch schießt das Angstgefühl schon ein bevor ich es als ZG benennen kann. Ist das ein Lernprozess oder mache ich etwas falsch.
Sems
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sems »

Hallo 🤗
Akzeptanz bedeutet nicht den Inhalt der Gedanken zu akzeptieren, sondern das Sie kommen. Das Problem ist auch nicht der Gedanke, sondern deine Reaktion darauf, Angst, Scham usw. Du musst dich quasi an den Gedanken gewöhnen, bis er dir nichts mehr ausmacht, ob er nun kommt oder nicht. Du musst dir vorstellen, das deine Reaktion auf den Gedanken ja eine SOS Situation zeigt, dein Gehirn weiss dann ah das ist etwas da müssen wir uns mehr mit beschäftigen, obwohl dies ja nicht der Fall ist, es kommt ja vom zweifeln an sich selber. Wenn ein Gedanke kommt (by the way jeder Mensch hat solche Gedanken) bemerken, ah ok da bist du wieder, mir egal ob du kommst, evtl. Lage/Ort wechseln, tief einatmen, den Gedanken da sein lassen, nichts dagegen denken. Aber ruhig das machen was du in dem Moment auch so machen würdest. Ablenken nicht um den Gedanken loszuwerden. Unruhe aushalten. Übung macht hier wirklich den meister, die Unruhe wird abklingen. Umso mehr du versuchst Gegenzulenken, desto öfter wird der Gedanke kommen ( weil pragmatisches Gehirn denkt ja es muss etwas gelöst werden.) Das hat mir alles sehr geholfen und es wurde besser, immer mal wieder schlechter/schwieriger aber im Hintergrund läuft der Fortschritt und alles was du lernst, ist an einem schlechten Tag nicht gelöscht.
Du schafft das,man muss dran bleiben.
Auch die Antwort auf die Gedanken:
vielleicht, vielleicht auch nicht ?!?! ist schön :)
Sems
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sems »

Dieses „den Gedanken aushalten“. Hört sich so Larifari an ist aber hart. Einfach die Gefühle aushalten, das ist so wie wenn du trotz Kopfschmerzen Matheaufgaben lösen musst, oder trotz Rückenschmerzen Gartenarbeit machen musst, es ist harte Arbeit. Als ganz Oberflächliches Beispiel, damit du weisst das man sich dann nicht gut dabei fühlt, das dauert bis das Gefühl kommt. Und halte dich nicht zulange (ich weiss das ist mit am schwersten) mit warum denke ich sowas, und das kann ja nicht normal sein usw. auf. Akzeptiere es das Sie kommen können. Ja Sie dürfen kommen und werden umso mehr sie kommen dürfen, irgendwann keine Lust mehr haben zu kommen. So das war jetzt viel geschrieben 🙈
Bine79
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Bine79 »

Hallo Ihr Lieben!

Ich melde mich auch mal zum Thema ZG! Ich leide seit 15 Jahren darunter und bin immer noch nicht durch!
Doch auch ich gebe nicht auf! Genau wie hier beschrieben ist es einzig und allein die Bewertung und Akzeptanz der Gedanken!
Das Gefühl wird sich ändern, wenn man nicht immer so ein Drama daraus macht! Und genau das ist auch nachwievor mein Problem! Die Bewertung, die Frage nach dem Warum und die Akzeptanz! Ich bin immer am Grübeln! Doch genau das hält die ZG am Leben!
Ich nehme 100 mg Sertralin! Habe viele Jahre rum gedümpelt bei 50 mg! Es gab Zeiten die waren super! Aber frei war ich nie!
Also bin ich jetzt seit 10 Wochen bei 100 mg! Ich arbeite intensiv an meiner Grübelei und wenn das alles nicht weiter hilft, halte ich mir die Option offen noch ein Tick zu erhöhen!

Viele Grüße
Sabine
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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Wichtig wäre ein Therapeut, der sich mit ZG auskennt und dabei hilft, eben die ZG aushalten zu lernen. Denn natürlich ist das sehr hart und oft fast nicht machbar. Mit einem AD ist es um einiges leichter und meist viel besser in den Griff zu bekommen.

Es gibt mehrere Ansätze in der Therapie bei ZG. Auch Ablenkung ist dabei, wobei es da eher darum geht, in der Akutphase ein bisschen Ruhephasen rein zu bekommen. Ich bin zb ganz am Anfang ganz viel raus unter Leute um nicht alleine mit dem Baby zu sein, weil die ZG dann viel besser waren. Ich hatte die Befürchtung dass das kontraproduktiv ist, war es aber lt. meines Psychiaters nicht.

Meinen Vorschreiberinnen kann ich mich absolut anschließen: den ZG als solchen erkennen und damit aktiv die ZG Spirale unterbrechen und dann da weitermachen wo man dran war. Das Gehirn lernt so, dass solche Gedanken normal sind, es keiner Bewertung bedarf und Angst somit unnötig ist. Aber es braucht Übung und dauert bis sich eine Besserung einstellt. Ehrlicherweise muss man sagen, dass ZG ohne Medikament sehr hartnäckig und langwierig zum behandeln sind.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Bine79 »

Guten Morgen,

ja genau das ist der Ansatz! Das Gehirn muss lernen, das es nicht wichtig ist! Ich merke auch, wenn ich Dinge mache die mir viel Freude bereiten oder ich wichtig bin ( z.B. in meinen Job ), dass die ZG viel leichter sind oder gar nicht da!
Durch Anerkennung steigt mein Selbstbewusstsein und die Gedanken werden milder!
Zu der Bewertung gehört das Grübeln, das ist die Zwangshandlung, die unbedingt eingestellt werden muss ( hammerharte Arbeit ), ähnlich beim Waschzwang, das Waschen einstellen!
Die Gedanken lassen sich nicht stoppen, aber das Grübeln!
Wie Marika schreibt, ohne AD fast unmöglich! Also ich könnte es nicht!
Hier schrieb jemand, symptomfrei für mindestens 1 Jahr und dann kann man ans Reduzieren denken!
Nach so vielen Fehltritten, welche ich erlebt habe, werde ich auch nie mehr einen schnelleren Weg wählen!
Bine79
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Bine79 »

Liebe Grüße, Sabine 🤗
Sonne101
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Danke für eine Beiträge…
es ist gut zuhören das man nicht die Einzige ist und auch nicht durchdreht.

Ich habe noch eine Frage:
In wie weit soll mir das AD helfen?
Was soll es mir bringen bzw. mit mir machen?

Ich habe etwas Angst vor der Einstellung da ich mich das letze Mal echt schlecht gefühlt habe und die Ängste größer wurden. Zudem habe ich mich so Gefühlslos gefühlt und hatte den Eindruck das ich neben mir stehe.
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Marika
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Marika »

Das AD bringt den Botenstoff Haushalt wieder ins Lot. Der Wirkstoff kann die Verfügbarkeit dieser Stoffe erhöhen, so kommt es zu einer Abnahme von z.b. der Angst. Weniger Angst bedeutet weniger ZG. Und so ist man auch in der Lage effektiver an den ZG zu arbeiten. Denn das AD beseitigt nicht einfach diese Gedanken, stellt aber die Grundvoraussetzung im Gehirn her um das zwanghaft Denken einzustellen. Daher ist auch Therapie sehr wichtig.

Am Anfang kann es zu diesen NW die du beschrieben hast kommen. Diese werden nach und nach milder. Nach etwa 8 Wochen ist dann der Wirkstoffspiegel komplett aufgebaut und ab da kann man dann sehen, ob das AD passt bzw. die Dosis.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Sonne101 »

Danke für die Antwort, Marika…

mir war einiges nicht bewusst. Zum Beispiel ist mir in den letzen Tagen aufgefallen das ich oft gar keine Zwangsgedanken habe sondern auch oft Zwangsgrübele. Das mache ich eig den ganzen Tag. Der Inhalt ist oft der selbe. Ich beschäftige mich den ganzen Tag mit meiner jetzigen Situation. Was irgendjemand irgendwann mal dazu gesagt hat usw. Ich war schon immer jemand der sich viele Gedanken gemacht hat…aber natürlich nicht so wie jetzt gerade. Das Grübeln macht mich auch traurig, hat aber nicht die Intensität der Angst wie ein richtiger ZG. Ich habe das Gefühl das ich gar keine Chance dagegen habe. Sollte ich das Grübeln genauso wie einen ZG mit der Stop-Technik unterbrechen? Ich bemerke oft, das ich Stop sage aber eig nicht das Thema gewechselt habe. So landen meine Gedanken immer wieder da. Mich macht es so traurig weil es so einnehmend ist und ich eig glücklich eine Elternzeit mit meinem Kind genießen wollte. Jetzt läuft die EZ eig nur neben meinem Problem her.

Ich habe heute Escitalobran verschrieben bekommen. Ich soll langsam mit dem einschleichen anfangen. Eine Woche 5mg, dann eine Woche 10mg und dann soll ich wieder kommen und berichten.

Viele Grüße…
alibo79
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von alibo79 »

Hey Sonne, ich habe keine ZG wie andere hier, dafür in der drepression als starkes Symptom ein pausenloses grübeln, unendliche schleifen. Ich merke das dann auch, versuche es zu stoppen, was aber nicht möglich ist.
Bei mir sollte das quetiapin dieses grübeln unterdrücken, aber ganz ging dad nicht weg.
Je gesünder ich und mein Gehirn wurden, desto besser bzw weniger wurde das grübeln. Ich konnte es auch besser unterbrechen und in das hier und jetzt gehen.
Aber ich musste das zusätzlich auch aktiv üben, damit das Gehirn es wieder lernt keine endlos schleifen zu machen. Ich würde sagen, durch eine Mischung aus Medikamente, Zeit, Geduld, Genesung und Übungen für das hier und jetzt hat letztlich dazu geführt, dass alles wieder normal wurde.
Liebe Grüße
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
alibo79
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von alibo79 »

Und durch das grübeln hat sich auch oft die Stimmung deutlich verschlechtert und Ängste kamen durch. Aber das grübeln zu verbieten ging auch nicht, dann kam es noch mehr durch mit unruhe. Ich habe mit meinem Psychiater überlegt, dass grübeln zuzulassen für eine Zeit und dann in die Ablenkung zu gehen. Dadurch war das grübeln nicht mehr so negativ belastet, so wie ok ich merke meine grübel schleife, und wälze mal die ganzen gedanken durch und dann suche ich mir eine starke Ablenkung und mache damit weiter.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Bine79
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Re: Zwangsgedanken

Beitrag von Bine79 »

Guten Morgen,

bei mir ist es ähnlich! Ich sage auch, Stopp, ist ja nur ein ZG und dann sollte ich eigentlich nicht mehr grübeln! Durch die starke Unruhe fällt es mir jedoch oft schwer, eine Minute oder eine Sekunde später wieder ins Grübeln zu verfallen! Wenn ich weiß, das ich keine Zeit habe zu Grübeln z.B. bei der Arbeit, spüre ich Unruhe! Das Grübeln ist eine Sucht! Komme ich der Sucht nicht nach, werde ich unruhig, sehr unruhig!Genau das ist die Übung! Das Grübeln anbstellen ( mit harter Arbeit ) und je nach Stimmung kaum möglich ( aber nicht unmöglich, durch Ablenkung ( aber nicht nur Bügeln ☺️ )
Das Grübeln ist beim ZG die kognitive Zwangshandlung , die Beruhigung, welche man sucht, um wieder Ruhe zu finden! Die Ruhe kommt auch ( ach eigentlich bin ich doch gut, ist doch nur ein Gedanke ) !
Manchmal hält es eine Zeit, manchmal kommt es nach einer Sekunde wieder und man fängt wieder vorne an, diesen Gedanken durchzukauen!
Man muss auf diese Art der Beruhigung verzichten und irgendwie vertrauen, das schon alles in Ordnung ist! Das Gehirn lernt dann ( irgendwann)es gibt keinen Grund über diese Gedanken zu Grübeln und in Panik zu verfallen! Es ist ein langwieriger Prozess und auch ich bin noch nicht am Ziel! Das zermürbt mich, aber ich glaube fest daran ( manchmal fällt es mir allerdings schwer und ich verfalle wieder ins Grübeln 😵💫 )
Es gibt ein tolles Buch von Hansrüdi Ambühl: „Frei werden von Zwangsgedanken“
Für mich DAS Buch!!!

Liebe Grüße
Sabine
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