Merkwürdiger Tag

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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SaraGossa
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Merkwürdiger Tag

Beitrag von SaraGossa »

Hallo,
Muss euch von meinem Tag berichten weil er sehr komisch war und ich teilweise wirklich dachte: na toll, jetzt verlierst du wohl den Verstand
Hatte gestern einen guten Abend, morgens bin ich relativ zuversichtlich gestartet. War seit einer Woche mal wieder nur für 2 bis 3 Stunden arbeiten(bin selbständig). Das Alleinesein hat mir schon sehr Angst gemacht...was total komisch ist weil ich eigentlich ein Mensch bin der alleinesein liebt und so auftankt. Aber was ist schon logisch in so einer Depression
Die Gedanken waren heute SCHRECKLICH aber irgendwie folgte darauf nicht die gewohnte Angst sondern irgendwie war es mir "egal" als ob ich mich an diese schlimmen Gedanken gewohnt hätte. Dann dachte ich: na toll, jetzt macht dir der Gedanke nicht mehr leben zu wollen nicht mal mehr Angst 🙄
Also wie es auch ist passt es nicht...Angst ist blöd, aber keine Angst bekommen ja auch. Bin momentan beim Medikament einschleichen. Bin jetzt den 2.Tag bei 60mg Duloxetin und Brintellix 20mg nehme ich seit Anfang Oktober.
Kann mich irgendjemand verstehen?
Es ist so anstrengend...dieses ständige Grübeln über meine Situation, die ZG, das Analysieren und mich beobachten...wird man wirklich wieder normal? 😪
Sehr traumatische Geburt meines 1. Sohnes Nov. 2021
Seit Januar 2022 PPD
Anfangs Mirtazapin, inzwischen abgesetzt
Seit Oktober 22 Vortioxetin 20mg
Januar 23 noch Duloxetin 120mg dazu

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Marika
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von Marika »

Hey du!

Das klingt gut und weißt du warum? Weil das verschwinden der ZG so verläuft. Zuerst wird die Angst weniger und dann etwas später die Gedanken im allgemeinen. Denn hinter den ZG steht die Angst, sie ist die Grundlage der ZG. Entzieht man den ZG also deren Nahrung (die Angst) können diese immer schlechter "funktionieren" und sie verblassen und verschwinden. So war es bei mir und bei vielen anderen. Mein AD hat es mir ebenfalls so erklären.

Aber klar, am Anfang erschreckt man und denkt wie du und es fühlt sich auch erst mal blöd an. Dennoch: genau so muss es sein, du machst Fortschritte, großartig... die Medis schlagen wohl jetzt deutlicher besser an...
Liebe Grüße von
Marika

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SaraGossa
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von SaraGossa »

Danke Marika, es ist schön wenn du das als Fortschritt erkennst. Ich fühle mich als würde sich momentan gar nix tun...bzw als ob es nur schlechter wird. Ich war auf so einem guten Weg und jetzt fühl ich mich von der Intensität der ZG gleich wie am Anfang. Auch der Tag vergeht wieder in Zeitlupe und morgens war es ebenfalls wieder sehr schlimm, vertraue mir selbst auch irgendwie gar nicht. Denkst du das ist wegen des neuen Medikaments? Und wenn ja wann legt sich das? 😖
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Januarkind
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von Januarkind »

So wie Marika es schreibt klingt es so logisch! Aber ich habe mich auch gleich gefragt, wie man das aushält keine Angst zu haben? Das ist doch gleich der nächste Nährboden oder? Wenn ich mal einen Tag keine Angst habe, bin ich wieder nur am grübeln …
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Marika
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von Marika »

Es kann sehr gut möglich sein, dass das noch vom neuen Medikament kommt.
Da aber die Angst weniger ist, ist das ein Fortschritt. Auch dass du gut geschlafen hast und relativ gut gestartet bist, ist ein gutes Zeichen... auch wenn es danach wieder umgeschlagen hat. Ich erkenne mich da wieder ....
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von Marika »

Mit der Zeit hat dieses "keine Angst mehr aber noch ZG" den Effekt, dass man plötzlich diese Sicherheit spürt, dass es einfacher nur Blödsinn ist den man nie ausführen würde. So bewertet man die Gedanken nicht mehr negativ, sondern ist immer besser in der Lage sie gar nicht mehr zu beachten. So wie gesunde Menschen, die denken genau die selben Gedanken wie wir unsere ZG, nur eben ohne Zwang und Angst.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von SaraGossa »

Danke Marika ♡ du bist eine große Hilfe
Was mich momentan stark verunsichert sind diese extremen Schwankungen den ganzen Tag über. Morgens waren die Gedanken so aufdringlich, hab dann kurz geschlafen und es war viel besser. Nachmittag plötzlich wieder eine Stunde wo die Gedanken schrecklich waren, so fast wie Impulse. Da kann ich mich dann versuchen abzulenken wieviel ich will, hilft alles nix.
jetzt gehts wieder...das ist so anstrengend
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von Marika »

Das war bei mir haargenau so. Es konnte von jetzt auch gleich umschlagen, was wirklich extrem mühsam und Kräfte zehrend ist. Aber es wird besser, das verspreche ich dir!
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von SaraGossa »

Mir geht es jetzt seit 13 Tagen schlecht ... ich mag nicht mehr....5 Tage Periode und 8 Tage Medikament einschleichen. 🥺
Das ist doch nicht mehr normal...ich fühl mich einfach nur hilflos und gar nicht ich selbst...dass ich wieder mein Leben geniessen kann und diese schlimmen Gedanken verschwinden kann ich mir beim besten Willen nicht mehr vorstellen
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Marika
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von Marika »

Doch, es kann absolut normal sein so eine lange Phase. Du hast auch die möglichen Gründe: Periode und vorallem neues Medikament.

Dass du nicht mehr magst kann ich natürlich absolut verstehen, ging mir ganz oft so damals besonders im ersten Jahr. Es war wirklich oft zum verzweifeln.

Wann hast du denn wieder einen Termin um das neue Medikament zu bewerten?
Liebe Grüße von
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von SaraGossa »

Hey Marika,
Gestern hatte ich zum Glück einen besseren Tag, wo die Gedanken nicht mehr so bedrohlich waren. Heute war es mit Tavor relativ erträglich. Ich bin mit meinem Psychiater immer telefonisch in Kontakt, weil er eine Stunde von mir entfernt wohnt. Erst heute haben wir telefoniert, weil ich einen schlimmen Morgen hatte wo die lebensmüden Gedanken wirklich extrem aufdringlich waren...das macht mir dann schreckliche Angst. Er hat gemeint ich soll ruhig mal mit Tavor überbrücken bis das AD anfängt zu wirken. Weil es jetzt einfach wichtig ist zur Ruhe zu kommen, mit der Ruhe kommt dann die Zuversicht und der Weitblick. Und mir immer vor Augen halten, dass meine Gedanken zurzeit einfach nicht der Realität entsprechen, sondern Fluchtgedanken sind bzw ein Symptom der Krankheit.
Was mir auch zu schaffen macht ist, dass ich ein Mensch bin der eigentlich sehr gerne für sich ist. Bin sehr sensibel und recht introvertiert, liebe zeichnen und Sport...das würde mir normalerweise gut tun. Aber zurzeit macht mir der Gedanke alleine etwas zu tun einfach Angst...weil ich mich dann nicht sicher fühle, die Gedanken mehr sind...hast einen Tipp für mich?
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Sems
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von Sems »

Hallo,

ein kleiner Tipp, meine eigene Erfahrung:

Irgendetwas zu tun, was mit diesem Zustand „neu“ wäre, aber eigentlich ja nicht neu ist, z.B. Sport;
Es scheint einem unmöglichen „den sicheren Rahmen“ den man sich im „unsicheren“ ja irgendwo geschaffen hat zu verlassen und sich auf die alten neuen Dinge wieder einzulassen, weil die Gefühle ja nicht passen. Aberrr so ist der Weg, Gefühle hinken immer nach, das heißt du darfst/sollst ruhig versuchen diese Dinge zu tuen, auch mit den schlimmen Gedanken/Gefühlen. Schritt für Schritt kommt auch das alte „es tut mir gut Gefühl“ wieder. Das dauert aber etwas, das ist sozusagen ein weiterer Schritt, wie neu laufen lernen… es zeigte sich ja schon bei der Angst die weniger wird. Du bist auf dem richtigen Weg. Immer im Wechsel mit Ruhe und dem sich wieder ran trauen…
(hoffe es ist verständlich)
Weiter so 👍🏻👍🏻
LG
alibo79
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von alibo79 »

Sems, dass kann ich bestätigen. Als es mir noch sehr schlecht ging, konnte ich mich auch gar nicht auf neue Sachen ,die eigentlich bekannt waren, einlassen.
Zb Sport, oder etwas mit meiner Familie zu unternehmen, weil ich immer Angst hatte zb dass ich mich damit überfordert fühle und es danach schlimmer ist. Aber irgendwann war ich an dem Punkt, dass ich dachte, ich muss jetzt aus dieser starre raus und habe ganz vorsichtig angefangen wieder Dinge zu machen. Und oft hatte ich danach ein besseres Gefühl , weil ich mich getraut habe und mal anders input hatte. Ich habe so wieder selbst Wirksamkeit erfahren, die mir in der depression total flöten gegangen ist und jetzt konnte ich dadurch wieder Selbstbewusstsein bekommen und mich gegen die Krankheit wehren.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
SaraGossa
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von SaraGossa »

Danke für die Antwort ihr Lieben,
Ich habs zwischendurch immer mal wieder mit Sport versucht in besseren Phasen...mal tats gut, mal nicht.
Ich finde meinen Zustand einfach merkwürdig zurzeit. Angst ist weniger, Antrieb Energie Appetit sind mehr, schlafe gut, abends geht es mir teilweise ganz normal und ich fühle mich wie ICH. Gestern konnte ich das erste mal mit total normalen Gedanken einschlafen♡
und trotzdem sind die Gedanken immer wieder mal einfach nur schrecklich. Das passt doch gar nicht zusammen...ich fühl mich dann wirklich als ob in meinem Hirn einfach was nicht stimmen würde, ich nicht normal bin. Zb komm ich vom Garten rein und dann kommt der Gedanke:So und jetzt bring ich mich um. Das ist doch nicht normal sowas 🥺
Oder im Radio kommt ein schönes Lied und dann der Gedanke: jetzt sehne ich mich nach dem Tod
Das ist doch einfach nur schrecklich. Weil ich ja ein so lebensfroher Mensch bin eig....ich hab solche Angst dass diese Gedanken sich irgendwie festsetzen und bleiben....am Donnerstag hab ich wieder Therapie
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Re: Merkwürdiger Tag

Beitrag von SaraGossa »

Der Tod ist irgendwie immer unterschwellig present das finde ich schrecklich. Habe da 30 Jahre lang ja nie dran gedacht auch wenns mir mal schlecht ging. Einfach furchtbar weil ich ja tief drinnen weiß dass ich LEBEN WILL. Aber doch nicht so
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