Depression trotz AD?

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Frän
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Depression trotz AD?

Beitrag von Frän »

Ihr Lieben,
ich möchte euch gerne fragen, ob ihr mir sagen könnt, inwiefern man eine erneute Depression entwickeln kann trotz zweijähriger, regelmäßiger AD Einnahme?

Der Hintergrund meiner Frage ist, dass ich zum ersten Mal seit dem aktuellsten Ausbruch der Erkrankung (das war in 2021) einen Vollzeitjob angenommen habe. Dieser geht mit einer Leitungsfunktion einher und erfordert viel Kontakt mit Menschen.
Nach zwei Monaten in dem Job spüre ich, dass es mehr sehr viel abverlangt. Ich muss dazu sagen, dass wir im Ausland leben und keinerlei familiäre Unterstützung haben. Der Job meines Mannes ist sehr fordernd und mit Reisen verbunden, sodass ich mit unserer Tochter den neuen Alltag mit Job und für Sie neu in der Nachmittagsbetreuung alleine stemmen muss. Es melden sich in letzter Zeit vermehrt wieder die fiesen ZG Biester und ich erlebe jede Nacht Albträume + Nachtschweiß. Zudem nehme ich wahr, dass ich ruhiger werde, stiller bin, mich kraftlos fühle und Beklemmungen verspüre, wenn ich an den nächsten Tag bei der Arbeit denke.

Ich wünschte so sehr, ich könnte „normal“ funktionieren, denn Arbeiten gehört nunmal zum Leben dazu. Ich habe aber totale Angst, wieder in die Depression abzurutschen — oder bewahrt mich das AD vor einem erneuten Totalschaden?
Lg eure Frän
Mit 30 Jahren Geburt 1. Kind, anfänglich Ängste&ZG, mit Therapie und ohne Medikamente aushaltbar.
2018 Fehlgeburt, daraufhin immense Panik, ZG, schwere Depression.
2019 4 Monate Tagesklinik, erstmalige Medikation Fluoxetin.
Erster Absetzversuch 2019 scheiterte. Zweiter Absetzversuch im Sommer 2020 schien zuerst geglückt, im Januar 2021 kam der Rückfall. Aktuell erneutes Einschleichen von Fluoxetin.
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Marika
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Re: Depression trotz AD?

Beitrag von Marika »

Hallo Frän... sorry für die späte Antwort!

Ja, das kann passieren. Sieht man immer wieder. Meist dann, wenn die Belastungen und Herausforderungen im Alltag überhand nehmen. Die Symptome die du beschreibst solltest du sehr ernst nehmen, denn sie sind eine Warnung.

Den möglichen Grund hast du schon genannt, der neue Job der dich sehr fordert. Ich kenne das übrigens: vor 3 Jahren ging es mir ähnlich, ich hatte meine Stunden verdoppelt und die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Ich habe sofort gehandelt, habe wieder reduziert und wenig später sogar komplett den Job gewechselt. Heute geht es mir schon lange wieder sehr gut, ich habe schnell genug an den richtigen Schrauben gedreht.

Musst bzw. willst du unbedingt Vollzeit arbeiten?
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
alibo79
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Re: Depression trotz AD?

Beitrag von alibo79 »

Hallo frän.
Ich wollte dir die ganzen Tage schon schreiben, aber ich wollte bisschen Ruhe dazu haben.
Also meine Gedanken dazu sind,
Ein AD schützt den Körper zb bei Belastungen nicht wieder völlig aus dem Ruder zu laufen, es hilft den Alltag besser zu meistern oder auch beim Schlafen usw.
Aber ich denke auch ein AD ist kein Allheilmittel und auch keine Freikarte mit der man seinen Körper mit Unachtsamkeit behandeln darf bzw über die Stränge zu hauen.
Als ich vor gut 2 Jahren wieder bei meinem Psychologen saß mit einer neuen Episode, schaute er mich an und sagte, na Frau... haben sie wieder zuviel gearbeitet und sich wieder zuviel aufgebürdet.
Erst fand ich das verletzend, aber im Nachhinein hatte er recht. Ich habe nachdem ich länger stabil war, versucht mehr oder weniger so zu leben wie vorher. Ich habe gedacht, dass das was ich für mache wohl ausreichend ist.
Bei dir sehe ich es so, du arbeitest vollzeit und hast wahrscheinlich zusätzlich noch die meiste care Arbeit mit eurem Kind zu machen und Haushalt etc.
Da kommt ja zu einer 40 Stunde Woche noch einiges an Stunden dazu. Das ist eine ganze Menge Arbeit.
Und ja, auch andere Menschen arbeiten viel und werden nicht krank, aber es gibt andererseits auch genug Menschen die auf die Dauer krank daran werden. Und du musst bedenken du hast eine Krankheit, die immer wieder kommen kann, wie du jetzt bemerkt hast, vielleicht nicht so schlimm, aber der Körper zeigt dir, dass da eine Narbe ist, die jetzt wieder schmerzt.
Wie bist du mit Medikamenten eingestellt, vielleicht kannst du da noch höher gehen, aber ist es das was du wirklich brauchst und willst?
Kannst du in deinem Job auch weniger Stunden arbeiten? Denn bisschen weniger und dann mit Spaß und Freude arbeiten ist doch eigentlich viel besser, oder?
Liebe Grüße
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
alibo79
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Re: Depression trotz AD?

Beitrag von alibo79 »

Übrigens bei mir war es wie bei Marika, ich habe auch in der stabilen Phase Stunden erhöht und wieder Bereitschaft Dienste gemacht, dass habe ich genau drei Monate durchgehalten, dann hatte ich die nächste depression. Hat mich total gefrustet und wütend gemacht. Muß ich aber mit der Zeit eben akzeptieren, dass manche Dinge einfach nicht gut für mich sind.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Frän
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Re: Depression trotz AD?

Beitrag von Frän »

Liebe Marika und liebe Alibo,

Ich danke euch sehr für eure lieben und ehrlichen Rückmeldungen. Was ihr schreibt, macht absolut Sinn - und eure Berichte arbeiten stark in mir.

Ich habe größten Respekt vor einer möglichen neuen Episode, was natürlich mit einer Heidenangst einhergeht, sodass ich befürchte, ich horche „zu genau“ in mich und meine Symptome hinein.

Wenn ich zB. meinen Eisprung oder meine Periode habe, dann nehme ich dies als Erklärung, warum es gerade so schwierig ist und dass es bestimmt bald wieder besser wird und mache halt einfach weiter mit dem Job und dem Haushalt. Manchmal könnte ich aber beim Wäsche Falten einfach losheulen oder ich spüre, wie ich keinerlei Geduld mehr habe und nur noch in Ruhe gelassen werden möchte. Aber auch versichere ich mich quasi selbst, dass solche Gefühle normal und berechtigt sind und dass es wieder besser wird. Es ist also ein wellenartiger Verlauf. Ich hoffe nur, dass ich rechtzeitig mitbekommen würde, wenn es keine Wellen mehr sein sollten, sondern konstante Erschöpfung…

Ganz, ganz lieben Dank noch einmal für eure Nachrichten ❤️ Fühlt euch fest gedrückt!
Mit 30 Jahren Geburt 1. Kind, anfänglich Ängste&ZG, mit Therapie und ohne Medikamente aushaltbar.
2018 Fehlgeburt, daraufhin immense Panik, ZG, schwere Depression.
2019 4 Monate Tagesklinik, erstmalige Medikation Fluoxetin.
Erster Absetzversuch 2019 scheiterte. Zweiter Absetzversuch im Sommer 2020 schien zuerst geglückt, im Januar 2021 kam der Rückfall. Aktuell erneutes Einschleichen von Fluoxetin.
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