Der Sinn und Zweck hinter ZG

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Sternschnuppe2023
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Sternschnuppe2023 »

Hallo ihr Lieben,

mir ging es da wie dir, Flipsie. Ich hatte da bei meinen Gedabken nie an ZG gedacht, sondern eher an die Angststörung. Aber jetzt scheint es mir auch fast so, als ob es vielleicht doch eher ZG sind? Bei mir dreht es sich schon viele Jahre um mein Herz, also seit dem ich das erste Stolpern wahrgenommen habe, dachte ich oh gott, es stimmt etwas mit meinem Herzen nicht und ich bekomme bestimmt einen Herzinfarkt. Was mich auch sehr triggern, wenn mir jemand erzählt, dass irgendwer einen Schlaganfall hatte. Dann denke ich, oh Gott bestimmt bekomme ich das auch, weil ich durch diese Schlaflosigkeit und Daueranspannung der Depression meinem Körper so geschadet habe. Und dann geht es los. Ich denke dann, oh Gott, mein Armer Freund fühlt sich dann vielleicht verpflichtet mich zu pflegen und dass ich als Pflegefall für alle nur eine Belastung bin und das Leben dann auch gar nicht mehr lebenswert ist, wenn ich so vor mich hin wegetiere 🫣
Fürchterlich wie ich mich da reinsteigern kann
Liebe Grüße
Januarkind
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Januarkind »

Zu mir hat letztens ein Arzt gesagt, dass es ansich irrelevant ist ob es nun eine Angststörung oder Zwangstörung ist. Erst dachte ich, der spinnt doch! Aber im Grunde genommen geht es ja so oder so darum einen Umgang zu erlernen oder? Wie sehr ihr das?

Im Moment finde ich es sehr schlimm den Verlauf zu beobachten. Ich habe ZG mit fürchterlicher Angst (Tief) und dann habe ich keine Angst mehr aber die ZG sind trotzdem da. Dann denke ich immer: na super, ohne Angst lebt es sich besser aber trotzdem würde ich mich freuen wenn mein Kopf mal Ruhe gibt. Manchmal habe ich das Gefühl diese Krankheit will mich von meinem Kind fernhalten! :(

Dieses reinsteigern finde ich auch echt krass. Ich hatte immer das Gefühl ich kann nicht anders. Das ist echt belastend.
Sternschnuppe2023
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Sternschnuppe2023 »

Liebes Januarkind,

Da hast du echt recht, eigentlich ist es wirklich egal wie man es bezeichnet. Man muss schauen, wie man damit umgehen kann.
Kommen bei dir die Gedanken etwas zur Ruhe, wenn du was unternimmst oder dich anders ablenkst?
Liebe Grüße
Januarkind
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Januarkind »

Tatsächlich nur ganz wenig. Ich habe das Gefühl mein Kopf braucht dringend immer ein Problem oder Stress. Ansonsten wird sich eben was „ausgedacht“. Finde ich irgendwie ziemlich anstrengend. Mein Papa meinte mal zu mir, wenn ich wieder arbeiten geht und 5 Termine gleichzeitig habe wird das wieder besser. Aber das ist ja auch kein Zustand. Das ist ja wie wegrennen..
alibo79
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von alibo79 »

Januarkind, mein Therapeut hat mal ähnliches gesagt, dass wenn ich zuviel zeit habe mir gedanken um etwas zu machen, dass dann dieses grübeln in den Vordergrund rückt. Ich brauche anscheinend immer bisschen Ablenkung. Aber andererseits kann ich mich ja nicht non stop mit etwas beschäftigen, um nicht in wirre gedanken zu kommen.
Ich glaube was mein Therapeut gemeint hat, wenn das leben in seinen normalen Bahnen läuft, wir Sicherheit verspüren und das Gefühl haben, so ist alles okay, dann verfallen wir nicht so schnell in unsere,, Zwänge,, sei es Angst, ZG, depression oder grübeln. Wenn es aber unruhig, wackelig, Unsicherheit wird, dann kommen diese Eigenarten die wir haben eher zum Vorschein.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
alibo79
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von alibo79 »

Ich hatte aufgrund der schlafstörungen immer Angst abends wenn ich ins Bett ging, das ist jetzt weg, ich habe es schon monatelang nicht mehr gespürt. Ich Dreh mich um und schlafe. Aber wenn ich mittags meine Pause mache, dann ist es da, bzw ich habe dann häufiger so ein ganz bisschen mulmiges gefühl im Bauch, weil ich gerne schlafen möchte, weil es mir gut tut. Vielleicht ist das auch ein bisschen wie ein ZG, ich weiß eigentlich dass es quatsch ist, aber in der depression waren diese Gefühle so schlimm und das nicht schlafen für mich, dass ich es mittags irgendwie noch nicht ganz hinter mir lassen kann. In der Regel schlafe ich trotzdem immer, aber für meinen Verstand zählt das nicht. Ich hoffe ihr versteht was ich meine :-)
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Marika
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Marika »

Es scheint als wäre die Angst unser gemeinsamer Nenner und daraus entwickeln sich dann die individuellen Hauptsymptome.

Übrigen habe ich auch oft das Gefühl gehabt, mein Kopf braucht Beschäftigung, sonst fängt er an Blödsinn zu erfinden. Also Ablenkung ist immer gut, aber zuviel ist dann wieder Stress. Ich brauche da eine sehr genaue Balance.

Was ich jetzt nicht kenne, ist die Angst nicht schlafen zu können, muss aber auch echt heftig sein. Dafür aber die Angst Nachts alleine schlafen zu müssen, das ist zwar viel besser geworden, aber manchmal ist es noch ein mulmiges Gefühl, wenn mein Mann mal nicht da ist. Das kommt aber klar aus meiner Kindheit und ich kann es zuordnen.

Eine schwere Krankheit zu haben bei jedem Ziepen kenne ich auch, ist aber heute auch nur noch minimal. Irgendwie vermischt sich alles und kommt bei jeder von uns etwas anders raus.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von alibo79 »

Ja Marika, anscheinend ist das bei uns allen sehr ähnlich und es tut gut das Gefühl nicht alleine zu sein mit seinem kopfsalat :D. Und bei jedem kommt die Angst bisschen anders durch. Bei mir ist es ähnlich wie bei dir, es kommt manchmal noch ein bisschen durch, ich kenne es inzwischen, kann es einordnen und dann ist es auch gut. Unser Gehirn hat es ja auch lange genug trainiert verrückte Verknüpfungen herzustellen, die komplett zu lösen ist wahrscheinlich fast nicht möglich :wink:
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Marika
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Marika »

Kopfsalat und verrückte Verbindungen :lol: :lol: :lol: du hast mich jetzt voll zum lachen gebracht Alibo. Und wie du sagst, es tut so gut nicht alleine mit unseren "verrückten Verbindungen" zu sein... :wink: :wink: :wink:
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Sternschnuppe2023 »

Oh ja, dem stimmt ich total zu, dass es gut tut, nicht alleine damit zu sein. Bevor ich das Forum kannte, war es noch schwerer. Hier fühlt man sich verstanden :).
Liebe Alibo, mit der Angst vor dem nicht schlafen können, bin ich total bei dir. Das war für mich der absolute Horror. Gut zu wissen, dass du das mittlerweile Abends nicht mehr hast. Ich hoffe bei mir rückt das auch immer weiter in den Hintergrund.
Liebe Grüße
SaraGossa
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von SaraGossa »

Na dann, ein Hoch auf verrückte Verbindungen :lol:
Selbstironie ist sehr gut, sagte meine Therapeutin auch immer 😁
Also laut meinem Hirn hatte ich auch schon Parkinson, ADHS und so ziemlich jede Persönlichkeitsstörung, die es gibt. Nichts davon war wahr, deshalb versuche ich diesen absurden Gedanken immer weniger Beachtung zu schenken

Was man auch oft klar raushört, was uns wohl alle verbindet...ist das Verlangen nach Kontrolle bzw Sicherheit, Routine...bei mir ist es auch so, dass ich Ablenkung brauche. Zwar schon viel weniger als am Anfang, aber ich brauche sie. Ein gutes Maß, wie Marika es auch sagt. Zu viel und ich fühle mich ausgebrannt, zu wenig dann grüble ich zu viel

Aber es gibt ja wirklich schlimmeres als sich eine Routine schaffen, mit der man sich wohlfühlt und diese auch beibehalten will

Was mir grad auffällt...als Kind hatte ich kaum eine Routine...wir hatten keine fixen Schlafens-oder Esszeiten, abends konnte ich auch mehr oder weniger ins Bett wann ich wollte...ich bin der Überzeugung eine gewisse Struktur tut Kindern einfach gut. Das merke ich bei meinem Kleinen sehr
Zb abends IMMER sein Fläschchen, sein Kuschelbär, das kleine Nachtlicht im Zimmer...ich spüre richtig wie ihm das Sicherheit gibt

Wie war das bei euch als Kinder? Hattet ihr eine gewisse Routine?
Sehr traumatische Geburt meines 1. Sohnes Nov. 2021
Seit Januar 2022 PPD
Anfangs Mirtazapin, inzwischen abgesetzt
Seit Oktober 22 Vortioxetin 20mg
Januar 23 noch Duloxetin 120mg dazu

Aktuell ziemlich stabil🤞
Sternschnuppe2023
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Sternschnuppe2023 »

Also ich hatte als Kind sehr viel Routine, aber trotzdem neige ich dazu alles kontrollieren zu wollen oder auch perfekt machen zu wollen 🤔. Bei mir habe ich die Vermutung liegt es auch mit daran, dass meine Mama mit 20 ungeplant schwanger wurde. Sie war 500km von ihrer Familie weg und hat dann auf drängen von ihrer schwiegermama (meiner Oma) meinen Papa geheiratet. Sie hat sich aber sehr sehr viele Jahre sehr unwohl mit der ganzen Situation (vorallem meiner Oma) gefühlt und wäre am liebsten weg. Ich habe immer gemerkt, dass es ihr nicht gut ging und sie am liebsten weg wollte und habe daher immer Angst gehabt, dass sie wirklich eines Tages gehen würde. Deshalb habe ich versucht, so ruhig und brav wie möglich zu sein. Ich denke, dass verfolgt mich bis jetzt.
Liebe Grüße
SaraGossa
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von SaraGossa »

Na super, das ist doch schon eine super Erkenntnis!!!
Auch ich habe früh gelernt brav, angepasst, ruhig und unauffällig zu sein. Jeder von uns hat anders "überleben" gelernt

Denn das sind Konditionierungen und NICHT unser Charakter. Plötzlich zu merken, dass man mit ruhig und unauffällig als Erwachsener nicht so gut fährt, ist schwer. Aber soooo wichtig zu erkennen

Denn es ist eine riesen Befreiung finde ich...zu lernen seine Meinung zu vertreten, dem nachgehen was man will und nicht was von einem erwartet wird, aus der Reihe zu tanzen und sich mit all seinen Facetten kennenzulernen. Ich erkenne an meiner Depression so langsam auch viel Positives...sie war mein spirituelles Erwachen. Ein Schrei meines Körpes und Geistes zu sagen: Nein, das geht so nicht mehr...du brauchst vieles anders
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Marika
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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Marika »

Sara, deinem Text kann ich mich zu 100 % anschließen. Auch ich habe gelernt brav und angepasst zu sein. Als Erwachsene allerdings zerbricht man daran, wenn man es allen recht machen will, man bleibt auf der Strecke. Die Krankheit hat mich gezwungen da hin zu schauen. Es fühlt sich für mich an, als wäre ich erst ab da erwachsen geworden.

Zur Routine: Die gab's bei uns nur wenig. Ich bin oft in Situationen in denen ich eine Linie gebraucht hätte, alleine gelassen worden. Und dann wieder wurde ich gebremst wo man einem Kind Freiraum geben sollte. Eine ungünstig Mischung.

Sara du hast das so schön geschrieben: das sind Konditionierungen und nicht unser Charakter.
Liebe Grüße von
Marika

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Re: Der Sinn und Zweck hinter ZG

Beitrag von Sternschnuppe2023 »

Das stimmt, die Erkenntnis ist schon mal nicht schlecht. Jetzt muss ich das nur noch versuchen umzusetzen. Schon allein der Gedanke jemanden vor den Kopf zu stoßen, bereitet mir Unbehagen. Wie seid ihr das denn angegangen?

Und ja, das mit dem spirituellen Erwachen hatte ich damals auch bei meiner Angststörung gedacht. Die fing ja vor ca. 8 Jahren an und da habe ich dann gelernt, über meine Gefühle zu sprechen und sie zu zeigen. Davor konnte ich nicht mal vor jemandem weinen oder auch ich liebe dich zu sagen, fiel mit enorm schwer. Ich fühlte mich so befreit, als ich das gelernt habe. Und habe dann die Angststörung nach ein paar Jahren, als etwas positives angesehen. Ob ich das allerdings irgendwann auch mal über die PPD sagen kann, kann ich mir aktuell gar nicht so richtig vorstellen.
Liebe Grüße
Antworten