Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Austausch persönlicher Erfahrung mit der Depression/Psychose vor und nach der Geburt

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Katharina1991
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Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von Katharina1991 »

Hallo zusammen,

ich wende mich an euch und hoffe sehr ihr habt ein paar Antworten für mich Oder Erfahrungen wie es euch ergangen ist.

Kurz zu meiner Geschichte: ich habe am 01.11.2023 einen wundervollen Sohn geboren. Die Schwangerschaft und auch die Entbindung (endete im Kaiserschnitt) waren alles andere als schön, aber letztendlich ist mein Baby gesund. So ca. 6 Wochen nach der Entbindung ging es bei mir los mit Erbrechen und Durchfall…wenn ich aufgewacht bin hatte ich immer Herzrasen und Ängste…dann kamen schlimme Gedanken auf… Ich wollte mein Baby nicht mehr, wollte mein altes Leben zurück…es gab dann großen Ärger mit meinem Mann, weil er nicht verstanden hat weshalb ich unser Wunschkind, auf das wir solange warten mussten plötzlich nicht mehr wollte… am Ende war es für mich so aussichtslos, dass ich mein Leben beenden wollte und meinem Sohn hab ich auch gewünscht, dass er nicht mehr leben soll :-(
Ich hab mich dann selber in die Klinik eingewiesen, weil ich gemerkt habe, das bin nicht ich und hab um Hilfe gebeten.
In der Klinik wurde ich dann auf 100 mg Sertralin eingestellt, das nehme ich jetzt 7 Wochen und 4 Tage ein. Die Gedanken mein Kind nicht zu wollen und nicht mehr leben zu wollen sind weg! Gott sei Dank!

Mir macht allerdings körperlich noch einiges zu schaffen… vielleicht könnt ihr mir sagen ob das normal ist und wie es euch ergangen ist.

Ich habe noch oft das Unwirklichkeitsgefühl es kommt mir alles so komisch und seltsam vor im Kopf und ich stehe irgendwie so neben mir und mache alles nur so ferngesteuert… Ganz ekelhaft dieses Gefühl…
Da frage ich mich immer kommt das von der Erkrankung oder vom Medikament? Und wann hört das auf? Mal ist es da mal nicht und manchmal nur leicht?

Außerdem habe ich massive Probleme mir Dinge zu merken und mich zu konzentrieren…auch diesen Text zu verfassen fällt mir extrem schwer…? Ganz schlimm dieses Gefühl…

Ich bin seit knapp 4 Wochen auch ständig erkältet… im Beipackzettel vom Medikament steht das auch als Nebenwirkung mit drin? Ist das eine Nebenwirkung auch wenn ich gefühlt alle um mich rum angesteckt habe oder bin ich wirklich einfach krank?

Wie lange habt ihr Medikamente genommen und seid ihr davon dann auch wieder weggekommen?
Wann weiß man wann der Zeitpunkt zum absetzen gekommen ist?

Und weshalb hilft dieses Medikament eigentlich bei der Genesung und warum kann man es dann irgendwann auch wieder absetzen? Lernt das Gehirn das dann wieder alles selbst?

Fühlt man sich wirklich wieder ganz normal wenn das ausgeheilt ist?

Ich hoffe ihr könnt mir bezüglich meiner Fragen ein wenig weiterhelfen.

Herzlichen Dank und liebe Grüße!

Katharina
alibo79
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von alibo79 »

Hallo Katharina, ich werde mich später bei Dir melden, wenn ich etwas zeit habe, deine ganzen Fragen zu beantworten.
Aber eins schon vorweg, du wirst wieder gesund werden, es dauert meist ein bisschen zeit, aber man wird definitiv wieder gesund! Ich musste es schon 2x durchstehen, aber bin immer wieder gesund geworden!
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
2015- 2019 mirtazapin, erst 45mg ab 2017 langsam reduziert
Zwischendurch versuch mit citalopram, nach 2 Monaten abgesetzt, da starke Verschlimmerung der Depression
Anfang 2021 erneut schwere Depression wieder 45 mg mirtazapin zusätzlich noch quetiapin 150mg
Über Jahre zusätzlich noch psychotherapeutische Behandlung
Katharina1991
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von Katharina1991 »

Danke das ist ganz lieb von dir :-) Danke für deine liebe Nachricht schon mal vor ab! <3
alibo79
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von alibo79 »

Hallo Katharina, ich versuche jetzt Stück für Stück die Fragen zu beantworten.
Also, wenn man sich wieder gesund fühlt, bzw gesund ist, dann fühlt man sich auch wieder ganz normal. Vielleicht kommen in besonderen Situationen mal kurz diese komischen Gefühle wieder, aber letztendlich ist das Leben ja ein ewiges hin und her. Und wenn man mal traurig ist, ist das ja nicht sofort eine Depression, es erinnert einen aber eher mal daran, weil man ja eine schwere Krankheit hatte.
So wie jemand nach einem Herzinfarkt, der danach auch vorsichtig ist und eher mal besorgt darauf reagiert, wenn das Herz stolpert.
Aber ja, man fühlt sich ganz normal. Nur kann es sein, dass man sich durch die Krankheit und Therapie weiter entwickelt und dadurch zb selbstbewusst wird oder besser nein sagen kann.
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alibo79
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von alibo79 »

Wie lange man ein Medikament nehmen muss ist ganz unterschiedlich, das hängt vom Verlauf der Erkrankung an , von der schwere der Erkrankung und wie gut die Medikamente helfen.
Manche müssen auch ihr Leben lang Medikamente nehmen. So wird es bei mir sein. Dadurch dass ich schon 2x sehr schwer erkrankt bin. Ist es dann medizinisch indiziert Dauerhaft Medikamente zu nehmen. Das musst du dir vorstellen, wie bei Diabetes oder Schilddrüse. Da gibt es einfach nicht genug hormone und man muss Dauerhaft Medikamente nehmen.
Deine Ärzte werden entscheiden zusammen mit dir, wann das Medikament abgesetzt wird. Und auch dann wird das nicht auf einmal gemacht sondern langsam immer niedriger dosiert, damit sich da Gehirn an diese Veränderung gewöhnen kann und man sieht ob es dir trotzdem gut geht!
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von alibo79 »

In der Regel muss man mindestens 6 Monate stabil sein oder länger bevor reduziert wird.
Ich nehme zb mein Medikament jetzt 3 Jahre in höchster dosierung und evtl wird dieses Jahr das erste Mal etwas reduziert.
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von alibo79 »

Dann das benommen fühlen kann eine Nebenwirkung sein, bei mir ist es aber ein Symptom der Erkrankung.
Als ich damals an der ppd erkrankt bin, da konnte ich keine 2 Sätze in einem Buch lesen, danach hatte ich das vorherige schon wieder vergessen und einkaufen und Auto fahren ging auch gar nicht, durch panikattacke und weil meine Konzentration so schlecht war, dass ich total hilflos war.
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von alibo79 »

Uns dann generell zu den Medikamenten.
Eine Depression ist eine Erkrankung des Gehirn, also im Prinzip eine organische Krankheit.
Bei der depression ist es so, dass es da verschiedene Theorien gibt und man noch nicht alles genau erklären kann.
Gängige Theorien sind, dass der Stoffwechsel im Gehirn gestört ist. Es fehlt an botenstoffe oder manchmal gibt es auch zuviel. Dadurch ist die Zusammenarbeit der Nerven gestört. Dann kommt es zu unterfunktion von den Nerven oder einer überfunktion. Nerven Verbindungen werden gekappt und Nerven degenerieren. Es gibt gewisse Areale im Gehirn die dann wirklich schrumpfen.
Aus diesem ganzen Chaos entstehen die Symptome. Je nachdem welche Bereiche betroffen sind, ist dad unterschiedlich. Aber in der Regel sind die Grund Symptome oft ähnlich. Wie gedrückter Stimmung, kein Antrieb, schlafstörungen, nicht konzentriert sein, innere unruhe, Hoffnungslosigkeit, Suizid Gedanken usw. Das hat auch nichts damit zu tun, dass man was falsch macht oder einfach richtig denken muss, das Gehirn kann es einfach nicht anders in dem Moment.
Hier greifen dann die Medikamente ein. Sie erhöhen die Menge an botenstoffe, sie führen dazu , dass fehlende Nerven Zellen und deren Verbindungen wieder aufgebaut werden oder überaktive Zellen wieder runter reguliert werden. Das geht natürlich nicht von einem Tag auf den nächsten, denn Nerven heilung ist ein langsamer Prozess. Deswegen merkt man erst verzögert die Wirkung der Medikamente und muss durchhalten bis dahin und dann geht es in kleinen Schritten vorwärts und auch immer mal mit kleinen Rückschläge. Dad ist ganz normal.
Und wenn sich das System erholt hat und längere Zeit normal funktioniert, dann kann man über das absetzen der Medikamente nachdenken.
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von alibo79 »

Was ich dir noch sagen wollte, dass du keine Suizid Gedanken mehr hast und du dich insgesamt schon besser fühlst, ist ein Zeichen dafür, dass du auf dem richtigen Weg bist, so geht die Heilung bei Depressionen. Es verschwinden bzw mildern sich nach und nach die Symptome, bis sie irgendwann weg sind.
Falls du Fragen hast oder Gedanken , die du loswerden willst, schreib ins forum, es findet sich immer jemand zum austauschen, dass hilft auch schon sehr viel!
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Marika
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von Marika »

Hallo und ein herzliches Willkommen bei uns!

Ich wollte mich auch melden, weil ich ebenfalls einen Kaiserschnitt bei meinem Sohn hatte und die Symptome ähnlich wie bei dir 5 Wochen danach losgingen. Auch dass der Partner so gar nicht verstand warum ich jetzt "traurig" war nachdem wir unser Wunschkind bekommen hatten, haben wir gemeinsam. Ich wollte dich daher erst mal fragen, ob sich das gebessert hat? Hat dein Mann verstehen können, was da bei einer PPD los ist? Meiner hat damals auch etwas gebraucht, aber mit Hilfe von Erklärungen vom Arzt ging es dann immer besser.

Ich freue mich, dass du schon eine Besserung merkst, das ist großartig... du bist auf dem richtigen Weg. Diese unwirkliche Gefühl kennen hier viele, ich hatte das auch. Es kommt meist von der Erkrankung und dauert etwas länger, bis es weg ist. Es kann auch ein bisschen vom Sertralin kommen, legt sich aber dann nach und nach.

Dass du grad Dauer Erkältet bist, hast du mit ganz vielen Menschen gemeinsam. Dein Körper steht unter massivem Stress durch die PPD und Stress mindert das Immunsystem. Vielleicht kann dich dein Arzt oder deine Apotheke bzgl. eines Aufbaupräparates oder Vitamine usw. beraten.

Die Wirkung des Medikaments hat dir Alibo eh schon toll erklärt. Auch die Einahmedauer und das Absetzen. Zuerst muss man stabil werden, das heißt keine Symptome mehr und auch keine Schwankungen. Schwankungen kommen nämlich gerne noch längere Zeit vor, also dass es schon besser war und plötzlich kommt eine Verschlechterung. Das ist aber normal, denn das System reagiert am Anfang noch extrem sensibel auf Stress oder wenn man sich mit dem Alltsg übernimmt. Auch der Zyklus mit seinen Hormon Schwankungen kann öfter mal zu einer vorübergehenden Verschlechterung führen. Wenn das alles nicht mehr zutrifft, ist man stabil und ab da empfiehlt die WHO eine weitere Einnahme von min. 4 bis 6 Monaten. Dann kann man an ein langsames Reduzieren denken.

Ich selber bin auch so ein Fall wie Alibo, ich werde einen kleinen Rest meines ADs dauerhaft brauchen. Von ehemals 3 Medikamenten in Höchstdosis ist mir heute eine Minidosis Escitalopram geblieben, aber den brauche ich sonst erlebe ich einen Rückfall hat mir die Erfahrung gezeigt. Damit aber fühle ich mich hervorragend, sogar besser also je zuvor da ich immer schon latent an einer Zwangsstörung gelitten habe, es aber nicht als "krank" aufgefallen ist. Mit der Geburt aber ist zu einer extremen Verschlimmerung gekommen die ganz ohne Medikament immer wieder zurück kommt. Das gibt es und so ehrlich sind wir hier, dass wir sagen müssen: es gibt diese Fälle immer wieder, die dauerhaft Medikamentöse Unterstützung brauchen.

Natürlich gibt es auch die Frauen die nach dem Absetzen dauerhaft gesund bleiben. Sie erzählen meist, dass sie vieles gelernt haben durch die Erkrankung und liebevoller mit sich umgehen, besser auf ihre Bedürfnisse und Wünsche achten. Diese Lehre habe auch ich aus der PPD gezogen und das hat meinem Leben eine wunderbare Wendung gegeben.
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
schwere PPD 2005
heute völlig beschwerdefrei mit 10 mg Cipralex
Katharina1991
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von Katharina1991 »

Herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort 🙏🏻🥰

Ich hab immer noch nicht ganz verstanden weshalb sowas passieren kann wenn man ein Kind bekommt. Ein Kind ist doch was tolles Vorallem war es bei uns ein Wunschkind…? Warum trifft es nur manche Frauen und andere nicht?
Und warum heilt die Krankheit bei manchen auch ohne medikamentöse Behandlung?

Darf ich fragen weshalb du 2 mal erkrankt bist? Hast du 2 Kinder?

Ich hab so große Angst, dass ich dieses Medikament nicht mehr los werde :-( für mich ist es jeden Tag ein Schlag ins Gesicht, dass ich sowas nehmen muss und das sowas passiert ist… klar man muss froh sein, das es Hilfe gibt … aber trotzdem… hätte ich kein Kind bekommen wäre das nicht passiert. Ich bin froh dass mein Engel jetzt da ist aber trotzdem verstehe ich nicht wie es dazu kommen konnte…

Weißt du wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass diese Wochenbettdepression vollständig ausheilt?

Mir geht es eigentlich schon wieder richtig gut, wenn diese Erkältung mal verschwinden würde und dieses ferngesteuerte ganz aufhören würde. Es kommt mir noch oft alles so fremd vor und so unwirklich? Weisst du was ich meine? Es wird schon leichter und anders aber weg geht es nicht… und mein Gedächtnis ist total schlecht irgendwie… sonst konnte ich mir immer alles schnell merken und hab selten was vergessen. Wird das auch wieder normal?

Ganz liebe Grüße und entschuldige die vielen Fragen aber ich bin nie richtig aufgeklärt worden.
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Marika
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von Marika »

Ein großes Grund für eine PPD ist der extreme Hormonchrash der mit dem Abstoßen der Plazenta beginnt. In der Schwangerschaft bilden sich ganz andere Hormon Konstellationen. Manche reagieren darauf in der Schwangerschaft schon sensibel und es kommt zu einer Schwangerschaftsdepression. Andere wiederum reagieren nach der Geburt auf den Hormonsturz. Beides hat extremen Einfluss auf die Gehirnchemie, auf die Botenstoffe im Gehirn. Daher kennt man z.b. den Babyblues. Nur da reguliert sich das Gehirn wieder, in etwa 20 % gelingt es dem Gehirn nicht. Es kommt zu einer PPD oder einer PPP (postpartale Psychose). Anfälliger sind sicher Frauen die zuvor schon psychische Probleme hatten, aber auch völlig Gesunde erkranken daran. Warum ist nicht restlos geklärt. Eine weitere Möglichkeit sind Narkose Mittel die z.b. bei einem Kaiserschnitt eingesetzt werden. Studien zeigen, dass es da einen Zusammenhang gibt. Dann das völlig veränderte Leben durch ein Kind, dass uns Frauen viel stärker betrifft als die Männer, der Schlafmangel der auch wieder uns meist mehr trifft als die Männer, die riesen Verantwortung für dieses kleine Wesen. Es sind immer mehrere Faktoren, die zu einer PPD führen.

Leider gibt es immer noch diese Vorbehalte ADs gegenüber. Das ist schade, weil völlig unbegründet. Mio. Menschen brauchen ihr lebenslang Blutdruck Medikamente, Schilddrüse, Cholesterin, Diabetes... da sagt niemand was. Das Gehirn ist ein Organ wie jedes andere und kann erkranken. Es ist ein Hochleistungscomputer in dem all unsere Gedanken, Gefühle, Eindrücke und Entscheidungen entstehen. Und das wiederum basiert auf biochemischen Vorgängen, die Alibo erklärt hat. Der Hormonchrash nach der Geburt kann da imensen Schaden anrichten und dann erkrankt man.

Du nimmst erst 7 Wochen das Sertralin. Das ist sehr kurz. Diese Erkrankung heilt langsam, stell dich auf Monate ein. Hab Geduld auch mit diesem Unwirklichkeitsgefühl. Es wird nach und nach besser. Du hat eigentlich einen sehr schnellen Erfolg mit Sertralin in 7 Wochen, das dauert oft deutlich länger.

Ich weiß es ist schwer auszuhalten, aber es wied besser und besser.... versprochen! ❤️
Liebe Grüße von
Marika

Diagnose:
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Mammsie
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von Mammsie »

Du bist auf dem richtigen Weg, das ist super. Und Sertralin ist offenbar auch Mittel der Wahl. Es wird auch besser werden. Es ist immer noch nicht ein ganzes halbes Jahr rum. Versuch dich in Geduld zu üben. So lange wie du schwanger warst, brauchst du ungefähr auch, um wieder den "alten Status" zu bekommen. Ich habe letztens das Buch von Anthony William gelesen. Das ist sicherlich diskutierbar was da drin steht und teilweise auch spirituell. Aber es werden Fälle von Schwangeren, bzw frischgebackenen Müttern geschildert, wo genau diese Symptome aufkommen. Mir hilft da schon die Umstellung der Ernährung. Es wird davon ausgegangen, dass bestimmte Viren sich bei großem Stress reaktivieren und den Körper krank machen und z.B. Zucker, Gluten, Fleisch etc. genau das fördern. Ich halte mich nicht allzu sehr daran, weil ich kein Sklave irgendeines Buches sein will...aber ich muss schon sagen, es hilft. Die Meditationen, bisschen Sellerisaft, viel Gemüse und weniger Fleisch haben mir geholfen, dieses seltsame Gefühl im Kopf loszuwerden. Vllt hilft es dir ja.
alibo79
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von alibo79 »

Hey kathi,
Eine ppd heilt vollständig wieder aus, da kannst du ganz beruhigt sein. Aber es gibt einfach so viele Faktoren, die mit rein spielen, dass man halt nicht so genau sagen kann, ab dem Datum bin ich wieder gesund. Das ist so unterschiedlich und man darf sich da nicht mit anderen vergleichen. Das musste ich auch erstmal lernen. Generell sind psychische Erkrankungen aber nicht mit einer Erkältung zu vergleichen, die meist mit 14 Tagen vorbei ist. Sondern es ist eine schwere Erkrankung des Gehirns, vergleichbar mit einem schweren Herzinfarkt oder einer schweren Lungenentzündung, da braucht es oft Wochen, bis man wieder bei Kräften ist.
Du schreibst, dass du so wenig über die Krankheit bisher aufgeklärt wurdest. Mir ging es genauso, ich war damals 6 Monate in der Klinik und bin da raus und wusste trotzdem noch so wenig darüber. Erst das viele lesen hier im Forum, der Austausch und mich selbst schlau machen hat echt geholfen, dass ich die Zusammenhänge verstanden habe und mit diesen Erfahrungen auch mir selbst weiterhelfen konnte. Das hat mir ungemein geholfen, auch um meine eigene Krankheitsgeschichte besser zu verstehen und zu verarbeiten.
2014 schwere PPD mit Ängsten, 6 Monate Tagesklinik
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alibo79
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Re: Wochenbettdepression 6 Wochen nach Entbindung

Beitrag von alibo79 »

Zur Benommenheit, das hat mich in der ppd sehr lange verfolgt. Mammsie hat ja zum Thema Ernährung geschrieben. Dem kann ich nur zustimmen. Wissenschaftlich ist es bewiesen, dass eine gesunde Ernährung psychische Erkrankungen positiv beeinflusst. Auch gerade dieses fit im Kopf fühlen. Aber auch für viele andere Faktoren ist es wichtig. Ich meinte, dass eine Theorie ist, dass Zucker und va verarbeitete Lebensmittel zu mikro Entzündungen im Körper führen, das dadurch auch das Gehirn natürlich belastet wird und es erhöht den Cortison Spiegel, was sich wieder negativ auf die botenstoffe im Gehirn auswirken kann.
Außerdem führt es zu einer ungesunden darmflora, die eng mit dem Gehirn zusammen arbeitet und dadurch auch wiederum Einfluss auf den Gehirn Stoffwechsel nimmt.
Ich versuche mich recht gesund zu ernähren, aber ich gönne mir trotzdem auch was süßes, ein gesundes Mittelmaß und ich nehme zusätzlich paar Nahrung Ergänzungen, da ich 30 Jahre vegetarisch esse , um da Defizite auszugleichen.
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